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Wer dichtet, lebt, — wer lebt, der dichtet;
Das ist's, was dieses Heft berichtet.
 

III.
Gegenwart

 

Im Garten
Im Sturme
Mysterien
In der Fläche
Neue Kunst
Schnackenkur
Philistertum
Glossen
Beherzigungen
Zum Punsche
Trinklied
Genossen
Toaste
Träumen und Trinken
Gartenfest
Vorruf
Der Trank
Herzwiegen
Kuckuck
Alte Liebe
An die Geliebte
Aussicht
Stilleben
Da capo
Der Einseitige
Der Fernen
Im März
In's Gebirge
Erhebung
Goethe
Gebirgslust
Abend
An den Frühling
Leopoldsberg
Stille

 
Zuruf
Am Morgen
Vollmond
Labung
Trost der Trennung
Der gezähmte Bach
Adlerlied
Mut
Nach dem Gewitter
Rast am See
Die Gegenwart

 

Im Garten

Juli 1834
An F.

Im Morgenhauch, im leisen Winde
Der durch das Weingeranke schwirrt,
Wird deutlich mir, was ich empfinde,
Wie ich geliebt, wie ich geirrt.

Betrachten ziemet und Genießen,
Das Handeln findet selbst sich ein;
So laß ich Schwalben zwitschernd schießen,
Und wärme mich am Sonnenschein.

Der Mittag glüht, es naht der Abend,
Die Nacht erscheint, mit Sternenglanz
Und Mohnessaft die Müden labend;
Nie rastet leichter Horen Tanz.

Besänftige des Unmuts Welle,
Die schmerzlich Deinen Busen hebt,
Und wisse, daß in bunter Helle
Der Friedensbogen niederschwebt!

Im Sturme

Spreize, Sturm die Geierflügel
Über die Ströme, über die Hügel, —
Rüttle die Türme mit luftigem Speer,
Pack' an den flatternden Locken das Meer!

           Sturm ist Leben;
           Sturm muß heben
           Geist und Mut;
           Brause schöpferische Flut!
Und hast du ausgewittert —
Fühlt sich die Flur erfrischt,
Und Perl' auf Perle zittert,
Aus Lust und Schmerz gemischt.
           Erlen flüstern im Haine,
           Zart und traut, —
           Und die Träne der Liebe
           Niedertaut.
           Trock'ne' die Träne!
           Öffne die Augen,
           Trost zu saugen
           Aus der Welt,
           Die Dir tausend Arme
           Freudig entgegenhält!

Mysterien

Was träumst Du wieder, tief versenkt
Im Brunnen des Geheimnisvollen?
Es werden Dir die Götter grollen,
Die Dir das Lieblichste geschenkt!

Blick rund herum! ein zartes Grün
Umkleidet üppig junge Birken;
Vernimm der Bäche reges Wirken,
Und öffne Düften Herz und Sinn!

Natur ist mit dem Geist verzweiget,
Hält tausend Lebensbrüste hin, —
Wohl ihm, wenn sich des Menschen Sinn
In Lieb' und Andacht zu ihr neiget!

         Strömet Düfte
         Säuselt Lüfte,
Kinder der erquickten Welt,
         Die mit warmen
         Liebesarmen
Ihren Bürger wiegt und hält!

In der Fläche

Von den Felsenhöh'n vertrieben,
Schlendr' ich im Kartoffelfeld;
Ist mir doch mein Frack geblieben,
Und Tabak und Kupfergeld!

Heisa! ist das nicht ein Leben
Voller Geigen, voller Tanz;
Wetter! hübsche Dirnen schweben
Walzend hin beim Kerzenglanz.

Recht gemütlich ist das Walzen,
Wenn es nicht zu hitzig wird;
Mus, von Grazien gesalzen,
Schmeckt, und wird auch digeriert.

Bin ich nicht ein Narr gewesen,
Auf den Felsen dort zu steh'n,
Während sich die holden Wesen
Lustig durcheinander dreh'n.

Ach, wie bin ich müd' geworden!
An den Füßen hängt's wie Blei;
Gute! trauet meinen Worten:
Matt und stumpf macht Schwärmerei.

Neue Kunst
Dem Sohne der Griechen

Dächer, rot und gelb bemalt,
Türmchen, eckig, spitz und alt,
Bunter Plunder, trüber Dunst:
Siehe da die deutsche Kunst.

Daß es Goten einst gefiel —
Sagst Du —kümm're Dich nicht viel?
Bst! sonst ist der Teufel los,
Und der neuen Schule Troß'!

Tausend Sancho's hauen ein,
Jagen Dich vom edlen Wein,
Den der Ketzer Göttern sprengt,
So die Mode längst verdrängt.

Brav, ihr Jungen! zugehaut!
Vorwärts nicht noch rückwärts schaut,
Fromme Wut erkalte nie!
Wische gibt das Federvieh.

Wie er sich den Hieben krümmt,
Und es sich zu Herzen nimmt!
Hurtig, euer Mehl herbei, —
Kocht ihm nun modernen Brei!

