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Gedichte

Ratschky Joseph Franz
Wien 1791

gedruckt für Rudolph Gräffer und Compagnie
bey Ignaz Alberti


Vorrede

 


Wohlan, es sei!
Auch ich will's wagen,
Was ich in Tagen
Der Wonne, frei
Vom Joch der Sorgen,
Und fern vom Zwang,
Dem grauen Morgen
Entgegensang,
Dem Vaterlande
In diesem Bande
Trotz allem Dräun
Der Zoilaster
Und Kritikaster
Getrost zu weihn.

Zieht hin, ihr Spiele
Der Jugendzeit,
Wo, unentweiht
Vom Weltgewühle,
An Klio's Arm
Mir fern vom Schwarm
Der Sauertöpfe
Manch Lied gedieh!
Zieht hin, Geschöpfe
Der Phantasie,
Die im Genusse
Der frohsten Muße
Mein Geist gebar!
Zieht hin in Frieden!
Die holde Schar
Der Pieriden
Mög' auf der Bahn
Zum hochgeweihten
Parnaß hinan
Euch sanft geleiten!

Verzagt nicht gleich,
Ihr meine Lieder,
Wenn hin und wieder
Im deutschen Reich
Sich Journalisten
Kühn wider euch
Zur Fehde rüsten!
Oft ist ihr Mut
Nur Kinderwut,
Und halten Männer,
Die man als Kenner
Des Schönen ehrt,
Euch lieb und wert,
So laßt die frechen
Pedanten schrein,
Die insgemein
Nur Silben stechen!

Doch solltet ihr
Mit Pfeffertüten
Und Zuckerhüten,
Wie Löschpapier
Je, klein zerstückelt,
Um Heringe
Herumgewickelt;
Als Flüchtlinge,
Gleich hundert andern,
Das Land durchwandern,
Nähm' euch das Heer
Der lockern Schneider
Zum Maß für Kleider,
Ja fänd' ich leider!
Euch ungefähr
In Käseläden
Bei Leichenreden,
Bußpredigten
Und Fasts Scharteken,
Bei kritischen
Bibliotheken
Und Zeitungen
Zu meiner Schande,
O so verweilt
In diesem Stande
Der Schmach nicht! eilt
Im schnellsten Trabe
Nur bald zu Grabe,
Und sträubt euch nicht;
Ein schlecht Gedicht
Bringt seine Schwächen
Durch Widersprechen
Nur mehr an's Licht.

Wenn aber (schüchtern
Hoff' ich's) die Welt
Beglücktem Dichtern
Mich zugesellt,
Wenn ihr zu Zeiten
Durch eure Kunst,
Ihr sanften Saiten,
Bei wackern Leuten
Mir Beifall, Gunst
Und Lieb' erringet,
Wenn's euch gelinget,
Ihr Liederchen,
Schwermütigen
Ihr Leid zu mindern,
Wenn ihr, geschätzt
Von schönen Kindern,
Lehrt und ergetzt,
Und mir hienieden
Die kurze Frist
Mit Lust versüßt,
So seid zufrieden
Mit diesem Lohn,
Wenn euch auch schon
Des Nachruhms Adel
Ein Rezensent
Dreist aberkennt,
Und euch den Tadel
Der Enkel dräut!
O mir gedeiht
Ein bißchen Ehre
Bei Lebenszeit
Mehr, als die leere
Unsterblichkeit.
Was hilft im Grabe
Der Nachruhm mir,
Wenn ich dafür
Kein Ohr mehr habe?