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Trinklieder 2
 

Punschlied
Das Märlein vom durstigen Ritter
Das Trinken und das Leben
Philosophische Betrachtungen am Abend
Die lustigen Weinbrüder
"Wem ist ein Gläschen Wein erlaubt?"
Elegie eines Bierfreundes und Praktikanten
Der treue Freund des Weines
Die Romanze vom durstigen Bauer
Trostlied an einen armen Wiener

Punschlied


Heut klangen gar so munter doch
Des Frohsinns helle Saiten;
So laßt uns denn zum Abschied noch
Selbst einen Punsch bereiten.
Am Besten bis an's Ende
Bedienen eigne Hände;
Dem Punsch, der aus Essenz gemacht,
Dem sei ein Pereat gebracht!

Pro primo: Einen guten Tee
Wird meine Frau besorgen;
Drum bleib' ihr auf dem Kanapee
Der Ehrenplatz geborgen.
Kommt schmeichelnd ihr entgegen,
Denkt an den Zuckersegen;
Dem Punsch, der aus Essenz gemacht,
Sei stets ein Pereat gebracht.

Secundo: Liebe gute Frau!
Laß heut' nur ab vom Tüpfeln;
Beim Zucker rechne nicht genau,
Kein Sparen heut', kein Zipfeln!
Es gönn' uns deine Güte — — —
Zwei große Zuckerhüte!?
Dem Punsch, der aus Essenz gemacht,
Ihm sei ein Pereat gebracht.

Pro terzio: Zitronen hab'
Ich selbst, auch Pomeranzen.
Für Geld der gute Kaufmann gab
Sie mir zum Heil des Ganzen.
Er hat sie mir gegeben,
Drum mög' er lange leben.
Dem Punsch, der aus Essenz gemacht,
Ein Pereat sei ihm gebracht.

Pro ultimo: Da ist der Rum! —
Des Korkes Schloß, zerreißt es! —
Gebt nun die Flasche um und um
Mit dem Zement des Geistes.
Daß nicht die Frau erbose,
Verschont die Zuckerdose!
Dem Punsch, der aus Essenz gemacht,
Sei stets ein Pereat gebracht!

Das Märlein vom durstigen Ritter

Es ging wohl über die Heide
Ein Ritter mit seinem Leide,
Dem Durste, ganz allein.
Wie konnt' er sein denn heiter?
Es war ja noch ein weiter
Und dürrer Weg zum Wein.

Dem adligen Gelüste
Ward zur Sahara-Wüste
Die Gegend rings umher.
Kein Schank-Oasen-Zeichen
War weithin zu erreichen,
Das macht' ihm viel Beschwer.

Mit trockner Kehle Bangen
War so er lang gegangen,
Da dacht' er tief gerührt
Bei innerstem Erbeben,
Daß jede Straß' im Leben
Zu einer Schenke führt.

So sucht er, selbst in Schmerzen,
Das Kind an seinem Herzen,
Den Durst, zu schläfern ein.
Das Kind, noch nicht entwöhnet,
Ganz ungezogen stöhnet:
"Wein will ich, Vater, Wein!"

So geht er fort in Eile,
Und dicke Langeweile
Gibt ihm ihr treu Geleit.
Der Nageltritt der Schuhe,
Er unterbricht die Ruhe,
Die gähnet weit und breit.

Da tönt ein leises Singen,
Ein schwaches Geigen-Klingen
Von fern so zart und fein.
Sothanes Luftgezitter
Verkündet unserm Ritter
Den Rettungs-Palmen-Hain.

Das Kind es bricht das Schweigen,
Manierlich sich zu zeigen,
Und fangt zu sprechen an:
"Noch etwas will ich warten,
Der dürre Steinfeld-Garten
Wird doch sein Ende ha'n." —

Es fühlt der kleine Nickel
Des Alten Perpendikel
Schnell hin und wieder gehn.
Am Horizonte saugen
Sich fest des Ritters Augen,
Die Palmen zu erspäh'n.

