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Fibel-Reime
 

Auf jungen Wein ist der erpicht,
Dem es an kräftigem Durste nicht,
Aber am Gelde sehr gebricht.

Alter Wein tut den Meisten behagen,
Ihn trinkt nicht das Herz, ihn trinkt der Magen.

Als Gast mußt du manches Haus vermeiden,
Willst du Kälte und Hunger und Durst nicht leiden.

Bier wird in Bälde so teuer sein,
Daß man es nur eben nippt wie Ausbruchwein. —

Beim Trinken mußt du reden auch:
Einsamer Trinker ein gemeiner Schlauch. —

Bist bald mit Wein und Bier du fertig,
Sei auch des Rausches bald gewärtig.

Brunn am Gebirg — ein lieblicher Ort,
Den Felsenkeller besuch' alldort.
Doch schau in den Bierkrug nicht zu tief,
Leicht versäumst du zur Heimfahrt das Lokomotiv.

Champagner macht alle Leiden vergessen;
Das will ich glauben unterdessen.

Chorweise tun die Trinker dem Schankwirt mehr frommen,
Als wenn sie ganz einzeln nach einander kommen. —

Cäsars Gedächtnis, sonst treu und verläßlich,
War nur für Beleidigungen vergeßlich.
Mancher Nicht-Cäsar denkt nie daran,
Was ihm der Wein schon angetan.

Durst, tut man immer nach seinem Begehr,
Gleicht bald dem verzogenen Kinde sehr.

Die Freud' an einem Glase Wein
Muß nicht deine einzige Freude sein.

Damit du mäßig bleibst auf Erden,
Such' vor Allen ein deutscher Dichter zu werden.

Ein kleiner Schluck nur von schlechtem Wein
Kann impfen dir das Kopfweh ein.

Es heißt, daß dem Wein es soll öfter gelingen,
Die Wahrheit auf die Zunge zu bringen.
Da muß denn bei vornehmen Herren auf Erden
An den Tafeln gar kein Wein getrunken werden.

Fässer, wenn sie leer, sind arme Tröpfe,
Reden grade so wie gedankenlose Köpfe.

Grimassen macht das Angesicht,
Wenn der Wein die Sprache des Essigs spricht.

Gewalt geht vor Recht, pflegt Mancher zu sagen,
Trinkt fort, ohne je den Durst zu fragen. —

Gesundheit, meinst du, blühe dir
Im allerletzten Glase Bier?

Hart am Kahlenberg wächst trefflicher Wein,
Hast solchen du, so schenke nur ein.

Höflichkeit geht oft vor'm Weine fort,
Hochmut kommt beim Wein zum Wort.

Im Keller hast du viel trefflichen Wein —
Und bist so gemein und trinkst ihn allein! —

In jedem Menschen schlummert ein Geist,
Wenn du ihn nur zu erwecken weißt.

In der Schenke hörst Manchen du räsonieren,
Wie man sollte besser regieren:
In seiner eignen Wirtschaft zu Haus
Herrscht Anarchie — o welch ein Graus!

In der Schenke hörst Manchen du räsonieren,
Wie die Freiheit sollt' in der Welt regieren:
Daheim in seinem eigenen Haus
Ist er ein Despot, o welch ein Graus!

In der Schenke hörst Manchen du räsonieren,
Finanz-Projekte her deklamieren:
Die Kreide führt er für sich zu Haus, —
Und für ihn der Wirt — o welch ein Graus!

Jugend, dein Anblick wirkt wie Wein,
Er erquickt auch den Greis und das Mütterlein.

Jamaika-Rum in gutem Tee
Tut selten einem Magen weh.

Jahre hindurch ernähren ihr Leben
Aus schmutzigem Boden die stillen Reben
Und bereiten dir aus so niedriger Kost
Für die Lesezeit den süßen Most.

Kein Keller ist mein Zimmer,
Mein Magen ist kein Faß;
Drum mag ich nie und nimmer
Heuriges Reben-Naß.
Auch bin ich nicht mit Reifen,
Eisernen, angetan,
Dran ich mich könnte steifen,
Geht das Rumoren an.

