An
die Freunde
Im Wald, im Wald da grabt mich ein.
Ganz stille, ohne Kreuz und Stein:
Denn was ihr türmet, überschneit,
Und überrindet Winterszeit.
Und wann die Erde sich verjüngt,
Sie Veilchen meinem Hügel bringt.
Das freut euch, Gute; freuet euch!
Ist Alles doch dem Toten gleich.
Doch nein, — denn eure Liebe spannt
Die Äste in das Geisterland:
Und die euch führt zu meinem Grab,
Zieht mich gewaltiger herab.
Ohne Liebe kein Glück
Warum, ihr Götter, ist es uns so selten
Vergönnt hienieden, Mensch zu sein?
Der Araber spannt, wo er will, die Zelten,
Der Freie ruft: die Welt ist mein!
Nur wir, der Bildung stolze Söhne,
Vertrocknen an des Lebens Born,
Dem frischen, — wähnen eigen uns das Schöne,
Und kriechen durch Geheg' und Dorn.
Die hohe See, wohl sendet sie uns Schiffe,
Beschwert mit unschätzbarer Last;
Uns dient die Oberfläche, wie die Tiefe,
Und haben wir das Glück erfaßt?
So tanzt vor uns ein dunkelblauer Schwärmer,
Wir seh'n die Blüten, wo er saß:
Er ist entfloh'n — der Knabe fühlt sich ärmer
Trotz aller Blumen, die er las.
Trübselig Bild von unserm Jagen
Nach Lust, die spottend uns entgeht.
Ist's nicht die Fahrt auf einem Wagen,
Der ewig sich im Zirkel dreht?
Uns fehlt die Liebe, die sich für nichts achtet,
Ein glühend Herz zum Opfer bringt,
Und, treu das All, wonach sie trachtet,
In jeder Schwingung widerklingt.
Über allen Zauber Liebe
Sie hüpfte vor mir auf grünem Plan,
Und sah die fahlenden Linden an
Mit trauernden Kindesaugen;
Die stillen Lauben sind entlaubt,
Die Blumen hat der Herbst geraubt,
Der Herbst will gar nichts taugen.
Ach, du bist ein schönes Ding,
Frühling!
Über allen Zauber Frühling.
Das zierliche Kind, wie's vor mir schwebt!
Aus Lilien und Rosen zart gewebt,
Mit Augen gleich den Sternen; —
Blüht mir dein holdes Angesicht,
Dann mag, fürwahr ich zage nicht,
Der Maien sich entfernen.
Färbet nur des Lebens Trübe
Liebe:
Über allen Zauber Liebe.
An Theodelinde
Sieh, der Himmel ist umwölket,
Regen schüttet er herab;
Winde, Alpenhöh'n, entflogen,
Seufzen um der Erde Grab.
Doch mir leuchten deine Augen,
Deine Stimme flötet mir,
Und so kann ich heiter bleiben
In dem feindlichen Gewirr'.
Tausend Herzen müssen brechen,
Haben Liebe nie gekannt —
Tausend hat die Hoffnungslose
Zu dem Acheron gesandt.
Doch uns haben gute Götter
Milder, Herrliche, bedacht,
Und die Frucht der Hesperiden,
Freu' dich, zum Geschenk gebracht.
Laß uns treu der Flamme warten,
Die ihr Wille werden hieß,
Und dem Späheraug' verhüllen
Unsres Glückes Paradies.
In die Nacht verschwiegner Blüten,
Schwanker Rosen eingeschränkt,
Mögen wir einander leben,
Bis uns Lethes Welle tränkt.
An Iris
Wirst du des Wandrers Bitt' erhören?
Entbreite deinen Farbenflor,
O Iris, um das Tal von Föhren,
Das Sie zum Aufenthalt erkor.
Mich bannet des Geschickes Walten
Von Ihrem holden Angesicht.
Die Neigung soll sich nicht entfalten,
Und duftig prangen soll sie nicht.
Mich faßt mit seinen scharfen Klauen,
Und trägt mich fort der Adler— Zeit; —
Sie wird den Wandrer nimmer schauen.
