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Die Harfe rauscht, die Lieder weh'n:
Auch ich war in Arkadien.

Die Freuden gingen in die Weite
Nur Poesie blieb mir zur Seite.
 

II.
Vergangenheit

 

An Echo
Aufforderung
Den Manen Theodor Körners
Tillisburg
Trost
Nahes und fernes Leid
Baumgartenberg
Auf dem See
Den Manen Beethovens

 
Braun
Wiederseh'n
Am Brunnen
Veränderung

 

An Echo


Echo, die in rauhen Klüften wohnet,
Gib der ersten Liebe reines Glück,
Einen Klang der Melodie zurück,
Die im Abgrund dieser Brust gethronet!

Sieh, ich suche ringsumher zu bilden,
Lasse Welt und Leben auf mich stürmen,
Strebe sorgsam, Baugerät zu türmen,
Streife rastlos irrend in Gefilden.

Mancher Ton dringt schmeichelnd an die Ohren;
Einer nur vereinte das Zerstückte,
Einer war' es, der mich noch beglückte,
Aber ach, ich habe ihn verloren!

Aufforderung

Sing' mir das Lied aus grauer Zeit, —
Als Wildnis noch dies schöne Land,
Und dichter Forste Finsternis
Die Wirksamkeit der Sonne band!

Und markige Gestalten laß,
Mit Keul' und Bogen wohl verseh'n,
Gehüllt in rauhes Büffelfell,
Voll Tatenlust, vorübergeh'n!

Das Schoßkind der Verfeinerung
Erschüttere das alte Lied,
Und mahne an der Väter Kraft,
Die von den zarten Söhnen schied!

Greif' in die Harfe, singe hell,
Und rausche mit den Saiten nach, —
Triff, Blitz auf Blitz, und Schlag auf Schlag,
Auf daß die Schläfer werden wach!

Den Manen Theodor Körners

Auf meines Lebens ersten Wegen
Trat mir in einer schönen Stunde
Ein Heldenjüngling mild entgegen,
Und bot die Hand zum Freundschaftsbunde;
Ich faßte sie, und mit Vertrauen
Durft' ich nun in die Zukunft schauen.

Denn in der Richtung bess'rer Seelen
Erkennst Du erst die eig'ne ganz;
Sie schmücken Dich, wo Kränze fehlen,
Mit ihrer Achtung lichtem Glanz,
Der Güter viele kannst Du missen,
Wenn Edle Dich als Bruder grüßen.

Der Starke trug durch blaue Fernen
Mich auf den jungen Adlerschwingen
Bis zu der Dichtung reinsten Sternen
Wohin nicht Schmerz noch Klage dringen,
Und goß, beseelt von ernsten Musen,
Mir Ruhe in den wunden Busen.

Und wie der Reben zart Getriebe
Sich um die hohe Ulme strickt,
So ich um ihn, mit treuer Liebe,
Von seines Glaubens Kraft erquickt:
Er lehrte mich wie aus Verwesung
Und Blut erwachse die Erlösung.

Und als der Waffenruf ergangen
In ruhmgekrönter Brennen Lande,
Da hielten ihn nicht mehr gefangen
Am Ister teure Herzensbande, —
Entschlossen ging er zu den Freien,
Um sich dem Spartertod' zu weihen.

Er fiel! in ungeschwächter Fülle
Empfing den Jüngling Odin's Hain,
Wo Geister sich in Eichenstille
Der Rettung ihres Volkes freu'n;
Hier starb Achill! zur Thetis werde
Ein jeder Stamm der deutschen Erde!

Tillisburg

Ich sah zu meinen Füßen ausgebreitet
Ein herrlich Land, mein Vaterland;
Die Donau wälzte fernhin ihre Fluten,
Und Berge bildeten den Rand.
Gewölke schwammen, wundersam gestaltet,
Die Schnitter sangen auf der Flur,
Und Bäume wechselten Gespräch' im Winde,
Der regsam durch die Äste fuhr.

Zur Stadt hin schwärmten meiner Sehnsucht Blicke;
Dort wandelte so mancher Freund,
Mit dem ich mich, in unvergeß'nen Stunden,
Zum schönen Bunde einst vereint.
Vor meine Seele traten jene Gärten,
Die bunter Blumen Flor umspann,
Wo uns bei jugendlichem Ahnen, Hoffen,
Des Lebens Welle gold'ner rann.

Ein streng Geschick entrückte mich den Kreisen,
Wo Treue schirmend mich umschloß;
Von allen alten, traulichen Gesellen
Blieb nur der Schmerz noch mein Genoß.
Zerschnitten sind der Liebe zarte Fäden,
An denen froh die Seele hing, —
Ach, unersetzlich scheint was ich verloren,
Und ohne Wert was ich empfing.