Wie der alte Sünder würgt,
Mühsam seine Wut verbirgt!
Zur Verdauung noch den Trost:
And're Zeiten, and're Kost!

Schnackenkur

Grillen zirpen, Frösche quacken,
Baß und zierlichen Diskant,
Und die allerliebsten Schnacken
Lagern sich auf Fuß und Hand.
Wie wird die Gesellschaft munter!
Farben spielen bunt und bunter,
Witz und kräftiger Humor,
Und Gelächter schallt empor.

Wären nicht fidele Tiere
Tätig ohne Unterlaß,
Säßen wohl so still und kirre
Uns're Schönen hier im Gras?
Ach, auf ihren Rosenwangen
Haben sie den Stich empfangen,
Und je mehr sie reiben, schwillt
Ihre Wunde, gifterfüllt.

Um den anmutvollen Kindern
Diese unerhörte Not,
Wie es Rittern ziemt, zu lindern,
Rauchen wir uns fast zu Tod.
Doch des Rauches dicke Wolke
Wehret nicht dem Teufelsvolke:
Gegen Schnacken saures Blut
Wohl die beste Wirkung tut!

Philistertum

Dem Poeten sich vertrauen
Bleibt doch immer etwas mißlich;
Wo Ihr Bitterkeit erwartet,
Ist er schonend oft und süßlich;
Wo ihr Honig euch versprachet
Läßt er die Orkane brausen;
Ach bedenklich, oh bedenklich
Ist's, mit einem Dichter hausen!

Metzger, Schmiede, Seifensieder
Haben ihre Eigenheiten,
Stattliche Kanzleiverwandte
Ihre wunderlichen Seiten;
Selbst Soldaten—soll man's glauben? —
Monoton in Marsch und Rocke,
Kalbfell angetan und Birke,
Kultivieren das Barocke.

Wenn prosaische Naturen
Sich zuweilen gehen lassen,
Muß man billig auch Poeten
Nachsichtsvoll gewähren lassen!
Ließe man sie nicht gewähren,
Würde Langweil gar zu mächtig,
Und mitunter die Gesellschaft
Sozusagen niederträchtig.

Glossen

Bei warmem, hübschem Wetter
Da kann man promenieren,
Da kann man meditieren, —
Bei warmem, hübschem Wetter.

Es dürfen Schmetterlinge
Um gelbe Blümlein schwärmen,
Sich freuend ohne Lärmen, —
Beglückte Schmetterlinge!

Sie kreisen und sie flattern,
Ein Tag begrenzt ihr Leben;
Daher sie weder weben
Noch bauen; nein, sie flattern.

Bei rauhem, kaltem Wetter
Da muß man retirieren,
Da muß man laborieren, —
Bei rauhem, kaltem Wetter.

Es flieget an die Fenster
Der Sperling halb erstarret, —
Der Nahrungslose harret
Ob auf sich tun die Fenster.

Doch die sind zugefroren;
Was hilft das Meditieren?
Wir müssen laborieren,
Sonst sind wir selbst gefroren!

Beherzigungen

Sel'ger Jüngling, der Du reichest
Bettlern Deinen liebsten Kuchen,
Hut und Rock und Deinen Mantel, —
Daß sie dir nicht etwa fluchen!
"Sprichst Du von dem Herz des Künstlers?"
Ihr erratet meine Meinung.

In dem Flusse wimmeln Fische:
Gründling', Aale, Karpfen, Hechte,
Und sie schnappen nach Gewürme,
Oder wüten am Geschlechte.
"Stichelst Du auf das Erwerben?"
Ihr erratet meine Meinung.

An dem rebenreichen Fenster
Steht ein Topf voll bunter Blumen,
Den die Bienen und die Fliegen
Und die Mücken auch umsummen.
"In der Hütte wohnt die Schöne?"
Ihr erratet meine Meinung.

In dem Glase reinen Wassers
Brechen sich die Sonnenstrahlen;
Welche Farben! welcher Schimmer!
Hätten wir sie doch zum Malen!
"Neid und Habsucht willst Du zeichnen!"
Ihr erratet meine Meinung.

Brauch ist es der Astronomen,
Nach Gestirnen auszuspähen,
Sorglos, ob sie unten fechten,
Oder ob sie Bratspieß drehen.
Herzhaft muß man etwas treiben, —
Ist und bleibe meine Meinung.

Zum Punsche

Woget brausend, Harmonien,
Kehre wieder, alte Zeit;
Punschgefüllte Becher, wandert
In des Kreises Heiterkeit!

Mich ergreifen schon die Wellen,
Bin der Erde weit entrückt;
Sterne winken, Lüfte säuseln, —
Und die Seele ist beglückt.

Was das Leben aufgebürdet,
Liegt am Ufer nebelschwer;
Steu're fort, ein rascher Schwimmer,
In das hohe Friedensmeer.

Was des Schwimmens Lust vermehrt
Ist das Plätschern hinterdrein;
Denn es folgen die Genossen,
Keiner will der Letzte sein.