Klosterneuburg ist eine gar liebliche Stadt.
Die im Keller herrliche Weine hat;
Dies hab' ich noch nie zu bezweifeln gewagt,
Ich glaube recht gern, was man allgemein sagt. —

Kannst du nur nach langem innerem Streiten
Als Hauswirt dir gastliche Freude bereiten,
So laß es lieber gänzlich bleiben,
Gastfreundschaft als eine Kunst zu betreiben.
Oder soll je wieder dein Gast ich sein,
Ein vergnügter, o Freund, so merke dir fein:
Deine Zunge laß nie von der Teuerung plappern,
Meinem Ohr die Rechen-Mühle nicht klappern.
Die Sparsamkeits-Glock' darf auch bimmeln nimmer,
Bin als Gast ich einmal schon bei dir im Zimmer.

Kann Einer allhier auf Erden
Durchaus kein Dichter sein,
So wird er vielleicht es werden,
Trinkt er ein Gläschen Wein.
Wenn auch, so entschlag' er sich jeder
Schwarz Guttenberg - Begier,
Verschone jede Feder,
Und jedes Blatt Papier.

Lobt deine Zunge den Wein,
So kann er noch immer ein schlechter sein.
Lobt morgen früh ihn dein Magen,
Mag er den Namen des guten tragen. —

Lebensart lernt sich nicht in der Kneipe drein,
Weil dort Jeder sein eigner Herr tut sein. —

Lieb ist dir des Abends ein Gläschen Wein,
Das macht Nichts, Freund, doch merke dir fein,
Vor dem Durst auch wird es stets ehrlos bleiben,
Wohldienerei - Gewerbe zu treiben.

"Lieber wollt' ich das Essen entraten,"
Sagt Mancher, — "als zu entbehren den Wein,"
Nachdem er vertilgt einen tüchtigen Braten;
Drauf schenkt er ein frisches Gläschen sich ein.

Manchmal dient als Heilmittel der Wein;
Da bilden sich wohl gar Manche denn ein,
Rekonvaleszenten stetig zu sein.

Mailberg in Österreich ist ein Ort,
Ein Gurgelschmeichler gedeiht alldort.
Wenn Einer nun gar zu eitel ist,
Unterliegt er dem Schmeichler nach kurzer Frist. —

Mit löblichem Entsagen
Hast du seit vielen Tagen
Getrunken keinen Wein;
Heut suchst du viel zu leeren,
Bringst treulich das Entbehren
Dir durch ein Räuschchen ein.

Mit keinem einzigen Tropfen Wein
Lassest du dich in Gemeinschaft ein,
Meinst ein Held so der Mäßigkeits-Tugend zu sein,
Du feiger Krieger, der in der Schlacht
Vor gesenkten Röhren sein Rechtsab macht.

Man bilde nicht aus den Gästen sein
Mit Gewalt einen Mäßigkeits-Verein.

Mit vielem Trinken in Kurzem reich zu werden,
Verstehen die Gast-Wirte ganz allein auf Erden.

Nur Ausbruch — keinen andern Wein
Schenk' in Stengelgläser mir ein.

Nach der Brühl zum Ochsenwirt müßt Ihr gehn,
Wollt seinen Wein lieben Ihr und verstehn.
Doch müßt Ihr zu viel nicht kosten aus,
Wollt Ihr wohlbehalten kommen nach Haus.

Niemalen zu trinken ein Gläschen Wein,
Einem Freund der Natur fällt das nicht ein,
Müßte sonst ein deutscher Lyriker sein.

Nach Liesing-Mekka wallen
Viel Bier-Mahomedaner,
Zu sein in Trinker-Hallen
Brauhaus - Neu - Hegelianer.

Nach einem Abendmahl bei Selinden
Könnt' beim Traiteur Ihr immer mich finden.
Und wißt Ihr warum? Ich kanns nicht ertragen
Zu schlafen mit durstigem, hungrigem Magen.

Nach Schwechat mußt du wandern, dort in der Brauerei
Die Bierkunst zu belauschen an ihrer Staffelei.

Nieder-Österreich hat guten Wein;
Auch braut man teures Bier darein.

