Beschluß
Was Du gefertigt unter sieben Siegeln —
Daß ich im Staub es nie zu tadeln wage!
Wohl ahn' ich es: Das ist dein Vatersegen,
Wenn auch nicht schweigen will die bange Klage.
Sie hätten leeren müssen bitt're Kelche,
Wär' sie gekommen gleich dem Freund zu Jahren;
Wie Undank und gebroch'ne Liebe schwären, —
O sei gepriesen, daß sie's nicht erfahren.
St. Franziskus
Auf den Dornen wälzt Franziskus
Sich in seiner Herzensnot,
Aus den Dornen, ihn zu krönen,
Blühen Rosen weiß und rot.
Aber von der Dornenkrone,
Welche meine Stirn' umflicht,
Fließt das Blut in schweren Tropfen,
Blühen, blühen will sie nicht.
Rückkehr
Eh' dich noch die Erdenliebe
Mit dem Zauberband umschlungen,
Hast du dich in deine Heimat
Zu den Engeln aufgeschwungen.
Wie zu Tizians Madonna
Naht schon frohes Festgewimmel
Und Gott Vater hebt die Arme,
Fest zu halten dich im Himmel.
Kar
Zwischen Eis und Trümmern rast' ich
Droben auf dem öden Kar,
Finster steigen mir die Bilder
Auf von manch' entschwund'nem Jahr.
Horch, es pfeift die Wacht der Gemsen
Und der Alpenadler schreit,
Aus dem Abgrund tauchen Nebel —
Hast du noch zum Träumen Zeit?
Adam
Aus dem Paradies vertrieben,
Mochte Adam rückwärts schauen,
Bis er mit der Hand voll Schwielen
Lernte sich ein neues bauen.
Sei's denn! Fahre fort zu kämpfen, —
Ziehst du auch dabei nur Nieten, —
Bis zum letzten Atemzuge,
Wie dir Ehr' und Pflicht gebieten.
Zenit
Näher scheint es, gehst der Sonne
Du nach Ost mit jedem Schritte,
Aber sie steigt ferner, höher
Flammend auf zu dem Zenite.
Sinkst du müd' am Abend nieder,
Mußt du dich nach rückwärts drehen,
Willst du, eh' dein Aug' geschlossen,
Sie noch einmal scheidend sehen.
Der Rosenstock
Im Garten prangt ein Rosenstock,
Mit Knospen übersät;
Es jagt der Sturm das welke Laub, —
Warum blüht er so spät?
Er tut, was er nicht lassen kann,
Schaut auch der Schnee herein;
Die Rosen und das welke Laub
Hüllt bald der Winter ein.
Geburtstag
Soll ich den Geburtstag feiern
Wohl mit einem Freudenmahle?
Fast bis auf die Hefe leert' ich
Schon des Lebens bitt're Schale.
Aufwärts will zu dir ich schauen
Innig, ruhig mit Entsagen,
Wenn die Haare schon ergrauen, —
Wer darf nach dem Glück noch jagen?
Sturm
Was fragt wohl der Sturm darnach,
Ob er Blätter jagt
Oder mit dem scharfen Zahn
An den Gletschern nagt?
Ob er durch dein graues Haar
Ohne Schonung streift;
Wie der Menschen rohe Faust
In das Herz dir greift.
Hetzjagd
Folgt auf deines Lebens Pfaden
Dir des Unglücks schwarze Meute, —
Läßt sie nicht von deiner Fährte,
Bis du stürzest ihr zur Beute.
Aus des Himmels ehr'nen Toren
Wird kein Engel Rettung bringen,
Wenn die Hunde dich zerfleischen
Und dein blutend Herz verschlingen.
Nachts
Stille Einsamkeit der Nacht
Mit der Sterne holder Pracht!
Wenn ich auf der Folter liege . . . . .
