weiter
 

I.
Natur und Liebe 2

 

Enttäuschung
Ewig dein
Junge Liebe
Stille Zuversicht
Werdende Liebe
Drohung
Liebesruhe
Im Lebensstrome
Verfallen
Ausgleichung
Letzte Hoffnung
Frei gesprochen
Abschied
Nachruf
Unverloren
Warnung
Vorüber!

 

Enttäuschung

So soll auch dieser Traum entschwinden,
Auch dieser Himmel also log!
Was schämst du dich, daß dein Empfinden,
Mein armes Herz, dich so betrog?

Gesteh's nur, du warst ganz versunken,
Es war ein tiefes, volles Glück,
Daß du in sel'ger Glut getrunken —
O nimm es jetzt nicht stolz zurück!

Und hast du falsch in ihr gelesen,
Und hast du falsch auf sie gebaut;
Du liebtest nicht, was sie g e w e s e n,
Du liebtest nur, was du g e s c h a u t.

Und hast du, träumend schönre Welten,
Ihr Bild mit goldnem Glanz umwebt,
So darf darum dich niemand schelten,
Da dich dein Wahn nur selbst erhebt.

Gesteh's nur, du warst ganz versunken,
Es war ein tiefes, volles Glück,
Das du in sel'ger Glut getrunken —
O nimm es jetzt nicht stolz zurück!

Ewig dein

Wenn ich nicht jubeln kann
Und dir betrübt erscheine,
So klage mich nicht an,
Ich bin doch ganz der Deine.

Und jauchzt' ich noch so sehr
In wonnevollen Stunden,
Dies Wehe sagt noch mehr,
Wie tief ich dir verbunden.

Verletzen kannst du mich,
Doch kannst du mich nicht kühlen,
Und nimmer laß ich dich,
Dir weih' ich all mein Fühlen.

In Nacht und Frühlingsschein
Du lebst mir stets im Herzen,
Und meine Lust ist dein
Und dein sind meine Schmerzen.

Junge Liebe

1. Unschuld

O Unschuld, deiner nicht bewußt,
Weil du ja holde Unschuld bist,
Was trägst du nicht in deiner Brust
Und weißt nicht, wie's entzückend ist!

Eins aber ahnst du, Mägdelein,
Wenn du dich still in dich versenkst:
Daß alles, alles du, was dein,
Bald zitternd dem Erwählten schenkst.

2. Wie kommt's?

Du bist so schlicht,
Unwissend noch bei Scherz und Spiel,
Und was dein holder Mund mir spricht,
Es klingt nicht stolz, es sagt nicht viel,
Halb Einfalt ist's, halb kind'sche Laune,
Und doch — wie kommt's,
Daß ich's als Weisheit tief bestaune?

Du bist so schlicht,
Du wandelst arglos noch dahin
Und ahnst der Menschen Tücke nicht;
Dir steht nach Herrschaft nicht der Sinn,
Du brauchtest selbst den Stab im Leben,
Und doch — wie kommt's?
Vor deinem Wink schon muß ich beben.

Du bist so schlicht.
Schon regt sich leis in dir das Weib,
Das aus der Kinderknospe bricht;
Verlangend schwillt dein junger Leib,
In Liebesarmen voll zu reifen,
Und doch — wie kommt's?
Ich wage kaum dein Kleid zu streifen.

3. Stiller Trost

Hier waltest, du, Geliebte,
Dies Häuschen, schlicht und klein,
Es schließt das schönste Mädchen,
Es schließt mein Alles ein.

Oft geh' ich vorbei am Fenster,
Du aber merkst es nicht;
Wie oft ich nach dir spähe,
Zeigst nie dein süßes Gesicht.

Hast nie belohnt mein Mühen,
Noch nie herabgesehn,
Und doch — wie stärkt mich's tröstend,
Kann ich vorübergehn.

4. Begegnung

Jetzt nah' ich dir mit kühner Bitte!
Du wandelst dort im Laubengang —
Ich folge dir mit raschem Schritte,
Zu mächtig ist des Innern Drang.

