Ein
wenig Wein, ein wenig Liebe
Ich bin kein froher heit'rer Knabe
Ich bin ein sinnender Asket,
Der liederreich bei karger Habe,
Durch dieses ernste Leben geht.
Kein Ort, an dem ich heimisch bliebe,
Hab' unterm Pfühle stets mein Schwert —
Ein wenig Wein, ein wenig Liebe,
Ist alles, was mein Herz begehrt.
Ich lieb's im Sonnenschein zu stehen
Auf hohem Schiffe am Verdeck,
Die Wogen zieh'n, die Winde wehen,
Um's Haupt die Locken wallen keck.
Zur Ferne lockt das Flutgetriebe —
Kein Blick, der da zurücke kehrt —
Ein wenig Wein, ein wenig Liebe
Ist alles, was mein Herz begehrt.
Und seh ich Lorbeer, blütenreichen,
Um and'rer Sänger Schläfen blüh'n,
Mir g'nügt vom Fels der Freiheit Zeichen,
Der wilde Epheu frisch und grün.
Mir sind die schmucklos grünen Triebe
Fast mehr als Ros und Lorbeer wert,
Dabei ein wenig Wein und Liebe,
Ist alles, was mein Herz begehrt.
Zum mind'sten brauch' ich nicht zu zagen,
Daß je mein Lied des Amts vergißt,
Den Mächtigen ein Wort zu sagen,
Der Wahrheit, wie's des Sängers ist.
Zum Leben braucht solch mäß'ger Zecher
Nicht Pöbelgunst, nicht Fürstengnad,
Ein wenig Lieb' und Weins ein Becher
Trifft wandernd man auf jedem Pfad.
An Moritz
Mir stiegt mit schnellen Schlägen
Für alle künft'ge Zeit
Ein Bruderherz entgegen
In ernster Freudigkeit.
Nun ist für alle Wunden
Der treue Schild gefunden,
Mein Aug' blickt sonder Scheu —
Ich hab' in Sturm und Brandung
Ein festes Schiff zur Landung,
Ein Herz, das bleibt mir treu.
Nicht einem Mutterschoße
Entsproßt, was rätselvoll,
Dereinst nach dunklem Lose
Sich Bruder nennen soll.
Mir rief es beim Erwachen:
Die Heimat lass' den Schwachen,
Wähl' deine Brüder frei.
Denn Blutsverwandte heißen,
Die uns aufs Blut zerreißen,
In feiger Tyrannei.
Da hub ich an zu wandern,
Fort durch das stumme Land,
Von einem Ort zum Andern,
Fand keine warme Hand.
Lenztag sei mir gesegnet,
An dem ich dir begegnet,
Müd', arm und wegverirrt,
Lenztag auf sonn'gen Fluren,
Wo wir den Eid beschwuren,
Den nichts mehr brechen wird.
Wir sprengten unaufhaltsam,
Wie doch der Ketten Macht,
Durch die die Welt gewaltsam
Zu trennen uns gedacht.
Ein Glaube jung und blühend
Umschloß uns blütensprühend,
Ihn frißt der Moder nie;
Die Zeit war uns Messias
Und Trinität die Trias,
Lieb, Freiheit, Poesie!
O kam' wie Licht von Oben
Ein Tag der Weihe nur,
Um blutig zu erproben
Wie treu wir unsrem Schwur.
Wenn dann die Feigen zagen,
Des Frühlings Farben tragen
Wie stolz und kampfbewehrt,
Tag dessen Banner flammen,
Gönn' uns ein Grab beisammen,
Ein Grab in freier Erd!
An die Frauen
Jetzt da die Männer feige sünd'gen
Durch Jagen an dem Geist der Zeit,
Hebt euch ihr Frauen, ihr Unmünd'gen,
Ein Wort der Freiheit zu verkünd'gen,
Tragt grüne Palmen in den Streit.
