Lieder
I.-XXV.
I.
O vielbeglückte Nachtigall!
Wie schmerzlich neid' ich dir den Schall
Der zaubervollen Lieder!
Beschwörend wie ein Bann entschwingt
Der Sang sich deiner Brust und zwingt
Den Liebsten zu dir nieder.
Mein Sehnen ist wie deines heiß,
Wie deines tief, allein ich weiß
Nicht süß wie du zu singen!
Und doch treibt mich ein Machtgeheiß
Zu streben nach demselben Preis,
Werd' ich ihn wohl erringen? —
II.
Wir haben im Gedankenflug
Den Abend froh verplaudert,
Und als die Abschiedsstunde schlug,
Noch an der Tür gezaudert,
Uns tausend Grüße noch gebracht,
Uns Lebewohl geboten
Als wenn, statt einer kurzen Nacht,
Uns Trennungsnächte drohten.
Jetzt bist du fort. Ich sitz' allein
Im dämmrigen Gemache
Und halte bei der Lampe Schein
Noch eine süße Wache.
O! selbst das kleinste Wörtlein, das
Aus deinem Mund gegangen,
An mir vorüberwallen lass
Ich es mit Lust und Bangen.
Ich rufe mir dein Bild zurück
In seiner klaren Schöne,
Ich trinke, dürstend, deinen Blick
Und deiner Stimme Töne.
Der Sehnsucht Qual verwandelt sich
In ein stillselig Wehe
Und tief gesegnet fühl' ich mich
Vom Zauber deiner Nähe!
Mit Wonne atme ich die Lust
Der sich dein Hauch vermählet,
Es schwimmt in ihr ein geist'ger Duft,
Der mir von dir erzählet!
Ich liebe jeden Gegenstand
An dem dein Aug' gehangen,
Und mehr noch lieb' ich diese Hand,
Die deinen Kuß empfangen! — —
Ist's Freundschaft, was mich zu dir zieht
Ist's tiefer Lieb' Erglühen? —
Mit solchen Fragen soll mein Lied
Sich quälen nicht und mühen,
Genug, daß du mit reinster Lust
Die Seele froh mir schwellest!
Genug, daß du, dir unbewußt,
Das Leben mir erhellest!
III.
Wie kam es doch, daß wir
Uns so zusammenfanden?
Beteuernd hast du mir Dein
Lieben nie gestanden,
Warst nie darauf bedacht
Mit schmeichelnd süßem Worte
Zu pochen leis und sacht
An meines Herzens Pforte.
Und dennoch fühlt' ich tief,
Daß du in Huld mein eigen!
Dein Auge widerrief
Des Mundes stolzes Schweigen,
Der Schimmer, der sich mild
Um deine Züge legte.
Verriet mir, daß mein Bild
Dein Innerstes bewegte. —
Durch starre Rinde muß
Die Blüt' sich langsam drängen,
Dann g'nügt ein Sonnenkuß
Ihr Knospenband zu sprengen.
Und so erschien der Tag
Der uns vereinen mußte, —
An deinem Herzen lag
Ich eh' ich's dacht' und wußte.
IV.
Wenn auf meinem Antlitz du
Lust und tiefstes Trauern
Wechseln siehst im raschen Nu,
Laß es dich nicht dauern!
Geht des Frühlings erster Hauch
Über Tal und Höhen:
Muß da nicht die Erde auch
Harten Kampf bestehen?
Sonnenblicke, lichtverklärt
Wechseln mit Gewittern
Und der Tropfen, der sie nährt
Macht die Blum' erzittern!
Alles Werden trägt die Spur
Eines Kampfs voll Schmerzen
In der schweigenden Natur,
In den Menschenherzen!
Halt' ich, o mein Glück, mein Hort!
Weinend dich umfangen,
Fühl ich, daß ein Gotteswort
Auch an mich ergangen.
Blutend von des Schicksals Hand
Lächle ich dem Wehe,
Und mein brechend Herz, es ahnt
Ew'gen Frühlings Nähe!
V.
Ja, es ist ein wunderbares Leben
Das in dir, durch dich mir aufgegangen!
Unbezwinglich nach dem Glück Verlangen,
Tiefster Demut freudig Sichbegeben!
Aus dem Strahle deiner Augensterne
Möcht' ich trinken ew'gen Lebens Fluten.
