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Neuere Gedichte

Ratschky Joseph Franz

Wien 1805
bey J.V.Degen
Buchdrucker und Buchhändler

Gedichte 1
 

An einen Apostel des Reichs
Elegie
An einen gefühllosen Offizier
Der Frosch und der Krebs
Auf eine dumme Schöne
Der Weiberfreund
Auf eine bösartige Schöne
Parodie
Ein Wortspiel
Ehrengedächtnis des Erfinders
Auf den Springbrunnen
Urlaub von der Stadt Wien
Auf die ruhmredige Ankündigung
Die bestraften Fledermäuse
Skizze eines modernen Minneliedes
Die vierte Grazie
Chronik meines Herzens
Die Umarmung
Auf Alxingers Tod
Die Weinlese
An eine rechthaberische Kokette

An einen Apostel des Reichs

der Finsternis
Wien im Hornung (Februar) 1792

Il y aura toujours des barbares et des fourbes,
qui fomenteront l'intolérance.
                                            Voltaire


Glorreicher Patriarch der neubelebten Scharen
Der schwarzen Volksverfinsterzunft,
Der goldnen Zeit der Hunnen und Awaren
Sich freuend, rastlos sind, die Fackel der Vernunft,
Weil Schwindelköpfe sie statt eines Brands mißbrauchen,
Mit vollen Backen auszuhauchen!
Freund und Patron der Geisterbarbarei!
Ist's, während Sie sich frischem Atem sammeln,
Erlaubt ein Wörtchen oder zwei
Zu Gunsten der Vernunft zu stammeln?

Nun denn mein Herr! Die Frucht, die goldgestreift
Am Baume der Erkenntnis reift,
Bleibt, wenn Ihr Mund (weil, wie ich glaube,
Sie Ihnen, wie dem Fuchs die Traube,
Zu hoch hängt) auch als Gift sie zu verschreien sucht,
Doch immer eine Götterfrucht,
Die Herz und Geist von bösem Unrat reinigt,
Und Wohlgeschmack mit Heilsamkeit vereinigt.

Verdauen Sie und Leutchen Ihrer Art
Aus Ungewohnheit sie zu hart,
Besorgen Sie davon Erbrechen, Blähung, Fieber
Und Durchfall, ei wohlan, mein Lieber,
So lassen Sie sie ungepflückt!
Ein Mann mit einem schwachen Magen
Tut wohl, der Speise, die ihn drückt,
Ist's gleich Ambrosia, auf immer zu entsagen.
Mir aber, der ich stets Gedeihn und Wohlbehagen
An dieser Nahrung fand, mir, bitt' ich, den Genuß
Der süßen Frucht nicht zu verderben.
Enthält sie, wie Sie drohn, ein leidig Gift, und muß
Ich ohne Rettung dran des bittern Todes sterben,
So sei's! der Schaden ist nicht groß:
An Leuten meines Schlages gebricht es nicht auf Erden,
Und wohlgemerkt! Sie und die Dummheit werden
Dann eines Widersachers los.

Elegie
eines tiefbetrübten Witwers an der Bahre seiner innigst geliebten Gattin.
Nach dem Englischen des Thompson
Wien im Brachmond (Juni) 1792

Herzenskind! so mußtest du erkalten!
   Ach, zu früh! seufzt' ich mit bangem Sinn:
Doch dein Geist ließ sich nicht länger halten,
   Er entfloh . . . und ach! wer weiß wohin.

Wüßt' ich dich zu finden, ha! ich schwöre,
   (Denke ja nicht, daß ich, bestes Weib,
Dir nur schmeichle) nein! bei meiner Ehre
   Schwör' ich es . . . ich bliebe dir vom Leib.

Friedlich ruht dein Körper auf der Bahre:
   Doch dein Seelchen, holdes Augenlicht!
Ist es in der Hölle? Gott bewahre!
   Nein . . . da litte dich der Teufel nicht.

In den Himmel, zu dem Sitz der Götter
   Fuhrst du auf; denn deines Stimmchens Klang
War es, was im letzten Donnerwetter
   So melodisch durch die Wolken drang.

An einen gefühllosen Offizier
Wien im Heumond (Juli) 1792

Wer unter dir Musketen trägt,
O junger Wüterich! ist wahrlich zu beklagen;
Denn deine Mannschaft wird, wenn sie der Feind nicht schlägt,
Doch sicherlich vom Korporal geschlagen.