Schon bin ich ganz in deiner Nähe;
Entfliehst du oder hältst du ein?
Du lauschest mir, wie ich dich spähe,
Und ringst in süß beklommner Pein.

Ich sinne drauf, wie dich beschleichen,
Und bebe doch vor meiner Tat;
Du sinnest, wie mir auszuweichen,
Und weißt dir zaghaft keinen Rat.

Ich kann die Bitte nimmer wagen,
Die heiß mir auf die Lippen drängt;
Du wagtest nicht, sie zu versagen,
Ich fühl's und schweige doch beengt.

So gehen beide wir zusammen,
Die jungen Herzen übervoll;
Doch starr getrennt die beiden Flammen,
Getrennt, was doch sich finden soll.

O daß ein Engel uns erschiene
Und legte lächelnd deine Hand
In meine mit zufriedner Miene
Und spräche: Heilig sei dies Band!

5. Zwischen Wunsch und Erfüllung

Das ist der Liebe schönste Zeit,
Vom ersten Blick zum ersten Kuß,
Wo du, schon reich, in Seligkeit
Vorahnst, was dir noch werden muß.

Wo der Erfüllung Frucht du leis
Mit zagem Finger schon gestreift,
Und deine trunkne Seele weiß,
Daß sie dir bald zum Pflücken reift.

6. Über Nacht

Gestern Knospe, noch verhüllt,
Heute eine offne Rose,
Farbenglühend, reich gefüllt —
Schnell entfalten sich die Lose.

Gestern scheu der erste Kuß,
Banges Zaudern und Verhehlen,
Heut — o süßer Überfluß! —
Küsse, nimmermehr zu zählen.

7. Inniger Verband

Seit du dich liebend mir verbunden,
Sag', ist dir's nicht als wie ein Traum?
Du hast in mir dich erst gefunden
Und staunend fassest du es kaum.
Du lernst durch mich dich selbst verstehen,
Was dir im Innern dunkel war,
Laß ich in mir dich spiegelnd sehen,
Ich mache dir dich selber klar.

Du magst noch im Entschluße schwanken,
Ich weiß voraus, was du vollbringst;
Wenn für Gefühle, für Gedanken
Du nach dem Wort vergebens ringst:
Ich leg' es wie aus deiner Seele
Dir zur Erlösung in den Mund,
Und was dein Wille meide, wähle,
Ich künde dir dafür den Grund.

Kann ich so ganz dein Tiefstes fassen
Und ruhst du ganz und gar in mir,
Mag ich dich ruhig andern lassen,
Und quäle mich nicht, fern von dir.
Ich forsche dir nicht nach mit Bangen,
Da nichts an dir mich täuschen kann;
Was immer mit dir vorgegangen,
Das zeigte schon ein Blick mir an.

O sollten deine Gluten schwinden,
Die meines Lebens Nahrung sind,
Ich müßt' es zitternd schon empfinden
Bevor du's selber ahntest, Kind.
Und bang entschlossen würd' ich sprechen:
(Du würdest stumm betroffen stehn)
Dir welkt die Liebe, laß uns brechen,
Ich könnte sie nicht sterben sehn.

8. Ewige Liebe

Ich denke, wenn in günst'ger Stunde
Ein Paar sich Liebe heiß gestand,
Gelöst in Wonne, Mund auf Munde,
Das knüpft ein ewig festes Band.

Wie könntest du dich von mir trennen
Nach all dem Glück, das uns gelacht!
Du mußt es ewig teuer nennen,
Was einst so selig dich gemacht.

Wie könntest du mir Treue brechen,
Da du, nach süßer Liebe Art,
Mit allen seinen holden Schwächen
Dein Wesen mir geoffenbart!

Und dir nur stets der Stachel bliebe,
Was Liebesaugen einst entflammt,
Vom kalten Blick enttäuschter Liebe
Zerlegt zu sehen und verdammt.

Und durch so Vieles, was im Leben
Dem edlern Herzen heilig ist,
Du ganz zu eigen mir gegeben,
Mir ganz und gar verfallen bist.