Trinklied

Freunde, die goldenen Becher gefüllt,
Mit Zweigen der Eiche umwunden!
Jubelt, in bläulichen Nebel gehüllt,
Und freut euch der rollenden Stunden!
Verächtlich ist des Unmut's Geselle,
Er stirbt aus Durst an des Lebens Quelle.

Freut euch der jungen, lebendigen Kraft,
Die hoch zu den Göttern uns reihet:
Den Tiefen und Höhen der Wissenschaft
Sei die ungeschwächte geweihet!
Auf daß nicht in sinnlich ohnmächtigem Ringen
Ermatten des Geistes strebende Schwingen!

Und habt ihr die nächtlichen Wege geschaut,
Auf denen die Menschheit gewandelt,
Und seid ihr mit eurem Können vertraut, —
So tretet in's Leben, und handelt,
Soll in der Entscheidung furchtbaren Tagen
Die Hohe nach rüstigen Streitern fragen.

Und bleichen die Jahre das spärliche Haar,
Und schlummern die Freunde im Grabe,
So denke der Greis, was er wollte und war,
Und freu' sich der tröstlichsten Gabe:
Des Willens! das Wollen geht nie verloren:
Noch jeglicher Same hat Frucht geboren!

Und Freunde! dies Glas sei den Toten gebracht,
So die Saaten, die gold'nen nicht sehen!
Sie sind ja zum seligen Sein erwacht,
Aus der Erde Bangen und Wehen:
Wofür sie gelebt, wofür sie gestorben,
Empfange die Nachwelt unverdorben!

Genossen

        Sitzen wir traulich
        Brüder, beisammen,
        Wärmen beschaulich
        Uns an des Geistes
        Leuchtenden Flammen.

        Bläuliche Wolken
        Entqualmen der Pfeife,
        Löbliche Pläne
        Gedeihen zur Reife.

Die Sehnsucht sei verhüllt,
Der Becher angefüllt
Mit ausgegor'nem Tranke,
Und ungefesselt schreite
Von Nähen in die Weite,
Bis an den Hades der Gedanke.

        Bis an den Hades
        Kräftig beisammen, —
        Nähret des Geistes
        Ewige Flammen!

Toaste

Salve fröhlicher Genoß
Aus den Jugendtagen!
Becher an den Becher stoß,
Soll uns wohl behagen!
Haben echten, alten Trank,
Wuchs auf unsern Hügeln;
War ein wenig wild und frank —
Liegen tät' ihn zügeln.

Unser Volk, es lebe hoch,
Schreite vorwärts immer;
Auf ihm laste fremdes Joch,
Fremde Sitte nimmer!
Einheit, einst der Väter Hort
Unter düstern Tannen,
Einheit sei das Losungswort, —
Kleinheitsinn von dannen!

Das uns frei und edel macht,
Wissen! sei willkommen!
Seichter Plunder, matt gedacht
Wird nicht aufgenommen;
Frische Lieder, mild und stark,
Nähren Hochgefühle, —
Weinerlicher Modequark
Wandere zur Mühle!

Töchter uns'res Landes auch
Sollen uns nicht zürnen;
Rinne, rinne, alter Schlauch!
Denn es gilt den Dirnen.
Sähen sie den raschen Zug,
Und das rasche Leeren,
Würden lächelnd jedem Krug'
Einen Kranz verehren.

Lebe hoch, was Jeder liebt,
Hoch, was Jeder achtet,
Hoch, was er nach Kräften übt,
Hoch, wonach er trachtet!
Pereat der Müßiggang,
Und das feige Beben!
Stoßet an mit vollem Klang:
Was sich rührt, soll leben!

Träumen und Trinken

Wie helle
Die Welle
Die Kiesel bespült!
Wie linde
Im Winde
Die Stirne sich kühlt!

Versunken
Und trunken
Vom goldensten Traum —
Entgleiten
Die Zeiten,
Ich achte sie kaum.

Was sollt' ich sie achten?
Sie ringen und trachten
Nach fester Gestalt;
Sie straucheln und schwanken,
An ewigen Schranken
Bricht ihre Gewalt.

So lasset mich träumen,
Und perlend mir schäumen
Im Becher den duftigen Wein!
Bis daß sie gefunden
Und Geistern entwunden
Die Weisen den rettenden Stein.

Wie helle
Die Welle
Die Kiesel bespült!
Wie linde
Im Winde
Die Stirne sich kühlt!

Gartenfest

Leicht, in anmutvollen Wogen,
Spielt und tanzt der Jugend Lust;
Freude zuckt durch jede Brust,
Wie von oben hergeflogen.

Geigen jubeln, Lampen streuen
Sterne in die grüne Nacht,
Und bezaubert von der Macht
Solcher Schöne, steh'n die Reihen.

And're lagern sich auf Sitzen,
Loben sich das Werk der Kunst,
Und des Augenblickes Gunst;
Sehen nach den fahlen Blitzen,

Die den Horizont durchschneiden;
Tiefer aus des Gartens Grund
Klagt ein liederreicher Mund
Um des Lebens flücht'ge Freuden;

Um entschwund'nes Glück der Minne,
Um des Ideales Traum,
Wie es, uns geboren kaum,
In den wilden Strom entrinne.

