weiter
 

Gedichte 3
 

Der Tröster
Schiffer
Alpenjäger
Schäfer
Gärtner
Gondelfahrer
Don Juan
Faust
Pilgrim
Waldlied
Beim Winde
Gesuch
Nachtviolenlied
Auflösung
Der Insulaner
Geahnte Wendung
Hinaus
Im Gebirge
Auf der Wanderung
Am Abend
Sternennächte
Objektiv und Subjektiv
Unter Antiken
Rhapsodie
Die Adler
Der jagende Achill
Das Gartenungetüm

Der Tröster


Der muntre Schenke trat zu mir,
Und sprach: Herr, trinke, trinke!
Entgegen ich: mich schmerzt der Fuß;
Ich hinke, Schenk', ich hinke.

Laß Alles sein, so wie es ist,
Am Ende ist's erträglich.
Die Rose glüht, die Traube schwillt,
Die Sonne wärmt uns täglich.

So hab' ich manchen heitren Tag,
Und manche heitre Nacht.
Der Schenke bleibt ein schlauer Wicht,
Er hat die Welt bedacht.

Schiffer

Im Winde, im Sturme befahr' ich den Fluß,
Die Kleider durchweichet der Regen im Guß;
Ich lenke — ich peitsche mit mächtigem Schlag
Die Wellen, erhoffend mir heiteren Tag.

Die Fluten, sie jagen das schwankende Schiff,
Es drohet der Strudel, es drohet der Riff,
Gesteine entkollern den felsigen Höh'n,
Und Fichten, sie sausen wie Geistergestöh'n.

So mußte es kommen — ich hab es gewollt,
Ich hasse ein Leben behaglich entrollt;
Und schlängen die Fluten den dröhnenden Kahn,
Ich priese doch immer die eigene Bahn.

Es tose des Wassers ohnmächtiger Zorn,
Dem Herzen entquillet ein seliger Born,
Die Nerven erfrischend — o himmlische Lust!
Dem Sturme gebieten mit männlicher Brust.

Alpenjäger

Auf hohem Bergesrücken,
Wo frischer Alles grünt,
In's Land hinab zu blicken,
Das nebelleicht zerrinnt —
Erfreut den Alpenjäger.
Je steiler und je schräger
Die Pfade sich verwinden,
Je mehr Gefahr aus Schlünden,
So freier schlägt die Brust.

Er ist der fernen Lieben,
Die ihm daheim geblieben,
Sich seliger bewußt.

Und ist er nun am Ziele:
So drängt sich in der Stille
Ein süßes Bildnis vor.
Der Sonne goldne Strahlen,
Sie weben und sie malen,
Die er im Tal erkor.

Schäfer

Wenn ich im betauten Grase,
Von der Sonne hell beschienen,
Meinen weißen Lämmern blase,
Nahen sie mit muntren Sprüngen.

Landmann mag mit ernsten Mienen
Pflügen, eggen, oder düngen,
Jeder dunklen Wolk' erbeben:
Bergknapp' tiefe Schätze heben;
Fischer angeln, Jäger schießen —
Doch dem Schäfer ziemt Genießen.

Pflanzen bin ich, Lämmern König:
Zelt der Himmel, Kräuter Nahrung,
Ewig frische Offenbarung
Aus dem Winde, aus den Sternen.

Und so leb' ich still von Wenig;
Heimlich froh noch im Entfernen;
Während Lerchen mich umschwirren,
Bächlein auf den Heiden irren.

Treu die Urwelt nachzubilden —
Seht ihr mich auf den Gefilden
Patriarchensein verjüngen.

Und die Lämmer, weiß wie Kreide,
Die ich tränke, die ich weide,
Danken mir mit muntren Sprüngen.

Gärtner

Die Mandelbäume blüh'n, es wirkt die Sonne
Mit voller Kraft, so hab' ich's gern;
Die Dame weilt auf goldenem Balkone:
Aus Blumen scheint Sie wie ein Stern.
Die Blumen hab' ich treu gepflegt,
Daß Duft und Farbe Sie ergetzen.
Kein Wintersturm hat sie bewegt,
Kein Nachttau durfte sie benetzen.