Wohl könnt ihr keine Schwerter heben,
Euch drückt ein stärkeres Geschlecht,
Unmündig wurdet ihr für's Leben
Und Gott der Herr hat's zugegeben,
Daß ihr wie Kinder Wahrheit sprecht.
Doch wo die Welt gedient dem Schlechten,
Habt ihr getrotzt der rauhen Macht,
Und durch den Troß von Kriegesknechten
Gingt ihr zum Grabe des Gerechten
Den das Gesetz an's Kreuz gebracht.
Und wo in Kampf und harten Nöten
Die Welt gebangt vor'm Untergeh'n,
Hat man mit Worten der Propheten
Die Frau'n zu den Tyrannen treten
Und zu den Drängern sprechen seh'n.
Nicht anders ist's in unsern Tagen,
Die Welt versiecht im Morgengrau'n,
Das Herz der Jugend will verzagen —
Wo ist ein Arm zum Bannertragen?
Schmückt uns das Banner, edle Fraun!
Verlaßt der Stuben enge Feier,
In die Geschichte tretet ein,
Habt ihr Gesang — so schlagt die Leier
Und habt ihr Schönheit — wählt euch Freier,
Doch sei'n es Freie, die euch frei'n.
Wie wird die Jugend sich ermannen,
Wenn die Walküre aufersteht,
Die gegen Fürsten und Tyrannen,
Der Freier Schar um sich zu bannen,
Voraus mit kühnen Liedern geht.
Dann dräue Tod, du grimmig-harter
Wir blicken freudig und gefeit,
Ob unser harre Kampf und Marter,
Die Mütter sie gebären Sparter
Und so beginnt die neue Zeit.
Den Reichen
Ihr habt das Gold, ihr seid die Reichen,
Ihr habt die Macht und macht das Recht,
Mit, oder ohne Wappenzeichen
Ihr seid ein stolz und schnöd' Geschlecht.
Ihr nennt die alte Zeit begraben
Und wollt kein neues Morgenrot,
Die Presse frei — in kleinen Gaben —
Und Freiheit — die nicht frei macht, — haben,
Das arme Volk will schwarzes Brot.
Ihr dort, ihr nennt euch treue Stände,
Ihr Andern, zettelt Händel an,
Doch "Rechte" und "Linke" sind zwei Hände
Die nie einander weh getan.
Ob beide Teil' die Messer wetzen,
Nie kommt's zum Kampf, der ernstlich droht,
Denn Alle wollen Gold und Metzen,
Paläste, Tafeln, Pferd' und Hetzen —
Das arme Volk will schwarzes Brot.
Noch schweigt das Volk bei seinen Schmerze,
Und kennt nicht seine eig'ne Macht,
Und zieht mit treuergeb'nem Herzen
Beim Schall des Kalbfells in die Schlacht.
Noch deckt es mit geschenktem Reste
Zerrissner Pracht die eigne Not,
Und blickt bei mitternächt'gem Feste
Durch alle Fenster der Paläste
Und kaut dabei sein schwarzes Brot.
Doch and're Zeiten seh' ich tagen,
Von tausend Lippen schmal und bleich,
Hör' ich die wilden, düst'ren Fragen:
Wie lang der Spalt von Arm und Reich?
Ist's recht für uns allein die Kette?
Für Euch die Lust, für uns die Not?
Für Euch die Ruh auf seid'nem Bette,
Für uns das Stroh zur Sterbestätte
Und kaum noch schwarzes, hartes Brot.
O stolzes Volk, du Volk der Reichen,
Sieh um dich her, erbebst du nicht!
Den Harten wird in Flammenzeichen
Entsetzlich nahn ein Strafgericht.
Die Zeit der Herrn, sie ist gewesen,
Der Zorn der Unterdrückten loht,
Und sind des Menschenrechtes Thesen
Dereinst in Feuerschrift zu lesen,
So nimmt man mehr, als schwarzes Brot.
Herbst
1843.
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