Ich denke, wenn in günst'ger Stunde
Ein Paar sich Liebe heiß gestand,
Gelöst in Wonne, Mund auf Munde,
Das knüpft ein ewig festes Band.

9. Liebesschätzung

Ist Liebe nicht voll Eitelkeit,
Und preis' ich dich nicht bloß um mich,
Da ich so lob- und sangbereit
Erst seit du sprachst: Ich liebe dich?

Erst unser süßer Liebesbund
Enthüllt mir, wie du schön und gut,
Und öffnet plötzlich mir den Mund
Zu Hymnen voll entzückter Glut.

So ist's! und könnt' es anders sein?
So ist's! und nimmer sei's verhehlt:
Sieh, nur das Eine, daß du mein,
Hat zur Vollendung dir gefehlt.

Und was du bist und was du gibst,
So reich, geschmückt mit jeder Zier:
Mein herrlich Kind, daß du mich liebst,
Bleibt mir das Schönste doch an dir!

10. Weine, holde Kleine!

Weine, holde Kleine, weine!
Tränen können dich nur schmücken;
Leicht gedämpft, im milden Scheine
Ist dein Blick erst zum Entzücken.

Mit der Süßigkeit der Liebe
Kommen auch die Liebessorgen;
Ob dir heut kein Wunsch auch bliebe,
Quälst du dich doch um das Morgen.

Wie dich deine kind'schen Zähren,
Wohl nur um ein Nichts vergossen,
Schön in Rosenglut verklären,
Daß du leuchtest, glanzumflossen!

Wie so rührend, holde Kleine,
Deine nassen Augen sprechen!
Weine denn nur immer, weine,
Und dein Herzchen wird nicht brechen.

11. Des Dichters Lob

Ich leg' ein Lied zu Füßen dir,
Das glühend dich zu preisen strebt;
Da lispelst zart verschämt du mir,
Daß dich mein Sang zu sehr erhebt.

Und faß' ich auch mit lauter Licht
Dein süßes, teures Bild mir ein,
Erröte drum bescheiden nicht
Und nenne all den Schmuck nur dein.

Ob all ihr Schönstes, hold vereint,
Dir liebend die Natur verwob:
So schön ist nichts, wie es erscheint,
Verklärt von eines Dichters Lob.

12. Beschwichtigung

Heut, da wir uns voll Entzücken
Müd gekost im Dämmerlichte,
Kam mich's an, dich zu beglücken
Mit gelehrtem Unterrichte.

Ernst begann ich vorzutragen
Von der Menschheit, die sich, ringend,
Vorwärts müht seit grauen Tagen,
Und du sprichst, mich scheu umschlingend:

All das sei dir noch verschlossen,
Fragst mich, wie an solchem Kinde,
Das in Einfalt aufgesprossen,
Ich nur noch Gefallen finde.

Drauf mit einem Kuß ich sage,
Daß der Zweifel rasch zerstiebe,
Der mir klang aus deiner Frage:
Mädchen, du hast deine Liebe.

Was wir grübelnd auch erstreben,
Steter Forschung heiß beflissen,
Fehlt das Herz, es zu beleben,
Bleibt es doch ein armes Wissen.

Glaube, deines Wesens Züge
Können manches mir entrollen,
Was umsonst Gedankenflüge
Stolzen Drangs ergründen wollen.

Laß dich ein Gefühl erfüllen,
Wunderbar wird's dich erleuchten,
Wird dir Rätsel rings enthüllen,
Die dir unauflöslich däuchten.

Ist dir dieser Schatz geblieben,
Keinem ist er zu vertauschen;
Lieben sollst du, nichts als lieben,
Und dein liebend Herz belauschen.

Lauschen und gar holde Kunde
So aus seiner Tiefe holen
Und sie dann in stiller Stunde
Mir vertrauen süß verstohlen.

13. Letztes Beisammensein

Du hüpftest froh entgegen mir
Und hangst an meinem Munde,
Da eingetreten ich bei dir
Still zur gewohnten Stunde.

