weiter
 

I.
Jugend und Liebe 2

 

Ein Diplomat
Der Botaniker
Der Heuchler
Auf dem Markt
Gewitter
Das Häschen
Mädchenlist
Im Wald
Der Hund
Die Nachtigall
Die Grille
Abends
Rosen
Der Kaktus
Das Mäuslein
Klatschmohn
Schule
Sommer
Vorwurf
Der Dichter
An der Wiege
Glückwunsch
Im Winter
Ein verdorrter Myrtenkranz
Meine Lampe
In der Dämmerung
Dem Kritiker

Ein Diplomat


Frieden und Krieg trägst du stets wechselnd im schelmischen Auge,
Eros als Diplomat dienet dir willig um Sold.

Der Botaniker

Duck' dich Blume in's Gras und verbirg die farbige Krone,
Denn schon nahet mit Hast dir die zerstörende Hand.
Siehst du ihn dort? er lugt und späht voll Gier in den Büschen,
Über die Schulter gehängt trägt er die Büchse von Blech.
Niemals freut ihn der Duft, die Fülle der prächtigen Blüte,
Hat er die Fäden gezählt, preßt er dich welk in's Papier,
Kritzelt den Zettel dazu, glaubt jedes Geheimnis zu wissen,
Wenn er die Heidin getauft keck mit barbarischem Wort.
Sei dir schöneres Los von freundlichen Sternen beschieden,
Die schon lange betaut dich mit erfrischendem Naß,
Wandelt stille vorbei mein Mädchen mit leuchtenden Augen:
Wenn sie meiner gedenkt, spend' ihr den würzigen Duft.
Wenn sie aber enteilt und trällert vergeßlich ein Liedchen,
Ritz' mit rächendem Dorn neckisch den Finger ihr wund.
Hast du die Mahnung erfüllt, so mög' sie lächelnd dich pflücken,
Sei an schwellender Brust dir zu veratmen gegönnt.

Der Heuchler

Schilt du Heuchler mich nur und sprich von christlicher Liebe,
Die dem Mädchen entsagt, büßend das Kreuz sich erwählt.
Für einander erschuf Gott Vater die Buben und Mädchen,
Jene so mutig und stark, diese wie schmiegsam und hold!
Laß uns kosen und scherzen, verschlingt doch alle die Erde, —
Wenn du geiseln dich willst, fehl' es am Stricke dir nie!

Auf dem Markt

"Geh mir nicht auf den Markt und schleich' dich dort in die Nähe,
Wie du heute getan, als mich die Mutter gesandt.
Grünzeug sollte ich kaufen, Gemüs' und bläuliche Pflaumen, —
Was die Woche hindurch fordert der Küche Bedarf.
Ach wie schmähte sie mich! Schlecht fand sie die Butter gewogen
Und das verdorbene Kraut leider zu teuer bezahlt.
Immer verzählt' ich mich und sah von den Körben auf dich hin
Und beim freundlichen Gruß hörte ich nimmer den Preis.
Bleib vom Markte mir fern! was würd' erst sagen die Mutter,
Wüßt' sie, daß ich das Herz, außer dem Gelde, verlor."

Gewitter

Schwärzliches Donnergewölk, o sei mir heute gepriesen,
Segen verleihst du mir, schenkst ihn der durstigen Flur.
Wie die Blume betaut erheb' ich die heitere Stirne!
Rauscht auch draußen der Guß, lacht mir die Sonne im Haus.
Ratlos brauche ich nicht durch Walder und Auen zu irren,
Nach der entschwindenden Spur, wo sich die Holde verbarg.
Ruhig sitzt sie daheim und hört die zärtlichen Bitten;
Pflück' ich Blumen mir nicht, pflück' ich mir Küsse gewiß.

Das Häschen

Hat dich, Häschen, die Schlinge gefaßt? — Mutwilliger Näscher,
Soll ich dir stutzen das Ohr, weil du die Blumen benagt?
Aber das Mädchen verzeiht und knüpft dem zitternden Schelme
Zierlich ein Band um den Hals, läßt ihn entspringen zum Wald.
Schütz' mit dichtem Gezweig vor Hunden der Lenz ihn und Jägern,
Weil durch Feld und Gebirg flüchtig ihr Zeichen er trägt.