      O Maienmond, du süße Zeit,
      Voll lichter Rosenherrlichkeit!
      Du pochest mild an jede Brust:
      Daß sie sich öffne neuer Lust.

Und doppelt herrlich nahest du der Guten.
Als Schnee und Eis das Land gedrückt
Da hatten, welch Verlust — des Fiebers Gluten
Sie uns auf immer bald entrückt.
Sie lebt und prangt: o Seligkeit!
Wird wieder durch den Garten gleiten;
Ich werde Sie, du schöne Zeit,
Zu neugebornen Pflanzen leiten.

Gondelfahrer

Es tanzen Mond und Sterne
Den flücht'gen Geisterreih'n:
Wer wird von Erdensorgen
Befangen immer sein!
Du kannst in Mondesstrahlen
Nun, meine Barke, wallen;
Und aller Schranken los,
Wiegt dich des Meeres Schoß.
Vom Markusturme tönte
Der Spruch der Mitternacht:
Sie schlummern friedlich Alle,
Und nur der Schiffer wacht.

Don Juan

Atmete die holde Dirne
Nicht auf luftigem Balkone:
Möchten leuchten die Gestirne.
Mit des Schlummers buntem Mohne
Wollt' ich gerne mich berauschen,
Und der Träume Stimmen lauschen;
Was ich lebte, frischer färben,
Und für heute willig sterben.

Doch das schönste Glück, bereitet
Mir von Amor, kommt entgegen:
So von Mondesglanz geleitet,
Schleiche ich auf stillen Wegen
Zu der Schönen. Klinge Laute:
Mut und Stimme zu erwecken;
Wie sich Schmetterlinge necken,
Spiele Stimme, spiele Laute!

Höher ragen die Palaste
In dem zauberhaften Lichte,
Und des Brunnen Silberschichte
Trennen buhlerische Weste.
Eingesperrte Nachtigallen
Schmettern ihre tiefen Lieder:
Einen Schleier seh' ich wallen —
Schnell zu ihren Füßen nieder!

Faust

So viel der Zeit — was immer brüten?
Frisch leben wollen wir, und Etwas schaffen,
Und geht es nicht mit Gutem, müssen Waffen
Die Tore sprengen zu den Blüten.

Beim Mondenlicht, bei trübem Lampenscheine
Erscheinen Geister uns; doch fodert
Der Drang in uns, der strebend lodert,
Auch Nahrung aus dem Hesperidenhaine.

Wir knüpfen seltsame Verbindung:
Mit neuer Lust erfüllt zu werden;
Und unser Strom, gehemmt auf Erden,
Sucht in der Hölle noch die Mündung.

Pilgrim

Vom Meere, wo die stolzen Städte ragen,
Hat mich der Reue tiefes Grauen,
Weit über Berg' durch weite Gauen,
Zur Andachtstätte, wie im Flug, getragen.

Und vor der Mutter beuge ich die Knie:
Daß mir ein Strahl der Gnade werde.
Sie heilt mit liebender Gebärde;
Gerettet ich, und leicht von dannen ziehe.

Wenn freudevoll mein Lied ertönet,
Der Hoffnung Grün mich hell umzweiget,
Natur sich mir in Schönheit zeiget:
Geschieht es nur — weil ich versöhnet.

Waldlied

Waldeslust,
Waldeslust!
Kühle meine müde Brust
Tannen düstern,
Buchen flüstern;
Drosseln singen,
Flattern und springen
Ohne Rast,
Von Ast zu Ast.
Am Bache, der da plaudert,
Der Hirsch beschauend zaudert;
Und in Forstes Mitte
Raucht des Jägers Hütte.
Waldeslust,
Waldeslust!
Strömst an meine müde Brust.

