Freundesgaben
An F. v. F. . . .
I.
Wir fühlten uns zum Edlen stets gezogen;
Auf klarem, stillem Wasser ohne Wanken,
So schwebten aus der Seele die Gedanken,
Die unverrückt zum fernen Ziele flogen.
Nun stürmet wild die See, hoch geh'n die Wogen
Ich sah, wie Manche bei der Fahrt ertranken,
Wie Schiffe selbst vom stärksten Bau versanken,
Und sah die schönsten Hoffnungen betrogen.
Wir aber wollen mutig weiter fahren,
Und immer auf die alten Sterne bauen,
Die seit der Kindheit unsre Führer waren!
Lohnt einstens mit Gelingen das Vertrauen,
Will ich die Hand dir drücken wie vor Jahren,
Und froh zurück vom fernen Ufer schauen.
II.
Die Poesie hat uns vereint: die Sagen,
Aus einer Welt voll Wunder einst entsprossen,
Um die sich still der Wahrheit Kränze schlossen,
Als in dem Geist das Licht begann zu tagen.
Nun da die schönen Zeiten längst verflossen,
Bring ich dir meine Freuden, meine Klagen,
Wie aus dem Dornenbusch die Blüten ragen,
Von warmen Sonnenstrahlen übergossen.
Es lächeln dir die holden Jugendträume,
Umschattet von dem alten frommen Glauben,
Und manche liebe Formen wirst Du sehen.
Genieße sie! bald wird der Herbst die Bäume
Und alle Blumen ihres Schmuck s berauben,
Vom Strauche werden nur die Dornen stehen.
III.
Früh hatt' ich in der Menschen buntem Schwarme
Den treuen Freund, den liebenden, gefunden;
Wir teilten unsrer Jugend schnelle Stunden,
Und fanden uns vereint in Lust und Harme.
Nun hat die Zeit mit ihrem Eisenarme
Uns an das Werk des Tages festgebunden;
Das erste, schöne Ziel ist längst entschwunden,
Und strenger ward das Herz, das liebewarme.
Doch immer, wenn in wolkenschweren Nächten
Mit Sorg' und Kummer, jenen finst'ren Mächten,
Im Kampfe sich die Lebensgeister mühen:
Seh' ich der Freundschaft Stern mit ungeschwächten
Und milden Funken durch die Wolken sprühen,
Und fühle neue Kraft im Busen glühen.
Blumen und Sterne
Wenn in dem vielbewegten Erdenleben
Vom Himmel uns manch' helle Sterne blinken,
Aus dunklem Pfad manch' liebe Blumen winken,
Hat uns das Glück das Höchste schon gegeben
So lang noch über uns die Sterne schweben,
Laß' uns der Blumen süße Düfte trinken,
Denn alles Herrliche muß bald versinken,
Und keine Macht kann das Versunk'ne heben.
Nur wenn der Geist mit mutigem Verlangen
Die Fantasie zur Braut sich auserkoren,
Da lebt sich's glücklich in den schnellen Stunden.
Eh' wir zur Klarheit unsres Sein's gelangen,
Hat flüchtig sich der Sterne Schein verloren,
Und mit den Blumen sind wir selbst entschwunden.
Ägyptische Bilder
I. Dichterwelt
Der Abend kommt, die kühlen Lüfte wehen,
Die letzten Glockentöne fern verklingen;
Ich fühl der Dichtung Zauber mich umringen,
Und Wunderträume vor der Seele stehen.
Es drängt den Geist, die alte Welt zu sehen;
Er will im Flug' auf leicht bewegten Schwingen
Zurück in ferne, junge Tage dringen,
Und in den Götterhainen wandelnd gehen.
Schon tauchen sie empor, die Luftgestalten,
Die Wesen all' der gold'nen Fantasien,
Die still und ernst an mir vorüberziehen.
Und längst begrab'ne Sitten um mich walten,
Das Auge sinkt, des Lebens Schatten fliehen,
Frei darf der Täuschung Zauber sich entfalten.
II. Sphinx
Was hebt sich dort am blauen Horizonte?
Ist's nicht ein Traum? Darf ich den Augen trauen?
Ein menschlich Riesenhaupt, aus Stein gehauen,
Als wenn ein Gott im Sand der Wüste thronte!