Ach und möchte doch nicht minder gerne,
Du Geliebter! dir im Arm verbluten!
Mich mit süßem Liebesband umstrickend
Hast du an die Erde mich gekettet,
Und dem Himmel hast du mich gerettet
Seine Ahnung tief ins Herz mir blickend.
Gleich gilt's, wie die Zukunft sich gestaltet,
Ob mein Auge lächelt oder weinet:
Eine Welt hast du in mir entfaltet
Die den Himmel mit der Erde einet!
VI.
Niichts kommt in des Lebens Reiche
Nahe jener Lust
Die mich faßt, schmieg' ich die bleiche
Stirn an deine Brust!
Die mein Innerstes erschüttert,
Wenn dein Blick mich grüßt,
Todesselig mich durchzittert,
Wenn dem Mund mich küßt! —
Wie sie magisch mich umweben,
Blick und Hauch und Wort!
Ja! du küssest mir das Leben
Von der Lippe fort!
Du zerbrichst des Körpers Schranke,
Daß die Seele, frei,
Nichts mehr als nur ein Gedanke
Reinster Liebe sei!
VII.
Die Macht, die dunkel, unergründlich
Mein Herz nach dir verlangen heißt,
Die zauberstark, unüberwindlich
An deine Brust mich stürmisch reißt,
Von deren Hauch entfacht, entzündet
Im Innern mir die Flamme loht,
Darin vielsüßes Leben mündet
Zusammen mit vielsüßem Tod:
O sprich! gehöret sie dem Eden,
Dem dunkeln Reich der Körper an?
Und welcher Gattung sind die Fäden
Womit sie leise mich umspann?
Ist sie ein heil'ger Zug nach oben?
Des Dämons lichte Geisterspur?
Ist sie, aus ird'schem Stoff gewoben,
Magnet'scher Kräfte Strömung nur?
VIII.
Beseligt ist mein Herz und bang!
Ich möchte jubeln, möchte klagen!
Es paart ein ungestümer Drang
In meiner Brust sich scheuem Zagen.
Zu viel scheint mir's, von deiner Hand
Nur einen leisen Druck zu fodern,
Und nicht zu viel, in einem Brand
Der Liebe mit dir zu verlodern!
Mir ist, als müßte, kühn entrafft
Dem Staub, enthoben seiner Ketten
Die hohe, freie Seelenkraft
Sich ihre heil'ge Reinheit retten!
Und wieder dann bedünkt es mich
Als müßten, ganz sie zu verklären,
Erst in tiefsel'gen Flammen sich
Die Hüllen läutern und verzehren.
IX.
Es führt mich das Geschick auf rauhen Wegen.
Mit bittrem Rechte mag ich dies bekunden!
Eh ich geheilt noch von empfangenen Wunden,
Treibt es mich wieder neuem Kampf entgegen.
Doch, seinen Haß entwaffnend hat der Segen
Des Himmels selber sich zu mir gefunden,
Als sich dein Herz dem meinen fest verbunden
Und freudig trotz' ich fürder allen Schlägen!
Du bist der Schild, der schützend mich bedecket,
Der Strahl, der meine tiefe Nacht durchleuchtet
Und mein Geleit ist auf, wie ödem! Pfade;
Der Ruf, der mich zur Auferstehung wecket,
Der Tau, der mild mein dürstend Herz befeuchtet,
Ein lebend Zeugnis mir für Gottes Gnade!
X.
Was einst mir Schmerz schien oder Glück
Verweht ist's und zerstoben!
Du hast mich über mein Geschick
Und über mich erhoben.
Aus dem Gewirr, wo ohne Rast
Und Ruh die Herzen schlagen,
Zu freier Himmelshöhe hast
Du mich emporgetragen!
Die Seele hast du mir beschwingt
Nach jenen Regionen,
Dahin der Dunst und Qualm nie dringt
Gewitterschwüler Zonen! —
Weithin versank der trübe Schwall
Der Welt mir, trüb und trüber,
Ich stehe in dem weiten All
Allein dir gegenüber. —
Ob unter meinen Füßen dicht
Der dunkle Abgrund dräue,
Ich zittre und ich zage nicht:
Mich hält dein Arm, der treue!
Und ließe er mich jemals los.
Der jetzt mich hält umfangen,
Dann wär' des Abgrunds Grabesschoß
Bereit mich zu empfangen!
XI.