Du ahnst es, süßes Mädchen, nicht,
Welch Leiden dir bereitet,
Welch eine Kunde von Gewicht
Mich heut zu dir geleitet.

Und harmlos in verliebtem Scherz
Ziehst du mich zu dir nieder
Und rufst, mich drückend an das Herz:
So hab' ich dich denn wieder!

O wie du so voll Liebe bist,
Fühl' ich mich fest gehalten;
Was an dir Schönes, Holdes ist,
Will reicher sich entfalten.

Du reißest mehr denn je mich fort,
Du willst mich doppelt zünden,
Da ich ein banges, schweres Wort
Dir mitleidlos muß künden.

Und bebend halt' ich's noch zurück,
Noch kann ich's dir nicht sagen;
Wie sollt' ich auch dein heitres Glück
So rauh zu stören wagen!

Ja, einen Zug noch, voll und lang,
Will gönnen ich uns beiden,
Und dann es dir verkünden bang,
Daß wir auf immer scheiden.

14. Nachklang

Faß' ich's? war alles nur ein Traum?
Ich hatt' ein Lieb und weiß es kaum;
Ich hielt's im Arm, ich herzt' es sehr —
Nun seh' ich's nimmer, nimmermehr.

In dumpfer Trauer sinn' ich nach,
Wie hold es war, wie süß es sprach;
Doch finden zum versunk'nen Glück
Kaum die Gedanken noch zurück.

Wie abgerissen all' mein Sein,
Noch gestern welch' ein Himmel mein!
Und heut — ach, alles wie so weit,
Zerstäubt in der Vergangenheit!

Stille Zuversicht

So bist du endlich mir erschienen!
So stehst du leuchtend vor mir da!
Das ist der Blick, das sind die Mienen,
Wie ich sie oft im Traume sah.

Ein Jeder muß in süßen Schauern
Dich preisen laut mit Jubelklang,
Auf jeden deiner Tritte lauern,
Zu huld'gen dir im Feuerdrang.

Ich aber halte mich zur Seite,
Von keinem Ungestüm verzehrt;
Ich dämpfe meinen Puls und schreite
Mit stummer Lust in mich gekehrt.

Ich dränge nicht zu dir und spähe
In banger Hast nach deinem Blick;
Gesegnet schon durch deine Nähe,
Träum' ich das seligste Geschick.

Ich kann es ja im Tiefsten ahnen,
Daß dich auch jener Geist berührt,
Der dich mir wies und unsre Bahnen
Also zusammen jetzt geführt.

Er schwebt als Lenker vor uns beiden,
Du suchest mich, wie du mir fehlst:
Ich harr' in Zuversicht bescheiden,
Bis du mich schaust und hold erwählst.

Werdende Liebe

Wir sitzen beisammen und sprechen gar viel
Von Dingen alltäglich und nichtig;
Das hat nicht Gehalt und hat nicht Ziel,
Und dennoch, wir nehmen es wichtig.

Du lächelst wie selig bei jedem Wort,
Das scherzend mein Mund dir verkündet;
Mich reißt dein kindisches Wesen fort
Und weiter plaudr' ich entzündet.

Wie kann uns nur ein Nichts so hold
Die fliehenden Stunden schmücken?
Woher um uns nur Sonnengold?
Und in uns nur Entzücken?

Ob laut aus der Brust uns der Jubel schon bricht,
Und ob's an die Stirn und geschrieben:
Mein Kind, wir wissen's noch beide nicht,
Daß wir einander lieben.

Drohung

Schöne, gaukelnde Libelle,
Bist du nimmer fest zu bannen?
Eilst du, gleich der flücht'gen Welle,
Kaum erschienen, schon von dannen?

Süßes Feuer in den Blicken,
Schelmerei in jedem Zuge,
Winkst du mir mit holdem Nicken,
Doch nur im Vorüberfluge.

Magst du noch so viel mir spenden,
Willst doch nie dich selber geben;
Stets entschlüpfst du meinen Händen,
Frei und fessellos zu schweben.

Nur den Augenblick verschenkst du,
Keine Zukunft willst du binden
Und die leichten Schwingen lenkst du
Weiter mit den schnellen Winden.