Wie das Kindlein in der Wiege, —
Wenn das Blut vom Herzen tropft,
Fiebernd jede Schläfe klopft:
In der Einsamkeit der Nacht
Ist die Hölle auferwacht.
Ananke*
Ich kenne dich und deinen Schritt,
Du schreckliche Ananke,
Du hast kein Aug', kein Ohr, ob ich
Dir juble oder kranke.
Und was geschieht, das ist gescheh'n,
Du schreckliche Ananke.
Du hast kein Aug', kein Ohr, ob ich
Dir fluche oder danke.
*Ananke
(griechisch
Ἀνάγκη
"Bedürfnis",
"Zwangsläufigkeit") war in der griechischen Mythologie
die Personifizierung des unpersönlichen
Schicksals.
Poesie
Soll genügen noch die Klage,
Wenn ein Schmetterling gestorben,
Oder wenn ein blonder Jüngling
Nicht des Mägdleins Gunst erworben?
Sink' als mater dolorosa
Vor dem Kreuz der Menschheit nieder
Und durchbohrt von sieben Schwertern
Wag' zu singen deine Lieder.
Frage
Wie des Menschen Schuld sich stelle
Zu des Schicksals Macht? —
Sieh die Tropfen niederfallen
Aus der Wolken Nacht.
Diesen schlürft, sich zu erquicken
Einer Rose Mund,
Jener mischt mit Staub zu Kot sich
Auf der Straße Grund.
Jahreszeiten
Frühling, Sommer, Herbst, schon Winter —
Keine Blume blüht,
Wenn das Bild verlor'ner Stunden
Mir vorüber flieht.
Dämmern dann Erinnerungen
Auf als wie ein Traum,
Weh'n sie mit dem Lied vorüber
Wie der Distel Flaum.
Vergänglich
Nicht allein die Blumen welken,
Wie's ihr Erdenlos,
Auch die Sterne sind vergänglich
In des Weltalls Schoß,
Warum soll ich mich beklagen,
Wenn mein Ende naht?
Nur dem Wurm möcht' ich nicht gleichen,
Den ein Fuß zertrat.
Trotz
Nicht so leicht bin ich zu zwingen,
Wenn die Sorge nach mir greift,
Wenn die Zeit mit rauhem Finger
Blatt um Blatt vom Stamme streift.
Auf den Wolken will ich reiten,
Ob der Sturm auch grimmig braust,
Und in ihre schwarzen Mähnen
Schlag ich trotzig meine Faust.
Flügel
Jahre sind seitdem verzogen,
Schweres wurde mir verhängt,
Um so heller strahlt dein Bild mir,
Wenn die Sorge mich bedrängt.
Jeder Schritt bringt mich dir näher,
Der dem Grab mich näher bringt;
Unter Leiden sproßt der Fittig,
Welcher durch den Nebel dringt.
Pilger
Einsam wankt ein alter Pilger
Durch die schneeverwehten Stoppeln,
Nie zum Heiligtum gelangt er,
Mag er auch den Schritt verdoppeln.
Und die Raben krächzen heiser,
Näher rauschen ihre Schwingen,
Wollen statt der Nachtigallen
In den letzten Schlaf ihn singen.
Gescheitert
Wenn dein Lebensschiff gescheitert,
Treibst du einsam auf den Wellen
Und du blickst zum Himmel zweifelnd,
Ob kein Stern ihn mög' erhellen.
Endlich sieht die Morgensonne
Dich an dem Gestad' ertrunken;
Glaube, Hoffnung, Liebe sind schon
Lang vor dir ins Grab gesunken.
Engel
Engel malte man als Kinder
In der alten Zeit.
Aber in dem Geisterauge
Ruht die Ewigkeit.
Und so wirst du mich begrüßen,
Wenn die Hülle fällt,
Lächelnd schüttl' ich ab den letzten
Staub von dieser Welt.
Scheiterhaufen
"Erde soll zur Erde werden!"
Heißt der alte Spruch;
Denk' ich deiner Heldenstärke,
Tönt er wie ein Fluch.
