Waldesstille
Sie hatten so grausam mich aufgeweckt
Aus all' meinen lieblichen Träumen;
Ich habe im Walde mich tief versteckt,
Und klagte es leise den Bäumen.
Sie breitenden schützend sich über mich,
Daß weiter kein Leid mir geschehe;
Es wandten zu mir auch die Blumen sich,
Und trösteten milde mein Wehe.
Ich wandelte stille im Moose weich,
Umschlungen von grünenden Zweigen,
Ich sah nur das freundliche Waldgesträuch,
Und d'rüber den Himmel sich neigen.
Es weht' mir ein Lüftchen voll süßer Kraft,
Ein Hauchen des Waldes, entgegen;
Da hab' ich ermutigt mich aufgerafft —
Es kam über mich wie ein Segen.
Und als ich vom traulichen Wald zurück
Wieder trat in das offene Leben —
So war wieder hell mein getrübter Blick,
Der Frohsinn mir wiedergegeben.
Die Waldblume
O komme hinab auf den Wiesengrund
Wo lustige Lüfte stets wehen,
Umflattert von zahlreichen Faltern bunt,
Wir vielerlei Blumen dort stehen.
Wir glänzen gar prächtig im Sonnenschein,
Und plaudern und scherzen tagsüber,
Und du stehst im dunkelen Wald allein,
Es geht dort wohl Niemand vorüber.
Es treiben die Falter gar vieles Spiel,
Sie finden an uns stets Gefallen,
Sie mustern auch unsere Reihen viel,
Und scherzen dann leicht mit uns Allen.
Und du — du weißt nichts von den Scherzen bunt,
Bleibst einsam und stille dort stehen,
O komme hinab auf den Wiesengrund
Wo lustige Lüfte stets wehen! —
Ich bin meines Waldes geliebtes Kind,
Im Schatten der Bäume erzogen;
Nach Orten, wo vielerlei Blumen sind,
Hat niemals mich Sehnsucht gezogen.
Es findet mich freundlicher Sonnenschein,
Durchdringend das grüne Gezweige;
Doch will ich von ihm nicht geblendet sein,
Will nicht, daß er glänzend mich zeige.
Ich will nicht geseh'n unter Vielen sein,
Und musternd verglichen mit Allen,
Und wer nicht begnügt sich mit mir allein,
Dem wünsch' ich auch nicht zu gefallen.
Einer jungen Dichterin
Der Seele tausendfaches inn'res Leben
Begeistert auszuströmen im Gesang,
Und jeder Regung edles Wiedergeben,
Ein Hochgefühl ist's Jedem, dem's gelang.
Doch auch in eine schöne Seele blicken,
Die rein und strahlend sich im Lied ergießt,
Gedankenblüten eines Sinnes pflücken,
Der unser Fühlen uns verklärt erschließt,
Auch dies ist eine hohe, reine Freude,
— Sie ward durch dich, o edle Jungfrau, mir;
Dies Geben und Empfangen hebt uns Beide,
Aus vollem, warmen Herzen dank' ich's dir.
Ich liebe dich, weil du in Jugendjahren
Des Lebens bess'ren Teil schon hast erwählt,
Weil in Betrachtung sich dein Sinn des Wahren,
Des Guten und des Schönen treu gefällt.
Weil du mit klarem, sinnigem Gemüte
Den Kern der Dinge zu erforschen strebst,
Der weiblichen Empfindung zarter Blüte
Gesundes, klares Denken stets verwebst.
Ich kenn' dich nicht, ich hab' dich nie gesehen;
Doch ist es mir, als hätt' ich schon geblickt
In's Auge dir, als wär' es schon geschehen,
Daß ich mit Wärme deine Hand gedrückt.
Vergeblich hören Namen wir oft nennen:
Ein Name macht die Herzen nicht bekannt;
Und werden wir auch nie einander kennen,
So waren uns're Seelen doch verwandt!
Margarethe
Bist du ein Engel, den der Herr auf Erden sandte,
Den Palmenzweig des Friedens in der Hand?
Bist du ein Elf, der seine Welt, die unbekannte
Verließ, zu uns kam aus dem Wunderland?
Du bist ein Menschenkind, das lieblichste von Allen!
Und schaust mit Kindeslächeln in die Welt,
Als sähst du Blumen nur auf ihr, und Sonnenstrahlen,
Und Liebe nur, die, ach! so oft ihr fehlt!