O daß ein Geist in diesem Riesen wohnte!
Er ließ' uns die vergangnen Wunder schauen;
Da sähen wir mit wehmutvollem Grauen,
Was alles uns die Zeit verhüllen konnte.
Geheimnisvolle Sphinx! du bist ein Zeichen
All' unsres Wissens, das im Schutt vergraben
Wir mühsam an das Licht des Tages heben.
Wir können nichts Vollkommenes erreichen:
Denn kaum daß wir ein Bild entschleiert haben,
Ist auch der Grund von neuem Schutt umgeben.
III. Libysche Wüste
Die Lüfte zittern in der Sonne Strahlen,
Der Wandrer fühlt die müden Kräfte sinken:
Wo rauscht ein Quell, die kühle Flut zu trinken?
Wann will Erlösung werden meinen Qnalen?
Da hebt es sich am Horizont, dem fahlen,
Wie Stadt und Türme; gold'ne Spitzen blinken,
Zum grünen Hain die dunklen Schatten winken,
Die nah' und näher sich dem Auge malen.
Du wandelst wohl im Geist in jenen Lauben?
Und meinst, die hohen Tore stünden offen?
O dürfte nie der süße Wahn entweichen!
Es liegt ein schönes Los im warmen Glauben;
Allein ein trüglich Bild ist unser Hoffen:
Du ziehst ihm nach, und wirst es nie erreichen!
IV. Theben
Es schwillt die Flut, und an den leichten Kähnen
Seh' ich der Säulen Pracht vorübergleiten;
Ein Traum umfängt mich jener gold'nen Zeiten,
Die schöne Lieder klagend uns erwähnen.
Die Marmorlöwen schütteln ihre Mähnen;
Die Pforten sinken, und die Tempel breiten
Zum blauen Raume sich, dem himmelweiten, —
Es glänzt der Tau aus grünen Wiesenplänen.
Ein munt'res Volk in stiller Abendstunde
Versammelt sich zu traulichem Vereine,
Umringend einen alten bärt'gen Weisen.
Der Götter Wort ertönt aus seinem Munde,
Das einsam er belauscht im heil'gen Haine,
Wenn über ihm die lichten Sterne kreisen.
V. Memnon
Als fern die Sonn' im Osten ausgegangen,
Hört' ich den steinernen Koloß erdröhnen;
Es rauschte durch die Luft in Wundertönen,
Die tief dem Wanderer zu Herzen drangen.
Ein Bild war's für der Seele heiß Verlangen,
Des Erdenstaubes kühn sich zu entwöhnen,
Und zu dem Urquell alles ewig Schönen
In mächt'ger Wechselwirkung zu gelangen.
So, Memnon! magst du als ein Wächter stehen
In der Ruinen weitgedehnter Wüste,
Und Zeugnis geben von versunk'nen Jahren.
Wenn deine Klänge durch die Lüfte wehen,
Der späten Nachwelt lehrt das Steingerüste
Uralten Denkens großes Offenbaren.
VI. Nilfall
Ich sah den Strom sich an den Felsen schlagen,
Um stürmend in das Tal hinauszuschäumen,
Wo weite Fluren seinen Lauf umsäumen,
Und ihn hinaus zum blauen Meere tragen.
Und auf vom Felsen sah ich Säulen ragen,
Umschirmt von immergrünen Palmenbäumen;
Im Spiegel schwankend schienen sie zu träumen
Von früh'rer Größe längst entschwund'nen Tagen.
Der Riesenkampf, den die Natur geschworen
Dem Menschengeist, er wird so lange dauern,
Als unsern Schatten wir der Erde geben.
Und wie ein Blatt, das sich der Wind erkoren,
Dahingetrieben an den alten Mauern,
Verflüchtigt sich das eig'ne kleine Leben.
Palmyra
Palmyras hohe Tempel sind zerfallen,
Die Sonne strahlt auf prächtige Ruinen;
Kein Prester will der lichten Gottheit dienen,
Kein Opferfeuer in die Lüfte wallen.
Verklungen ist des Sieges Jubelschallen,
Das Volk dahin, das einst mit stolzen Mienen
Vor jener edlen Königin erschienen,
Und sie hinwegriß aus der Väter Hallen.