Gauklerin, du flüchtig rasche,
Halte deine Laun' im Zügel:
Wenn ich endlich doch dich hasche,
Brech' ich dir die losen Flügel.

Liebesruhe

Du, die mein Sehnen oft durchschifft,
Mein bist du, schöne Runde!
Du leuchtend Blau, du bunte Trift,
Ihr schickt mir holde Kunde!

Ich bin gestillt, ich suche nichts;
Doch fällt von jedem Schönen
Mir in das Herz ein Strahl des Lichts
Und süße Lieder tönen.

Was zog nur segnend in mich ein —
O träumerisches Blühen!
Welch eine Fülle nenn' ich mein —
Und ohne banges Mühen!

Was je mich heiß erregt, entschlief,
Kein Wunsch, der mir noch bliebe;
Das macht: ich ruhe, voll und tief,
In still beglückter Liebe.

Im Lebensstrome

Soll mir um deine Treue bangen,
Weil du umrauscht von einer Welt,
Und beb' ich, daß ein neu Verlangen
Die junge Brust dir mächtig schwellt?

Was ringsum blüht vor deinem Blicke,
O wünsch ich's in das Nichts zurück,
Nur daß dir's nicht das Herz bestricke,
Mir nicht zerstöre all mein Glück?

Nein, süßes Lieb! Sieh', ich vertraue,
Weil ich dir ja vertrauen muß;
So flattre immer zu und schaue
Des reichen Lebens schönen Fluß.

Sei frei, umspült von seinen Wellen!
Dich hält die Liebe nur im Bann,
Und alles, alles muß zerschellen,
Wenn ich dich nicht mehr binden kann.

Verfallen

Welch ein Zauber in den Blicken,
Und das Herz wie starr daneben!
Ist's denn möglich: so bestricken
Und doch nur so wenig geben!

Ach, mich will's vergebens warnen:
Deinen Blick, den blitzend lichten,
Brauchst du, Opfer zu umgarnen,
Und dein Herz, sie zu vernichten.

Ausgleichung

Ach, bang und ruhlos ist mein Sein!
An keiner Stätte kann ich weilen;
Das kommt von dir, von dir allein,
Du bist mein Schmerz, der nie zu heilen.

Und doch — ich will dich benedei'n;
Leid' ich um dich auch unermessen,
So hab' ich doch durch dich allein
Längst allen Schmerz der Welt vergessen.

Letzte Hoffnung

Noch Aug' in Aug' und doch geschieden!
Du stehst vor mir, dein Wort erschallt;
Doch traur' ich, krank und ohne Frieden,
Da ja dein Herz geworden kalt.

Nur manchmal zuckt's aus deinen Blicken
Als wie das alte süße Glück,
Und ach! mich will der Wahn bestricken,
Es kehrt noch einmal mir zurück.

Frei gesprochen

Rasch geliebt und rasch vergessen,
Froh geherzt, ob kurz besessen!
Ist der Wahlspruch, der dich lenkt.
Sicher lieblichen Gewinnes,
Lebst du ewig heitern Sinnes,
Da auf mich der Gram sich senkt.

Groll' ich dir? Im weiten Ringe
Schaun wir ja die Flucht der Dinge;
Schelt' ich deine Liebe schlecht?
Rasch geliebt und rasch vergessen,
Froh geherzt, ob kurz besessen!
Kannst du's nur, so hast du Recht.

Abschied

Leb wohl! verlieren soll ich dich,
Auf die mein ganzes Glück ich setzte;
Du neigst dich zitternd über mich,
Und dieser Kuß er ist der letzte.

Unsäglich Weh! Begehrlich hängt
Sich Mund an Mund in stummen Gluten,
Allein ein Strom von Tränen drängt
Dazwischen seine bittern Fluten.

Und doch — wie bang die Brust dir wallt,
Sprich nicht von unheilbaren Wunden!
Uns beiden wird Erlösung bald
Nach all den tränenreichen Stunden.