Da lugt mit grüner Farbe
Die liebe Föhrengarbe
So süß hervor von fern
Aus himmelblauem Grunde
Und glänzt dem trocknen Munde
Ein hoffnungsreicher Stern.

Dort bei der Garbe helle
Quillt eine frische Quelle
Für jeden Wandersmann,
Der sich an dieser Küste
Als lechzend Schiff der Wüste
Auf's Neu bedampfen kann.

Auf Schuster-Rappen reitend,
Jagt, Doppelschritte schreitend,
Der Ritter, der sein Pferd
Samt Sattel, Bügel und Sporen
Als Zeche dereinst verloren
An einen Wirt gar wert.

An seiner Brust den Rangen
Kommt nun der Held gegangen.
Er lauft, sich neigend vor
Voll innigem Verlangen,
Den Humpen zu umfangen,
Rasch in der Schenke Tor.

Akazien stehn in Mitten
Des Hofs, in Wien beschnitten
Von weiser Gärtnerhand,
Wo jede dereinstens lebend,
Nie einen Schatten gebend,
Als schwebender Igel stand.

Und zwischen diesen Stangen
Gibt er dem Durstes-Rangen
Die Reben-Mutterbrust.
Es fühlen seine Augen
Am Säuglings-Lippen-Saugen
Der Nächstenliebe Lust.

Genug des Weines habend,
Sich Stangen-Schatten labend,
Den Knüttel in der Hand,
Sucht nun der starke Koster
Als überreif Bemooster
Ein anderweitig Land.

Das Los vom edlen Ritter
Ist eben gar nicht bitter:
Er ist dazu verdammt,
Von einem Wirt zum andern
Sein Leben durchzuwandern — —
Das ist sein adlig Amt.

Und zwischen Durst und Bürsten —
Dann zwischen Trunk und Dürsten
Teilt sich sein ganzes Sein.
Als Trinker hoch bewundert
Geht er in jed Jahrhundert
Wie in ein Tor hinein.

Wohl seit des Noah Zeiten
Sieht man den Ritter schreiten
Rasch in der Welt umher.
Es ist der Weißbehaarte
Mit seinem Judenbarte
Der Durstes - Ahasver.

Das Trinken und das Leben

Das Trinken und das Leben,
Die sind sich nah' verwandt.
Kann Einer mit der Hand
Das volle Glas noch heben
Zu seinem heißen Mund,
Dann ist er noch gesund.
Ihn faßt ein frohes Beben
Beim lauten, fröhlichen Gesang,
Beim lieben, hellen Becherklang —
Denn trinken, — das heißt leben.

Das Trinken und das Leben,
Die sind sich nah verwandt.
Wie innig ist das Band
Das Menschen knüpft an Reben,
Wer nicht mehr trinken kann,
Das ist ein kranker Mann.
Was kann es Schönres geben
Als heitrer Menschen Stimmenklang,
Als guten Wein bei gutem Sang —
Denn trinken — das heißt leben!

Philosophische Betrachtungen am Abend

Der Tag, er schließt sein Fensterlein,
Aus sei nun alle Plage!
Uns locket fein mit Firnewein
Ein fröhliches Gelage.

Leb wohl du Kummer! Lebe wohl,
Du Werkeltagsgeleise;
Uns mache jetzt der Alkohol
Geistreich auf seine Weise.

Die Sonne mag hinüber gehn,
Wir wollen Wache halten
Und uns die Sterne nun besehn
Im Spiegel unsers Alten.

Die Trinkerei wirft nebenbei
Auch ab noch gute Werke;
Wohltuerei, ei! ei! sie sei
Beim Trunk auch unsre Stärke.

Der Schenkwirt wär' ein fluchender
Geldloser Wein-Verwalter,
Wär' das Budget Besuchender
Ihm nicht ein Zech-Erhalter.

Die armen Fässer wären nie
Erleichtert von den Bürden,
Wenn wir uns nie wie Musici
Des Weins erbarmen würden.

Wir leben eifrig dem Beruf,
Der Rebe Saft zu ehren,
Die Gläser, die der Bläser schuf,
Zu füllen und zu leeren.

