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Vorwinter 5
Taten
Vergangenheit
Tempora mutantur
Maschine
An die Turner von TriestDer Schwan
Stoff
Firlefanz
Cornelius
Dante und ByronOptische Täuschung
Wien
Einst
Die Wienerinnen
St. StephanPhäaken
Auf dem Kahlenberge
Der Ost
Der Adler
Abschied
Taten
Wer bestreitet eure Schlachten?
Mit dem Schwert wißt ihr zu siegen,
Um dann schmählich als des Geistes
Sklaven vor Paris zu liegen.
Von dem Fremden unabhängig
Ist allein der stolze Brite,
Den Franzosen gegenüber
Seid ihr nur das Reich der — Mitte.
Vergangenheit
Stolz wie Phidias' Athene
Standst du, deutsche Heldenjungfrau,
Deinen Kaisermantel säumte
Fern im Süd die blaue Donau.
Und in deinem Diademe
Sah'n die Völker strahlend blitzen,
Wo die höchsten Adler fliegen,
Einst der Alpen Gletscherspitzen.
Tempora mutantur
Das ist der Zeiten Unterschied:
Den Ossa schob auf Pelion
Einst stürmender Giganten Kraft,
Zu stürzen Zeus von seinem Thron.
Wie die Polypen Korn auf Korn
Die Berge bau'n im tiefsten Meer,
So schafft ihr mit der Zwerge Hand
Jetzt Werke groß, gewaltig hehr!
Maschine
Gold'ne Zeit des Mittelalters! —
Dort galt noch des Mannes Tat;
In der großen Staatsmaschine
Bist du jetzt ein kleines Rad.
Wie seid ihr in Reih' und Gliedern
Nun so stramm diszipliniert!
Ach, die ganze Weltgeschichte
Wird euch nur noch kommandiert.
An die Turner von Triest
(Zum 16. Febr. 1886)
Auch an Adrias Gestad
Braust die Völkerflut,
Deutsche Turner frisch und frei
Steht mit treuem Mut.
Deutsche Turner ringt, gewinnt
Uns den Siegespreis,
Bindet an den Lorbeerzweig
Fest das Eichenreis.
Der Schwan
Was sollen eure Prachtpaläste,
Der Kolonnaden stolze Reih'n?
Der Mummenschanz, mit dem zu Tempeln
Sie feile Musenpfaffen weih'n?
Die Poesie läßt sich nicht fangen,
Sie gleicht dem freien, wilden Schwan,
Der, singend wie des Domes Glocke,
Zu Häupten euch zieht seine Bahn.
Stoff
"Einen Bauernbursch zu malen,
Der die Zither lustig schlägt,
Oder jene Flammensäule,
Die vom Boden Troja fegt:
Muß nach unsern Theorien
Gelten als die gleiche Kunst!" —
Nur ist Troja und der Bauer
Nicht das gleiche — mit Vergunst.
Firlefanz
Dort ragt das Bild auf dem Altare
Mit flachem Kopf und langem Schwanz,
Ihr huldigt ihm mit lautem Jubel, —
Es ist der Teufel Firlefanz.
Er hält ein Rohr in seiner Pfote,
Durch dieses seht ihr Großes — klein,
Und dreht er's um, ihr seht verwundert,
Das plötzlich Kleines — groß muß sein.
Cornelius
Send' im Sturme deine Reiter
Nieder aus dem Reich der Geister,
Daß die Huf' im Sprung zerstampfen
All das Unkraut, großer Meister.
Laß zu diesem Weltgerichte
Mächtig die Posaunen dröhnen,
Sprenge wieder auf die Tore
Unserm Volk, — des Großen, Schönen!
Dante und Byron
Kannst du von Beatrices Aug' dich wenden,
Das dir den Himmel spiegelt hoch im Himmel? —
O, Dante, schau' hinab zur tiefsten Hölle,
Dort steht ein Mann verloren im Gewimmel.
Vor seinem Blicke zittern selbst die Teufel, —
Zu lieben wüßt' er so wie du, zu hassen;
Reich' ihm die Hand und zieh' ihn aus dem Abgrund,
Nicht darfst du Byron in der Hölle lassen.
Optische Täuschung
Stoßt ihr euch im dunklen Raume
Rings an allen Dingen,
Werden euch die Funken hell
Aus den Augen springen.
Und für Sterne möchtet ihr
Keck den Schein verkaufen,
Ja sogar Philosophie
Wagt ihr ihn zu taufen.
Wien
Ein Juwel im Riesenbecher,
Ruh'st du zwischen Korn und Reben,
Darum dürfen deine Kinder
Freudig die Pokale heben.
Nur für kurze Augenblicke
Mög' ein trotzig wildes Zürnen
Euch empört die Adern schwellen
Auf den ewig heitern Stirnen.
Einst
Reiche Stadt der Babenberger
An dem Strom der Nibelungen
Denkst du, wie zu deutschen Harfen
Einst das deutsche Lied geklungen?
Wie ein steingewordenes Märchen
Ragt dein Dom mit seiner Blume,
Und in Österreichs Wappen steigen
Deutsche Lerchen ihm zum Ruhme.
Die Wienerinnen
Wer nur mag euch Engel nennen, —
Euch die schönsten Erdenweiber;
Lockten doch die Söhne Gottes
Eure holden Götterleiber!
Daß ihr Helden uns erzeugtet,
Wie sie heischt die Schmach der Zeiten,
Die für ihres Volkes Ehre
Mit dem Balmung Siegfrieds streiten.
St. Stephan
Drück' den Helm auf deinen Scheitel,
Schwing' wie Speere die Fialen,
Wenn gleich frechen Mörtelbuben
Czechen trotzig vor dir prahlen.
Doch du regst dich nicht; vorüber
Sind für Wien die großen Zeiten,
Um das Pilsner, um das Bayrisch
Hörst du auf der Bierbank streiten.
Phäaken
Mag man euch Phäaken schimpfen,
Weil ihr schlürft in vollen Zügen
Aus dem Wollustkelch des Lebens
Unerschöpflich das Vergnügen.
Kehr' ich doch, ein müder Wand'rer,
Gern zurück in eu're Mauern,
Denn ihr laßt als lust'ge Vögel
Den Nachteulen nur das Trauern.
Auf dem Kahlenberge
Droben auf dem Kahlenberge
Träumt' und sann' ich oft wie gerne!
Dort das Böhmerwaldgebirge,
Die Karpaten in der Ferne.
Glocken, Rosen, Maienblüten,
Band ich mir zum bunten Strauße,
Diese Slaven-Trikolore
Paßt zum Babenberger Hause.
Der Ost
Zwischen Buchen wilder Hopfen,
Unten reift die süße Traube,
Auf dem Nibelungenstrome
Schwimmt mein Hoffen und mein Glaube.
Flatternd stolz im Morgenwinde
Zieh'n mit dir einst uns're Fahnen
Bis zum fernsten Oriente, —
Denn der Ost ist des Germanen.
Der Adler
Es ist der Adler schwindelfrei,
Zum Himmel will er schweben,
Ihr Armen habt es nicht so schön,
Ihr müßt am Boden kleben.
Die warmen Nestlein werdet ihr
Nach alter Sitte bauen,
Und geht es mit den Flügeln nicht,
Könnt ihr doch aufwärts schauen.
Abschied
Chronos mit der scharfen Sichel
Treibt mich aus dem Venusberge
Dort am Acheron erwartet
Mich bereits der schwarze Scherge.
Doch mit einem Kranz von Astern
Schmück' ich noch des Kahnes Planke
Und ich schwing' ein Glas Vöslauer
Lachend an des Orkus Schranke.