Beim Winde

Es träumen die Wolken,
Die Sterne, der Mond,
Die Bäume, die Vögel,
Die Blumen, der Strom.
Sie wiegen,
Und schmiegen
Sich tiefer zurück
Zum tauigen Bette,
Zur ruhigen Stätte,
Zum heimlichen Glück.
Doch Blättergesäusel
Und Wellengekräusel
Verkünden Erwachen.
Denn ewig geschwinde,
Unruhige Winde,
Sie stören und fachen.

Erst schmeichelnde Regung
Dann wilde Bewegung;
Und dehnende Räume
Verschlingen die Träume.

Im Busen, im reinen,
Bewahre die deinen;
Es ströme dein Blut:
Vor rasenden Stürmen
Besonnen zu schirmen
Die heilige Glut.

Gesuch

Strahle Schönheit durch das Dunkel
Dieses Pfades, den ich wandle;
Ström' im Busen, Jugendfrische:
Daß ich schaffe, daß ich handle.

Denn es bleibt der höchste Segen,
Der den Sterblichen vergönnet:
Fortzupflegen liebe Pflanzung,
Unverdrossen und versöhnet.

Nachtviolenlied

Nachtviolen, Nachtviolen!
Dunkle Augen, seelenvolle, —
Selig ist es, sich vertiefen
In das samtne Blau.

Grüne Blätter streben freudig
Euch zu hellen, euch zu schmücken;
Doch ihr schauet ernst und ahnend
In die laue Sommerluft.

Ja so fesselt ihr den Dichter:
Mit erhabnen Wehmutsstrahlen
Träfet ihr sein treues Herz.

Und so blüht in stummen Nächten
Fort die heilige Verbindung:
Unaussprechlich, unbegriffen,
Und die Welt erreicht sie nicht.

Auflösung

Verbirg dich, Sonne,
Denn die Gluten der Wonne
Versengen mein Gebein;
Verstummet Töne,
Frühlings Schöne
Flüchte dich, und laß mich allein!

Quellen doch aus allen Falten
Meiner Seele liebliche Gewalten;
Die mich umschlingen,
Himmlisch singen —
Geh' unter Welt, und störe
Nimmer die süßen ätherischen Chöre!

Der Insulaner

Sel'ge Insel, meerumfloßne,
Reichbebuschte, blütenvolle,
Dir naht mein Nachen,
Auf den Wellen
Liebevoll einhergetragen.
Des Segels hab' ich nicht bedurft,
Auch hat das Ruder mir geruht;
Der Südwind nur betrieb das Schiff,
Und Götter führten es hierher.
Sie fühlt' ich wirkender, als je,
Und meinem Glauben lohnten sie.
Lebt, Länder! wohl, und du auch, Meer!
Auf dieser Insel werd' ich leben;
Die Wellen, die sich heben, zählen,
Und hellbeblümte Kränze spenden
Dem grünen riesigen Neptun.

Geahnte Wendung

Ach du goldenes Gewölbe
Ruhig über mir gespannt;
Sterne tauen, Sterne kühlen
Sehnsucht und der Triebe Brand.

Alle Tone hüllet Schweigen,
Alle Augen decket Nacht;
Und verwirklicht soll ich schauen,
Was ich einsam mir gedacht.

Früchte keimen, blühen, reifen —
Zukunft rauscht im Sichenthüllen,
Und der Seele leere Blätter
Wollen neue Zeilen füllen.

Hinaus

Aus schwarzen Wolken zischen scharfe Pfeile
Auf's Menschenherz, und bohren Wunden;
Es blutet fort in bangen Stunden,
Die nur dem Glücklichen entfliehn in Eile.

Wirst du des Blutes Strömung stets betrachten,
Um deinen Schmerzen nachzuhängen.
Und deine Kräfte einzuengen —
Wo, Armer, bleibt das schöpferische Trachten:

Die Welt nach allen Seiten aufzufassen?
Ist es wohl recht, ein junges Leben,
Der tiefsten Schwermut hingegeben,
In Selbstsucht und in Torheit zu verprassen?

Hinaus, wo sich Gefahren türmen,
Ins Tatenfeld hinaus geritten!
Und wird dir auch der Tod erstritten:
Viel schöner bleibt, als siechen, stürmen.