Wer weiß, was dir noch blühen mag,
Du bist ja reich an Kraft und Fülle;
Ich aber fühl's, schon naht der Tag,
Wo ich in ew'gen Schlaf mich hülle.

Leb wohl, leb wohl! Und klagt dein Schmerz,
Du wirst es nimmer überstehen,
So presse nur die Hand ans Herz
Und glaub', es muß vorübergehen.

Welch Leiden das Geschick uns bot,
Ob noch so bang davor wir beben:
Ich überwind' es durch den Tod
Und du bezwingst es durch das Leben.

Nachruf

Daß ich von dir gegangen,
O dank' es mir, mein Kind!
Noch war ich traumbefangen,
Noch war mein Auge blind.

Noch lodert' ich in Flammen,
Ob ich gezweifelt schwer,
Und ganz dich zu verdammen,
Vermocht' ich nimmermehr.

Und mußt' ich scheu dich fliehen,
Die heiße Träne rann,
Und mußt' ich von dir ziehen,
Ich blieb in deinem Bann.

So preise nur den Toren,
Der, was ihn auch gedrückt,
Das Weib, das er erkoren,
Noch immer sich geschmückt;

Dem, da du schon voll Tücke
Ihm sannst die letzte Schmach,
Nachweinend seinem Glücke,
Das Herz vor Sehnen brach.

Unverloren

Nur flüchtig ist der Liebe Glück;
Es rechne keiner in die Ferne,
Und keiner schaue bang zurück,
Versanken seines Himmels Sterne.

Einst fassest du es selber nicht,
Daß du so heiß nach mir gerungen;
Daß wir, voll Seligkeit und Licht,
So weltvergessen uns umschlungen.

Ich aber klage dich nicht an
Und trage stumm des Schicksals Walten,
Wenn unerbittlich mir zerrann,
Was nimmer, nimmer festzuhalten.

Ob all die Tage, goldumsäumt,
Mir nichts von treuer Dauer brachten:
Da ich geliebt, gehofft, geträumt,
Was sollt' ich als verloren achten?

Warnung

Du weißt nicht, was ein Auge kann,
Das sich um dich in Tränen feuchtet!
Es lockt dich zaubermächt'ger an,
Als wenn dir's liebeblitzend leuchtet.

Leicht schützest du dich vor der Glut,
Die schmachtend auf dein Werben lauert;
Doch vor dem Schmerz sei auf der Hut,
Der still verschlossen um dich trauert.

Da lügst du dir's zur edlen Tat,
Bleibst du nicht stark mehr im Verzichten;
Ein Dasein, das dein Fuß zertrat,
Wähnst du dich schuldig, aufzurichten.

Du wähnst nur mild und gut zu sein,
Doch pocht dein Herz und will sich dehnen;
Wähnst einen Andern zu befrein
Und stillst doch nur das eigne Sehnen.

Und: Dein auf ewig! stammelst du
Zuletzt im Liebesüberwallen;
Zwei Arme streben heiß dir zu,
Sie halten dich, du bist verfallen. —

Du weißt nicht, was ein Auge kann,
Das sich um dich in Tränen feuchtet;
Es lockt dich zaubermächt'ger an,
Als wenn dir's liebeblitzend leuchtet.

Vorüber!

                            I.

Was dir gebricht, ich will danach nicht fragen,
Doch was du hast, erquicke schmeichelnd mich;
Nicht um Verlor'nes an dir zu beklagen,
Gefund'nes nur zu preisen, halt' ich dich.

Die Ideale will ich stumm begraben,
Die ich ins Leere sehnsuchtsvoll gemalt;
Ich will mich an dem Zauber selig laben,
Der mir aus deinem Auge herrlich strahlt.

Du hast geliebt! Das erste süße Wallen,
Das deine junge Brust geschwellt mit Macht,
Des keimenden Gefühles erstes Lallen,
Ein Andrer war es, dem du's hold gebracht.

Gestorben ist der Unschuld zartes Regen —
So sei's! Verlor'nes bringt kein Gott zurück;
Bleibt dein Besitz doch immer mir ein Segen
Und was du spendest, ist ein tiefes Glück.