Der Strahl, der süß aus deinem Aug
Voll himmlischer Verheißung bricht,
Er ist's, aus dem ich Helle sauge. —
Warum entziehst du mir sein Licht?
Der Atem, der die Brust dir hebet,
Wenn Lippe glüh an Lippe brennt,
Er ist der Hauch, der mich belebet, —
Was hältst du mich von ihm getrennt?
XII.
Wenn, von Nachtwinds Hauch durchweht,
Geisterhaft die Wipfel rauschen,
Hell der Mond am Himmel steht,
Möcht' ich dich im Schlaf belauschen.
Wort- und lautlos, atmend kaum,
Forschend über dich geneiget,
Möcht' ich schauen, was im Traum
Deiner tiefsten Brust entsteiget!
Schauen, welche Bilder dann
Dir die Seele heiß bewegen
Wenn, entrückt des Willens Bann,
Sie die Schwingen frei darf regen!
Säh' ich dann dein Angesicht
Überstrahlt von jenem Scheine,
Der verklärend daraus bricht,
Nennst du mich die ewig Deine;
Säh' ich leuchtend es belebt
Von dem Zug voll Glutverlangen,
Der um deine Lippen bebt,
Hältst du sehnend mich umfangen;
Hört' ich dich, dir unbewußt,
Leise meinen Namen nennen,
Wie ein Glück von dem die Brust
Selbst im Traum sich nicht will trennen:
O wie schnell versänk' in sich
Meiner Zweifel Qual und Beugnis!
Wie beseligt traute ich
Solchem Liebesschwur und Zeugnis!
Und wie Psyche schauernd stand
Als der Gott sich ihr entdeckte,
Mit des glühen Tropfens Brand
Ihn aus seinem Schlummer weckte:
Also bebte, zuckte leis'
Freud'ger Schreck durch meine Glieder,
Und es fiele wonneheiß
Meine Träne auf dich nieder!
XIII.
Nein! mich berücken nicht die Zeichen,
Die nur zum Schein du an dir trägst!
Ich weiß, du bist nicht Meinesgleichen
Und zittern muß ich und erbleichen
Wenn du die Hand aufs Haupt mir legst.
Doch diese Angst, sie ist nur eben
Das Grau'n mit tiefster Lust verwandt,
Das schmerz- und wonnereiche Beben
Womit der Mensch im Erdenleben
Des Dämons heil'ge Nähe ahnt.
Sie ahnet und dabei empfindet
Wie seines Daseins Kern und Halt
Zu Staub zerfällt, in Nichts verschwindet
Wenn er genüber sich befindet
Der fremden, himmlischen Gewalt!
Und so fühl ich in deiner Nähe
Daß mir dein Augenwink Gebot
Daß ganz in deiner Hand ich stehe,
Daß Herr du über Glück und Wehe,
Herr über Leben, über Tod!
XIV.
Fest steht der drohende Beschluß:
Für Alles, was ihm wurde, muß
Der Mensch den Preis bezahlen.
Noch hat kein Erdensohn gelebt,
Der nicht das Glück, das er erstrebt,
Mit Schmerz gesühnt und Qualen.
Was sein er nennt mit freud'gem Mut
Es ist nur ein geliehen Gut
Und wird ihm nicht verbleiben!
Da frommt nicht Bitte noch Gewalt;
Das Schicksal naht, wie bald! wie bald!
Die Rechnung einzutreiben. — —
Das ist's, was mich mit Angst und Harm
Durchschauet, wenn in deinem Arm,
An deiner Brust ich liege.
Das Leben ist so arm, so karg!
Ich sehe meines Glückes Sarg
Schon dicht an dessen Wiege!
Entblättert seh ich meinen Kranz.
Von meiner jetz'gen Tage Glanz
Wird mir kein Strahl gelassen!
Weh mir! zerreißen sehe ich
Die letzte Faser, welche mich
In Gott läßt Wurzel fassen! —
So oft ich es heraufbeschwor,
Dies grause Bild, so oft verlor
Ich dich in meinem Herzen,
So oft ich mir es ausgemalt,
Hab' ich an das Geschick bezahlt
Den schuld'gen Zoll der Schmerzen!
Doch weil ich selbst dies Teil erkor,
Keimt Hoffnung still in mir empor:
Es läßt der Herr der Welten
Vielleicht die Qual in meiner Brust,
Die ew'ge Angst vor dem Verlust,
Statt des Verlustes gelten!