Wir üben frei Wohltuerei,
Sind förmlich drauf versessen;
Uns selber pflegen wir dabei
Nicht gänzlich zu vergessen.

Wir tun was gestern wir getan
Voll Sorgen heut' und morgen
Und fühlen, rückt der Abend an,
Uns tugendreich geborgen.

In unserm Wohltat - Treiben nützt
Uns viel der Saft der Reben;
Ganz auf sein kräftig Feuer stützt
Sich eben unser Leben.

Drum, Wasser ist gut für den Tag
Beim Ehr- und Geld- Erstreben;
Doch beim Gelag des Abends mag
Der Wein uns Leben geben!

Die lustigen Weinbrüder

Du Rebenhasser, sprich, warum
Wächst Wein auf dieser Erde?
Wahrscheinlich ist es doch, darum,
Daß er getrunken werde.
So greifen wir, damit doch auch
Sich seiner Wer erbarme,
Dem wackern Freund nach altem Brauch
Gern unter seine Arme
Und freu'n uns sein nach Herzenslust,
Deswegen ist er da;
Dra lirum, larum hopsasa!
Dra lirum heißasa!

Doch wenn du, Tugendmäkler, meinst,
Der Wein sei da auf Erden,
Um nach dem Doktorat dereinst
Ein Essigrat zu werden,
Zu ehlichen Fräulein Salat —
Und dies sei seine Sendung,
So wundern wir uns in der Tat
Ob deiner Hirn-Verblendung.
Wir ehren ihn als schlichten Wein,
Für uns zum Trinken da; —
Dra lirum, larum Hopsasa!
Dra lirum Heißasa!

"Wem ist ein Gläschen Wein erlaubt?"

Dem steht ein Trunk des Abends an,
Der über Tag auch was getan;
Dem nicht, der lebt mit frecher Stirn,
Fühllos im Herzen und leer im Hirn
Nichts weiter als zu jeder Frist
Ein Beispiel guter Verdauung ist,
Der nie bedenkt, wofür ihm das Leben
Der Herr der Welten hat gegeben.
Kommt nun zu Euch ein solcher Tropf,
Dem werft einen leeren Topf an den Kopf.

Dem steht ein Trunk des Abends an,
Der über Tag auch was getan.
Des Weins ist würdig Jedermann,
Wer lieben, arbeiten und beten kann.
Wer tätig wirkt und nützt im Sein,
Hat sich verdient ein Gläschen Wein.
Drum sei willkommen uns ein Jeder,
Führ' er die Schaufel oder die Feder.
Dem faulen, ehrvergessenen Tropf,
Dem werft einen leeren Topf an den Kopf.

Elegie eines Bierfreundes und Praktikanten

Wie beklag' ich dich, mein armer Magen,
Daß du meistens gar so bierverwaist;
Schwer, wie schwer ist solche Not zu tragen,
Und, du kamst von Ob der Enns gereist!
Heimwehkrank träumst du von all den Krügen,
Die ich dir geleert in schnellen Zügen; —
Früh schon war mehr als die Mutterbrust
Frischer Schluck des Bieres deine Lust!

Gutes Lager kann ich nicht bezahlen,
Und das schlechte Bäurisch magst du nicht.
Tief im Innern teil' ich deine Qualen,
Daß es dir an gutem Bier gebricht.
Treuer Freundschaft glühend heiße Tränen
Weih' ich deinem Horror-Vakui-Sehnen;
Kamerad, ich fühle deinen Schmerz,
Durst bezwingend denk' ich heimatwärts.

Oh! der Bierpreis droht uns mit Verderben;
Fluch der Zunft der Bierversilberei;
Wenn wir Beide früh an Sehnsucht sterben,
Hat die Hauptschuld dies Geschlecht dabei.
Oberländer Durst — Versilb'rer-Bengel,
In der Hand des Zwischenhandels Stengel,
Und ein endlos Praktikantentum —
All das bringt den stärksten Recken um.