Kein Frühling ist's in träumendem Entfalten,
Dem man mit Scheu die ersten Knospen streift,
Doch eine Liebesernte will ich halten,
Wie keine noch im Erdenrund gereift.

                     II.

Entfalten kann sich nur die Liebe,
Wenn reich sie Gegenliebe nährt,
Wenn in entbranntem Doppeltriebe
Ein Herz des andern Gluten mehrt;
Wenn sich zwei Flammen fest verbünden,
Auflodernd, jedem Zwang entrafft,
Und an einander sich entzünden
Zu doppelt heißer, mächt'ger Kraft.

Das ist nicht Liebe, wenn, noch schwankend,
Das Herz vor seinem Wunsch erschrickt
Und, stets in bangen Zweifeln krankend,
Sein keimendes Gefühl erstickt;
Wenn es so fern vom Ziel sich glaubet,
Daß es verschüchtert gar nicht wirbt,
Sich selber jede Hoffnung raubet,
Bis mählig all sein Sehnen stirbt.

Nicht Liebe war's, da noch in Bangen
Ich dich vom Himmel mir erfleht,
Ich scheu an deinem Blick gehangen
Und deine Miene bang gespäht.
Konnt' ich es damals auch nur ahnen,
Wie dieses Herz zu glühn vermag,
Da so geschieden unsre Bahnen
Und zwischen uns so vieles lag?

Doch jetzt, da wir uns ganz gefunden,
Vom gleichen Herzenszug gelenkt,
Und so unnennbar süße Stunden
An deiner Seite mir geschenkt;
Jetzt weckt mir die geword'ne Gabe,
Was sonst im Innern matt nur schlief:
Ich fühl' es erst, nun ich dich habe,
Wie ich dich liebe voll und tief.

                      III.

Wen du erfüllst, o Liebesglück!
Du Schatz, gepriesen überschwenglich,
Der schaut nicht vor und nicht zurück,
Für alles Andre unempfänglich.

Wer zitternd sich in dich verlor,
Der ist gefeit in seinen Wonnen,
Der schwebt im leichten Flug empor,
Umkreist von tausend goldnen Sonnen!

So jauchz' ich meinem Mädchen laut,
Daß ihr's im Tiefsten widerklinget,
Da Aug' in Auge flammend schaut,
Und eins das andre eng umschlinget.

Ruft nicht in unsern Jubel kalt,
Die Seligkeit sei nur erlogen,
Und wenn die Gluten ausgewallt,
So fänden wir uns arm, betrogen.

O nein! wie rasch der Traum vergeh',
Ich werde stets mich seiner freuen,
Und keine Freudenträne je
Und keinen Jubelruf bereuen.

Das eben ist so rührend schön,
Daß wir, ob ird'schen Glücks auch trunken,
Doch schwärmen auf zu Himmelshöhn
Und uns die ganze Welt versunken;

Daß Zwei, die fest sich an die Brust
In seliger Erfüllung drücken,
Der heißen Herzen kurze Lust
So wunderbar sich können schmücken.

                        IV.

O könnt' ich selig dich umschlingen,
Von keinem bangen Traum gequält,
Und ungeteilt mein Herz dir bringen,
Vor Gott und Menschen dir vermählt!

O hätt' ich rein dein Bild empfangen,
So rein wie hell dein Auge sprüht,
Ein Leben wär' uns aufgegangen,
Wie keines, keines je geblüht!

Du wußtest nicht dein Herz zu hüten,
Und von verfrühtem Drang geschwellt,
Warf es die schönsten seiner Blüten
In eine noch erstarrte Welt.

So hat es nicht geahnt mit Beben,
Als es verschenkt die erste Huld,
Daß nur in mir sein volles Leben
Und Z w e i noch büßen solche Schuld?

Daß jede Glut, die, matten Schlages,
Es halb gefühlt an fremder Brust,
Ich fordern würde eines Tages
Als einen Raub an meiner Lust?

                            V.

