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Arabesken 2
 

Erntekranz
Der Hopfen
Der alte Baum
Herbst
Pappel und Tanne
Der Orangenbaum
Perlen
Der Gast
Die Leier
Ameisen
Der Tau
Die Distel
Der Fliegenschwamm
Absolutismus
Die junge Fliege
Der Magnet
Die Katze
Der Geier
Die Fliege
Die Spinne
Das Nest
Par nobile
Pan
Die Krähe
Der Uhu
Petz
Der Ur
Der alte Hund
Der Orangutang
Weltordnung
In Ägypten
Die Schafe
Prometheus
Schauspiel
Chronos

 

Erntekranz

Mag das goldne Korn gedeihen,
Das uns alle, nährt,
Sei dem Mohn auch, der Cyane
Hier ein Platz gewährt.

Steht das Korn in hohen Garben
Auf dem Feld gereiht,
Wird der Erntekranz ihm gerne
Noch als Schmuck geweiht.

Der Hopfen

"Gleichen sich doch uns're Blätter!
Meinst du, daß ich Streit verlange?
Kletterst du empor zur Ulme,
Klimm' ich an der schlanken Stange.

Schmückt den Hesperidengarten
Voll und schwellend deine Beere,
Ist mein würzig gold'nes Zäpfchen, —
Schön wie sie! — des Nordens Ehre.

Immer wird Gambrin und Bachus
Arm in Arm die Krone tragen,
Tauschen soll der Nord, der Süd stets
Edlen Trank in vollen Wagen."

Der alte Baum

"Was blüht so spät der alte Baum?
Er kann die Frucht nicht reifen!"
Er blüht nur, weil er blühen muß,
Mögt ihr die Axt auch schleifen.

Herbst

Blätter hängen spät im Herbst
An den Zweigen immer,
In der hellen Sonne prangt
Rot und gold'ner Schimmer.

Gestern kam ein scharfer Frost,
Laub folgt stets dem Laube,
Rieselt auf dem Boden hin,
Mischt sich trägem Staube.

Heute wirbelt es im Sturm
Mit dem Schein des Lebens,
Aber eines Vogels Lied
Horchest du vergebens.

Pappel und Tanne

"Wie Soldaten, hohen Wuchses
Zieh'n wir vorwärts an den Straßen,
Droben an der grauen Felswand
Stehst du traurig und verlassen.

Mit den schwarzen, rauhen Tangeln*
Darfst du dich nicht stolz erheben,
Während in der Sonne funkelnd
Uns're gold'nen Blätter beben."

"Steh'n will ich zu Trotz dem Sturmwind,
Ausgesetzt des Himmels Blitzen,
Wenn dich heißer Staub umwirbelt,
Wagen dich mit Kot bespritzen.

Prahl' nur mit den gelben Blättern,
Welche dir der Herbst geliehen,
Bis sie mit dem nächsten Lufthauch
Fort in alle Weiten fliehen.

Deine Zweige, nackte Besen
Mögen dann die Nebel fegen,
Während warm um meinen Stamm sich
Schützend noch die Tangeln legen.

Und der Lenz? — Wo Sperlingsschwärme
Zwischen deinen Kätzchen brüten?
Doch an diesem rauhen Schafte
Steigen Flämmchen dann als Blüten.

Jetzt genug! Mit deinem Holz kann
Niemand einen Ofen heizen,
Ohne Nutzen, ohne Schönheit! —
Warum mußtest du mich reizen?

Laß mich doch in alle Zukunft
Ruhig auf dem öden Steine,
An der Straße sucht und findet
Überall man das Gemeine."

*
Tannennadeln

Der Orangenbaum

Der Orangenbaum trägt Blüten
Während noch die Früchte reifen,
Alter Dichter, warum willst du
Dieses Beispiel nicht begreifen?

Perlen

Kurz hat des Schicksals Hand bemessen
Den Faden deiner Lebensbahn,
Willst du ihm Wert verleihen, reihe
Wie Perlen edle Taten dran.

Der Gast

Ladet mit den scharfen Krallen
Sich der Falk zu Gast,
Wird zerrissen auch die Taube,
Die er gierig faßt.
Daß Besitzen meist — Verlieren,
Weiß ich nur zu gut,
Darum fessl' ich meine Hände
Mit entschloss'nem Mut.

Die Leier

Maienpfeifen, Kindertrommeln
Magst du dir zum Spiel erküren,
An der Leier ehr'ne Saiten
Soll ein Schwächling niemals rühren.

