Venedig
I.
Fremdes Rufen. Und wir wählen
eine Gondel, schwarz und schlank:
Leises Gleiten an den Pfählen
einer Marmorstadt entlang.
Still. Die Schiffer nur erzählen
sich. Die Ruder rauschen sacht,
und aus Kirchen und Kanälen
winkt uns eine fremde Nacht.
Und der schwarze Pfad wird leiser,
fernes Ave weht die Luft, —
traun: Ich bin ein toter Kaiser,
und sie lenken mich zur Gruft.
II.
Immer ist mir, daß die leisen
Gondeln durch Kanäle reisen
irgend jemand zum Empfang;
denn das Warten dauert lang,
und das Volk ist arm und krank,
und die Kinder sind wie Waisen.
Lange harren die Paläste
auf die Herren, auf die Gäste,
und das Volk will Kronen sehn.
Auf dem Markusplatze stehn
möcht ich oft und irgendwen
fragen nach dem fernen Feste. . .
III.
Mein Ruder sang:
Poppé, fahr zu!
Ein Volk von Sklaven
drängt sich im Hafen
um nüchterne Feste,
und die Paläste
können nicht schlafen.
Poppé, fahr zu!
Eisige Ruh
in Marmorgliedern,
mit matten Lidern
erschauern die Plätze.
Im Gassennetze
betteln die Niedern.
Poppe, fahr zu!
Sag mir, weißt du
noch von den Toten,
die hier geboten
in köstlichen Kronen?
Wo sie jetzt wohnen,
die Purpurroten?
— — — — — — — —
Poppé, fahr zu!
IV.
Ave weht von den Türmen her,
immer noch hörst du die Kirchen erzählen;
doch die Paläste an stillen Kanälen
verraten nichts mehr.
Und vorbei an der Traumesruh
ihrer schlafenden Stirnen schwanken
leise Gondeln wie schwarze Gedanken
dem Abend zu.
Englar im Eppan
Später Weg. Die Hütten kauern,
und das dumpfe Dorf schläft ein.
Ernste Türme seh ich dauern,
weit aus weißen Blütenschauern
wächst ihr Weltverlorensein.
Abendbrand in brachen Zinnen,
und der Wind fährt durch den Saal.
Und für wen im Burghof drinnen
immer noch die Brunnen rinnen —
keiner weiß es dort im Tal.
Tenno
Der Kirchhof hoch im Sommerschnee
gehört zum Berghof hin;
wie über einem Hochlandsee
wacht Frieden über ihn.
Da weiß kein Blühn vom Frühlingsstrahl.
Der Rasen schüchtert frühfrostfahl,
die Kreuze arm, die Hügel kahl,
und sacht und selten wächst die Zahl:
einmal.
Der Weg ist schlecht, der Weg ist schmal.
Im kleinen Dorf ist kleine Wahl
und kleines Glück und kleine Qual, —
drum läuten sie so fern im Tal:
einmal, — einmal, — einmal. —
Casablanca
Am Berge weiß ich trutzen
ein Kirchlein mit rostigem Knauf,
wie Mönche in grauen Kapuzen
steigen Zypressen hinauf.
Vergessene Heilige wohnen
dort einsam im Altarschrein;
der Abend reicht ihnen Kronen
durch hohle Fenster hinein.
Arco
Die Hochschneezinne, schartig scharf,
loht auf wie eine Mauerkrone,
in die der lachende Nerone,
der Morgen, seine Fackel warf.
Und wie die Flammen bis ins Blau
sich zu verblühten Sternen strecken,
erwacht das Tal in schönem Schrecken
und taucht empor aus Traum und Tau.
I Mulini
Du müde, morsche Mühle,
dein Moosrad feiert Ruh,
aus der Olivenkühle
schaut dir der Abend zu.
Der Bach singt wie verloren
Menschenlieder nach,
tiefer über die Ohren
ziehst du dein trutziges Dach.
Bodensee
Die Dörfer sind wie ein Garten.
In Türmen von seltsamen Arten
klingen die Glocken wie weh.
Uferschlösser warten
und schauen durch schwarze Scharten
müd auf den Mittagsee.
Und schnellende Wellchen spielen,
und goldene Dampfer kielen
leise den lichten Lauf;
und hinter den Uferzielen
tauchen die vielen, vielen
Silberberge auf.
Konstanz
Dem Tag ist so todesweh
Müd gießt er aus goldenen Kelchen
Wein in den Bergesschnee.
Hoch schüchtert, scheu wie ein Reh,
ein Stern überm Uferschleh,
und ziere, zitternde Wellchen
gittern den Abendsee.
|