Der Frosch und der Krebs
Wien im Jänner 1793

Der Wasserfrosch sprach einst zum Krebse:
Freund! Reisen bildet, wie man sagt,
Nicht selten auch die dümmsten Schöpse:
Drum laß uns reisen! Frisch gewagt!

Laß uns von Sumpf zum Schloßteich wandern,
Der edle Frösch' und Krebse nährt,
Die Vieles wissen, was wir andern
Gemeinen Tröpfe nie gehört!

Froh sprang der Frosch nun an's Gestade.
Der Krebs kroch nach, und so begab
Das Paar sich auf den Weg: doch Schade!
Die Wandrung lief nicht glücklich ab.

Der Frosch brach fern vom Ziel der Reise
Das Bein durch rasche Sprünge sich,
Indes der Krebs nach seiner Weise,
Statt vorzurücken, rücklings schlich.

O Wahrheitsforscher, auf dem steilen
Fußpfade zu des Lichtes Höhn
Ist's unklug, sich zu übereilen,
Und schimpflich, plump zurückzugehn.

Auf eine dumme Schöne
Wien im April 1793

Entzückend schön, doch dumm ist Lindors Braut: auf sie
Paßt Hallers Mittelding von Engel und von Vieh.

Der Weiberfreund
Nach dem Englischen des Cowley
Wien im April 1794

Nie müde, spiel' ich mit den Scharen
Der Töchter Evens Amors Spiel:
Von fünfzehn bis zu fünfzig Jahren
Ist jede meiner Wünsche Ziel.

Durch Farb' und Form, durch Witz und Güte,
Durch alles Fühl' ich mich entzückt:
Ein Ebenbild der Aphrodite
Ist jede, die mein Aug' erblickt.

Bei blonden runden Dindonetten
Preis' ich die Fülle der Natur:
An hagern schmächtigen Brünetten
Reizt mich verliebter Sehnsucht Spur.

Den schlanken Füßchen einer Schönen,
So wie den schiefen huldig' ich;
An Amors Pfeil erinnern jene
Und die an seinen Bogen mich.

Auch die vermag mein Herz zu angeln,
Bei der man jeden Reiz vermißt:
Mag immerhin ihr alles mangeln,
Wenn's nur ein weiblich Wesen ist!

So flatt'r ich, rastlos gleich den Bienen,
Durch Amors Lustgefilde hin,
Und selbst das Unkraut muß mir dienen,
Um süßen Honig draus zu ziehn.

Auf eine bösartige Schöne
Wien im Jänner 1795

Ein reizend Weib,
Doch bös' ist Pamele:
Gott formte den Leib,
Der Teufel die Seele.

Parodie
von Horazens 14.Ode im II.Buch
Wien im März 1795

Zu hastig leider! rollen die Jahre hin,
Mein bester Damis. Üb' auch im strengsten Sinn
Enthaltsamkeit: vor grauen Haaren
Und vor dem Sarg kann uns nichts bewahren.

Selbst nicht Quarin, der Liebling Hygeens kann
Den Tod entwaffnen, bötst du dem Wundermann
Gleich willig deine ganze Habe
Für ein Rezeptchen zur Opfergabe.

Zur finstern Grube, wo wir in Frieden ruhn,
Muß endlich jeder wandern, er möge nun
Auf goldnen Königsstühlen thronen,
Oder in dürftigen Hütten wohnen.

Vergebens fliehst du Säbel und Schießgewehr
Und der Orkane Wut auf dem hohen Meer:
Vergebens macht der Zugluft wegen
Fenster und Türe dich verlegen.

Nichts desto minder seh' ich dich, je nachdem
Das Los dich trifft, im ew'gen Jerusalem
Mit einem Strahlenkranze sitzen,
Oder im Schwefelbad Satans schwitzen.

Verlassen mußt du alles, dein Gut, dein Haus,
Dein trautes Weib: nur einen Zypressenstrauß
Aus deinem selbstgepflegten Garten
Darfst du als Abschiedsgeschenk erwarten.

Dein froher Erbe wird beim Tokayerwein,
Mit dem du kargtest, fröhlichen Mutes sein,
Und zechen gleich den reichen Äbten;
Die vor der Epoche Josephs lebten.

Ein Wortspiel
Wien im April 1795

Du rühmst dich, Freund Kilian,
Du seist ein Mann von Wort:
Ei, Plauderer, wer zweifelt dran?
Du sprichst ja immerfort.