Wonne mag die Brust durchbeben
Doch soll sie geläutert sein,
Stelle Ernstes Kraft sich ein:
Ernst vergeistiget das Leben.

Vorruf

Eine Mahnung ist ergangen,
Innern Frühling zu erschaffen;
Unverdrossen angefangen,
Eh' die Sehnen Dir erschlaffen!

Über dieses Lebens Mühen,
Über des Genusses Lücke,
Zimmere Dir eine Brücke
Aus den liebsten Melodien.

Myrthen bilden das Geländer,
Wie auch Knospen heller Rosen,
Und als Schmetterlinge kosen
Träume um die blüh'nden Ränder.

Der Trank

Wie, umglüht vom Abendstrahle,
Heller, wann die Dämm'rung dunkelt,
Meinem Aug' entgegenfunkelt,
Lichten Trankes voll, die Schale!

Den gewund'nen Henkel fassend
Biet' ich sie den durst'gen Lippen,
Die sich sehnen, Lust zu nippen, —
Doch der Trinker schaut erblassend
Blaue Flämmchen, hört sie knistern,
Hört sie leise, leiser flüstern:
"Bist nach Zaubertranke lüstern?"
Weg mit Zauber! ich will Wein,
Wie er wächst am tiefen Rhein, —
Wahrhaft Wesen, keinen Schein!

Und ein Genius kredenzt
Mir den Becher, laubumkränzt, —
Und zum Jenseits wird die Stätte,
Und der Rhein wird mir zum Lethe.

Herzwiegen

Wie leichte Weste gaukeln
Um Rosen, die der Lenz gesä't,
Wie Ringeltauben schaukeln
Auf schwanken Ästen lustgebläht:

Wieg' ich mein Herz mit Melodien
Zu süßer Ruh', in holden Traum;
Da schweigt's, und schläft's, und atmet kaum.

Es hat vergessen und verzieh'n,
Ist rein wie blendender Kristall,
Bedacht, Befleckendes zu flieh'n.

Ruft Haß, — gibt Liebe Widerhall,
Rauscht Krieg, — so übertönt hier Friede
Den wüsten Lärm mit Gottes Liede.

Kuckuck

Kuckuck ruft vom Tannenast:
"Grüner Jäger, schöner Gast,
Schon so früh im Wald?"
Frühlingsvogel, gib Bericht!
Sahst du  L i a n a r e n  nicht?
Kam ich denn zu bald?

Kaum daß Tagesschimmer graut,
Nebel krauses Moos betaut,
Streifest Du herum;
Kuckuck hat für Dich gelauscht, —
Und kein Halm hat noch gerauscht, —
Alles trüb und stumm.

Horch! im Grase streifen schon
Zarte Sohlen, süßer Ton,
Der dem Jäger ruft!
"Liebet Euch, und denket mein!
Einsam muß der Kuckuck sein." —
Schwingt sich in die Luft.

Alte Liebe

Alte Liebe rostet nicht,
Hört' ich oft die Mutter sagen;
Alte Liebe rostet nicht,
Muß ich nun erfahrend klagen.

Wie die Luft umgibt sie mich,
Die ich einst mein eigen nannte,
Der ich lebte ritterlich,
Die mich in die Weite sandte.

Seit die Holde ich verlor,
Hab' ich Meer und Land gesehen, —
Vor dem schönsten Frauenflor
Durft' ich unerschüttert stehen.

Denn ihr Bild trat vor den Geist,
Zürnend halb und halb voll Milde, —
Und was irgend Zauber heißt
Wich beschämt dem lieben Bilde.

Hier der Garten, dort das Haus,
Wo wir einst so traulich kosten!
Seh' ich recht? sie schwebt heraus —
Wird die alte Liebe rosten?

An die Geliebte

Von Dir entfernt, streb' ich zu Dir zu kehren, —
Hat ohne Dich das Leben Wert?
Wann Helios am Himmel fährt,
Denk' ich: durchflieh' nur Deine gold'nen Sphären!

Ich will nur Sie, und dann den Fluß, die Bäume,
Wie sie die dunkle Erde nährt;
Bin ich auch dürftig, ungeehrt, —
Ich lebe froh von Blüten holder Träume.

Es zweigt in mir des Geistes milde Kraft,
Aus Blumen saug' ich Lebenssaft,
Und sing' und wand're selig weiter,
Und Deine Augen nenn' ich meine Leiter.

Und Dichtung rankt um mich ihr zart Geflecht,
Ich witt're Freiheit, übe Recht, —
Des Lebens Einklang ist gefunden,
Und Haß und Nacht und Zweifel sind entschwunden.

Aussicht

Ich weiß, daß sie der Mutter immer sagt:
Sie müsse ihrer lieben Blumen warten;
Ich weiß, sie harret mein im stillen Garten,
Der blühend über'm braunen Felsen ragt.

Ich schau' hinauf aus dem gewund'nen Tal'
Zu ihr; bald wird sie mir am Busen liegen!
Wie ihre Locken in den Lüften fliegen,
Die Locken, goldener am Sonnenstrahl!