Du klagst, daß ich an steten Zweifeln kranke,
Die du mit keinem Schwur verscheuchen kannst,
Du rufst mir: "Licht und froh sei dein Gedanke!
Erkennst du nicht, wie ganz du mich gewannst?"

O laß mich, laß! Verscheuche nicht dies Brüten!
Und siehst du meine Zweifel auch mit Schmerz,
Sie sind es doch, die unsern Bund behüten;
So lang ich zweifle, hältst du noch mein Herz.

Ist jeder Zweifel doch ein Glutempfinden,
Ein Zucken meiner L i e b e, die erschrickt
Und nimmer glaubt ihr Maß geteilt zu finden,
Wenn sie in ihre eigne Tiefe blickt.

Jedwede Lust wird dir dies Herz noch bringen,
Wie lang es säumen mag — o harre still!
Ganz wird es dein, wenn es nach langem Ringen
Mit einem Mal sich selbst beschwicht'gen will.

Und wo's gekrankt, da schwillt es dann zum Leben,
Der Puls, der heut es zagend von dir kehrt,
Er drängt dir's morgen zu mit heißem Beben,
Und doppelt flammt, was sich so lang verzehrt.

Für alles zahlt dir reichlich dann die Stunde,
Wenn meine Brust besiegt an deine sinkt
Und sich mein Zweiflerherz an deinem Munde
Gewißheit deiner Gluten selig trinkt.

                            VI.

Wie lang ich auch gefesselt bei dir säumte,
Nun ist's vorbei! ich ziehe meine Bahn;
Wenn sich dein Herz ein ewig Bündnis träumte,
Selbsttäuschung war's und töricht blinder Wahn.
Ein Wahn, der freilich auch mich selbst umsponnen,
Da blendend du erschienst vor meinem Blick;
Nun aber ist es allgemach zerronnen,
Und retten will ich flüchtend mein Geschick.

Sollt' ich es denn bezahlen gar so teuer,
Sollt' ich auf immer dir verfallen sein,
Weil ich in einem unreif raschen Feuer
Dir einstens zugeflüstert: Ich bin dein?
Was mich an dir bestrickt, war nur die Hülle,
Der ach! kein Genius die Seele lieh,
Der einst'gen Schöne noch geahnte Fülle;
Zu deinen Göttern aber schwur ich nie.

Du bist schon im Verglühn — sieh, nur ein Hauchen,
Und es zerfällt die Rose sommersatt;
Mir aber will die Sonn' aus Ost erst tauchen
Und gerne trieb' ich noch manch frisches Blatt.
Du möchtest mich zu deinen Füßen bannen,
Ob unerbittlich auch dein Niedergang;
Doch ich, entzaubert endlich, muß von dannen,
Ich streb' ins Weite noch voll Tatendrang.

So lasse mich nur meiner Wege gehen
Und maße über mich kein Recht dir an;
Mich dünkt, du hast um Eines nur zu flehen:
Daß ohne Reu' ich deiner denken kann!
Vermiß dich nicht, zu greifen in mein Leben,
Und wäre dir vergönnt auch solche Macht,
Du wirst es nicht, ein Gott, zum Lichte heben,
Du drängst es nur in trostlos öde Nacht.

                            VII.

Was grollst du mir mit hartem Wort,
Daß ich mich stumm von dir gewandt?
Es trieb mit Allgewalt mich fort,
Nicht dauernd war, was uns verband.

Dir fehlt des schönsten Zaubers Macht,
Ob du mir noch so liebend nahst;
Ich aber habe dir gebracht,
Was du im kühnsten Traum nicht sahst.

So nimm, was ich vor dich gestreut,
Und blicke mir nicht zürnend nach;
Dich hat's erquickt, dich hat's erfreut,
Klagst du, daß ich das Herz dir brach?

Ich ward an dir vorbeigeführt
Und hüllte dich in Schimmer ein;
Was grollst du nun, statt mir gerührt
Noch einen Segensruf zu weihn?

Was grollst du mir — o sag' es doch! —
Daß ich so viel dir hold gewährt,
Daß eine letzte Stunde noch
Dir meine Liebe schön verklärt?