Gefährlich ist sein Weg und weit.
Auf jenem Tale weile lange,
O Iris! freundlich glänze Ihr,
Und tröste Sie auf dunklem Gange;
Sie dankt mit leisen Tränen dir.
An Melanion
Des Abends Strom umwogte Täler
Und Berge auch mit Purpurlicht;
Sie glänzten wie Erinnrungsmähler,
Mit mild verklärtem Angesicht.
Die Bäume wölbten sich zu Lauben,
Und braune Winzer lasen Trauben.
Du warst auf einem Fels, und schautest
Dein dunkles Aug' von Tränen naß —
Ins Land hinab. Du, Weiche, trautest,
Und sannst, das Danaidenfaß
Mit Liebesfluten anzufüllen;
Du rangst — und blutetest im Stillen.
Die Kraft zu lieben war erstorben,
Der jugendliche Flug gelahmt;
Die Blüte hatte Frost verdorben,
Und deine Seele war verfemt.
Und aus der goldne Traum der Liebe:
Das Leben schien dir arm und trübe.
Entwölke deinen Blick. Die Quelle,
So hier zu deinen Füßen fließt,
Band Winter; siehe, wie sie helle
Der Strömung hingegeben ist.
Das tat die Zeit — von deinen Wunden
Wirst, Freundin, auch, und mußt gesunden.
Augenlid
Süße Augen, klare Bronnen!
Meine Qual und Seligkeit
Ist fürwahr aus euch geronnen,
Und mein Dichten euch geweiht.
Wo ich weile,
Wie ich eile,
Liebend strahlet ihr mich an;
Ihr erleuchtet,
Ihr befeuchtet
Mir mit Tränen meine Bahn.
Treue Sterne schwindet nimmer,
Leitet mich zum Acheron!
Und mit eurem letzten Schimmer
Sei mein Leben auch entflohn.
Colindo und Elika
Ein Tag ist wieder durchgejagt,
Und bin ich glücklicher, als vor,
Bin ruhiger denn ich, und weiser?
Mich ekelt dieses Possenspiel,
Die Klatscherei der hohlen Larven,
Das Streben nach Gewinnst und Ruhm,
Die dumme Selbstgefälligkeit,
Und frecher Laster Flitterschmuck.
Colindo spielt, doch spielt er falsch;
Ob er gleich weiß, daß er verlier',
Er wünscht sich zu ergehen:
Wünscht in die Farbenlosigkeit
Des Daseins einen Strahl der Lust,
Der helle, zu verweben.
O selig' wem es ist vergönnt,
Den Haß, der tief im Busen wohnt,
Mit Axt und Schwert zu offenbaren.
Den Krieger ziert der schwere Ernst:
Zermalmend, wie der Rache Gott,
Tritt er dem Feind entgegen.
Elika
Hier sind Blumen, die der Frühling
Streute in das holde Tal;
Zweige auch mit weißen Blüten,
Deine Schläfe zu bekränzen,
Wilder! steh' vom Zorne ab.
Colindo
Zarte Lilie, schlankes Reh,
Stern der Liebe weich von mir!
Trüb und einsam muß ich stehen.
Meine Blumen sprossen blutig
Auf der Heide, wo des Krieges
Sense kühne Streiter mäht.
Ist mein Herz doch eingedorret,
Und nur wieder wird es zucken,
Wenn das Harsthorn mutig schallt.
Elika
Ich kann für dich nur beten.
Der Blutende
Die Schlacht verhallt — ich bin gerettet;
Verwundet, aus dem Kampfgefild
Getragen auf dem treuen Schild,
Ruh' ich auf Kräutern hingebettet.
Der Heimat galt's — ich griff zur Wehre:
Es riefen Vaterland und Ehre.
Wie Bacheswellen über Kieseln
Geschäftig, Triften tränkend, rieseln:
So rinnt mein Blut und färbt die Glieder,
Und auf die Wunde schau ich nieder.
Ich denke dein, die ich erkoren,
Und der ich Treue zugeschworen;
Du aber durftest es nicht wissen:
Wie Liebe mir das Herz zerrissen.