Des Morgens, wenn in halbumwölktem Kranze
Sich gegen West die Syrerberge zeigen,
Im Tau die Palmen ihre Kronen neigen:
Da funkelt's wie ein Meer im Wellentanze,
Die Säulen glüh'n, als wollt' zu neuem Glanze
Die alte Stadt aus ihren Trümmern steigen.
Labyrinth
Das Leben zieht uns in verworr'nen Gängen
Bald hie- bald dorthin, immer fern vom Ziele:
Wir schaukeln auf der Jugend leichtem Kiele,
Die Zeit entflieht in munteren Gesängen.
Es rauscht um uns ein Paradies von Klängen,
Das Aug' erblindet in der Farben Spiele;
Daß nicht dem Geist des Wissens Los entfiele,
Muß Finsternis sich ihm entgegendrängen.
Ein Labyrinth ist alles Streben! scherzend
Umgaukeln dich die trüglichsten Gestalten,
Dein Herz verfängt sich in den Rosenschlingen.
Du willst zurück, den schönen Traum verschmerzend? —
Da spricht der Gottheit immer gleiches Walten:
Du mußt ein Ungeheuer erst bezwingen!
Blüten der Seele
Ein Zaubergarten ist das Erdenleben,
Der uns mit trügerischem Schein umfangen.
Darinnen viele schöne Blumen prangen,
Die zu dem Licht der jungen Sonne streben.
Doch kaum, als sie ihr zartes Haupt erheben,
Da sinken sie zurück mit stillem Bangen,
Weil dunkle Wetterwolken niederhangen,
Und mit Gefahren drohend sie umschweben.
Das sind der Seele wundervolle Blüten;
Dem Wand'rer nicken freundlich sie entgegen,
Sie möchten fragen: Willst du uns nicht pflegen?
Und glücklich, wer versteht sie zu behüten!
Ihm ist des Lebens Höchstes wohl gelungen:
Er schaut verklärt sie als Erinnerungen.
Seelenwanderung
Ich war, ein Strom, durch's stille Tal geronnen,
Du sahst hinein als eine schlanke Weide;
Ich stand, ein Berg, im Silberwolkenkleide,
Da kamst du rieselnd als ein klarer Bronnen.
Du wurdest eine von den lichten Sonnen;
Ich ging, daß nimmer uns der Himmel scheide,
Als dein Planet um dich; — wir teilten Beide
In and'ren Formen and're Lebenswonnen.
Nun bist das schönste Mädchen du auf Erden,
Und kalt und fremd tönt mir's aus deinem Munde,
Du willst mich um des Daseins Bestes bringen!
Einst wirst du eine kleine Blume werden;
Dann lächelt mir der Rache süße Stunde,
Und fürchte dich vor losen Schmetterlingen!
Ein Protens
Du bist, o Wort! ein Baum mit grünen Zweigen,
Und bist die ewig munt're Waldesquelle;
Bald leuchtest du, ein Stern, in Sonnenhelle,
Bald flimmerst einsam du durch nächtig Schweigen.
Zum Himmel fliegst du mit des Adlers Schnelle,
Und trauernd willst du in die Grüfte steigen;
Du tanzest luftig deinen Elfenreigen,
Und hebst, ein stürmend Meer, dich Well' auf Welle.
Ich liebe dich umgürtet mit den Waffen,
Wenn du zum Kampfe für die Menschheit eilest,
Und stolze Geister deine Züge lesen;
Und liebe dich, wenn du, nur halb erschaffen,
Noch auf des Mädchens holden Lippen weilest
Ein leiser Hauch verrät dein ganzes Wesen!
Die Nachtigall
Die Nachtigall hört' ich im Walde schlagen,
Sie hatte sich in's grüne Laub geschwungen;
Ihr Lied erklang mir wie Erinnerungen,
Wie sanfte Stimmen aus entschwund'nen Tagen.
Sie hat von Kinderspielen mir gesungen,
Wie noch im Morgentau die Fluren lagen,
Von Frühlingslust und seltnen Wundersagen,
Die einstens tief in mein Gemüt gedrungen.