So trunken steige ich den Berg hinan,
Wie auf der Jugend, auf der Liebe Schwingen
Getragen, ihr den Morgenkuß zu bringen:
Sie ist mir gut, sie nimmt ihn freundlich an.

Umschlungen staunen wir am Lustgefild
Vom Strom durchflossen, vom Gebirg umgürtet;
Ihr Mächte, die ihr uns zusammenführtet, —
Verbleibt dem liebevollen Bunde mild!

Stilleben

Sie beugt den zarten, schlanken Leib
Mir über's Haupt zum Licht,
Und streckt den Arm, und lispelt: "Bleib!
Dir gilt die Schere nicht!"

So halt' ich still, und sauge gern
Die Lebenswärme ein, —
Wohl flimmert draußen Stern an Stern,
Was kümmert mich ihr Schein?

Die Kerze, die nun heller brennt,
Doch brennt sie nicht wie ich;
Nur wer der Liebe Flammen kennt,
Begreift mein Glück und mich.

In trauter Stube eingeengt,
Von Ihrem Hauch belebt,
Weiß ich es kaum, daß ich gedrängt,
Von Wünschen einst gestrebt!

Gestrebt—nach Ruhm, nach Wirksamkeit,
Nach Glück, — und es nie fand,
Bis es in diese Einsamkeit
Die zarten Blüten wand!

Da capo

Was bleibt im Menschen ewig jung?
Das Herz! wir dürfen's sagen!
Wer regt es stets zu frischem Schwung?
Die Liebe! kannst noch fragen?

Wohl manchmal scheint der Strom gestockt,
Man könnt' am Eis' zerschellen, —
Der Flötenton der Liebe lockt —
Da gibt es wieder Wellen.

Der alte Kreislauf stellt sich her,
Und Glück und Qual wogt wieder —
Wir segeln auf dem hohen Meer,
Und singen neue Lieder.

Der Einseitige

Ich kenn' ein süßes Lippenpaar
In wunderholdes Rot getaucht;
Den Lippen horch' ich immerdar,
Wenn meine Seele Labung braucht!

Wie von den Felsen, silberhell
Herunter rauscht der kühle Quell,
Wie Morgenhauch die Wipfel regt,
Und schmeichelnd sich zu Blumen legt:

So schmeichelt mir zum Herzen sich
Der Wohllaut ein, umflutet mich,
Verwirrt mich über Zeit und Ort,
Und schlüpft wie die Forelle fort.

Von allen Sinnen blieb mir nur
Die Kraft, zu hören, noch zurück;
So schenkst Du Jeglichem sein Glück,
Sein angemess'nes Glück, Natur!

Der Fernen

Du, die mich so hart gemieden,
Schwebst in Freude, schwebst in Frieden,
Nun durch Strom und Tal geschieden,
Über helle Rosen hin.

Alles liebevolle Werden,
Lenz und Sommer hier auf Erden,
Wie der Sterne Flammenherden, —
Andern sie den trüben Sinn?

Bergeslüfte, Kunstgebilde,
Und der Töne reiche Milde,
Ach, besiegt von Deinem Bilde,
Wirken nimmer wie zuvor.

Hymnus sei Dir meine Klage!
Laß mich meiner Sehnsucht Frage,
Bange Nächte, bange Tage,
Hüllen in der Dichtung Flor!

Im März

Liebe, neig' Dein reichgelocktes Haupt
Sinnend über diese Veilchen nieder!
Strauch und Buche trauern unbelaubt, —
Doch die kleinen Veilchen sprießen wieder.

Aus dem dumpfen Mauerwerk der Stadt
Bin ich fort und in den Wald gegangen;
Schnee und Eis umkrusteten den Pfad
Streckenweis', und keine Lerchen sangen.

Frühlingsschauer rüttelten den Hain,
Einsam pflückt' ich, Liebe, Dir die Blumen:
Diese sollten meine Sprecher sein,
Hieß ein feindlich Schicksal mich verstummen.

Ist es nicht der Treue dunkles Los
Sich zurückzuziehen und zu schweigen?
Von den Schätzen, die sie hegt im Schoß,
Darf die Erde nur die Veilchen zeigen.

Wenn Dich ihre sanfte Bläue rührt,
Ihre milden Düfte Dich erquicken:
Denk' daß Treue mich herausgeführt,
Sie zu suchen, sie für Dich zu pflücken.

In's Gebirge

Zu Rebenhügeln hingezogen,
Empfinden uns're Geister sich:
Dir wölbe sich der Berge Bogen,
Und Buchennacht begleite mich.

Laß uns die reinen Lüfte trinken,
Uns saugen frischer Kräuter Duft,
Eh' uns'res Lebens Sterne sinken,
Und uns're Namen keiner ruft.

Wie ist die Welt da unten stille,
Die uns betäubet und verwirrt!
Frei fühlt die Hand sich wie der Wille,
An der die Kette erst geklirrt.

Sei würdig dieser grünen Zweige,
Des Pflanzenduft's, der Einsamkeit,
Und aufwärts, gleich der Lerche, steige
Die Seele über Raum und Zeit!