Ameisen

Ameisen, ein Völkchen fleißig und gut, —
Die sammelten Abfall und Splitter,
Sie bauten rüstig das Haus für die Brut
Und schützten's als wackere Ritter.
Und niemand mißgönnt ihnen Sonne und Licht,
Als sie die Heimat sich schufen,
Und dennoch traf sie das Strafgericht:
Ein Roß mit wuchtigen Hufen.
Was mußten sie neben dem Wege bau'n,
Den es zufällig gekommen,
Gab es doch andre Plätzchen, traun! —
Dort blieb's ihnen unbenommen.
Das wird wohl das tragische Schicksal sein,
Wie's unsre Dramatiker malen:
Ein Roß stampft dir ins Leben hinein
Und du magst die Schuld dann bezahlen.

Der Tau

Verdunstend mag am Sonnenstrahl
Der Tau zum Himmel schweben,
Denn seine Pflicht hat er getan:
Er schuf ein Blumenleben.

Die Distel

Steif im starren Stachelpanzer
Prangt der Distel Purpurhaupt,
Und sie prahlt: "Noch keiner hat mir
Je das kleinste Blatt geraubt.
Kaisermantel, Perlenfalter,
Schmückt mich mit dem Schwingenpaar,
Denn das gleiche zieht zum gleichen
Und vereint sie immerdar!"
Ob's der Esel wohl vernommen?
Sieh, er rennt im Trab heran,
Und der Distel stolze Blume
Sinkt vor seinem rohen Zahn.

Der Fliegenschwamm

Auf des Mooses weichem Polster
Dort im Schatten einer Buche,
Stand ein Fliegenschwamm gar prächtig
Eingehüllt im Scharlachtuche.
Und er rief hinauf zum Baume:
"Deine Frechheit muß mir weichen,
Soll die Welt mich frei bewundern,
Fällst du vor des Beiles Streichen!"
Kaum daß sich die Buche regte, —
Nur ein Säuseln in den Ästen:
"Seit Jahrhunderten schon sah ich
Tausende von solchen Gästen.
Mit den Fliegen magst du sterben,
Die du angelockt zum Naschen,
Und der nächste Regen wird schon
Deine letzte Spur verwaschen!"

Absolutismus
(Louis XIV.)

Die Saat gedeiht, es reift das Korn
Und sinkt in langen Schwaden,
Und mit der Fracht des Weinbergs sind
Die Kufen schwer beladen.

Der Fürst schaut's allergnädigst an
Des Abends vom Balkone:
"Wie glücklich sind die Völker, seit
Wir sitzen auf dem Throne.

Drum müssen sie uns danken auch
Und zahlen neue Steuern,
Wir lassen Waffen und Montur
Fürs ganze Heer erneuern.

Die Untertanen sollen dann
Zu Gott die Hände heben;
Er mög' uns noch zu ihrem Wohl
Ein langes Leben geben!

Die junge Fliege

Stolz im blauen Ringelpanzer
Schwang sich auf die junge Fliege,
Ob sie nicht im kühnen Wettflug
Selbst den Adler noch besiege.

Doch da weht' ein leiser Windhauch,
Warf sie in den Schlamm der Pfütze;
Eine Hummel fragte spottend:
Was der Hochmut ihr jetzt nütze?

Warum sogest du nicht ruhig
Mir zur Seit' an einer Blume?
Wenn ein Frosch dich frißt, was hast du
Wohl vom Streben nach dem Ruhme?

Schwere Tropfen an den Flügeln
Hatt' die Fliege sich geborgen,
Und sie dachte: Um den Spott nicht
Brauchst zum Schaden du zu sorgen!

Der Magnet

Zum Magnete sprach das Eisen:
"Zieh' mit voller Kraft mich an,
Denn so ward uns vorgezeichnet
Ewiger Gesetze Bahn!"
Aber der Magnet erwidert:
Hüllt dich Rost und Ruß nicht ein?
Wo die Kräfte wirken sollen
Sei zuvor der Stoff auch rein!"

Die Katze

Hört, die Katze hat gekatzelt! —
Kündet es mit der Trompete,
Denn erfahren muß die Welt es,
Wie's geziemt der Etikette.
Dies Familienereignis —
Wichtig ist's für Musikanten,
Weil die Katzenmusik Katzen
Einst zum Heil der Welt erfanden.