So wollt' es das Geschick, das eisern
Die schönste Blüte mir zertrat,
Des tiefsten Triebes scheue Saat, —
Und mich behing mit blut'gen Reisern.
Wohl ihm, dem solch ein Schmuck genügt!
Warum hat mich in süßen Stunden
Ein Feenbild an sich gebunden,
Die Brust zerschmettert und entzückt?
So werd' ich durch das Leben fragen,
Und meine Qual hinüber tragen.
Der Sieg
O unbewölktes Leben!
So rein und tief und klar
Uralte Träume schweben
Auf Blumen wunderbar.
Der Geist zerbrach die Schranken,
Des Körpers träges Blei;
Er waltet groß und frei.
Es laben die Gedanken
An Edens Früchten sich;
Der alte Fluch entwich.
Was ich auch je gelitten,
Die Palme ist erstritten,
Gestillet mein Verlangen.
Die Musen selber sangen
Die Schlang' in Todesschlaf,
Und meine Hand — sie traf.
O unbewölktes Leben!
So rein und tief und klar
Uralte Träume schweben
Auf Blumen wunderbar.
Gefühl im Frühlinge
Rosenbekränzte,
Jugendlich blühende,
Goldgelockte,
Dir gewogne
Horen umkreisen dich;
Lüfte des Frühlings
Umatmen dich;
Brausende,
Schiffe tragende
Ströme begrüßen dich.
Phöbus, der helle,
Birgt hinter Bergen sich.
Milde Sterne
Blinken, leuchten
Auf die Wipfel,
Und aus Tiefen
Des Gemütes
Quillt Gesang.
Alle Zeiten
Zieh'n vorüber,
Und du fühlst
In dir den Gott.
Am Strome
Ist mir's doch, als sei mein Leben
An den schönen Strom gebunden.
Hab' ich Frohes nicht am Ufer,
Und Betrübtes hier empfunden?
Ja du gleichest meiner Seele;
Manchmal grün, und glatt gestaltet,
Und zu Zeiten — herrschen Winde —
Schäumend, unruhvoll, gefaltet!
Fließest fort zum fernen Meere,
Darfst allda nicht heimisch werden.
Mich drängt's auch in mildre Lande —
Finde nicht das Glück auf Erden.
Besänftigung
Wann dir ein teuer Gut entrissen
Vom Schicksal ward, und wenn dein Herz
Der unermeßliche Verlust zerrissen
Bewältige Vernunft den Schmerz.
Warst immerfort für Heiliges empfänglich,
Dem Tode, wie der Pflicht, vertraut;
Hast nicht auf das, was nur vergänglich,
Das Haus der Freude dir erbaut.
Ein gift'ger Wind fährt über Blumen,
Die du mit treuer Hand gepflegt;
Doch soll die Melodie verstummen,
Die Gott in deine Brust gelegt?
Das will er nicht der Gott der Liebe:
Er nimmt, doch gibt er tausendfach.
Entweiche Wahn, gehorchet Triebe,
Mein Geist denk' seiner Güte nach!
Der Regenbogen
Als ich drang in die Gebirge,
Stille mir und Trost begehrend;
Strömte dichter Regen nieder,
Mir die Lust des Schauens wehrend.
Traurig zog ich weit und weiter,
Grollte dem Geschick' im Innern.
Mußte mich an tausend Wünsche,
Fehlgeschlagene, erinnern.
Und des Wandrers Haare troffen,
Und im Nebel Hütten rauchten,
Und in rasch entstandne Teiche
Sich die grünen Felder tauchten.
Doch der Gott der schnellen Blitze
Trennte mit dem Herrscherstabe
Die verbundnen Wolkenmassen:
Sonne stieg aus ihrem Grabe.
Und er spannte um die Wölbung
Einen reichen lichten Bogen;
Anzudeuten: Er, der Vater,
Bleibe seiner Welt gewogen.
Wunsch in Tränen
Perlet der Menschheit
Heiliger Tau
Auf des Weibes
Blühender Wange:
Fluch dem Barbaren,
Der ihn nicht trocknet!