Nach Brunn zu fahren rat ich dir:
Alldort gibts gutes Lager-Bier.
Doch mangelt für Brunn es dir an Zeit
Liegt der Ort dir etwas zu sehr beiseit,
Fahr nach der Schwechat und kaufe dir
Ein hübsches Krüglein Märzen-Bier.

Nie sieht man dem Wirt am Bauch es an,
Was er den Getränken schon angetan.

Ober-Österreich hat den Apfelwein;
Dort tut das Bier trefflich und wohlfeil sein.

Ohne Hunger zu essen und ohne Durst
Getränke zu sich zu nehmen,
Dazu kann auf Erden nur ein Geschlecht
Mit seiner Vernunft sich bequemen.

Ordnung liebt Mancher in allen Dingen:
Alle Sonntag muß ihm ein Rausch gelingen.

Ob deines Likörs bist du noch nicht
Über deinen Kutscher erhaben:
Likör und Schnaps, besehen beim Licht,
Sind innig verwandte Gaben.

Prahlerei zu üben, wird Mancher bereit,
Hat er mehr als genug getrunken;
Ein Anderer ist zur Trinkenszeit
Im Tränenbad versunken;
Ein Dritter wird vom Weine stumm;
Einem Vierten entflammt sich Offenheit
Vom lodernden Alkohol-Funken:
Wie ein Handschuh kehrt er sich um.

Preis des Wiener Bieres willst du
Fürder immer gleich bestehen,
Da der Hopfen und die Gerste
Doch so sehr herunter gehen?!

Pedanterie, die beim Wein sich nicht schwächt,
Ist ganz gewiß sehr gründlich und echt.

Quacksalber beliebt man zu unseren Zeiten
Einen solchen Menschen zu taufen,
Der giftige Tränke pflegt zu bereiten
Und als heilsam sie sucht zu verkaufen,
Zu dem sich noch hat kein Diplom verirrt
Und der im übrigen ist kein Wirt.

Qualen kann uns, daß gesteh' ich dir schon,
Ein schlechtes Bier bereiten;
Doch ebenso tut dies zu allen Zeiten
Ein gutes, trinkt man zu viel davon.

Rheinwein soll vortrefflich sein,
Ich will es glauben — vorhinein.

Retz ist von reichen Gärten umgeben,
Drin wachsen gar wunderliebliche Reben;
Und unter den schönen Blättern gedeiht
Ein Trank, den verschmähst du zu keiner Zeit.

Radkersburg in der Steiermark
Hat gar einen verlockenden Wein;
Der kann dich bezwingen, er ist gar stark.
Vor solchem Wein hüte dich fein,
Hast du nicht ein erprobtes Mark.

Sparsamkeit zu jeder Zeit
Bei Wassertrinkern leichter gedeiht.

Steht Einer noch sicher auf Einem Bein,
Hat er noch nicht gar zu viel vom Wein;
Doch muß er drum nicht ein Mäßiger sein.
Seit das Gastrecht zu ehren gar teuer geworden,
Erblühen in Kraft die Kneipen-Orden.

Tockayer tut herrlich im Glase blinken;
Deutsche Lyriker pflegen ihn nicht zu trinken.

Trunken macht Ein Glas nicht leicht einen Mann,
Füllt er es nicht zu oftmals an.

Traun! dein letztes Glas war Übergewicht,
Die früheren Gläser zählst du nicht.

Trink, wenn du genug hast, weiter nicht,
Mache schamrot nicht dein Angesicht.

Unter allen guten Weinen, so die Erde tragt,
Mir der selber Getrunkne am Meisten behagt.

Unter-Sankt-Veit,
Alldort der Rösselwirt ist bereit,
Ein treffliches Bier
Zu bieten dir,
Wann du immer kommst, zu jeglicher Zeit.
Ein langes, zufriedenes Leben
Sei dem wackern, braven Manne gegeben.

Vöslauer Wein pflegt uns sehr zu behagen,
Aber immer nur im eigenen Magen.
Von dort nennt frech sich mancher Wein,
Der bloß gefärbtes Wasser tut sein.