Der Geier

Einen Geier fing ein Bub'
Jung aus seinem Neste,
Und er gab als Futter ihm,
Was er fand, das — Beste.
Butterschnitten, Zuckerbrot' —
Das mocht' er nicht nehmen, —
"Sollst zum Fressen endlich dich", —
Rief der Bub, — "bequemen"!
Doch der Geier konnte "Ja"!
Konnte "Nein"! nicht sagen,
Und so hat die bitt're Not
Er drei Tag' ertragen.
"Laß dir's, wie die Drossel hier",
Sprach der Bub, "gefallen"!
Doch der Geier reckte sich,
Griff sie mit den Krallen.
Und er fraß sie ungerupft,
Ließ den Jungen klagen,
Bis ihm der mit rascher Hand
Umgedreht den Kragen.
Seiner Drossel grub betrübt
Er ein Grab im Garten,
Den Verbrecher sollte noch
Schmach und Spott erwarten.
Buben zerrten ihn am Strick
Schimpflich auf dem Platze,
Bis sie ihn beschmutzt, zerzaust
Schenkten einer Katze.
"Butterschnitten, Zuckerbrot
Nahm er nicht, der Racker,
Hätten wir ihm doch gebracht
Eine Maus vom Acker.
Denn für einen solchen Kropf
Ziemt nur solche Speise!" —
Macht es nur ein Bube so? —
Manchmal auch der Weise!

Die Fliege

Juli war's, ein klarer Tag
Und die Sonne brannte,
Fliege lud zur Hochzeit ein
Freunde und Bekannte.
Und sie brummten, summten schon,
Funkelnd von Geschmeide,
Grün und blau; — der trug sogar
Gold an seinem Kleide!
Braut und Bräutigam sind auch
Keine armen Schlucker,
Denn auf einem grünen Blatt
Lag ein Stückchen Zucker.
Hochmut kommt stets vor dem Fall,
Bremsen, Schnacken, Mücken
Wollten zur Gesellschaft noch
Um die Schwalbe schicken.
Zwitschernd, schnell im raschen Flug
Kam sie her geschwungen,
Und mit einem Schluck hat sie
Schon das Paar verschlungen.
Daß ein jeder gleich und gleich
Sich zur Hochzeit lade!
Herzerschütternd, rührend zart
Mahnt euch die Ballade.

Die Spinne

"Schnöder Undank"! — ruft die Spinne,
"Kaum erst aus dem Ei gekrochen
Freßt ihr schon die eigne Mutter;
Sagt, was hab' ich denn verbrochen?"
"Wolltest du wohl deiner Mutter
Einst den herben Tod ersparen?
Was wir dir getan, das werden
Von den Kindern wir erfahren!" —

Das Nest

Als im Herbst die Blätter alle
Wild zerblies der rauhe West,
Hing an den entblößten Zweigen
Noch ein kleines Finkennest.
Moos und Halme zart verflochten
Schaukelt hoch es in der Luft,
Als ich hinsah, — wie erstaunt' ich,
War's nur eine Totengruft.
Zwar die Flügel ausgebreitet,
Saß noch treu das Weibchen dort
Eine Leiche! — und die Eier
Waren unter ihr verdorrt.
Fiel das Männchen einem Geier,
Blieb ihr so die Nahrung aus?
Überrascht sie Frost und Hagel?
Liebe band sie an das Haus.
Rührend Bildchen! — Trug und Lüge
Heckt in euren Herzen nur,
Doch das echte Gold der Treue
Zeigt uns unverfälscht Natur.

Par nobile

Löw' und Adler trafen sich
Einst am Saum der Wüste,
Selbstverständlich war es, daß
Fürst den Fürsten grüßte.

Und sie sehnten sich voll Schmerz
Nach den alten Zeiten,
Wo die Menschen nicht ihr Recht
Wagten zu bestreiten.

"Nicht mehr züchten sie für uns
Schafe jetzt und Rinder,
Ehre war es, packten wir
Ihre eignen Kinder!"

So der Aar, der Löwe drauf:
"Unser Recht zu messen,
Wär's genug, daß Mensch und Tier
Wir in Gnaden fressen."

Pan

Ein philosophischer Esel sprach
Zu einem sterbenden Pferde:
"Du kehrst zurück in das große Pan,
Den Schoß der Allmutter Erde."
Das rief: "Mich geht das Sterben an,
Erspar' den albernen Segen;
Wenn ihr mich nicht in Würste verhackt,
Könnt ihr in das Grab mich legen."