Ihn zermalme
Eisern Geschick.
Perlet der Menschheit
Heiliger Tau
Auf des Mannes
Bräunlicher Wange:
O so erkenne
Jeder des Lebens
Fürchterliche,
Rauhe Gewalt.
Brüderlich Zeichen!
Träne, bist du;
Unser Erbteil,
Erdgeborner.
Bote der Menschheit,
Öfter verkünde
Süßer Wonne
Zitternden Flug!
Der Eintracht
Wo Eintracht weilt,
Der Uraniden
Mildereichste,
Sprossen Blüten
Süßer Liebe;
Und das Auge
Schwimmt mit Wolken
Klar und selig.
Und im Busen
Schlummern alle
Düstren Wesen
Öder Nacht,
Festgebändigt;
Die zu harten
Worten raten,
Und zu roher
Tat ermuntern.
Darum preis ich
Stille Hütten,
Strohbedachte,
Wo die Schwalbe
Gerne wohnet,
Die vor allen
Luftbewohnern
Frieden suchet.
Wo du mangelst,
Holde Eintracht,
Bleichet heller
Glanz des Lebens;
Und der Lorbeer,
Preis der Siege,
Preis der Lieder,
Welket sichtlich.
Führest einmal
Du, des Himmels
Schönste Tochter,
Zur Versöhnung
Und Begrüßung
Sich einander
In die Arme
Trotzerfüllt
Erdgeschlechter:
Dann — dann nahet
Jenes Alter,
Das die Weisen,
Wie die Dichter,
In der Weihe
Stunden ahnten:
Kehrt das lange
Uns verheißne
Gold'ne Alter
In die Welt.
Das Leben des Gemütes
Du wirfst vom Ufer einen schwachen Stein, —
Es sei nun auf des Bogens kühnen Schwingen,
Sei's senkrecht — in des Wassers Schoß hinein:
Die Fläche kräuselt sich in hundert Ringen.
So teilet auch der freie Menschengeist
Verwandten Geistern mit die tiefe Blüte,
Und alles Große, so die Folge preist.
Erzeugte sich im brütenden Gemüte.
Ihm schwebte vor der Schönheit hohes Bild;
In stiller Nacht, wenn Sternengruppen zogen,
Enttauchte hold verschämt und unverhüllt
Die Göttin Cyperns grünen Meereswogen.
Nun trachtet das Gemüt, was es geschaut,
Dem Stoffe, der sich bietet, aufzudrücken;
Und was es liebend bildet, dichtet, baut.
Der hohen Göttin Tempel soll es schmücken.
Nach Außen selten, stets in sich gekehrt,
Der Sehnsucht zu verwirklichen ergeben.
Verbreitet es, von Wenigen geehrt,
Weit über Gruft und Zeit sein heilig Streben.
Geborgenes
Der frömmste Wunsch bleibt unerfüllt,
Die Zukunft uns in Nacht gehüllt,
Und Geist mit Sinnlichkeit im Streite.
Es quält der Schmerz, es drängt die Tat:
Du spähst umher nach Trost und Rat
In wilder, ausgestorbner Weite.
Was nennst du, Wanderer, noch dein!
Ich bin allein, ja ganz allein —
Doch quillt mir immer noch im Busen
Der Mut, zu tun, was löblich ist;
Und meine Einsamkeit versüßt
Der schwesterliche Gruß der Musen.
Der Weltengeist und
der Mensch
Knabe
Habe mich nach Schmetterlingen
Müd' gejagt;
Über Gräben, Zäune, Bäche
Kühn gewagt.
Bin nun schläfrig,
Und verdrossen —
Und er schlummert,
Auf die Wiese hingegossen.
Weltengeist
Gern' ich ihm den Schlummer gönne.
Ruh' ich selber doch zuweilen:
Lehn' den Rücken an des Atlas
Ewig feste Felsensäulen.
Und den weitgereisten Alten
Winde kühlen;
Und den Staub von meinen Sohlen
Wogen spülen.
Jüngling
O Liebe! du vergötterst
Dem Jüngling die Natur;
Mit hellen Blüten kränzest
Du ihm die junge Flur.