Ehrengedächtnis des Erfinders der Buchstaben

nach dem Englischen
Wien im Weinmond (Oktober) 1795

Gepriesen sei der Mann von unschätzbarem Werte,
Durch dessen Kunst wir uns des Geistes Phantasein
Verkörpern, und den Schall des Mundes konterfein,
Der Hände reden hieß, und Augen hören lehrte,
Der eine keines Lauts bedürft'ge Sprach' ersann,
Die auch der Taube hört, der Stumme sprechen kann,
In der wir mit dem Freund, den Meere von uns trennen,
Ja mit denToten selbst uns unterreden können.

Auf den Springbrunnen
eines Lustgartens
Wien im März 1796

Seht hin! ein Triton steht, gestützt
Auf Felsentrümmer, dort im Wasser:
Wer stellt' ihn auf? Ein reicher Prasser,
Der unverdient im Trocknen sitzt.

Urlaub von der Stadt Wien
Brunn am Gebirge im Herbstmond (Oktober) 1796

Scriptorum chorus omnis amat nemus, et fugit urbes.
                                                        Horat.


Glück zu, daß ich, entfernt von dir,
    O unruhvolles Wien,
Hier in Gott Libers Lustrevier
    Frei und mein eigen bin!

Froh wandert' ich, o Kaiserstadt,
    Du großes Siechenhaus,
Des Lärmes, Dampfs und Staubes satt,
    Aus deinen Mauern aus.

So freudig machte Lazarus
    Aus seiner Totengruft
Und Lot aus Sodoms Feuerguß
    Sich in die freie Luft.

Der Pflastertreter bunter Klub
    Mög' auf dem Graben stehn,
Und lüstern mit dem Teleskop
    Nach feilen Dirnen sehn.

Es meistre Kramers Parlament
    Mit gleichem Aberwitz
Bald Weidmanns komisches Talent
    Und bald die Plane Pitts.

Stolz dünk' auf dem Paradeplatz
    Mit seiner Jezabel
Ein Wucherer, die Pest des Staats,
    Sich Herr in Israel.

Es tummle wild ein eitler Wicht
    Im Prater seinen Gaul:
Ein Geck reizt meine Neugier nicht,
    Sei's Peter oder Paul.

Der Thespis unsers Säkulums,
    Herr Schikaneder, sei
Der Abgott seines Publikums
    Und werde reich dabei.

Galls ekle Schädelgalerie
    Beschäftige ganz Wien:
Traun! ich beneide kein Genie
    Um seinen Platz darin.

Gern leb' ich vom Gezank der Herrn
    Verfinstrer mit des Lichts
Tollkühner Propagande fern;
    Parteigeist tauget nichts.

Friedfertig sag' ich in dem Schoß
    Der ländlichen Natur
Mich vom Gewühl der Städte los:
    Mir gnüget Wald und Flur.

Mir ekelt vor dem Flitterglanz,
    Der Toren nur gefällt,
Und vor dem ganzen Firlefanz
    Des Prunks der großen Welt.

Mir ist die Doppelzüngigkeit
    Des Städters ein Skandal,
So wie einst Roms Verdorbenheit
    Dem strengen Juvenal.

Er sprach: quid Romae Jaciam?
    Mentiri nescio.
Ich bin wie er den Städten gram:
    Drum sprech' ich eben so.

Auf die ruhmredige Ankündigung
der Poesien eines Berliner Dichters.
Wien im Weinmond (Oktober) 1796

Ei, was verkündigt doch dies Kreissen
Des Musenbergs der Herren Preußen?
Nichts weiter, ich seh' es voraus,
Als eine poetische Maus.

Die bestraften Fledermäuse
Aus dem Lateinischen des Phädrus
Wien im Wintermond (November) 1796

Die Tiere mit vier Füßen führten
Vor Zeiten mit den Vögeln Krieg:
Mit schlauer Schalkheit föderierten
Sich, je nachdem ein Teil den Sieg
Im Kampf erhielt, die Fledermäuse
Mit beiden Mächten wechselweise.
Als es zum Friedensschlusse kam,
Ward dieses schändliche Betragen
Geahndet, und seit diesen Tagen
Sieht man noch immerfort voll Scham
Die Fledermaus das Taglicht scheuen,
Und nie sich zeigen, als bei Nacht.