Du bist ein Fürstenkind, sollst Königin einst werden,
Ein Reich beherrschen, das entstanden kaum,
Die einst'ge Heimat alles Schönen hier auf Erden,
Der Dichter und der Herrscher Lieblingstraum.
Du sollst sein Schutzgeist sein! mit welchen sanften Mächten
Kann herrschen dies holdsel'ge Angesicht!
Kann dieser süße Mund befehlen wohl und rechten?
Er bittet nur — und wer gehorcht ihm nicht?
Dem Land, dem du zur ersten Königin beschieden,
Dem Land, das düst're Zwietracht noch bewohnt —
O bringe Eintracht ihm, die Liebe und den Frieden,
Der mild auf deinen Engelszügen thront.
An unseren Grillparzer
Es steht eine Eiche im Dichterwald
So edel und mächtig zu schauen,
Es ragt ihre herrliche Baumgestalt
Empor über Wälder und Auen.
Vom echtesten Ruhme ist königlich
Die mächtige Krone umgeben,
Vom Ruhme, der stille bereitet sich,
Um strahlend auf immer zu leben.
Und ist ihre Größe so fern erkannt,
Und hört man sie rühmend erwähnen —
Wie stolz ist, wie glücklich das Vaterland,
Die Eiche sein eigen zu nennen!
Es schmücket der Boden sich feierlich,
Der wachsen sie sah, und Gedeihen;
Die Kinder des Landes, sie einen sich,
Um Liebe und Dank ihr zu weihen.
Es sproßen die Blümlein im Gras hervor,
Tief unter den mächtigen Zweigen,
Und schauen mit Ehrfurcht zum Baum empor,
Und möchten ihm Liebe bezeigen.
Sie möchten ihm kindliche Huldigung
So gerne, so inniglich sagen,
Doch sind sie zu schlicht und zu klein und jung,
Und scheuen sich noch, es zu wagen.
So kann ich mein schüchternes Jugendlied
Dem Vöglein, kaum flügge, vergleichen,
Das freudig begeistert die Ziele sieht,
Doch fürchtet, sie nicht zu erreichen.
Doch weil Du den zögernden Flug geschaut,
Und gütig ihm Mut hast gegeben,
So hat er der eigenen Kraft vertraut,
Sich grüßend zu Dir zu erheben.
Jonathan
Sein Name
ziere ewig
Den Altar der Freundschaft.
Herder
Nicht als Sieger blut'ger Schlachten,
Nicht als Herrscher ruhmerfüllt,
Nicht als Weiser zu betrachten,
Gibt Geschichte uns dein Bild.
Nicht ein Lorbeer ist geblieben,
Dem zum Kranz Geschichte flicht;
Doch das Herz, das weiß zu lieben,
Es vergißt dein Leben nicht.
Denn du hast dich selbst vergessen
In der Liebe reinstem Glanz;
Höchste Freundschaft, unermessen,
Füllte deine Seele ganz.
Manche in der Völker Leben
Einen neuen David sah'n;
Zukunft kann ihn wiedergeben:
Schwerer einen Jonathan.
Bitte
O Herr! der Dein erhaben Antlitz
Einst milde Petrus zugewandt,
Nachdem er treulos Dich verleugnet,
Und schwur, daß nie er Dich gekannt,
Bis er, von dieses Blickes Milde
In's Herz getroffen fühlte sich,
Und tief bewegt von dannen eilte
Hinaus, zu weinen bitterlich —
Erbarme Dich des Menschenherzens,
Das einst beseeligt Dich erkannt,
Und in des Lebens blinder Torheit
Von Dir sich wieder abgewandt!
Erbarme Dich! und laß es schauen
Nur einmal Deinen Gnadenblick,
Auf daß es tief bereuend kehre
Zu seinem Mittler ganz zurück.
An den Quellen der Leitha
Du heller Bach, der lieblich rauscht
Durch grüne Wiesenmatten,
Den ich so gerne hier belauscht
In deiner Weiden Schatten,
Wie schlängelst du so anspruchslos
Durch Busch und Täler leise,
Und wirst so wichtig, ach! so groß
Im Laufe deiner Reise.
Du eilest hin, um weit von hier
Ein Land vom Land zu scheiden,
Die Heimat von der Heimat mir,
Denn ich gehöre Beiden!