XV.
O meine Liebe! du mein Licht!
Geheimnisvoller Zaubersegen,
Der frei von Schuld und Schmerz mich spricht,
Treu will ich dich im Innern hegen!
Es darf des Parsen Opferbrand
Sich nicht an ird'scher Flamm' entzünden;
So soll dein Wesen und Bestand
Sich nur auf Himmlisches begründen!
Und du, den Gott mir zugesandt,
Mich rascher an das Ziel zu bringen,
O führe mich an deiner Hand!
O trage mich auf deinen Schwingen!
Sei du, der hohe Sohn des Lichts,
Mein Leitstern und mein Schutz im Streite
Denn ohne dich vermag ich nichts
Und bin nur stark an deiner Seite!
XVI.
Lechzend, nicht vom Durst der Erde,
Trink' ich deines Auges Glanz,
Daß es ganz zur Seele werde
Wie es selber Seele ganz!
Denn vor seinem Strahl entschwindet
Zeit und Raum von hinnen mir,
Und im weiten All empfindet
Sich mein Herz allein mit dir.
XVII.
Du klagst mich an, daß, wahnumflimmert,
Durch meine Zweifel ich das Glück,
Das uns beschieden war, zertrümmert? —
O nimm dies harte Wort zurück!
O sage nicht, daß ich verdorben
Was Gott uns gnädig zugedacht!
O sage nicht, es sei gestorben
Was nur allein mich leben macht!
Antworte nicht auf meine Zähren
Mit abgewandtem Angesicht:
"Was kann ich dir an Glück gewähren,
Glaubst du an meine Liebe nicht?" —
Mein Alles auf dem Erdenrunde!
Du meines Herzens tiefster Zug!
Rühr nicht so grausam an die Wunde
Die mir ein furchtbar Schicksal schlug.
Du weißt nicht, welches finstre Elend
Gleich einem Kerker mich umschloß
Eh deine Liebe, neu beseelend,
Sich leuchtend über mich ergoß.
Wie der Gefangne, ob ihm helle
Der Freiheit Sonne wieder scheint,
Sich oft im Traum noch in der Zelle,
Die er zu lang bewohnte, meint;
Und wie sein Auge, halb erblindet,
Vom Dunkel seiner langen Qual
Als Schmerz des Lichtes Macht empfindet
Und scheu sich schließt vor seinem Strahl:
So will auch mir es nicht gelingen
Urplötzlich, ohne Übergang,
Vom Elend mich zum Glück zu schwingen
Vom Leid zum höchsten Wonne drang!
Nicht bringe du mit finsterm Höhnen
In meine Seele Angst und Streit!
O laß sie langsam sich gewöhnen
An ihre neue Seligkeit!
Sei wie der Lenz, der siegreich milde
Des Winters Spur von hinnen weht,
Bis auf dem wüsten Eisgefilde
Ein duft'ger Blumenflor ersteht.
Schon keimen leis die Frühlingstriebe
Des Glücks in stillen Werdens Nacht;
Genährt, gepflegt von deiner Liebe
Erblüh'n sie einst in reichster Pracht!
XVIII.
Die Herrschaft, die dir über mich gegeben,
Mich zu erfreuen, tödlich zu betrüben,
Mit Seligkeit und Jammer zu durchbeben
Tyrannisch liebst du's sie an mir zu üben.
Du liebst es, oft mit finster kaltem Worte
Verletzend an die Seele mir zu rühren,
Nur um dann wieder zu des Glückes Pforte
Mit einem Lächeln mich zurückzuführen.
So willst du siegreich deine Macht bewähren,
Erproben, ob dies Herz so ganz dein eigen,
Daß es in Freuden- wie in Grameszähren
Wohin dein Will' es lenket, sich muß neigen.
Dir ist's ein Spiel, zu Bösem nicht ersonnen!
Mir aber fehlt die Kraft ihm Stand zu halten.
O höre auf, abwechselnd bald mit Wonnen,
Mit Qualen bald, mein Inn'res zu zerspalten.
Und weil ich atme nur durch deinen Odem,
Als Sklavin muß gehorchen deinem Winken,
So laß, nach der Gewitter heißem Brodem
Den milden Hauch mich reinen Äthers trinken!
XIX.