Mädchenlist

Mag die Gestirn' im Lauf Leverrier richtig berechnen,
Trügender Mägdlein List rechnet er schwerlich dir aus!

Im Wald

Mitten im Hochwald war's, schon streute die Sonne des Juli
Durch das verschlungene Laub blitzende Kringeln auf's Moos,
Schwül und ruhig die Luft, nur leise bimmelte, leise
Liebliches Glockengetön fern von den Alpen herab.
Folgend des Harzes Arom in schattiger Kühle der Tannen
Schritt ich langsam dahin, aber mich führte ein Gott.
Weich auf üppigem Moos halb schlummernd im Traum, halb wachend
Lag sie, den schneeigen Arm unter die Locken geschmiegt,
Wechselnd hob sich die Brust wie Wogen des Weizens im Windhauch,
Blühender Rose Gerank hielt sie und flammenden Mohn.
Sollt' aufjauchzen ich laut, sie wecken aus süßer Betäubung? —
Doch da käme der Hirt, setzte sich plaudernd zu mir.
Nirgends ein Blümlein hier! so wähl' ich den trockenen Zapfen, —
Ja, er rührte den Fuß, staunend erhebt sie den Blick.
"Darfst entfliehen mir nicht!" — "Fern sind mir Mutter und Tante,
Niemals soll ich allein"— "Lange schon wünscht' ich es mir!"
Zögernd folgt sie dem Arm, der kräftig die Hüfte umschlungen,
Aber den feurigen Kuß gab sie mir feurig zurück.
Was der Schatten bedeckt, soll nimmer die Sonne verraten,
Sei es dem Spruche zum Trotz, daß sie Geheimstes enthüllt.
Dieses gesteh' ich allein, nicht tausch' ich dem Vater der Götter,
Welcher an Heras Brust ruhte von Wolken verhüllt.

Der Hund

Schlag' euch Hunde das Wetter! genügt es nicht an den Fallen,
Die stets hämischer Neid listig der Liebe gestellt?
Schwer und dunkel die Nacht, schon fielen einzeln die Tropfen,
Über den heimlichen Pfad leuchtete wechselnd der Blitz.
Schon zum Söller empor stieg ich, da fuhr mit Gekläffe,
Den ich ferne geglaubt, mir in die Waden der Mops;
Zwar vom Steine getroffen, verlief er heulend zur Hütte,
Aber der Vater erschien hustend und pustend am Gang.
Eilig floh ich vom Haus und stolperte über die Felder,
Wahrend mir Donner und Blitz näher zu drohen begann.
Plötzlich entlud auf mich das Gewölk die strömenden Eimer,
Als er zu Hero schwamm, triefte Leander so nicht.

Die Nachtigall

Liebliche Stimme der Nacht, gesellt zu Violen und Sternen,
Tröste das traurige Herz, welches in Liebe vergeht.

Die Grille

Grillchen endest du nie? Zwar hab' kein Recht' ich zu schelten, —
Sing' eintönig ich doch Liebe und Liebe allein!

Abends

Lenk den Wagen hinab, was schaust du offenen Auges
Durch das Rebengewind, welches das Fenster umrankt?
Nichts zu spähen für dich, ich schwör's ja! — gibt es, o Sonne,
Denn sie gönnet der Nacht einzig den herrlichen Leib.
Sink' zum Westen hinab, ich schwör', nichts gibt es zu spähen
Aber die Stunde verfliegt, welche so lang ich ersehnt.

Rosen

Hin auf's Polster geschmiegt von rosiger Seide die Wangen:
Blühende Röslein sind's, rosiger schwillt noch der Mund.
Wenn sich der Schleier verschiebt, zwei rosige Knöspchen enthüllt er,
Durch das Rebengewind schauen die Rosen hinein.
Sagt, wo blühen so viel, wo blühen so üppige Rosen?
Rosenkönigin du! bringt ihr von Rosen den Kranz!

Der Kaktus

Mädchen, wie gleichst du so ganz Amerikas flammendem Kaktus:
Stacheln zeigt er bei Tag, Blüten enthüllt er bei Nacht.