Es brausen Harmonien
In ihm, wie rund um ihn:
Elysiums Gefilde
Entrollst du, Zauberin.
Weltengeist
Gern' ich ihm die Liebe gönne:
Denn die himmlische erweitert
Menschenherzen, die sie von den rohen
Schlacken niedrer Selbstsucht läutert.
Wann er einst in spätern Jahren
Seine Täuschungen gewahrt:
Trägt er seine Liebe von der Einen
Über auf die ganze Art.
Mann
Umfangen von Leiden
Muß ich irren,
In Wäldern, auf Haiden.
Immer schwirren
Um mich, wie Geier, die Worte der Schönen;
Sie durfte die Flamme, die treue, verhöhnen,
Und stieß mich hinaus ins öde Leben.
Weh mir! ich fühle den Boden beben:
Die Tannen krachen, es heult der Sturm. —
Weltengeist
Stirb, du Wurm!
Erlaufsee
Mir ist so wohl, so weh
Am stillen Erlafsee.
Heilig Schweigen
In Fichtenzweigen.
Regungslos
Der dunkle Schoß;
Nur der Wolken Schatten flieh'n
Überm glatten Spiegel hin.
Feenbild, was willst du mir,
So umschwebst du mich auch hier?
Weiche aus dem Land der Hirten.
Hier gedeihen keine Myrthen;
Schilfgras nur und Tannenwucht
Kränzen diese stille Bucht.
Frische Winde
Kräuseln linde
Das Gewässer;
Und der Sonne
Güldne Krone
Flimmert blässer.
Ach, weine nicht, du süßes Bild!
Der Wellendrang ist bald gestillt,
Und glatter See, und Lüfte lau,
Erheitern dich, du Wunderfrau.
Des Sees Rand
Umschlingt ein Band,
Aus lichtem Grün gewunden:
Es ist der Fluß,
Der treiben muß
Die Sagemühlen unten.
Unwillig krümmt er sich am Steg
Von seiner schönen Mutter weg,
Und fließt zu fernen Gründen.
Wirst, Liebe! auch mit holder Hand,
Des Sängers ernstes Felsenland,
Mit Blütenrot umwinden?
Abendstern
Was weilst du einsam an dem Himmel,
O schöner Stern? und bist so mild;
Warum entfernt das funkelnde Gewimmel
Der Brüder sich von deinem Bild?
"Ich bin der Liebe treuer Stern,
Sie halten sich von Liebe fern."
So solltest du zu ihnen gehen,
Bist du der Liebe, zaudre nicht!
Wer möchte denn dir widerstehen?
Du süßes eigensinnig Licht.
"Ich säe, schaue keinen Keim,
Und bleibe trauernd still daheim."
An Anton
Als ich den Schlaf mit durst'gen Zügen sog,
Mein Geist schon in das mohngekränzte Land
Der leichten Träume, Freiheit witternd, flog —
Glitt über meine Schläfe eine Hand.
Dem Aufgewachten klang geliebter Ton,
Der Nachhall einer trauten alten Zeit;
Und mich entzückte wieder, die entflohn
Mit ihrer Schwester Jugend, Seligkeit.
O daß ich immer, so geweckt, erwacht,
Daß ich doch nie ein andres Bild gesehn!
Als dein's, geschäftig mich in stummer Nacht
Mit morgendlichem Tröste anzuwehn.
Zur Heimat ruft dich wieder das Geschick,
Dort harret dein das herrlichste Geschenk,
So sich das Herz erwünscht; o bleib im Glück'
Des fernen treuen Freundes eingedenk!
Am Grabe Körners
Nicht ihn, der in dem Kampfgewühl
Für seine Heimat streitend fiel,
Beklaget! selig ist sein Los,
Und friedlich in der Erde Schoß.
Es wachsen Veilchen über ihn,
Und deuten an ein mildes Blühn:
Blühst Liebe ihm und Freiheit nun —
Wer möchte nicht im Grabe ruh'n?
