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Trinklieder 1
 

Rundgesang
Der bestrafte Weinwirt
Gaudeamus igitur
Der alte Zecher
Der redliche Verführer
Altgermanische Romanze
"Wir wollen ihn nicht haben!"
Der Oberländer Minnesinger
Schauerliche Ballade von den drei großen Trinkern
Die Konsequenz des Altmeisters

Rundgesang


Und wie wir jetzt beisammen sind,
So laßt uns fröhlich singen!
Es mag der vollen Gläser Klang
Wie holder Frauen heller Sang
Dazwischen süß erklingen.

Wir wollen ehren alte Zeit
Und alte deutsche Sitte,
Ganz für Begeisterung bereit,
Uns widmen recht der Fröhlichkeit,
Den Humpen in der Mitte.

Sehn wir uns recht das Dasein an,
Erbaut vom Gläserblinken!
Lebt nicht denn doch fast Jedermann,
Wer lachen und wer weinen kann,
Doch großenteils vom Trinken?

Vom Trinken lebt der Wirt — so auch
Der Magensteuer-Pächter:
Der Winzer lebt vom Trinkgebrauch,
Vom Trinken lebt so mancher Schlauch
Als Wasserkur-Verächter.

Wo wäre unser froher Bund,
Wenn Keiner trinken dürfte?
Was tät' auf diesem Erdenrund
Manch gar so geistlos armer Mund,
Wenn keinen Wein er schlürfte?

Das Auge trinkt der Sonne Licht —
Die Kehle — frische Lüfte;
Das Ohr, es trinkt so gern den Sang,
Des frohen Chors Zusammenklang, —
Die Nase — süße Düfte.

Wenn alles trinkt am Menschenhaupt,
Sei jedem Mund im Leben,
So lang der Durst ihm nicht geraubt,
Nach unsrer Ahnen Brauch erlaubt,
Dem Trunk sich zu ergeben.

Am Wein hat Alles seine Lust,
Wenn er so prangt im Glase:
Das durst'ge Ohr am Becherklang;
Das Aug' es schwimmt so wonnig bang —
Und wie freut sich die Nase!

Drum, da wir just beisammen sind,
So laßt beim Schall der Lieder
Erfreuen uns am guten Wein —
Inzwischen singen laut darein —
Und hernach — trinken wieder!

Der bestrafte Weinwirt
(Kulturgeschichtliche Ballade)

War einst ein Wirt, der wollte nie
Vom eignen Weine trinken;
Die eigne Fechsung sollte nie
In seinen Magen sinken.
Derselbe übte treu sein Amt,
Gönnt' seine Weine insgesamt,
Sogar auch seine Besten,
Den sehr geehrten Gästen.

Nie wurde seine Schenke leer,
Da gabs kein Fässerschonen; —
Doch wechselten die Gäste sehr
In Generationen.
Stammgäste gabs im Hause nicht,
Auch nie ein lang bekannt Gesicht;
Ein wochenlang Aushalter
War schon ein Gast, ein alter.

Doch welchen Weg die Gäste sein,
Wegbleibend, dann genommen,
Getrunken habend seinen Wein,
Wohin sie sind gekommen,
Ob sie das Trinken gaben auf,
Wie sich verlief ihr Lebenslauf,
Ob noch gesund ihr Magen,
Das weiß ich nicht zu sagen.

Sah Abends unser Wirt umher
Die Tische dicht umfangen,
Da fühlt' auch er ein Trinkbegehr,
Ein herzlich Weinverlangen
Und ging, wenn dazu eben Zeit,
Zum Nachbar Wirt, zwei Gassen weit,
Trank dort drei Krüglein Alten,
Gesund sich zu erhalten.

Einst war ein Wetter grimmig schlecht,
Glatteis — ein Flockentreiben,
Ein Luftgewässer, grade recht,
Um gern daheim zu bleiben.
Da ruft der Wirt zum Knechte sein
In einem Ton nicht eben fein:
"Kerl! mach' dich auf die Sohlen,
Den Alten mir zu holen!" —

Der kommt, nachdem er viel gerauft
Mit Eis und Sturmgebrause,
Beschneit, bekotet und betrauft,
Zerbeutelt, bald nach Hause;
Er glänzt, sieht man ihn ringsum an,
Wie pur in Seiden angetan,
Stellt hin ganz wohl erhalten
Die Krüglein mit dem Alten.

