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II.
Natur und Heimat 2

 

Alpenglühen
Schwarzer Fleck
Die Alpenblume
Die Schlange
Auch recht!
Die Biene
Die Hummel
Die Tanne
Die Lärche
Die Weide
Der Weinstock
Das Meer
Der Turm
Die Eberesche
Der Mohn
Die Distel
Die Zeitlose
 
Die Taube
Die Schnecke
Das Vogelnest
Wahn
Symbolisch
 


Alpenglühen

Herrliches Alpenglüh'n! noch einmal lodert der Berg auf,
Als wollt' feurigen Schwungs er in den Himmel vergeh'n.

Schwarzer Fleck

Schilt zu höchst im Gebirg von ferne den schwärzlichen Fleck nicht,
Trittst du näher, er ist prächtig mit Blumen verziert.

Die Alpenblume

Hoch im steilen Gebirg erblühet die Fürstin der Blumen,
Und kein menschlicher Fuß naht dem gefeiten Bezirk.
Netzt sie der Himmel mit Tau, so haucht in die Lüfte des Himmels,
Wieder den Duft sie zurück, den sie vom Himmel empfing.

Die Schlange

Neu dich häutend im Mai prangst du mit den farbigen Reifen,
Spielst am warmen Gestad, halb von der Blüte versteckt.
Sei dir das Leben vergönnt, nicht töten will ich im Lenze,
Bleib' mir ferne jedoch dort von den Eiern im Nest.

Auch recht!

Rings umsäumen Vergißmeinnicht die traurige Lache,
Blühender Windling schlingt sich an das flüsternde Schilf,
Brüderchen Frosch erschaut's und ruft aus schlammigem Pfuhle: —
"Sehet, wie herrlich Gott Alles erschaffen für uns!"

Die Biene

Sah'st du des See's Azur und hieltest du ihn für den Himmel,
Daß du den Flügel gesenkt fielst in die trügende Flut?
Gern errett' ich vom Tod dich blumenseliges Bienchen,
Daß du am Duft gleich mir lange noch laben dich magst.

Die Hummel

Brummend nah'st du den Blumen und brummend saugst du den Honig,
Hummel, ein Rezensent ging uns verloren in dir.

Die Tanne

Hoch im Gebirg stand ich, ich hörte das Rauschen des Sturmes,
Und im tobenden Sprung schoß die Lawine vorbei.
Donner sangen mich ein, im Mondschein tanzten die Elsen
Bis mich frühe der Aar weckte mit heiserem Schrei.
Tief in das Mark drang mir das Jauchzen des kräftigen Senners,
Stürzte die Gemse dem Schuß, bebte mir bang' das Gezweig.
Endlich spähte der Meister mich aus; vom Beile getroffen
Fuhr ich sausend zu Tal, wo mich die Säge zerschnitt.
Brettchen und Brettchen verband des Kundigen Finger zur Geige,
Wundern dürft ihr euch nicht, daß sie so zauberisch tönt.
Jauchzend im tödlichen Schmerz und weinend in zuckender Wonne:
Was die Tanne gelebt, tönt sie hinaus in die Welt.

Die Lärche

Niemals beugte ich mich, frei schwang ich die riesigen Äste,
Spottend des Blitzes sogar, spielend im grimmigen Sturm.
Jetzt entrindet und kahl erheb' ich Amerikas Banner
Stolz mit Sternen gestickt ragend im Schiffe als Mast.

Die Weide

Traurig hängst du den Zweig, da wirft dir scherzend der Waldstrom,
Daß es wie Blüten erscheint, flockigen Schaum in das Laub.

Der Weinstock

"Nie mehr bringe der Weinstock üppige Trauben dem Nachbar!"
Sprach's und schnitt das Gerank bis auf die Wurzel ihm ab.
Zwar dem Stummel entfloß die Träne und netzte den Boden,
Aber von neuem erschloß Knospe an Knospe das Mark.
Und so pranget er jetzt im Schmucke von Blättern und Trauben,
Wie er herrlich sie nie flocht in der Ulme Gezweig.

Das Meer

Kräuselt die Fläche des Meers sich neckisch mit schimmernden Wogen,
Klar doch bleibt es und tief, bleibt doch das ewige Meer.

Der Turm

Streck' dich, finsterer Turm, denn sonst überwächst dich der Obstwald,
Daß zu dem Nest nicht mehr findet der Eule Gezücht.

Die Eberesche

Gleich der Kokette geschminkt, so zeigst du die lockenden Beeren
Und leichtgläubig wie stets stürzen die Sänger herbei.
Nützt der Drossel das Lied? sie sang es in deinem Gezweige!
Jetzt im härenen Latz hängt sie dem Tode verfemt.

Der Mohn

Schön, doch tödlich du bist's! es steigen betäubende Düfte,
Wer dich zu kosten gewagt, taumelt zum Orkus hinab.

Die Distel

"Sag', was schiltst du mich so ?"—Du stachest den Finger mir blutig! —
"Hab' ich je dich ersucht, daß du berühren mich sollst?"

Die Zeitlose

Längst die Rose verblüht! — die Aster vom Reife versengt schon
Neigt voll Trauer das Haupt, während die Schwalben entflieh'n.
Nur ein Blümchen entsteigt mit rötlichem Kelche dem Boden,
Tödlichen Abschiedstrunk bringt es dem schwindenden Jahr.
Doch auch dieses erfaßt das Schicksal, das es verkündet:
Über der Decke von Schnee rufen die Raben es aus.

Die Taube

Flieg' in Eile dahin, nicht überfliegst du den Tod je,
Der als Sperber dich fern über den Wolken erhascht.

Die Schnecke

Langsam kriecht auf dem Weg, den Tausende wandeln, die Schnecke,
Aber das Schicksal faßt hoch in den Lüften den Aar.

Das Vogelnest

Zittere, Vögelchen, nicht und breite das weiche Gefieder
Angstvoll niedergeduckt über die flaumige Brut.
Nicht mit Geiers Begier erspäht' ich im Nestchen dich brütend,
Denn ein Heiliges ist alles Lebendige mir.
Danke dafür mir einst, durchschreit' ich die Schatten des Waldes,
Deine gefiederte Brut stimmend den fröhlichen Sang.

Wahn

"Hätt' ich erstiegen den Berg, dort könnt' ich die Sterne mir holen!"
Steig' hinauf und sie sind fern wie der Himmel dir noch.

Symbolisch

Flach, alltäglich erscheint ein Ding im gewöhnlichen Lichte,
Wird es von innen erhellt, steht als Symbol es vor dir.