Erhebung

Einst schwärmte ich trunken
Im Auge des Freundes,
Wir träumten uns frei!
Froh schwanden die herrlichen
Stunden, — noch glüh' ich,
Gedenk' ich des Traum's!
Nun ist es wohl anders!
Doch hab' ich gewonnen,
Und preise mein Glück.

Einst liebt' ich ein Mädchen,
Wie Rosen, so blühend,
Wie Lilien, so rein.
Ich plünderte Wiesen,
Ihr Kränze zu flechten,
Ihr Blumen zu streu'n.
Wohin sie sich wandte,
Sie sah sich umgeben
Von rührenden Zeichen
Des treuesten Sinn's,
Nun ist es wohl anders!
Doch hab' ich gewonnen,
Und preise mein Glück.

Das Herz, das einst jubelnd,
Für Freundschaft geglüht,
Das Herz, das voll Sehnsucht
Für Eine gelebt, —
Es hat sich erweitert:
Nun ruhen in ihm
Die Sterne, die Welten,
Die Ströme und Meere,
Und alle Geschlechter,
In Liede vereint.
D'rum hab' ich gewonnen,
Und preise mein Glück.

Goethe

Einsam trink' ich meinen Becher, —
Haben ihn allein gelassen
Jenen stillen, grauen Zecher —
Nun, so will ich einsam prassen.

Mit der Liebe heil'gem Öle
Salbe ich des Herzens Wunde,
Schmücke dann mit Laub die Höhle,
Ich und Frühling noch im Bunde.

Und die Sonne blickt recht heiter,
Und die Quelle murmelt lieblich,
Alles schreitet rüstig weiter,
Wie es hergebracht und üblich.

Alle Sinne aufgeschlossen,
Find' ich mich zusammenhängen
Mit den Wellen, klein und großen,
Die mich hin zur Mündung drängen.

Ja im Meere selber Welle,
Reg' ich die kristall'nen Glieder,
Sauge Tau und Mondeshelle,
Tauche auf und steige nieder.

Gebirgslust

Graue Berge, alte Riesen,
Die ihr schirmt des Tales Wiesen,
Sehnend wand're ich zu euch:
Nehmt mich auf in euer Reich!

Bin den Flächen gram geworden,
So die Kraft, die heil'ge, morden,
Spreng' die Netze, zu entflieh'n —
Zu den lieben Bergen hin!

Durch den blauen Nebelschleier,
Immer höher, immer freier,
Ohne Furcht, gelös't vom Bann,
Klimm' ich kämpfend nun hinan:

Bis ich Frieden mir gewinne, —
Frieden auf der Alpe Zinne!
Wahrheit, Größe, Schönheit nur
Gibt dem Menschen die Natur.

Abend
Waldhausen

Wie türmst du Fels an Felsen mächtig
Natur, zu deinem Tempel auf!
Wie ragen und rauschen Forste prächtig,
Wie murmeln Bäche im Schlangenlauf!
         Schwing' dich hoch in die Luft
         Adler! weit über Blumenduft,
         Zur Sonne, der glühenden,
         Welche die blühenden
         Wiesen grüßt,
         Blumen küßt;
Zur Werkstätte wilder Stürme,
Weit über Hütten und Türme,
         Treu dem eingebornen Drang
         Geh' in Wolken deinen Gang!
Mich hält das Flüstern schlanker Buchen,
Die sich in trauter Sehnsucht suchen,
Mit holdem Band an Mutter Erde —
So leb' ich, frei vom War und Werde.
O süßes Glück, o tiefer Frieden,
Vom Schicksal spät, doch endlich mir beschieden!
         Die Taube girrt,
         Der Käfer schwirrt,
Allüberall geheime Lust.
Und erst in dieser stillen Brust —
Ein blütenvoller Zauberhain,
Ein sanftes Meer, ein gold'ner Schein,
Ein Wogen zarter Töne,
Ein Glänzen ew'ger Schöne!

Schon flutet blaues Mondenlicht
         In Abendrot verschwommen,
Um's Tal; und all mein Inn'res spricht:
         Willkommen, Nacht, willkommen!

An den Frühling

Am Gebälke baut die Schwalbe
Sich das Nest mit frohem Zwitschern;
An den Zweigen junger Stauden
Keimen Knospen, ungeduldig,
Ihre Blättchen aufzuschließen,
Und die eisbefreiten Bäche
Rauschen durch die grünen Täler.

Frühling, Frühling, Herzensjunge,
Könnten wir dich nur erhaschen,
Um dich einmal festzuhalten!

Doch du gleichst dem Schmetterlinge:
Spiegelst dich in dem Gewässer,
Gaukelst heiter um Aurikeln
Und Narzissen, — und entfliehest
Vor der Glut des schwülen Sommers,
Vor den Millionen Mücken,
Vor den rollenden Gewittern.

Frühling, Frühling, allzuflüchtig
Wie die Hore, — laß dich halten!
Alles And're wird sich finden!