Im Gebirge

Ich schreite durch den Tannenwald,
Durch grüne Nacht dahin;
Der Weste liebliche Gewalt
Umwogt den trüben Sinn.

Wie du gedacht, so wird es nicht.
Was liegt zuletzt daran?
So lange nicht die Welt zerbricht,
Verzweifle nicht der Mann.

Und wie es um dich grünt und keimt,
So grüne es in dir;
Nur nicht gezweifelt und gesäumt:
Du bleib' und wirke hier.

Auf der Wanderung

1.
Motiv

Der Strom rauscht heiler herunter
Vom blauen Gebirge ins Tal;
Auch singen die Vögelein munter
Im wärmenden Sonnenstrahl.
Und der Trieb zu wandern waltet
Nun, wie eh' in jungen Tagen;
Uns gelüstet es zu fragen:
Ob Natur, wir veraltet.

2.
Am Felsen

Ein würdiges Gestein erhebt das greise Haupt
Ins Firmament, und raget unerschüttert.
Sank eine Welt, von Fluten hingewittert,
Der Felsen ragt und grünet hell belaubt.
Der Wandrer weilt an seinem Fuß,
Und mißt, und staunt den Riesen an
Und denkt der Zeit, die schon vorüber rann,
Und gräbt dem Felsen ein: Genuß.

3.
Am Bache

Mich rührt des Baches irrend Leben,
Der ohne Tosen, still ergeben,
So fort zum stolzen Flusse rinnt,
Der frische Kraft durch ihn gewinnt:
Und nun mit dessen Säften schäumt,
Und sich ins Land hinüber bäumt.

4.
Die Hyazinthenflor

Wir hauchen reinen Balsam dir entgegen,
Und spiegeln hellste Farben vor.
Doch wähne nicht, du stolzer Tor,
Wir blüheten nur deinetwegen.
Sind wir bekränzt, bist du es minder,
Und sind wir nicht desselben Vaters Kinder?

5.
Der Springbrunnen

Zu kühnem Bogen steigt die Masse,
Und in der Sonne flimmern ihre Perlen;
Sie stellt sich gleich den nahen Erlen,
Befeuchtend sie mit reinem Nasse.
Ihr Steigen wirkt des Druckes Schwere,
Doch sorgen eherne Gesetze:
Daß Wasser sich in Luft ergehe,
Und wieder zu dem Becken kehre.

6.
Unter einem Gewitter

          Jäger
Mir ward der Hirsch —
Nieder zum Tal!
Weißes Gewölke
Über den Bergen
Kündet Gewitter:
Bald ist die sich're
Hütte erreicht.

          Nixe
Ruhig schwamm ich auf dem Wasser,
Lüftete den grünen Schleier;
Sog den Duft von zarten Blüten,
Wonne spendend, Wonne voll.
Ist des Tages Aug' verdunkelt,
Leuchten ferne falbe Blitze:
Kehre ich in das kristallne
Schloß der Nixen auch zurück.

          Alter
Wie ich in dem Buch der Zeiten lese,
Überflügelt mich der Sturm.
Horch, des Donners ernste Stimme
Ruft erzürnt durch's Firmament.
Wolken sinken, stürzen flutend
Auf das schöne Tal hernieder;
Und weil Alles in Bewegung,
Muß der Greis sich auch bewegen.

          Donner
Ich singe meinen festen Baß:
Daß selbst der Erde Säulen wanken,
Und Berg und Fichten zitternd schwanken.
Und alle Sünder werden blaß.

          Blitz
Risch! hin und her,
Verderbenschwer,
Hüpfe ich in Schlangenglut,
Färbe tiefes Blau mit Blut;
Ohne Zügel
Flieg' ich von Hügel zu Hügel.

          Zeus
Nach ewigen Gesetzen
Beherrsche ich das All;
Wagt nicht, sie zu verletzen:
Begründend euren Fall.
Erhelle Land und Wolken
Mit deines Mantels Pracht
O Iris; sie bereuen,
Und scheuen unsre Macht.