Ich lauschte schon dem ersten Wort der Liebe; —
Da plötzlich kam es wild einhergezogen,
Der Leidenschaften mächtiges Getriebe.
Aufschreckt' ich: Wer verriet dir meine Schmerzen?
Allein die Nachtigall war längst entflogen,
Die Töne kamen aus dem eignen Herzen.
Die Mimose
Im fernen Osten blühet die Mimose;
Wenn mild der Sonne Gluten niederscheinen,
Will sie den Strahlen ihren Duft vereinen,
Und leuchtet lieblich wie die zarte Rose.
Da klingt es ferne schlagend auf den Steinen,
Der Reiter fliegt einher, der sorgenlose;
Sie gönnt den Strahlen nimmer ihr Gekose,
Und schließt erschreckt den Kelch, den himmelreinen.
Die Schönheit liebt geheimnisvoll zu sprießen,
Es darf der Mensch ihr Dasein nicht mißbrauchen,
Darf schauend nur das Blumenbild genießen.
Will er mit stolzem Atem sie behauchen,
Wird sie zurück in ihre Hülle tauchen,
Und ihre Welt vor seinem Auge schließen.
Seelenwärme
Es gibt ein unerforschtes Geisterleben,
Das in der weiten Erdenschöpfung waltet,
Das Form aus Form, und Sein aus Sein gestaltet,
Zu dem der Seele dunkle Träume streben.
Wenn nächtlich über uns die Sterne schweben,
Und still die Flur ihr Blütenreich entfaltet,
Des Mondes Pracht hervortritt unveraltet,
In seinem Glanze sich die Wellen heben;
Erfaßt es uns mit jenem mächt'gen Triebe,
Wir möchten küssend jeden Stein umarmen,
Und in den Schacht des Lebens niedersteigen.
Das ist die Wundermacht der ew'gen Liebe,
Der Gottheit Funke, der uns läßt erwarmen,
Wenn längst der Jugend Glutbegierden schweigen.
Das Standbild
Dem Manne, der für Ruhm und großen Namen
Sein Leben gab, ist stets das Los geworden,
Daß teuer ihm der hohe Geisterorden
Und alle seine gold'nen Früchte kamen.
In seiner Brust ersteh'n aus glüh'ndem Samen
Der Leidenschaften ungezähmte Horden,
Die seiner Seele schönen Frieden morden,
Und kämpfen, bis die Kraft ihm muß erlahmen.
Der Zukunft will er sein Geschick vertrauen;
Jahrhunderte sie kommen und zerstieben,
Und nur ein Schatten ist von ihm geblieben.
Es ragt das Bild aus Stein! die wettergrauen
Verwischten Formen lassen kaum erschauen,
Daß sie des Geistes große Züge schrieben.
Das bessere Los
Ich lieb' es nicht, wenn in des Herbstes Tagen
Sich Blatt um Blatt dem edlen Stamm entwindet,
Wenn auch der letzten Blume Schein erblindet,
Und einsam nur die kahlen Stengel ragen.
Ich liebe mehr des größten Sturmes Plagen,
Wenn unverwelket er die Schöpfung findet,
Vor seinem Hauch das warme Leben schwindet,
Und Bäume donnernd Bäume niederschlagen.
Ein Tor, der wünscht, daß mit der trägen Stunde
Allmählig ihn des Alters Gift verwunde,
Bis keine Pulse mehr vom Herzen wallen.
Es ist ein schön'res Los, in freud'gem Bunde
Zu ziehen aus des Lebens reichen Hallen,
Und ungeschwächt in Kampfeslust zu fallen.
Die Freude
Daß von dem Leid dein krankes Herz gesunde,
Will ich dir, Freund! den Becher Weines bringen;
Es wird die Glut dein ganzes Sein durchdringen,
Und das Vergessen winkt aus seinem Grunde.
Die Sorge flieht, und jede neue Stunde
Wird freundlich dir, wie Gruß der Liebe klingen;
Bald rauscht das Lied, und trägt auf leichten Schwingen
Zu uns herbei vergang'ner Zeiten Kunde.
Dann naht die Freude dir, die ewig milde;
Wohin sie wandert, leuchtet ein Gefilde,
In dessen Grün die schönsten Rosen blühen.