Daß die Flammen uns entführten —
Heiden: dich und mich!
Eh' sich in das Mark der Glieder
Wurm und Moder schlich!
Gewitter
Endlich hör' ich wieder Donner
Dröhnen aus dem schwarzen Himmel
Und fast lachen möcht' ich bei des
Wetterläutens Angstgebimmel.
In dem Sturme glaubst du wieder
An das echt Elementare; —
Was dämonisch und gewaltig,
Läßt sich messen nicht als Ware.
Rast
Bloß für eine Sommerstunde
Leg' ich sie beiseit' —
Dann reicht die Trompete wieder
Mir zum heißen Streit.
Wenn die Schwalbe auf der Wand'rung
Kämpfte mit dem Föhn,
Zieht zur Rast sie ein die Schwingen
Auf des Atlas Höh'n.
Schwarz-gold-rot
Von dem Eisack bis zur Moldau
Wollen wir die Hand uns reichen,
In dem Kampf für deutsches Recht nie
Auch nur einen Zoll zu weichen.
Flattern soll die Trikolore
Beim Gewitter — unsre stolze!
Seh'n die Väter auf den Wolken,
Daß wir noch von gleichem Holze.
Den deutschen Frauen in
Österreich
Nahet euch ein feiger Bube,
Der nicht wagt, sich deutsch zu nennen,
Schüttelt zornig eure Locken,
Zeigt wie eure Augen brennen.
Trieben doch die deutschen Frauen
Einst in grauer Vorzeit Tagen
In den Kampf zurück die Männer,
Die zuvor der Feind geschlagen.
In das Stammbuch
Wie die Kornblum' blau das Auge,
Rosenrot der Wangen Schein,
Schwarz die Locken, die sich ringeln
Um die Stirn von Marbelstein!
Und du freust dich deutscher Siege,
Freu'st dich deutscher Geistestat, —
Hüte dich! — es schnüffeln Tschechen
Überall nach Hochverrat!.
Den Deutschen in
Österreich
Kreidefeuer Funken sprühend
Drohten einst des Korsen Schergen,
Darf ich Kreidefeuer zünden
Wo's allein gilt frechen Zwergen?
Ihr habt Österreich geschaffen,
Laßt euch nicht zu Slaven taufen,
Für der Phrasen Linsenschüssel
Wollt das Erbe nicht verkaufen.
Lust
Was süßer wohl als der süßeste Kuß?
Den Todfeind packen mit raschem Griffe,
Der dein Heiligstes in den Kot dir tritt, —
Ihn zappeln seh'n vor des Dolches Schliffe.
Und dennoch weiß ich ein süßeres fast:
Ihn hart auf den Boden zu drücken,
Und wenn er um Gnade zu winseln beginnt,
Des Weges ihn schweigend schicken.
Blut
Nicht wahr? das sind rauhe Noten,
Die ich euch hier vorgesungen?
Sanfter hat es in den Schulen
Eurem Kinderohr geklungen.
Doch in des Tirolers Adern
Fließen deutsch und welsch zusammen.
Deutsch zu lieben, welsch zu hassen
Weiß er stets mit echten Flammen.
Rat
Wollt den guten Rat ihr hören?
Schlagt nur, die auf euch geschlagen,
Gebt stets dreifach, zehnfach wieder,
Um Verlaub sollt ihr nicht fragen.
Stellt euch endlich mit dem Esel,
Den man quält, auf gleiche Stufe,
Zagend weicht zurück der Dränger,
Wenn er hebt die Eisenhufe.
Kreuzzug
Schwarze Hüte, rote Strümpfe —
Schaut sie an die Gottesstreiter,
Die Kanonenstiefel donnern
Nieder von der Himmelsleiter.
Laßt euch, meine lieben Kinder,
Von den Krampussen nicht schrecken,
Das sind keine Kirchensäulen,
Sind nur alte morsche Stecken.
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