Dies Beispiel lehrt, wie sehr, wer sich an zwei Parteien
Verdingt, bei beiden sich zuletzt verächtlich macht.

Skizze eines modernen Minneliedes
Wien im Jänner 1797

Mit trunkenen Blicken betracht' ich Klimenen,
Das Wunder der Schöpfung, die Krone der Schönen:
Wer stünde nicht, unwiderstehlich gleich mir
Vom Drang des Entzückens ergriffen, vor ihr?

Bezaubert von ihrer ätherischen Miene,
Verweil' ich, und staune sie an, als erschiene
Mir, rings von olympischer Anmut umstrahlt,
Die cyprische Göttin in Menschengestalt.

Ha! welch ein gefälliger Umriß der Glieder!
Welch eine den Schnee und das Schwanengefieder
An blendender Weiße beschämende Brust,
Von Amorn gebildet zum Throne der Lust!

Und welch ein belebtes, den koischen Schleier
Gleich Blitzen durchstrahlendes Auge voll Feuer!
Ein Kuß auf dies Mündchen erhübe beim Styx!
Mich bis an den Gipfel des irdischen Glücks.

O würdigte sie mich, ihr Sklave zu werden,
Ich trüge der härtesten Knechtschaft Beschwerden,
Und wollte die Herrschaft der Erde verschmähn,
Um unter Klimenens Pantoffel zu stehn.

Die vierte Grazie
Wien im Hornung (Februar) 1797

Wer nur von drei Grazien spricht,
Sah wahrlich Nadinen noch nicht;
Denn traun! sonst gestünd' er mit mir,
Es gebe der Grazien vier.

Chronik meines Herzens
Nach dem Englischen des Cowley
Wien im März 1797

Therese mit dem blonden Haar
Und mit dem blauen Auge war
    Die erste, die mein Herz regierte.
Ihr folgte nach zwei Monden schon
Das braune Hannchen auf dem Thron,
    Das auch nicht lang den Zepter führte.

Dann kam Luise zum Besitz
Der Allgewalt, ein Kind voll Witz
    Und wohlgebildet zum Entzücken.
Sie herrschte rühmlich Jahr und Tag:
Doch unvermutet unterlag
    Sie Annens sieggewohnten Blicken.

Der schönen Anne süßes Joch
Trüg' ich vielleicht zur Stunde noch:
    Allein ihr eitles Herz verletzte
Gott Amors Grundgesetz zu sehr,
Indem sie fremde Schmeichler mehr
    Als mich und meine Treue schätzte.

Nach Annen ward die Majestät
Des Throns geteilt: Elisabeth
    Und Kätchen herrschten wechselweise.
In ungestörter Harmonie
(Ein seltner Fall!) regierten sie:
    Laut sag' ich es zu ihrem Preise.

Ein Mädchen, wie ein Wüterich,
Riß drauf das Regiment an sich,
    Genannt Elisabeth die Zweite.
Schwer drückte mich der Eigensinn
Der launenhaften Sultanin,
    Bis nun Sophie mich befreite.

Bescheiden, sittsam, schonend, mild
Und duldsam, kurz, ein Ebenbild
    Der Himmelstöchter war Sophie.
Fest hing mein ganzes Herz an ihr:
Doch ach! der Tod entriß sie mir.
    Und ihren Platz erhielt Marie.

Unwissend in der Politik
Cytherens, ließ vom blinden Glück
    Leichtsinnig sich Marie lenken.
Sie büßt' es; schon im ersten Mond
Sah sie gewaltsam sich entthront,
    Besiegt von Lorchens schlauen Ränken.

Begabt mit höherem Genie,
Und mit der Feldartillerie
    Zwei schwarzer Augen ausgerüstet,
Erkämpfte dann in Einer Nacht
Sich Malchens Mut die höchste Macht,
    Mit der sich Lorchen lang gebrüstet.

Durch eine Revolution
Der neusten Art ward Malchens Thron
    Jetzt einer Kammermagd zu Teile.
Von dieser kaum zur Königin
Erkornen Usurpatorin
    Entfernte mich die Langeweile.

Nach jahrelanger Sklaverei
Beschloß ich nun, mein Herz für frei
    Und unabhängig zu erklären:
Gesetzlos folgt' ich, hingerafft
Vom Drang der wilden Leidenschaft,
    Der Stimme lockerer Hetären.