Die Krähe

Im Gebüsch da steigt die Krähe
Rauh und ruppig auf und nieder,
Einen Goldfasan erblickt sie
Mit dem schimmernden Gefieder.

"Eitler Tor"! — schreit sie entrüstet,
"Schämst du dich nicht so zu prahlen?
Wahrlich groß und edel ist's nicht
Nur mit Selbstlob zu bezahlen!"

Der Fasan erwidert lächelnd:
"Wie ich bin, so bin ich eben,
Was wir sind, du strenger Cato
Haben wir uns nicht gegeben!"

Der Uhu

Ein Uhu ist Professor,
Er heißt der Schnabelweit,
Ein andrer kommt geflogen,
Es ist der Habdenstreit.
Der erste fängt ein Mäuslein,
Der zweite frißt es auf,
Da müssen beide fliehen,
Die Sonne steigt schon auf.
Wenn sich die Pfaffen zanken,
Laß ruhig es gescheh'n,
Dem Tageslichte können
Sie doch nicht widersteh'n.

Petz

So ging er endlich doch ins Netz —
Des Waldes freier Sohn, — Herr Petz!
Und wie er auf und niederwallt
Im engen Käfig eingestallt, —
Er kommt doch nimmermehr vom Fleck
Und knetet stets den alten Dreck.
Es trifft nur Spott den armen Gauch
Wie's eben bei den Menschen Brauch,
Doch was ihn treibt? Sie raten's nie:
Ob Politik? — Philosophie?

Der Ur

Auf dem gleichen Anger trafen
Sich das Pferd, der Ur zur Weide,
Eines fremd dem andern maßen
Sich verwundert langsam beide.
Jener trug die wilden Locken
Auf der Stirne wild verschlungen,
Rot das Auge, stark die Hörner
Und den Nacken kurz, gedrungen.
Dies — am Huf die Eisensohlen
Tänzelte gleich einem Kinde,
Durch die Mähne flochten zierlich
Riemen sich, ein Spiel der Winde.
Da besann der Ur sich endlich:
"Mußt' ich dich nicht schon erblicken?
Trugst du ein zweibeinig Tier nicht
Unterwürfig auf dem Rücken?
An dem Maule hin und wider
Zerrt' es dich!" — "Ja mit dem Zügel!"
"Einen Höcker auf der Groppe" —
"Ja den Sattel mit dem Bügel!" —
"Warum beugtest du den Rücken
Seinem frechen Stolz zum Throne,
Warum schleuderst du's nicht wiehernd
In die Luft mit kaltem Hohne?" —
"Wärst du etwas mehr gebildet,
Tät'st du nicht so töricht schwätzen,
Würdest fröhlich vor der Krippe
Dich mit uns am Hafer letzen.
Ließest gern die rauhen Borsten
Mit dem Striegel glätten, schlichten, —
Dich, anstatt im Wald zu irren
Gern nach höh'rer Weisheit richten!" —
"Hat dich die Natur geboren
Mit dem Sattel, mit dem Zaume?
Gleiches Recht besitzen alle
Auf dem freien Erdenraume.
Tränkt uns nicht ein jeder Bronnen?
Soll uns je das Futter mangeln?
Lieber als an deiner Krippe
Freß' ich rohe Fichtentangeln.
Will er Knechtung, soll der Krieg stets
Zwischen Mensch und Ur bestehen,
Und so werd' ich als ein Freier
Mit den Meinen untergehen.
Aber eh' ich ihm erliege,
Bohr' ich ihn noch in die Weiche;
Meinem Blut mischt sich das seine,
Neben mir liegt er als Leiche.
Dieses nenn' ich männlich sterben —
Frei zum letzten Atemhauche!
Geh' du Tropf und frond' als Knecht stets
Deiner Eitelkeit, dem Bauche."

Der alte Hund

Einen Karren schwer geladen
Zog ein Hund jahraus, jahrein,
Wenig Brocken, viele Prügel, —
Soll er nicht zufrieden sein?
Alt und schäbig sah er keuchend
Auf zum Himmel in der Not:
"Redlich tat ich meine Pflichten,
Kann nichts helfen als der Tod?"
Und je mehr die Kräfte schwanden
Um so schwerer ward die Last;
Bis ihn endlich die Verzweiflung
Noch am letzten Tag erfaßt.
Auch ein alter Hund hat Zähne!
Und er brauchte sie voll Mut,
Daß die Quäler heulend flohen,
Aus den Wunden troff das Blut.
Meine Lieben, laßt euch sagen:
Duldet nicht in stummer Ruh',
Auch ein alter Hund hat Zähne, —
Und er hat das Recht dazu.

