Aphorismen des Altmeisters
I. Zur Diätetik
Und bist du als geborner Schlauch,
Auf vielen Trunk versessen,
So habe du auch den Gebrauch,
Recht viel, recht Viel zu essen.
Tust du zum Trinken das nicht auch,
So wirst bald du gegessen.
II.
Zur Darnachachtung
Freund! glaubst du, daß zu jeder Zeit
Der Wein uns Labung schafft?
Er stärkt nur die durch Tätigkeit
Auch müd' gewordne Kraft.
III.
Zur Beherzigung
Sei du der Herr, der Wein dein Knecht,
Was du befiehlst, das sei ihm recht.
Wenn du kein Herr dir selber bist,
So legt dir Schlingen seine List;
Und endlich wird es ihm gelingen,
Du Willenlos, dich zu bezwingen.
IV.
Zur Kallobiotik
Von deinem Tage mag der Wein
Das letzte Blatt vom Buche sein.
Willst du, bei allen Wettern!
Ein Buch aus lauter letzten Blättern?
V.
Zur Seelenlehre des Magens
Bedenk es, junger Freund, es ist
Wohl ein Kamel dein Magen.
Wenn du nun unverständig bist,
Ihm gibst zu viel zu tragen,
So pflegt er dir in kurzer Frist
Urkräftig auszuschlagen.
VI.
Zum Pauperismus
Das Essen und das Trinken sind wohl gut,
Daß Seel' und Leib nicht geh'n entzwei.
Wer ißt und trinkt und weiter gar nichts tut,
Ist doch ein armer Mensch dabei.
VII.
Zur Dankbarkeit
Es herrsch' in deinem Haus der löbliche Gebrauch:
Willst frohem Freundeskreis gastfreier Wirt du sein
Mit altem Rebensaft, vergönne doch nur auch
Dem treuen Diener stets ein Gläschen guten Wein! —
So arg begrenzt und schwach nie deine Liebe sei,
Daß vor der Türe schon sie brach' entzwei.
Du Armer! wenn auch in der Freude Frist
Der Diener dir nichts, als ein Diener ist.
VIII.
Zur Warnung
Zu Euch zum Schluß der Meister spricht:
Beim Trinken heißt es: Acht genommen!
Daß man von der Gemeinheit nicht
Wird in Empfang genommen.