Was sehnsuchtsvoll das Herz begehrt,
Hienieden wird es nicht gewährt;
Und eine steile Felsenwand
Verwehret uns das Blütenland.
Und wer sich auch, im kühnen Drang
Und keuchend, auf die Felsen schwang,
Erblickt vor sich die See — und nur
Umflort die Hesperidenflur.
Nur Fittiche, sie tragen hin,
Wo tausend goldne Früchte glühn.
Uns drängt der schwere Leib zurück
Vom reinen, fernen Geisterglück.
Sehnsucht
Der Lerche wolkennahe Lieder
Erschmettern zu des Winters Flucht.
Die Erde hüllt in Samt die Glieder,
Und Blüten bilden rote Frucht.
Nur du, o sturmbewegte Seele,
Bist blütenlos, in dich gekehrt,
Und wirst in goldner Frühlingshelle
Von tiefer Sehnsucht aufgezehrt.
Nie wird, was du verlangst, entkeimen
Dem Boden, Idealen fremd;
Der trotzig deinen schönsten Träumen
Die rauhe Kraft entgegen stemmt.
Du ringst dich matt mit seiner Härte,
Vom Wunsche heftiger entbrannt:
Mit Kranichen ein strebender Gefährte
Zu wandern in ein milder Land.
Luis de Camoens
O großer Dulder, edler Sänger!
Dein Leben schau' ich bang und bänger:
Vertrieben aus den Hainen der Zitronen,
Wirst Held in Afrikas durchglühten Zonen;
Am Ganges irrend strebst du heimzukehren;
Und angelangt, muß Elend dich verzehren.
Dein Mut, für Ehre alles wagend,
Dem Herz, für hohe Liebe schlagend,
Erwarben sie den hellen Reis,
Den teuren sternumglänzten Preis?
Unwürdig Los — der Sänger fand
Ein dunkles Grab im Vaterland.
Doch lebt sein Epos, kühn empfangen;
Ein Riese, ist es fortgegangen,
Und immer wachsend wird es schreiten
Durch alle Völker, alle Zeiten.
Am Bache, wo die Rosen hauchen,
Die Wellen steigen, niedertauchen!
Die Luft im roten Golde schwimmt:
Da fühlst du selig dich gestimmt.
Du saugst die Strahlen ein des Lichts,
Du wünschest nichts, du schaffest nichts —
Denn jedes äuß're Bild zerfließt
Im Frieden, der im Innern ist.
Doch hat des Schicksals rohe Macht
Zum Zwiespalt dich mit dir gebracht,
Dann sproßt aus deiner tiefen Qual —
Der Wirtlichkeit zum Hohn — das Ideal.
Zurede
Über Forst und Bergeshang,
Treibt die Wolken Reisedrang;
Mit den Wolken Störche ziehn
Nach der sel'gen Ferne hin.
Und der Mensch, er soll allein
Fest und unbeweglich sein?
Pah, wir wandern mutig mit,
Schauen, wie es grünt und blüht:
Klettern auf der Berge Grau
Atmen Lüfte mild und lau.
Hasen springen auf vom Klee,
Hühner flattern auf vom See;
Bächlein plaudern im Gebüsch,
In den Wellen tanzt der Fisch;
Und von Sonnenglut gewärmt,
Schmetterling und Mücke schwärmt —
"Genug, genug — ich bin kein Pflock,
"Tornister her, und Reksestock."
Im Herbste
Wenn reich bekränzt Autumnus kehrt,
Und Bacchus mit, der Rebengott:
Wenn Trauben blau, und Äpfel rot,
Dianens Dienst sich stündlich mehrt,
Und nieder vom bebuschten Hang
Schallt Waldgesang:
Sei fröhlich Herz, so will's die Zeit,
Die Zeit der starken Fröhlichkeit.
Da lausche, in das Gras gestreckt,
Der Welle, welche Blumen neckt;
Wirf braunen Hirschen Krumen vor,
Und sei kein abgelebter Tor.
Dem Herbst' ein schmetternd Lebehoch
Gelingt dir noch:
Und wirst vom Rufen heiser,
Im Winter sprichst du leiser.
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