Der Orangutang

Für euch ist der Orangutang
Des Lebens größter Meister,
Er wohnt auf hohen Bäumen nur
Und süße Früchte speist er.
Und drückt ihn eine Sorge noch,
Hat er gefüllt den Ranzen,
So findet Weiblein er genug,
Die Rasse fortzupflanzen.
Bewirft er euch zum Spaß mit Kot,
Dann rühmt euch vor den andern;
Wollt ihr es seh'n? — Ihr braucht gar nicht
Nach Afrika zu wandern.

Weltordnung

"Endlich du verfluchter Geier
Hat dich eingeholt das Blei
Und die Todesstrafe zahlst du
Für die Morde mancherlei."

"Dies mag für die Zukunft gelten!"
Sprach zum Jäger drauf der Hahn,
"Aber wird ein Huhn lebendig,
Das er früher abgetan?" —

In Ägypten

Heilig ist das Krokodil
Wenn es uns nur fressen will!
Pflücket Blumen, windet Kränze,
Ordnet frohe Reigentänze:
Heilig ist das Krokodil
Wenn es uns nur fressen will.

Seht, schon kräuselt sich die Flut,
Weihen wir ihm Gut und Blut,
Selbst ein Gott aus Göttersamen,
Will es uns beglücken, Amen!
Heilig ist das Krokodil,
Wenn es uns nur fressen will.

Aus des Niles feuchtem Rohr
Steckt es schon den Kopf empor,
Seine weiten Kiefern klappen,
Selig, wen sie jetzt erschnappen!
Heilig ist das Krokodil,
Weil es immer fressen will.

Schlagt die Zimbeln, blast und singt,
Daß es laut zum Himmel dringt!
In dem Aug' der Rührung Träne,
Wetzt es schon die scharfen Zähne:
Haltet, haltet alle still,
Fressen will das Krokodil.

Ist es übersatt krepiert,
Wird es kostbar balsamiert
Und es prangt in goldner Bahre
Auf dem höchsten Hochaltare:
Heilig ist das Krokodil,
Wenn es uns nur fressen will.

Endlos ist die Trauer nicht,
Seht, es strahlt ein helles Licht,
Söhne hat es hinterlassen,
Die schon auf das Futter passen:
Hoch das junge Krokodil,
Wenn es uns nur fressen will.

Die Schafe

Langsam kommen selbst die Schafe
Zu des Daseins Enderkenntnis,
Und ein alter Widder blökte
Vor den andern das Geständnis:
"Sollen wir den Hirten danken,
Die vor Wölfen uns beschützen?
Wenn sie wachen, ist es einzig
Um die Wolle zu benützen.
Sind wir endlich fett geworden,
Liefern sie uns an das Messer,
Wenn ihr zuseht: sind die Schäfer
Als die Wölfe vieles besser?
Tragen müssen wir's geduldig,
Denn versagt ward uns die Wehre,
Sie jedoch zu loben, preisen
Brächt' uns Schafen wenig Ehre."

Prometheus

Gefesselt fern an des Kaukasus Stein,
Den Blick auf's unendliche Meer,
Da mochtest du trotzen deiner Pein,
Und war sie auch noch so schwer.

Doch hätt' in den Mist geschleudert dich
Die mächtige Hand des Zeus,
Wo statt des Adlers versammeln sich
Die Flöhe, die Wanzen und Läus':

Du hättest verlernt in ohnmächtigem Groll
Das Lächeln, mir dem du geprahlt,
Gern als Titan der Sterblichkeit Zoll
Dem mächtigen Schicksal gezahlt.

Schauspiel

"Warum sucht in Todes Bann
Stets das Tier den finstern Tann?
Könnt's nicht im Kaffeehaus sterben
Unsern Beifall noch erwerben?"

Chronos

Chronos würfelt fort und fort,
Daß die Spreu verfliegt
Und das schwere Korn gehäuft
Auf der Tenne liegt.
Ob er für die Ewigkeit
Dieses aufbehält?
Eine neue Aussaat schenkt
Er damit der Welt.