Doch unterdes war ein Baron
Zum Zinntisch hingekommen,
Der mit dem Wirt sich öfter schon
Sehr gnadenreich benommen.
Vom Wein allhier noch ganz gesund,
Spricht heut' er gar mit eignem Mund,
Aus seiner Höh' sich bückend,
Den Schankwirt hoch beglückend.

Von Durst gequält, auch tief berauscht
Von der Herunterlassung,
Wird unser Wirt wie ausgetauscht,
Verlierend alle Fassung,
Schenkt dem Baron vom Alten ein,
Trinkt selbst ein Glas vom eignen Wein;
So wirkt die Gnad' entzückend,
Doch leider! auch berückend.

Von dieser Stund' an fühlt der Schlauch
Die Kraft des Lebens sinken.
Sein Stern erblich; was mußt' er auch
Vom eignen Weine trinken? —
Dies mög' den Wirten Warnung sein,
Niemals zu trinken eignen Wein,
Insonderheit den Besten
Zu lassen fein den Gästen.

"
Gaudeamus igitur"

Laßt uns freu'n, da wir noch jung
Und ohn' all' Beschwerde;
Denkt, uns faßt nach froher Jugend,
Nach des Alters läst'ger Tugend
Doch einmal die Erde.

Wo sind, die dereinst vor uns
Zogen diese Bahnen?
Sucht sie im Gedankenlauf,
Blickt hinunter, blickt hinauf,
Wo sind unsre Ahnen?

Unser Sein enteilt so schnell,
Schnell auch sei sein Enden;
Ohne Schonung kommt der Tod;
Wir sind sein, wenn er uns droht
Mit den harten Händen.

Unsre Schule lebe hoch,
Hoch die drin docieren.
Alles, Alles, Mann und Weib,
Was da wohnt mit Seel und Leib,
Möge stets florieren.

Jede Jungfrau lebe hoch,
Leicht und schön gestaltet;
Vivat jede holde Frau,
Die anmutig und genau —
Treu im Hause waltet.

Vivat! Hoch dem Vaterland
Und dem Mann am Steuer,
Vivat unsrer Bürgerkraft,
Unsrer Freunde Gönnerschaft,
Ihrer Liebe Feuer.

Traurigkeit sei so verdammt
Wie des Hasses Rotte;
Fluch dem Teufel, diesem Gauch,
Fluch dem Antiburschen auch,
Fluch gemeinem Spotte!

Der alte Zecher

Alles mögt Ihr, alt und jung,
Mit Bedacht besorgen,
Von der Abenddämmerung
Bis zum hellen Morgen.

Darnach sollt Ihr jede Nacht
Euch als Trinker richten
Und erfüllen mit Bedacht
Eure Durstes-Pflichten.

Dieser Keller ist ein Amt,
Drin seid Ihr die Schwitzer.
Daß das Amt Euch recht entflammt,
Harret aus als Sitzer.

Eifer mög' Euch zeitlich schon
Nach den Fässern treiben;
Dafür dürft Ihr dann zum Lohn
Desto länger bleiben.

Denkt niemals der Stundenzahl,
Die Euch vorgeschrieben;
Seid gewohnt, den Tonnensaal
Zeitlos fortzulieben.

Beugt Euch unwillkürlicher
Amtzeit-Überschreitung;
Schämt Euch vor ausführlicher
Durchgeh -Vorbereitung.

Bleibt im Bauch getreu dem Brauch,
Guten Wein zu nehmen;
Habt Ihr guten, mögt Ihr auch
Euch zu viel bequemen.

Gebet acht und seid bedacht,
In des Kellers Räumen,
Da Euch leuchtend lacht die Nacht,
Ja Nichts zu versäumen.

Merkt Euch, selber dürsten macht
Traurig uns're Kehle,
Bei der Andern Bürsten lacht
Nie die eigne Seele.

Trachtet, daß das Parlament
Hier in Kellers Gründen
Sich von Anfang bis zu End'
Lustig mag verkünden.

Ehrt mit Miene, Wort und Schluck
Diese rechte Kammer,
Denket nie beim Gluck! Gluck! Gluck!
An den Katzenjammer.

Der redliche Verführer

Weinzeiger lockt von fern mich schon:
"Gluckgluck!
Nicht wahr, du liebst es sehr, mein Sohn,
Gluckgluck?" —
So durch die Luft sirret er her —
Und vorwärts jagt mich mein Begehr:
"Gluckgluck! Gluckgluck! Gluckgluck!"

Und schließt die Schenke dann mich ein:
"Gluckgluck!
Herr Wirt, ein Gläschen alten Wein
Gluckgluck!" —
Der sieht mich an als seinen Herrn,
Nimmt Kellerschlüssel und Latern:
"Gluckgluck! Gluckgluck! Gluckgluck!"