Dies Herz bedeckt vom heiligen Gewande,
Bebt, ein Lebendiger im Sarg;
Hier, in der freien Schöpfung, taut die Träne,
Die ich den Späheraugen barg.
Mir ist, als müßt' ich von dem Felsen springen
In Stromes Flut, — dann wär's vorbei!
Die Schlangen ließen ab vom blut'gen Busen,
Vom bangen Geist die Träumerei!

Ich zaud're noch, —welch' unbegreiflich Zaudern?
Ich sprenge die verhaßten Ketten nicht?
Ich flieh' den Strom, der mir in blauem Schoße
Beruhigung so wahr verspricht?
O Leben! Du bist keine weiche Pflanze,
Du bist ein fester, dunkler Baum,
Es findet zwischen deinen mächt'gen Wurzeln
Kaum noch die Kraft zu sterben Raum!

Trost

Wo, in ewiger Vernichtung,
Zornig sich Natur gefällt,
Und der Strom in kecker Richtung
An den Klippen sich zerschellt:

Wird es ruhiger im Herzen;
Alles leidet, — ich allein
Soll erhaben über Schmerzen,
Unter Gräbern glücklich sein?

Nahes und fernes Leid

Es peinigt uns das nahe Leid,
Verkümmert uns die schöne Welt;
Und Labetrank es uns vergällt
Mit scharfer, herber Bitterkeit.

Doch hat die Zeit es fortgerückt,
Wird's uns am Ende wert und lieb.
Der Fluch entwich, der Segen blieb;
Und was uns schmerzte, nun entzückt.

So wandelt sich der Berge Grau,
Je weiter du von bannen ziehst,
Je ferner du zurücke siehst —
In tiefes wellengleiches Blau.

Baumgartenberg

Das Ruder schlug, und zitternde Bewegung
Ergriff den Strom, der friedlich floß;
Der Lerche Lied, des lauen Windes Regung
Erquickten mich, und ich genoß.
Die Veste auf der dunklen Waldeshöhe
Trat aus den Tannen ernst hervor;
Auf grünem Vordergrunde sprangen Rehe,
Nichts sorgend, um das graue Tor.

Die alte Klamm ließ ich zur Seite liegen,
Und schlich dem Wiesenpfade nach,
In holden Träumen meinen Geist zu wiegen;
Da blinkte hell des Klosters Dach:
Der Herr von Machland hatte die Gefilde
Cisteaur's geweihter Schar geschenkt;
Er, kinderlos, war, nach gebroch'nem Schilde,
Von Mönchen in die Gruft gesenkt.

Ein arger Wechsel zog durch diese Hallen,
Erst trieb die Zeit die Mönche aus,
Dann machte sie für Sünder, die verfallen
Dem Richterspruch, der Sühne Haus.
Wohl denkt man unwillkürlich an's Gewürme,
Das scheu sich über Gräser schiebt,
Und dessen armes Sein durch Wut der Stürme
Wo nicht durch Rinderhuf zerstiebt!

Doch, wie sich um die Trümmer morscher Vesten
Der Epheu mit den Ranken schlingt,
Auf eines Tempels, einer Villa Resten
Der munt're Frühlingsvogel singt:
So schränken jenes Klosters trübe Mauern
Den Bund der Treu' und Liebe ein;
Man nahet gern, man scheidet mit Bedauern, —
Hier fließt das Leben still und rein.

Nicht tut es Not zu sichten und zu wühlen,
In Schlacken, kaum mit Gold gemischt;
Gediegen ist's; sie reden wie sie fühlen,
Das Einfach-Wahre hier erfrischt.
Wann werd' ich wieder reines Glück genießen,
Mit ihnen durch die Fluren geh'n,
Ihr Los mit sehnsuchtvollem Geist umschließen,
Den Frieden und die Unschuld seh'n?

Auf dem See

Blinkende Sterne!
Taucht euch in Wellen —
Liebliche Wellen!
Tanzt zum Gestad'.
Sträuche und Wiesen
Duften und grünen,
Blüte an Bäumen
Schimmert wie Schnee.
Fernher vom blanken,
Wirtlichen Hause
Seh' ich noch Licht!
Schafft sie so spät noch?
Denket sie mein?
Wird sie mir werden?
Bin ihr so nahe —
Und muß vorüber!
Und die Geliebte
Ahnet es nicht.

Schwinget ihr Schiffer
Fördernde Ruder,
Spannet die Segel,
Schneidet die Flut!