Wenn der Wein nicht flüssig wäre,
Man vorher ihn müßte beißen,
Würde mancher Freund der Reben
Dann mit Recht "Weinbeißer" heißen.

Weidlinger Wein geachtet tut sein,
Hast du solchen, wirst du ihn trinken fein.
Auch ist Weidling ein lieber, freundlicher Ort,
Ein herrlicher Dichter lebt alldort.

Wirtshäuser sind zu unserer Zeit
Das tabakichte Forum der Öffentlichkeit.

Wachau, eine wundervolle Gegend tut sein:
Dort kommt schon als Essig zur Welt der Wein.

Weinhändler und Wirte und Winzer,
Sie würden wohl Bettler sein,
Wenn immer und aller Orten
Man mäßig nur tränke den Wein.

Wenn dein Herz und dein Kopf nach guter Gesellschaft begehrt,
Überschätz' als Gastfreund nicht deiner Bewirtung Wert.

Wird dir nicht stets nach mehreren Tagen
Ein feiner Braten ganz wohl behagen?
Siehst du täglich einen solchen vor dir stehen,
Wirst du vornehm vielleicht ihn oft übersehen,
Ist sonst nur gedeckt dein Magen.
So offenbart sich der Hunger nur;
Doch der Durst hat eine and're Natur:
Es ist seines Wesens Charakterzug,
Daß ihm täglich das Beste grad gut genug.

Wirte hinterlassen, wenn sie sterben,
Die Kunst, Getränke zu verderben,
Als reiches Vermächtnis ihren Erben.

Wenn dein Mund nur beim Wein die Wahrheit spricht,
Was bist du dann nüchtern für ein Wicht.

Wein sollte gerade in Wien allein
In jeder Schenke, bei jedem Wirt
Untadelhaft, vortrefflich sein:
Denn jeder hat die Linie passiert.

Wein ist ein Gewürz des Lebens, trinkt man mäßig ihn bei Zeiten;
Doch aus dem Gewürz alleine muß man sich kein Mahl bereiten.

Wenn Wer vom Trinken heitre Lieder
Im Druck mitteilt der Lesewelt,
Ist's ein Geständnis offen, bieder:
Für's Essen brauch' er eben Geld.

Weit pflegt bei Manchem die Kehle zu sein:
Haus, Felder und Wiesen gehen hinein.

Wenn dem Wasser, o Freund, du geredet das Wort,
Und das Wasser gepriesen allein,
Dann wandelst von deinen Hörern du fort
Und belohnst deinen Mund am verborgenen Ort
Mit köstlichem Grinzinger Wein.

Wie, Freund, du verfolgst mit dem kritischen Schwert
Was nach Versen nur mahnt oder Reim?
Hast du selber vielleicht schon nach Lorbeer begehrt,
Und ward dir das kleinste Blättchen verwehrt,
Machst du Verse vielleicht noch geheim?

Xanthippe nennst du deine Frau,
Weil deine Heimkehr sie liebt genau?
Tu es dann, wenn du bei Bier oder Wein
Ein Sokrates auch pflegst zu sein.

Xerez - Wein - Xenien zu schreiben,
Muß ein deutscher Lyriker lassen bleiben.

Xylotheken im Keller drein
Pflegen gar sehr beliebt zu sein,
Ist hinter dem Holz ein Firnewein.

Ysop tut eine Pflanze sein,
Soll schmecken nicht so gut wie Wein.

Zum Trinken braucht man keinen Zahn,
Drum steht es auch dem Alter an.

Zank und Streit blüht oft beim Wein,
Schenken die Trinker zu oft sich ein;
Da muß denn der einzig Schuldtragende sein
Der "verdammte Wein!"

Zunge, wenn ihr ein Wein behagt,
Leise zum Nachbar Magen sagt:
"Mir hat der Trunk sehr wohl getan;
Habe du auch nun deine Freude daran."

Zoroasters alte Lehren,
Das Feuer sein Leben durch zu ehren,
Pflanzen noch sich fort von Geschlecht auf Geschlecht
Bei Kennern von Weinen, die blumig und echt.