Bald stellt er mir den Alten hin:
"Gluck! Gluck! —
Daß ich kein Wiedertäufer bin,
Gluck! Gluck! —
Ein Registrator echt und rein
Bin ich für solchen Perle –Wein!
Gluckgluck! Gluckgluck! Gluckgluck!"

Geistperlen springen in die Luft:
" Gluckgluck!"
Wie lacht das Herz bei solchem Duft:
" Gluckgluck!"
Vor uns ein Gläschen solchen Weins,
Vergessen ist das Einmaleins! —
" Gluckgluck! Gluckgluck! Gluckgluck!"

Weinzeiger, oh! wie dank' ich dir!
Gluckgluck, —
Daß fern du warst Verlocker mir,
" Gluckgluck!" —
Bist auf der Welt mein bester Freund,
Wer dich nicht ehrt, dem bin ich feind!
Gluckgluck! Gluckgluck! Gluckgluck!

Altgermanische Romanze

Hatt' einst ein Trunkenbold gelebt
In alten Olimstagen,
Der hat vor keinem Trunk gebebt,
Den man ihm angetragen.
Johannisberger liebt' er sehr,
Den Gratisberger noch viel mehr.

Gewiß hat sich die Mutter sein,
Als er noch unter'm Herzen,
Versehn an einem Faß mit Wein,
Vielleicht wohl auch mit Märzen.
Er fühlte grade wie ein Faß,
Wollt' immer sein im Innern naß.

Er konnte, war er nicht bei Geld,
Allein dadurch sich retten,
Daß er sein Liebstes auf der Welt
Vollführte gern auf Wetten.
Die Andern wetteten dabei,
Ihm ward dadurch die Zeche frei.

Meist hat er durch sotane List
Sich durch die Welt geschlagen;
Doch was aus ihm geworden ist,
Weiß ich Euch nicht zu sagen.
Wo mag anitzt er weilen? Doch,
Wenn er nicht starb, so trinkt er noch.

"Wir wollen ihn nicht haben!"
(Loblied auf den Schwechater Braumeister,
zu singen für heftige Biertrinker)


Wir wollen ihn nicht haben,
Auch nicht den besten Wein,
Wir wollen uns erlaben
Am guten Bier allein.
So lang der Meister Dreher
Sein herrlich Lager braut,
Ist unsre Bieresliebe
Auf einen Fels gebaut.

Wir wollen ihn nicht haben,
Auch nicht den besten Wein!
Wir wollen treue Knaben
Dem guten Biere sein,
So lang der Meister Dreher
Noch ist der Brauer Zier,
Er braut in seinem Hause
Noch solches Firnebier.

Wir wollen ihn nicht haben,
Auch nicht den besten Wein,
Wir wollen uns erlaben
Am Lagerbier allein,
So lang der Meister Dreher
Als edler Brauer lebt,
So lang bei seinem Lager
Noch unser Puls erbebt.

Der Oberländer Minnesinger
in seiner Entrüstung auf fremdem Boden

Sind denn die Wirte bei Verstand,
Die Wirtinnen bei Sinnen?
Nur Kellner gibt es hier zu Land —
Und keine Kellnerinnen?
Ei! Ei! Hum! Hum! Das ist nicht recht,
Das find' ich in der Tat sehr schlecht!!
Ich frage her, ich frage hin:
Warum denn keine Kellnerin?

Da wissen sie bald dies, bald das
Erklärend aufzutischen.
Ihr ganzes Reden ist ein Faß,
Gefüllt mit faulen Fischen.
Ei! Ei? das zartere Geschlecht
Wird hier zu Land geehrt nicht recht!!
Ich frage nochmals her und hin:
Warum denn keine Kellnerin?

Nein! Nein! In dem Barbarenland
Mag' ich nicht länger bleiben,
Wo man bis auf den höchsten Rand
Die Roheit wagt zu treiben,
Wo man vom edlen Schenken-Amt
Das schönere Geschlecht verdammt.
Weh! daß in einem Land ich bin,
Wo keine, keine Kellnerin!!!

Schauerliche Ballade von den drei großen Trinkern
samt einer heilsamen Nutzanwendung

Es waren einmal drei Saufer
Auf dieser sündigen Welt;
Ein Jeder ein Durstes-Raufer,
Mitunter ein schlechter Kaufer,
Wenn er just nicht bei Geld.