Halbtrunken willst du noch dein Auge mühen,
Und fühlst den Kuß schon auf den Lippen glühen,
Und hältst umfangen schon das Traumgebilde!
Im Sturme
Auf fahlem Meere liegt Gewitterschwüle;
Schon steigen an des Himmels dunklen Enden
Die Wolken auf, die ihre Donner senden,
Und türmen sich in schwärzlichem Gewühle.
Doch ob die Flut an's leichte Fahrzeug spüle,
Ob Feuerblitze grell das Auge blenden,
Nicht will der Schiffer nach der Heimat wenden,
Kein Bangen stört des strengen Herzens Kühle.
So schlugen einst die wechselnden Geschicke
Aus ihn, der allen Mächten Trotz geschworen,
Da ging im Kampf sein Liebstes ihm verloren.
Nun ruht der Arm; es starren seine Blicke,
Als hätt' er mutig sich den Sturm erkoren,
Daß er mit Todesarmen ihn umstricke.
Meeresleuchten
In langen Furchen rauscht es durch die Wellen;
Es späht der Seemann von des Schiffes Rande
Mit düst'rem Blick nach einem fernen Lande,
Wohin die Winde seine Segel schwellen.
Da hebt sich's rings in tausend Feuerquellen,
Und funkelnd zieht's um's Schiff wie Silberbande,
Und fernher in geheimnisvollem Brande
Erscheint's wie Klippen, die sich matt erhellen.
Da steigt der Mond mit seinem vollsten Lichte,
Der Zauber der Erscheinung wird zunichte,
Dem Schiffer bleibt das ferne Land versunken.
Doch Ruhe weilt auf seinem Angesichte,
Es hat sein Herz im Strahle jener Funken
Einmal des Hoffens milden Tau getrunken.
Epoche der Vorwelt
Hoch schäumend ging das Meer; die Stürme sogen
Es gierig auf mit donnernden Gewalten;
An Wellentürme Meteore prallten,
Die zischend aus den Feuerlüften flogen.
In ihrer Wälder finst're Heimat zogen
Des Landes ungeheure Tiergestalten;
Da klaffte weit der Grund in tiefen Spalten,
Und Tier und Wälder stürzten in die Wogen.
Zerstört lag eine Welt von Riesenformen,
Auch ihre dauerndsten Gebilde sanken
Entkräftet in dem langen Lauf der Zeiten.
Allein aus ihrem Schutt nach ew'gen Normen
Erhob der Geist die Säulen der Gedanken,
Den Bau der neuen Schöpfung zu bereiten.
Glaube
Ermattet sanken meine schwachen Glieder;
Der Flut, der unbezwinglichen, zum Raube
Trieb auf den Wellen frei mein alter Glaube,
Das kleine Schiff ging schwankend auf und nieder.
Da hört' ich leise rauschendes Gefieder;
Es flog einher die weiße Friedenstaube,
Und brachte mir das Reis mit grünem Laube,
Und aus den Fluten stieg die Erde wieder.
Seid mir gegrüßt, ihr lieblich grünen Matten!
Ihr sonn'gen Berge mit der Wälder Schatten,
Ihr Blumen, lächelnd aus der Knospen Hülle!
Nun schweigt der Sturm; — ich seh' im Farbenbogen
Der Gottheit Schrift, durch Wolkenduft gezogen:
"Erkenne mich in der Erscheinung Fülle!"
Zwei Welten
Ich sah Paläste tief in Meereswogen,
Und ließ von Luftgebilden mich berücken;
Mein Kleid wollt' ich mit Tauesperlen schmücken
Und hielt für Wahrheit jeden Regenbogen.
Doch als ich näher war dem Schein gezogen,
Sah ich des Meeres Säulen sich zerstücken;
Die Perlen schwanden und des Himmels Brücken,
Die Bilder waren in der Luft verflogen.
Da ließ ich ab, und lenkte meine Schritte,
Ein ernster Wand'rer, einsam durch das Leben,
Den Blick gesenkt in meines Herzens Mitte.
Nun kenn ich Bilder, welche niemals wanken,
Die Wahrheit leuchtet, und in ruh'gem Streben
Hebt sich ein Bau von dauernden Gedanken.
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