7.
Auf der Spitze des Berges.

Hier ist heilig Land, will ruhen,
Hinter mir die Wüstenei'n.
Wie wird in erhabner Schöpfung
Not, die mich verwirrte, klein.

Jener Strom, der herrlich wallet,
Trank den wohl bekannten Bach,
Und die blaue Hügelkette
Birgt der dumpfen Hütte Dach.

Hegt die Brust auf dieser Stätte
Keinen Wunsch, noch Bitte mehr?
Gute Götter! gnädig leitet
Alle, die ich liebe, her.

Am Abend

Freudig schaut sich's in die grünen Bäume,
Und erhebend in die Wolkensäume!
Ist mir's doch, als stiege Gottes Geist
Von den Bergen, bläulich und beeist.

Der gegründet Völker, wie die Staaten,
Schenkt Gedeihen auch den gelben Saaten;
Reben sprossen hoch auf sein Geheiß,
Und sein Segen fruchtet an dem Reis.

Sehnsucht goß er in die Menschenherzen,
Läutert selbe noch durch Tod und Schmerzen
Liebevoll für heiligen Genuß. —
Nichts verändert seinen hohen Schluß.

Hold gedämpfte Himmelsklänge flöten
Uns herüber in der Erde Nöten;
Schmelzen sie durch süße Harmonie,
Wandeln sie in Freud' durch Poesie.

Sternennächte

In Mond erhellten Nächten,
Mit dem Geschick' zu rechten,
Hat diese Brust verlernt.
Der Himmel, reich besternt,
Umwoget mich mit Frieden.
Da denk' ich: Auch hienieden
Gedeihet manche Blume;
Und frischer schaut der stumme,
Sonst trübe Blick hinauf
Zu ew'ger Sterne Lauf.

Auf ihnen quälen Schmerzen,
Auf ihnen bluten Herzen —
Sie aber strahlen heiter.
So schließ' ich selig weiter:
Auch unsre kleine Erde,
Voll Mißton und Gefährde,
Sich als ein heiter Licht
In's Diadem verflicht.
So werden Sterne
Durch die Ferne!

Objektiv und Subjektiv

Entweder ist's dein Ich, das dich beschäftigt,
Und Bildungskraft in Anspruch nimmt —
Wo nicht, so ist's das All, das deine Lyra
Zum unermeßnen Hymnus stimmt.
Wohl reihend ist es, sich zu finden,
In jedem Wesen sich zu schau'n:
Und unsren Schmerz und unsre Wonne
Auf jedem Felde anzubau'n.

Und doch ist es viel edler sich zu opfern,
Und lohnender im All zu sein:
Der Nährerin und Mutter aller Dinge
Das Leben, wie das Lied zu weih'n.
Denn, was du hast, ist ihre Gabe,
Verschönert fließe es zurück:
Und tränke deine müden Brüder;
Verbreite, Glücklicher, das Glück!

Unter Antiken

Wie schmeichelst du mit linden Wehen,
O Kunst, um diese wunde Brust,
Und heißest schöpferisch entstehen
Die Welt der Schönheit und der Lust.
Zurück von mir! ihr kalten Würger,
Ich bin von eurer Macht befreit,
Und trete ein als froher Bürger
In des Olympus Herrlichkeit.

Rhapsodie

Die Seele wittert
Durch die Nacht, die sie umgittert,
Morgenluft. Utopien,
Geheißen auch Arkadien,
Mit seinen Träumen, seinen Mythen,
Goldnen Gärten, weißen Blüten,
Steigt schmeichelnd aus der Flut heran,
Zu mir, dem hochbeglückten Mann.