Der treue Freund des Weines

Wie schlüpft der Wein in das starrende Blut
Als flüssige Wärme hinein:
Drum behagt mir vor Allem im Winter so gut
Ein Gläschen mit duftigem Wein.

Und wenn sich auch naht der liebliche Mai,
Und mit Blüten sich schmücket der Hain,
Da bleib' ich der alten Übung getreu
Und lob' mir noch immer den Wein.

Und wirft dann der Sommer den glühenden Pfeil
In die Stunden des Tages hinein.
Da such' ich die Schenke mit rühriger Eil'
Und erfreu' mich des Abends am Wein.

In des Herbstes so düsterer Nebelzeit
Pfleg' immer ich lustig zu sein,
Ich fühle zum Trinken mich immer bereit
Und lobe mir immer den Wein.

Die Jahreszeiten, sie kümmern mich nicht,
Ich lob' ihren Wechselverein,
Ich weiß, daß an Durst es mir nimmer gebricht,
Denn immer behagt mir der Wein.

Die Romanze vom durstigen Bauer

Einst lebt' ein Bauersmann, der war
Gar krank in seinen Augen;
Die wollten nimmer hell und klar
Zum Amt des Sehens taugen.

Und als das Dings, zu arg ihm ward,
Macht' er sich auf die Sohlen,
Bei einem Doktor hochgelahrt
Sich ein Rezept zu holen.

Der sieht sich scharf den Kranken an
Und stellt gar strenge Fragen;
Da muß denn doch der alte Mann
Vom Trunk so Manches sagen.

"Die Funken in den Augen sind —
Fatal; — ich muß Euch — sagen:
Ihr müßt, — wollt' Ihr nicht werden — blind, —
Des Weines Euch entschlagen!" —

Darob der arme Bauer tat
Den Hut verlegen schwenken:
"Herr Doktor! Euren guten Rat —
Will ich mir überdenken." —

Er sucht die Schuldigkeit herfür,
Tut mit den Ohren spielen;
Zurück laviert er nach der Tür,
Kratzfußend auf den Dielen.

Er eilt daheim zur Ofenbank;
Da wartet in der Nische
Auf ihn der altgewohnte Trank,
Dran sich sein Herz erfrische.

Da überlegt' er sich den Rat
Ganz ungestört, alleine;
Je zwischen Schlaf und Denken tat
Er einen Schluck vom Weine.

So manchen Tag wohl schlägt er stumm,
Im Hosensack die Hände,
Mit der Entsagung sich herum
Und ist noch nicht zu Ende.

Mit Einmal hellt sich auf sein Sinn,
Im Kopf beginnt's zu tagen;
Er geht zum strengen Doktor hin,
Ein Wörtlein ihm zu sagen.

"Herr! Euer Rat war gut gemeint,
Das greift sich mit den Händen;
Doch weiß ich ihn, so viel mir scheint,
Für mich nicht zu verwenden.

Ich überdacht' es; ei! — was gehn
Mich an der Augen Funken?
Ich hab' mir wohl genug gesehn,
Doch nicht genug getrunken!" —

Somit kratzfußt der Bauer dann
Sich fort, den Hut weit schwenkend.
Der Arzt bewundert seinen Mann,
Die Willenskraft bedenkend.

Er sucht sich die Moral hervor,
Die er gelernt vom Alten:
"Die Treue, die dem Wein man schwor,
Muß man als Trinker halten!"

Trostlied an einen armen Wiener

In Wien der Bierliebhaber
Der muß viel Geld auch ha'n,
Sonst ist es bei starkem Hange
Zum Biervertilgungs-Drange
Wahrlich um ihn getan.

Du armer Bierliebhaber,
Hast hier zu Land es schwer:
Wie voriges Jahr ist heuer
Trinkbares Bier so teuer,
Das fühl' auch ich so sehr.

Wie ist das Bier so teuer
Soll man es nennen gut:
Geldarmer Sehnsuchts-Trager,
Trink' du allhier das Lager
Aus einem Fingerhut.