Wie rauschet ihr, wie flüstert ihr,
Ihr spiegelklaren Wellen!
Als hört' ich von der Kindheit mir
Euch wie im Traum erzählen.
O Muttersprache, süßer Laut
Aus frohen Kinderjahren,
Wie will ich deinen Klang so traut
Im Herzen stets bewahren!
Und jede Heimatweise klingt
Mich neu zu überzeugen,
Wie mächtig mir's durch's Herze dringt:
Mein Volk! ich bin dein eigen!
Und fühlt' ich nicht, wie tief ich's bin,
So bände mich auf's Neue
Dein angeborner Edelsinn,
Die Offenheit und Treue!
In welcher Sprache klingt mein Lied,
Als wär's in meiner eig'nen?
Das Land, das treu mich auferzieht,
Wie könnte ich's verleugnen?
Dem großen Volke, dessen Geist
Beherrscht der Seele Leben,
Das stets zum Ideale weist
Mit tiefem, ernstem Streben,
Dem Volk', an das mein Mädchensinn
Sich schmiegt wie an die Eiche,
Und strebt, daß er zur Krone hin
Verständnisinnig reiche —
Gehör' ich nicht auch diesem an?
Kann anders ihm ich's danken,
Daß meine Seele wuchs heran
An seinen Lichtgedanken?
— So kam ich, teures Österreich,
Dein echtes Kind mich nennen!
Im Herzen kann dein Doppelreich
Mir keine Macht je trennen!
Wenn zwei vereint mit treuem Sinn
Nach einem Ziele streben,
So ist's für Beide Hochgewinn,
Ergänzen wird's ihr Leben!
O schwinge dich, mein Doppelaar,
Der Sonne kühn entgegen!
Du hast ein doppelt Augenpaar
Zu schauen ihren Segen!
Musik
Als der Herr die dunkle Erde
Einst in's schöne Licht getaucht,
Und den neuerschaff'nen Wesen
Seelen hatte eingehaucht,
Wollte Er dem Erdenleben
Auch ein Himmelspfand verleih'n,
Daß die Seele aufzuschwingen
Sich vermöge, voll und rein,
Aufzuschließen ihr Empfinden
Wie das Wort es nicht vermag,
Höchstes Leben zu verkünden
Jedem trüben Erdentag,
In den Kindersinn zu prägen
Was das Alter noch erfreut,
Was der Einfalt und der Weisheit
Gleich erhaben, gleich geweiht —
Und als wie auf Engelsschwingen
Schwebten Töne in die Welt,
Und es ward dem Erdenleben
Himmlisch die Musik gesellt.
An Emanuel Geibel
Darf eine Blume es der Sonne sagen,
Wie sie begeistert in der Jugend Tagen,
Wie innig sie beglückt ihr schönes Licht?
Unzähl'ge freuen sich in ihrem Scheine —
Weshalb ermutigt eben sich die Eine
Zu singen, was aus Aller Augen spricht?
Weil ihr der Strahl in's tiefste Herz gedrungen,
Weil ihr manch' echt' Gefühl daraus entsprungen,
Weil er ein Teil ist ihrer Wesenheit;
Weil er ihr eig'nes Sein ihr aufgeschlossen,
Weil seine Wärme tröstend sie umflossen,
Weil seine Schönheit ihr das Herz erfreut!
Nicht nur, daß dir ein Gott die Saiten rührte,
Ein Genius das heil'ge Feuer schürte,
Das treu in deiner Dichterseele glüht:
Dem edlen Geist will Ehrfurcht ich erweisen,
Die Reinheit deiner frommen Seele preisen,
Den zarten Sinn, dein lauteres Gemüt!
Wie hast du innig all' ihr Sein durchdrungen,
Wie hast du sie verklärt, und warm besungen,
Die Edelsten der Geister uns'rer Zeit!
In deinem Liede leben sie auf's Neue,
Du hast sie mit Begeisterung und Treue
Nun doppelt der Unsterblichkeit geweiht!
Aus tausend Herzen strömt dir Dank entgegen,,
Es kehr' auf dich zurück der schöne Segen,
Den du in deines Volkes Herz gestreut!
Der treue Hort des Edlen und des Schönen,
Der bauen will, und bilden, und versöhnen,
Bleibt teuer seinem Volk für allezeit!
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