Der Alchimist sitzt an des Herdes Brand
Du Flamme nährend mit geschäft'ger Hand.
Die Masse in dem Tiegel glühend zischt
Und wallt empor als weißer Schaum und Gischt.
Der Meister sieht es mit erneutem Mut,
Noch eifriger schürt er die lohe Glut:
Bis sich umkleidet des Gefäßes Rand
Mit Blasen, klar, durchsichtig wie Demant.
Die Brände läßt er langsam nun verglüh'n
Indes durch sein Gehirn die Fragen sprüh'n.
Ob endlich er gefolgt der rechten Spur
Hinleitend zu der Werkstatt der Natur;
Ob er die Lösung jenes Rätsels fand,
Das marternd lang vor seinen Sinnen stand?
Den Deckel schlägt er hastig nun zurück,
Entgegenstrahit ihm reiner Goldesblick!
Ja, es ist Gold! doch, wenn es dies, warum
Steht nun der Mann so finster und so stumm?
's ist, weil die Waage, die er drum befragt,
Mit klugem Zünglein ihm als Antwort sagt:
"Das Gold mit dem der Tiegel dich beschenkt,
Ist jenes, das du selbst hineingesenkt
Und das in deine Hand zurück nun kehrt,
Zwar unvermindert, doch auch unvermehrt!" —
Betrogner Tor! unsel'ger Alchimist!
Zu wohl nur weiß ich, wie zu Mut dir ist!
Mein bitt'rer Wahn war deinem Wahne gleich,
Wie du, steh ich entmutigt, finster, bleich!
Ich glaubte, daß der Liebe reines Gold
Mit starkem Zauber Lieb' erzeugen sollt'
Und daß der reinen Seelenflammen Schwall
Veredeln müßte jegliches Metall;
Was uns das Leben köstlich macht und Wert
Verlodern ließ ichs an dem Opferherd,
Zu dem ich meine Schätze freudig trug
Bis mir die Stunde der Erkenntnis schlug! —
So hab ich gleiches Spiel mit dir gespielt
Und ähnlichen Erfolg wie du erzielt:
Statt des Gewinns, den ich mir vorgemalt,
Ward mir mein Einsatz nur zurückgezahlt.
XX.
Zum Abschluß ist gekommen
Mein wirres Erdensein!
Es kann mir nichts mehr frommen
Als nur der Tod allein!
Er ruft, ein steter Dränger,
Aus Kluft und Strom mir zu:
"Worauf harrst du noch länger?
Geh ein, geh ein zur Ruh!"
Verlockend zu mir spricht er
Aus deines Auges Glanz,
Aus meiner Liebe flicht er
Mir den Zypressenkranz!
An meinen Freudentränen
Voll Wonnenüberdrang,
Entfacht er tiefres Sehnen
Nur nach dem Untergang.
Wenn mir in sel'ger Stunde
Die Welt in Nichts verschwimmt,
Der Kuß von deinem Munde
Mich selber mir benimmt,
O wie er da die Funken
Zur lohen Flamme nährt,
Die rasch und siegestrunken
Des Lebens Stoff verzehrt! —
Der Macht, mich untergrabend,
Ihr wehren kannst du nicht,
Doch bringst du meinem Abend
Versöhnungsreiches Licht,
Hobst über Schmerz und Fehle
Mich in ein Glanzgebiet
Und singest meiner Seele
Ein süßes Wanderlied!
XXI.
Kurz war die Zeit der Wonne
Im Fluge mir geschenkt,
Früh hat sich meine Sonne
Zum Untergang gesenkt!
Das Glück, das mich durchdrungen,
Die Lust, die mich erfrischt,
Ist wie ein Lied verklungen,
Ward wie ein Traum verwischt!
Oft ahnt' ich's schaudernd stille
Jetzt fühl' ich es auf's neu,
Es ist nicht Gottes Wille
Daß ich gesegnet sei!
Nur wie ein Schatten gleiten
Soll ich durch seine Welt
In dunklen Einsamkeiten,
Von keinem Trost erhellt!
Ich kämpfte kühn dagegen
So lang mir Hoffnung blieb,
Es werd' den Fluch in Segen
Verwandeln deine Lieb!
Nun du das Wort gesprochen,
Das mir dies Hoffen raubt,
Nun ist mein Mut gebrochen, —
Ich beuge still mein Haupt!
XXII.
1.