Die Winde, sie hauchen,
Die Ruder durchpflügen
Die kräuselnde Fläche,
Und Berge verschieben
Das freundliche Haus.
Geklapper der Mühlen,
Und Dröhnen der Hämmer
Verkünden das Land.
So sei es gelandet
In quälender Fremde!
Hier weilt nur der Körper!
Die liebende Seele,
Die ließ ich am andern
Ufer zurück.

Den Manen Beethovens
März 1827

Bedarf der Genius das arme Wort, —
Das Wort, so, kaum gesprochen, schon verhallt'
Sein unermeßlich Wirken dauert fort,
Und Zeit und Raum verlieren die Gewalt.

Und wer ihn denkt, begreifend was er schuf,
Fühlt sich bewegt, gerührt, befreit, beschwingt,
Fühlt, wie der Geist, gekräftigt durch den Ruf
Der Melodien, strebend vorwärts dringt;

Daß prüfend er in sein Gewissen schaut,
Sich läutert, und gedieg'ner, besser wird,
Und an den heil'gen Tönen sich erbaut,
Von Flachheit und von Flittern unberührt.

Was in der tiefen Brust des Menschen webt,
Im Auge blitzt und in den Adern gärt,
Hast, Hoher, Du gekannt und durchgelebt,
Und herrlich durch die Kunst versöhnt, verklärt.

Gewaltig rauschtest Du einher im Zorn,
In Krieg und Sieg dem Sturm und Strome gleich,
Und wieder tränktest Du, ein stiller Born,
Mit reinen Wellen zarter Blumen Reich.

Wie Frühling Millionen Blüten schenkt,
Verschwenderisch, und Duft und Farb' dazu, —
So warst Du reich, im Geben unbeschränkt,
Im Wollen, Streben, Schaffen, ohne Ruh'.

Wir steh'n betäubt, und überschauen kaum
Die Fülle, die Du uns gespendet hast;
Du endetest, ein schwerbelad'ner Baum,
An eig'ner, wunderbarer Früchte Last.

Sie hat Dich in die Gruft hinabgedrückt,
Die schöpferische Kraft verhüllte sich, —
Doch seg'nen späte Enkel noch, erquickt
Durch Deine Früchte, wie wir Söhne, — Dich!

Braun

Statt heller Farben wähl' ich traun,
Mir Braun, nur Braun, o lieblich Braun!
Strömst aus dem liebsten Augenpaar,
Und quillst in der Geliebten Haar.

Schein' Andern traurig und verblüht,
Du, der Erinn'rung Colorit!
Mein Leben gleicht ja einem Land,
Von dem die Abendröte schwand.

In braune Schatten eingehüllt
Die Berge steh'n, — aus Wolken schwillt
Der Mond hervor, und senket Ruh
Der Erde wie dem Herzen zu.

Wiederseh'n

Vertrauter Ort, geliebte Linde!
Ich nahe und ich grüße euch.
Den holden Namen les' ich an der Rinde,
Mein wildes Herz, es wird noch einmal weich.

Als ich die unvergeß'nen Züge,
In's zarte Mark des Baumes schnitt, —
Ahnt' ich es wohl, daß ich nur eine Lüge
Verewigte, und meine Schmerzen mit?

Am Brunnen

Der Brunnen sprudelt immer gleich,
Das kann man stündlich hören,
Denn immer schwillt der klare Teich,
Und füllt die braunen Röhren;
Den Teich ernährt ein frischer Bach,
Und nimmer müde gießt er nach.

Doch Deine Kraft, o Mensch! erliegt,
Vom Lauf der Zeit bezwungen, —
Der Lyra Töne sind besiegt,
Die mutig einst erklungen,
Und was Du Herrliches erdacht, —
Wie Deine Liebe, — deckt die Nacht.

Die Nacht, das Grab, — das ist ein Wort,
Das alle Dinge sprechen;
In Blütenhainen heißt es: fort!
Und: fort! an kühlen Bächen;
Und wie Du Dich auch eingepfählt, —
Du sinkst in Staub mit Deiner Welt.

Veränderung

Meines Lebens Tage wandern
Zur Unendlichkeit dahin;
Träge, einer gleich dem andern,
Keiner frisch und keiner grün.

Nebel hüllen schon die kahlen
Bergeshöh'n in Silberfarb,
Und die holde Macht der Strahlen
Hinter den Gewölken starb.

Walte wieder, Sturm der Taten!
Flüst're wieder, Liebeshauch!
Schwanket, meines Herzens Saaten,
In den Lüften, wie ein Rauch!