Leopoldsberg

Mir im Herzen treiben Fluten
Kämpfend auf und nieder sich;
Bange Träume, wilde Gluten
Jagen auf die Berge mich.

Zu den Füßen liegen Täler,
In des Morgens Strahl getaucht,
Und die Bäche flimmern heller,
Und die blaue Ferne raucht.

Stärker rauschen Buchenwipfel
Lauter tönt der Lerchen Lied:
Und ich blicke von dem Gipfel
Traurig in das Lustgebiet.

Alles blühet, Alles grünet,
Und die Erde jauchzt entzückt;
Aber wird der Fluch entsühnet,
Der mein Leben niederdrückt?

Ewiger, vergib die Frage,
Welche Schwermut ängstlich stellt!
Ja, Du milderst jede Klage
Durch die Schönheit Deiner Welt.

Stille

Die Stille ist's, die Dich beglückt:
Bist Du dem Lärm der Welt entrückt,
Dann naht die Liebe mit der Treue,
Daß sich der Jugend Traum erneue.

Was Dich in wilde Wogen warf,
Verliert dann seine Macht; es darf
Dein eig'ner Wille sich erheben,
Und Schöpfungen das Dasein geben.

Indem Du schaffest, lebst Du nur, —
Getreu der wirkenden Natur;
Sie will ein Ganzes, keine Stücke,
Will Freiheit nur, und keine Krücke.

Bald saugst Du Bergeslüfte ein,
Bald labt Dich wieder Stromesschein,
Bald rauschen Dir der Heimat Buchen;
Was brauchst Du fürder noch zu suchen?

Umfange mich denn, heil'ge Stille,
Mit deiner segensreichen Fülle;
Gib mir den Jugendtraum zurück,
Der Treue und der Liebe Glück!

Zuruf

Frühling will gewaltig wirken,
Schenket Blätter jungen Birken,
Und beglänzt mit Schöpferstrahle
Veilchen im verborg'nen Tale.

Selber über Grabeshügel
Rauschen seine Blumenflügel,
Tod erlieget grünem Leben,
Wie's die Horen golden weben.

Herz! willst deinen Teil dir haben
An den schönen Wundergaben, —
Werde frei! zum Lichte dränge.
Dich aus deines Kerkers Enge.

Bade dich im kühlen Morgen,
Gleite über bange Sorgen
Mutig hin, nach Frühlingssinne, —
Schaffe, wage und gewinne!

Am Morgen

Geweint hat die Nacht, und überall
Glüh'n noch die Tränen, rings im Tal.
Da nahet ein Jüngling im Purpurgewand,
Und trocknet die Tränen mit kühlender Hand,
Flicht blitzende Ketten, und schmücket die Flur,
Und tilget mit Strahlen der Trauer Spur.

         Nun rauschen Bäche
         Durch die Fläche,
         Lerchen reisen
         Mit lustigen Weisen.

Von Menschen wimmeln die Gefilde,
Es folgt der Waidmann schnellem Wilde,
Der Fischer breitet seine Netze,
Zu fah'n der Flut lebendige Schätze,
Den Waldquell sucht die Schäferin,
Die Herde feuchtes Wiesengrün,
Der Bursche greift zum Wanderstabe,
Wirft über sich die leichte Habe,
Und singt, und wallt in heit'rer Ruh'
Dem Glanz des fernen Kirchturm's zu.

         Und Du — Du willst Dich nicht schämen?
         Hinweg mit dem nagenden Grämen!
         Sei fröhlich zur Wette mit Feld und Tal,
         Und lüfte den Busen dem Morgenstrahl!

Vollmond

Der Vollmond leuchtet scharf begrenzt,
Im dunklen Meer der Luft;
Der gleichverteilte Schimmer glänzt,
Und jagt den Nebelduft.

Die sich're Form, das klare Licht
Befriedigt und erquickt;
Der Fluß, wie träumend leiser spricht,
Und Tau die Wiesen stickt.

Doch in des Menschen enger Brust
Da wogt es auf und ab,
Und wie er meint, das, er gefußt—
Zerbricht der Wanderstab.

Die Zweifel tauchen trüb empor,
Der Wille schwankt und irrt, —
Noch glücklich, wessen bangem Ohr
Des Rätsels Lösung wird!

Du klamm're Dich im vollen Drang
Der Liebe an die Welt,
Der Liebe, die den dunklen Gang
Mit sich'rem Lichte hellt!

Labung

Wie Waldes Kühlung uns erquickt
Nach schattenlos durchzog'ner Fläche,
Wie Leben uns entgegenblickt
Aus dem Kristalle frischer Bäche:

So haucht mir Deine liebe Nähe
Die alte Lust am Dasein ein,
Und was ich höre, was ich sehe,
Erborgt von Dir erst Ton und Schein.

Trost der Trennung

O der Sehnsucht! nahe wohnen,
Und sich dennoch nicht erreichen!
Wünsche eitler Luft vertrauen,
Und der Welle Liebeszeichen!

Müde flattert sich die Seele,
Öden Raum zu überflügeln;
Doch die Erde hemmt das Eilen,
Mit den Schluchten, mit den Hügeln.