Das Mäuslein

Siehst du das Mäuslein dort? — Es guckt mit glänzendem Auge
Aus dem Geklüft hervor, naschend am saftigen Halm.
Du, mein Mädchen, bedarfst nicht viel zu friedlichem Haushalt,
Und so ist uns gar leicht Tafel und Wohnung uns bestellt.

Klatschmohn

Pflücke den Klatschmohn dir, o Freund, dort hinter dem Zaune,
Willst du meiden den Dorn, rühre das Röschen nie an.

Schule

Lang schon saß ich gebückt und lernt' aus Büchern die Weisheit,
Viel erlogenes Weh, mehr noch erlogene Lust.
Frauen verehrt' ich im Bilde, gemalt nur kannt' ich die Rosen,
Trank zu Anakreons Lied Wasser aus irdenem Krug.
Ihr habt's anders gefügt, doch danken will ich euch ewig,
Himmlische, gnädig und gut, welche mir Eros gesandt.
Staubig unter dem Stuhl vermodert die graue Scharteke,
Über das sprossende Grün schwebt der geflügelte Fuß:
Jetzo bind' ich den Strauß und mess' nicht glatte Kristalle,
Während das Mädchen zur Seit' kosend die Blumen mir reicht.
Sinus lernte ich schnell und Cosinus eilig vergessen,
Drücket sie atemlos mich an die schwellende Brust.
Hasch' die Blätter im Herbst! nicht reich' ich aus mit den Ziffern,
Sollte ich Kuß um Kuß zählen im wonnigen Tausch.
Und sie fehlen auch nicht die Schmerzen so klein und so groß doch,
Wie am Röschen der Dorn hindert und lockt den Genuß,
Wenn sie schmollend seitab mir wendet den schimmernden Nacken,
Wenn das azurne Blau trübet das quellende Naß.
Ach! und ist sie mir fern, wie quält mich Sorge und Angst da,
Ob sie meiner gedenkt, nimmer der Treue vergißt.
Einsam duld' ich sie aus auf verwitwetem Lager die Nächte,
Sehe wie Stern an Stern endlich im Westen versinkt.
Ja, nun hab' ich erprobt, was Schmerz und Wonne bedeuten,
Sei mir, Eros, gelobt, der du mir beides geschenkt.

Sommer

Sang ich dem Lenz mein Lied, sobald er die Täler begrünte,
Grüß' ich den scheidenden jetzt, welcher die Jöcher erklimmt.
Wenn er mit blühendem Kranz umschlungen das höchste Gebirge,
Hol' ich den duftenden bald, lege zu Füßen ihn dir.
Früchte gezeitigt im Tal hat uns indessen der Sommer
Und als Gegengeschenk gibst du die reifsten mir dann.

Vorwurf

"Anderes sangest du einst, auch Fräulein konnten es lesen." —
Hab' ich als Kranker geseufzt, hört den Gesunden ihr jetzt!

Der Dichter

Frei von Leidenschaft und niedriger Gier sei der Dichter,
Daß kein schnödes Gelüst trübe den lauteren Blick.
Was im tiefsten bewegt das Weltall, mög' er es fühlen,
Mög' er kräftigem Sinn leihen das kräftige Wort.
Einziges Maß sei ihm und richtiges, was die Natur heischt,
Doch es gelte zumeist ihm in dem Menschen der Mensch.
Greift er mächtigen Geistes hinauf zu des Himmels Gestirnen,
Tret' er mit festerem Fuß mutig der Erde Gebiet.
Wenig braucht er für sich, o wollt ihm das Wenige schenken,
Götter erhaben und mild lenkend der Menschen Geschick,
Beug' er keinem Gebieter aus Sorg' um dürstiges Brot sich,
Ist es das Schrecklichste doch, zappelt gebunden der Aar!
Baut er mit fleißiger Hand die Scholle des eigenen Ackers,
Spend' ihm der eigene Baum reichlich das labende Obst,
Kehrt er heim, so empfang in der Kinder frohem Geleit ihn
Froh ein heiteres Weib, welches der Liebe gefolgt.
Segne die nährende Frucht, o segne das Häuschen und Feld ihm,
Heiliger Musen Chor, hold mit der Treue vereint.

An der Wiege

Mädchen mit goldenem Haar, du glichest der flüchtigen Gemse, —
Jetzt an die Wiege gebannt, schaukelst den Knaben du ein.