Durch grause Wüstenei'n bin ich gegangen,
Wo starr das Leben auf sich selbst verzichtet;
Was ich geglaubt, gehofft, geträumt, gedichtet,
Blieb an des Weges Dorngestrüppe hangen.
Doch Eines blieb mir, Eines, das mein Bangen
Mit einem sanften Friedensschein durchlichtet:
Der Blick, den fest ich hielt auf's Ziel gerichtet,
An das wir Alle endlich doch gelangen.
Mit um so reicherm Strahlenglanze krönte
Sich mir das Grab, je mehr von jedem Tranke
Der Lust das Leben grausam mich entwöhnte!
Dem Grab entkeimte meines Hoffens Ranke!
Mit Gott und Welt und allem Leid versöhnte
Mich an den Tod der leuchtende Gedanke!
2.
Weh über mich! Seit ich mich dir verbunden
Und dir mein innerst Selbst dahingegeben,
Sah ich auch diesen letzten Strahl entschweben!
Mein letzter Trost, auch er ward mir entwunden.
Jetzt ängstigt mich der rasche Lauf der Stunden,
Die fort zum Meer der Ewigkeiten streben!
Denn krampfhaft klammert sich mein Herz an's Leben
Und schließt entsetzt sich vor den Todeskunden.
Kein Hoffen heißt mit schmeichelnder Gebärde
Mich auf der Zukunft eitle Gunst vertrauen!
Ich weiß, daß ich dich nie besitzen werde.
Das Glück nur, dich zu hören, dich zu schauen
Hält mich so fest gekettet an die Erde,
Daß, was voreinst mein Trost, nunmehr mein Grauen!
XXIII.
Wie lau die Sommernacht
Mir Brust und Stirn umfächelt!
Wie mild die Sternenpracht
Zur Erde niederlächelt!
Wie sich in süßem Traum
Der Blumen Kelch erschließet
Und durch den weiten Raum
Ein Meer von Duft ergießet!
Wer möchte solche Nacht
In dumpfem Schlaf verbringen?
Mir scheint sie nur gemacht
Zum Lieben und zum Singen!
Der Nachtigallen Gruß,
Der Blätter flüsternd Rauschen
Ermahnt uns Kuß um Kuß
Und Lied um Lied zu tauschen!
Nur wem nie freud'ge Lieb'
Das matte Herz bewegte,
In dessen Brust der Trieb
Des Sanges nie sich regte,
Der mag auf weichem Flaum
Verschlafen Lust wie Kummer
Und schlimmer wär's ihm kaum,
Er schlief' den ew'gen Schlummer!
Doch dem em Gott beschied,
Der Liebe zu entsagen,
Des tiefstes Seelenlied
Nichts als ein tiefstes Klagen,
Den eine höh're Macht
Durch Kampf und Schmerz will reinen,
Der kann in solcher Nacht
Nur beten und nur weinen!
XXIV.
Den Horizont mit Purpur säumend
Wallt auf der Sonne Strahlenmeer!
Und wie sie steigt verbleichet träumend
Des Tags Verkünder, Luzifer.
Was hätte er auch wohl zu schaffen
Mit ihrer lebensprüh'nden Pracht?
Sie schlägt mit ihren goldnen Waffen
Das arme, bleiche Kind der Nacht.
Doch still ergeben, fromm gelassen,
Dem Grolle fern und fern dem Neid
Begrüßet selbst noch im Erblassen
Er liebend ihre Herrlichkeit.
Er weichet gern der schönen Sonne
Die ihn durch Glanz und Reiz bezwang
Und über ihres Aufgangs Wonne
Verschmerzt er seinen Untergang. —
XXV.
Hauch der Nacht umweht,
Von ihrem Duft umwoben
Hab still ich im Gebet
Mein Herz zu Gott erhoben!
Ich habe mein Geschick
Gelegt in seine Hände,
Ihm dargebracht mein Glück
Als reine Opferspende!
Und nur gefleht, daß dir,
Für den so tief ich glühe,
Des Lebens beste Zier
Im reichen Flor erblühe;
Daß, was des Schicksals Groll
Dir hat bestimmt an Schmerzen,
Sich früher brechen soll
An meinem eig'nen Herzen! —
Nun fühl' ich stark und frei
Mich tief im Seelengrunde;
Mich dünkt, vorüber sei
Des Lebens schwerste Stunde!
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