Man nannte sie wohl Lumpen —
Doch das war ungerecht; —
Denn bei des Wirtes Pumpen
Leerten sie manchen Humpen —
Und das war doch nicht schlecht.

Der Jüngste, fast unbärtig,
Trank Alles fortweg frisch,
Was eben gegenwärtig,
Ward schnell mit Vielem fertig,
Lag bald er unterm Tisch.

Der Zweite voll Behagen
War für das Bier ein Schlauch.
Zuweilen hatte sein Magen
Am Märzen zu viel zu tragen,
Da trank er Schnaps denn auch.

Der dritte tapfere Degen
Blieb auch wenn viel er trank,
Wenn schon die Zwei gelegen
Im Erdgeschoß — dagegen
Aufrecht fest auf der Bank.

Und wenn noch Keiner unter,
Da machten sie Manches leer
Und waren gar froh und munter;
Auch sprachen sie wohl mitunter,
Doch rauchten sie noch viel mehr.

Es lagen je nach zwei Stunden
Am Boden die Recken zwei,
Vom Schlaf der Gerechten gebunden,
Von Schwerkraft überwunden, —
Und schnarchten laut dabei.

Doch nicht nach langer Pause,
Da waren die Zwei erwacht,
Stiegen auf aus dunkler Klause;
Sich fühlend bald zu Hause,
Begannen sie neu die Schlacht.

Geruhig war unterdessen,
Zu seinen Füßen die zwei, —
Wie ein Fels der Dritte gesessen;
Getrunken hat er, gegessen —
Geraucht auch Mancherlei.

Als frei von jeder Beschwerde
Sich hob das edle Paar
Empor von der Mutter Erde;
Da sprach mit ernster Gebärde
Der Dritte die Worte klar:

"Wenn Ihr nur je am Abend
Befolgtet meine Lehr':
Der Leib, nur Eines habend,
An Einem Getränk sich labend
Wird nicht so gar schnell schwer.

Wie oft soll ich es sagen:
Man gebe nur Einerlei
Bei Einer Sitzung dem Magen
Zum Durst-Vertreib-Behagen,
Da bleibt ihm wohl dabei.

Verlockend mag uns winken
Nur Einerlei guter Trank.
Wenn viel wir langsam trinken, —
Und darum nicht versinken —
Weiß es der Boden Dank." —

Nach jedem Auferstehen
Sprach so des Helden Mund.
Er konnte schwanklos gehen,
Sein Auge konnte sehen —
Sein Haupt blieb klar — gesund.

Oft hat er die Rede gehalten;
Doch blieben leider die Zwei
In ihrem Tun beim Alten:
Sie tranken nach Schicksals – Walten
Schnell — viel — und vielerlei.

Die Lehre war gefallen
Auf einen dürren Stein;
Drum mußten die Zwei den Hallen
Des Lebens so früh entwallen;
Der Freund, er blieb allein.

Der mußte die Humpen leeren
Von nun für ihrer drei,
Trank nach den weisen Lehren
Trotz lüsternem Begehren
Nur immer Einerlei.

An einem Montag-Abend,
Da trank er sattsam Bier,
Am Dienstag Heurigen habend,
Mittwoch sich Tischwein labend,
Blieb stets der Trinker Zier.

Und dann am Donnerstage
Fing er von Vornen an. —
Nach dem Bericht der Sage
Hat jahrelang beim Gelage
Er das so fortgetan.

Draus seht die Lehr Ihr blicken
Die Euch ein Leitstern sei:
"Wollt nicht gemein Ihr sinken,
Mögt Viel Ihr langsam trinken,
Trinkt tagweis Einerlei!!"

Die Konsequenz des Altmeisters

Wenn sich die Abenddämmrung zeigt,
Da fühl' ich mich so sehr geneigt,
Mit Wein zu laben meinen Leib.
Ich sag' Ade dem lieben Weib,
Um auf ihr Wohl im Schenkenhaus
Zu leeren manch ein Gläslein aus.

Und schließt sich spat des Wirtes Amt,
Erhebt sich Alles insgesamt,
Trink' ich die letzten Tropfen aus,
Mach' so als ging ich g'rad nach Haus,
Probier' an meiner Stimme Schall
Einsamer Gassen Widerhall.

Komm' ich vor meiner Heimat Tür,
Such' ich mein schönstes Lied herfür
Und sing' so herzzerreißend laut,
Als wär' mein Weib noch meine Braut,
Bleib' immer treu mein Lebelang
Dem Spruch von Weib, Wein und Gesang.