Glückwunsch

Nicht ein seidenes Kleid, gewebt auf fränkischem Webstuhl,
Auch nicht goldenen Schmuck biet' ich zum heutigen Fest.
Wenn mich die Muse begrüßt, so meidet mich spröde der Reichtum,
Nur die fleißige Hand sichert des Tages Bedarf.
Wenig besitzen wir beide, das wenige segnet die Liebe
Und mit ehrlichem Stolz hebt uns des Tages Bemüh'n.
Freu' der Blumen dich hier, der Spende des üppigen Herbstes,
Welche der Treue Hand pflanzte im scheidenden Jahr.
Schneesturm meldet sich schon am Grate des Joches, so laß uns
Kränzen den funkelnden Wein, ehe die Sonne versinkt.
Gelt' uns beiden das Hoch! — so treff' uns wieder der Frühling,
Füg' zum häuslichen Glück lächelnd den farbigen Schmuck.

Im Winter

Alles erstarrt vom Frost, der Sturmwind pocht an das Fenster,
Und im wirbelnden Kreis treiben die Flocken dahin.
Mich umschlingt dein Arm an dem heiligen Feuer des Herdes,
Küsse wie Flocken so viel spendet der glückliche Mund,
Und dein trauliches Wort tönt süß wie die Stimme, der Vögel,
Wenn sie das Nestlein froh bauen im grünenden Laub.

Ein verdorrter Myrtenkranz

Welk ist längst schon der Kranz mit zierlichen Träubchen der Myrte,
Längst das seidene Band, welches ihn schmückte, verblaßt.
Auch die Stirn, die einst umwand er am Tag der Vermählung,
Wird, durchfurcht von der Zeit, tragen das Silbergelock,
Aber das Herz bleibt frisch, nie wechselnd in Liebe und Treue,
Treibt es bis an die Gruft Blüte um Blüte hervor.

Meine Lampe

Wert als hätt' dich geschaffen ein Künstler, bleibst du mir, Lampe,
Welche der Handwerksmann schlug aus getriebenem Blech.
Hast viel Nächte geflammt und geleuchtet dem strebenden Jüngling,
Der mit schüchternem Laut schüchterne Lieder begann.
Oftmals spendete Licht mir der Docht in traulicher Stube,
Wenn das Gemüt qualvoll düsterer Kummer bezwang,
Oft auch sahst du den Blick auflodern begeisterten Glanzes,
Wenn Homeros, Shakespeare füllten mit Bildern den Raum,
Nun, so leuchte auch jetzt, wo mir an der Seite geschäftig
Sitzt ein liebliches Weib, hebend den freundlichen Blick
Bald zu dem Kind, das lallend die ersten Laute gestammelt,
Bald zu dem Mann, der ernst sinnet des Tages Erwerb.
Grüßen die Musen mich doch wie früher und meiden das Haus nicht,
Legen den vollsten Kranz treu auf den heimischen Herd.
Mögen die Ähren sie stets umflechten mit buntem Gewinde,
Weil mir der Jugend Reiz, ach der zu flüchtige, schwand,
Möge noch hell dein Licht auf Kinder und Enkelchen strahlen,
Wenn mein Strahl schon erlosch, ruhig wie deiner erlischt;
Fromm des Ahnen gedenk noch, halten sie dich zur Erinn'rung,
Ob du auch kunstlos bist, werter als Silbergerät.

In der Dämmerung

Sinnend von Stern zu Stern fliegt aufwärts kühn der Gedanke,
Sich zu neigen vor dir, ewiger Herrscher des All.
Doch den letzten erreicht er nimmer im feurigsten Fluge,
Und so kehrt er beschämt wieder zum heimischen Kreis.
Hier auf die Stirne des Sohns, der lächelnd die Ärmchen zu mir streckt,
Drück' ich als Opfer für dich, Vater! den innigen Kuß.

Dem Kritiker

"Sind sie erlebt die Verse? — geschah's, wie du es geschildert?" —
Deutscher Kritiker, ja! freilich nie wörtlich genau!
Schlürfst du den Wein, so frage den Schenken nicht nach den Beeren,
Welche dir schäumend den Kelch Tropfen zu Tropfen gefüllt.