          Was tun,
          Was lassen?
          Soll ich glühende
          Früchte fassen,
          Durch das Grün
          Der Gänge streifen,
          Über bläuliche
          Berge schweifen?
          Ist's erlaubt
          Mich im hellen
          Teich zu baden,
          Den die Platane
          Üppig umlaubt:

          Wo ist Ariadnens Faden,
          Der mich leite?
          Wie ich schreite,
          Jubeln Lerchen,
          Und Nachtigallen;
          Und der Nymphen
          Lieder prallen
          Ab von Felsen,
          Bepflanzt mit Reben.
          Ström in mich
          Du heitres Leben!
          Helle den Busen,
          Glätte die Stirne.
          Windet Tänze
          Pierische Musen,
          Hebe, kränze
          Mir den Pokal.
          Es brausen die Lüfte,
          Es nahet der Schwall.
          Die Bäume sich neigen:
          Der Boden erbebt —
          Phöbus zum Reigen
          Die Stimme erhebt.
          Ihm lauschen die Täler,
          Ihm horchet das Meer;
          Von Schwänen gezogen,
          Eilt Venus daher.
          Ihr schelmisches Bübchen
          Wartet des Zuges;
          In Braunen und Grübchen
          Hat er des Truges
          Pfeile versteckt.
          Wie er die Schwäne
          Streichelt und neckt:
          So spielt er mit Herzen,
          Und jagt sie durch Schmerzen;
          Und sind sie nun blutig,
          Zornig, und mutig
          Zu trotzen dem Zwinger:
          Mit rosigem Finger
          Streicht er die Wunde;
          Ein Tropfen der Hoffnung
          Genüget zur Stunde.
          Nun mag er sie jagen
          Die Kreuz und die Quer',
          Er braucht einen Tropfen,
          Und weiter nichts mehr.

Die Adler

Wie herrlich, zu rauschen
Mit glänzenden Schwingen
In duftigen Wolken!
Zu Füßen die Wälder,
Die Hütten, die Türme,
Erst Blitze zu tragen,
Dann Nektar zu nippen
Aus goldener Schale,
Die Hebe gefüllet.
Der Herrscher der Götter
Berühret zuweilen
In gütiger Laune
Das schwarze Gefieder:
Da möchten wir singen,
Gleich sterbenden Schwänen,
Ein schmelzendes Lied.
Es will nicht gelingen.
Wir krächzen, wir funkeln
Aus glühenden Augen,
Und bäumen die Federn
Des Halses vor Lust.

Der jagende Achill

Mischt Wellen euch mit Blum' und Kraut,
Glänz' Anger, milde angetaut;
Streu' Düfte Waldes Heiligtum,
Und Auge blick' entzückt herum!

Den braunen Hirschen jagt Achill,
Der junge Gluten dampfen will;
Die edlen Hunde vor und nach,
Und Echo wird in Klüften wach.

Gar lieblich scheint dem Göttersohn
Der scheuer nachgesprochne Ton;
Der stark aus seiner Kehle drang,
Wird in der Nymphe zum Gesang.

"Vorwärts, vorwärts in den Hain!"
Die Doggen bellen frisch darein,
Dem Blitze gleich voran der Held,
Und bald ist auch der Hirsch gefällt.

Der Jäger streckt die matten Mieder
In's kühle dunkle Moos.
Da tönen seines Freundes Lieder
Aus des Gebirges Schoß.

Der Zukunft hohe Saaten schwanken
An seine kühne Brust:
Als Taten lächeln die Gedanken,
Und Mühe glänzt als Lust.

Das Gartenungetüm

Der Thetis Sorgfalt hielt den teuren Sohn gefangen
In wohl verwahrter Felsenkluft;
Doch plötzlich drang er in die Luft,
Als Deidamia und ihre Freundin sangen.

Ihn überflügelt heißer Liebesdrang,
Nie weicht aus seinen Ohren der Gesang.
Er horcht und nährt sich von den Klängen,
Und wünschet, daß sie ewig sängen.

Doch nahen Fremdlinge, die ihn zu fangen trachten:
Weil Trojas Sturz durch ihn bedungen.
Zu retten ihn, ist ihr gelungen;
Doch schaut die Mutter ihn nach der Entfernten schmachten.

Achilles fordert frei zu sein; sie mahnt und bittet,
Den frühen Tod von ihm zu wenden.
Ihr Klagen prallt von tauben Wänden,
Da Liebe seinen Geist und Willen hat zerrüttet.
Es endet ihre Macht und Pflege:
Von nun an geht er eigne Wege.