Wirke denn auf Deiner Stelle!
Freue Dich an dem Gelingen, —
Lerne selbst an dem Mißlingen
Dein Verhältnis zu den Dingen.

Der gezähmte Bach

Anmutig Rauschen tönt aus Zweigen,
Die laubenartig sich verschränken;
Wie lieblich ist es, an Vergangenes
Und an die Zukunft hier zu denken!

Die Wellen schaukeln heit'ren Mutes
Sich vorwärts nun, und nun zurücke
In grüner Dämm'rung, — nur zuweilen
Erglänzt ein Strahl durch eine Lücke.

Den Bach bezwang der Gegend Milde;
Von Bergen tosend hergeflossen,
Streift er den Schaum hinweg, und wiegt sich,
Von Blütenufern sanft umschloßen.

Er grüßt die Bäume und die Blumen,
Zum Bade ladet er die Rehe;
Und Vogelscharen, Schmetterlinge,
Sie drängen sich in seine Nähe.

Von Liebeshauch und Frieden selig,
Betritt er aus der Nacht der Äste
Das Ackerland, und spiegelt ruhig
Die Sonn' an blauer Himmelsveste.

Adlerlied

Wo die Lüfte rein und klar,
Wo im Blauen Fichten ragen,
Schwebt in jugendlichem Wagen,
Hoch auf Fittigen der Aar.
         Über Schluchten,
         Berg' und Buchten,
Eilt er hin in raschem Flug —
Luft und Freiheit ihm genug!

Ja die Mächtigen der Erde
Pflanzen ihn, ein siegreich Zeichen,
Feinden schreckende Gefährde
Auf, als Schutzbild ihren Reichen.
         Sie vertrauen
         Seinen Klauen,
Das gedieg'ne Schwert der Macht,
Und des Apfels gold'ne Pracht.
Und die weißen Lämmer beben,
Wann des Aares Flügel rauschen,
Und der Hirte auch daneben
Bebt, wie sie, mit bangem Lauschen:
         Ob der hohe
         Ihnen drohe?
Ihn entführt der rasche Flug —
Luft und Freiheit ihm genug!

Mut

Oft fühl ich meine Pulse stocken,
Und mir eröffnet sich das Grab!
Da schauet mit den Flammenlocken
Erbarmend Helios herab.

Und wieder steig' ich in den Nachen,
Den Wind und Welle vorwärts jagt,
Ich fühle, daß die Götter wachen,
Und schäme mich, daß ich gezagt!

Nach dem Gewitter

Auf den Blumen flimmern Perlen,
Philomelen's Klagen fließen;
Mutiger nun dunkle Erlen
In die blauen Lüfte sprießen.

Und dem Tale, so erblichen,
Kehret holde Röte wieder,
Und in duftigen Gerüchen
Baden Vogel ihr Gefieder.

Hat die Brust sich ausgewittert,
Seitwärts lehnt der Gott den Bogen
Und sein golden Antlitz zittert
Reiner auf versöhnten Wogen.

Rast am See

Umschneit mit Alpenblumen
Wiegt sich der See, wie träumend,
Und in die Wasser blicken
Der Reiter und sein Roß , behaglich säumend.

Der Friede hat sich hier gelagert
In felsumschloß'ne Einsamkeit;
Der Himmel glänzt von selt'ner Helle,
Das Land in grüner Herrlichkeit.

Ein Waldhorn lockt mit süßem Rufe,
Und Schlachtenbilder glüh'n vorüber,
Des Reiters Aug' und Stirn wird trüber,
Und wiehernd stampft das Pferd mit starkem Hufe.

O gäb' es eine Schlacht zu schlagen!
Wie flögen wir, statt hier am See zu säumen,
Und unter schattenreichen Bäumen
Mit hoffnungsloser Ruhe uns zu plagen!

Die Gegenwart

Es zittern die Fichten,
Es brauset der Wind;
Doch ruhig im Sturme
Schlummert das Kind;
Und träumet und lächelt
In seliger Ruh',
Und schirmende Geister
Singen ihm zu.
Sie singen von Siegen,
Von krieg'rischer Lust, —
Es hebt sich und wölbt sich
Des Schlummernden Brust.
Und wie er gereifet
Zum rüstigen Mann,
So schreiten die Geister,
Ihn zu bewehren,
Mit Panzer und Speeren
Und Helme heran:

"Die Stunde hat geschlagen!
Nun ist es an der Zeit.
Es gilt ein festes Wagen!
Dir blüht Unsterblichkeit.
Laß niederes Gewürme,
Im Farrenkraute zieh'n!
Die dunkle Macht der Stürme
Beugt nur den feigen Sinn.

Verachte jede Blüte,
So Dir die Erde reicht!
Dem tieferen Gemüte
Sind jene Flüsse seicht.

Wir haben Dich genähret
Mit frischem Geistertrank;
Nur Tat, die kühn uns ehret,
Begehren wir zum Dank.

Frischauf! Die Schlacht gestritten!
Die hellen Banner weh'n:
Wir werden uns immitten
Der Feinde wiederseh'n!"