Der Taumel dieser Anarchie
Erschöpfte meine Phantasie,
    Und Mißmut wurde mein Begleiter:
Da schwur ich abermal den Eid
Der Treu' und Unterwürfigkeit
    Christinen, Lotten und so weiter.

Von meiner Herrscherinnen Macht
Und ihres Thrones Glanz und Pracht
    Wird noch die spätste Nachwelt zeugen:
Drum laßt mich von den Rüstungen
An Bändern, Spitzen, Ringelchen,
    Halsketten und dergleichen schweigen.

Auch kann ich euch von ihres stets
Erfindungsreichen Kabinetts
    Beschäftigungen nichts erzählen:
Man muß Geheimnisse des Staats,
Wofern man nicht des Hochverrats
    Sich schuldig machen will, verhehlen.

Ein Andrer mache den Versuch,
Und liefr' ein Anekdotenbuch
    Von meinen königlichen Schönen:
Er kann, bis er das Ziel erreicht,
Sein lehrreich Werk, wie Krünitz, leicht
    Zu mehr als hundert Bänden dehnen.

Ich schließe meine Chronik hier,
Und wag' es, Henriette, dir
    Sie mit dem Wunsch zu dedizieren:
Lang, o du meine jetzige
Ruhmvollste, größte, mächtigste
    Monarchin, mögest du regieren!

Die Umarmung
Wien im Mai 1797

Im Rosenmonde saß ich, vom Silberschein
Des Vollmonds halb beschienen, mit ihr allein
    Sanft hingelagert auf dem weichen
       Rasen im Schatten verschwiegner Eichen.

Da wagt' ich's meines Herzens geheime Brunst
Ihr zu gestehn, und bat sie um Gegengunst:
    Sie sah mich an, und neues Leben
        Ward durch den Wonneblick mir gegeben.

Ermuntert drang ich feuriger nun in sie,
Warf mich zu ihren Füßen, umfing ihr Knie,
    Und es gelang nach hundert Schwüren
       Ewiger Treue mir sie zu rühren.

Entzückungsvoller Augenblick! feierlich
Umarmte sie zum Pfande der Liebe mich:
    Doch, Götter, seit sie mich umschlungen,
       Fühl' ich mich doppelt von Glut durchdrungen.

Nichts mindert diesen Brand, den mein Busen nährt:
Ihr heißen Arme, schont, eh' ihr mich verzehrt!
    Doch nein, schlagt über mich zusammen!
       Willig verbrenn' ich in euern Flammen.

Auf Alxingers Tod
Wien im Mai 1797

Wenn ihn auch unversehns sein ungestümes Blut
Auf manchen Irrweg trieb, so war sein Herz doch gut,
Sein Geist an Bildung reich, sein Frohsinn unermeßlich:
Wer mit ihm Umgang pflog, dem bleibt er unvergeßlich.

Die Weinlese
Brunn am Gebirge im Weinmond 1797

Hört, o hört, geliebte Brüder,
Wie der Klang der Winzerlieder
    Jubelnd von den Hügeln tönt!
Horcht, wie frohe Dorfmänaden
Uns zu einem Feste laden,
    Wo man keinem Zwange frönt!

Folgt mit mir der muntern Leyer
Regem Schall, und eilt, die Feier
    Vater Evans zu begehn!
Seht die holde Frucht der Reben
An Gott Liters Thyrsusstäben
    Rings in voller Reife stehn!

Ha! der süßen Augenweide!
Seht, wie Jung und Alt voll Freude
    Körbe dort mit Trauben füllt,
Und hier Most, der einst, geläutert
Von der Zeit, das Mahl erheitert,
    Sprudelnd von der Kelter quillt!

Mögen alle sieben Weisen
Auch das Wasser höher preisen,
    Als des Weinstocks edles Mark:
Ihr Geschwätz soll uns nicht wehren,
Libers Göttertrank zu ehren;
    Er macht Leib und Seele stark.

Als die Enkel Teuts noch zechten,
Stritten sie mit ungeschwächten
    Kräften für das Vaterland,
Und beseelt vom Traubenblute,
Taten sie mit Löwenmute
    Fremdem Joche Widerstand.

Evan Evoe! es lebe
Hoch der goldne Saft der Rebe!
    Weihet ihm ein Lobgedicht!
Singet: Heil dem Sorgenbrecher!
Leert die Fässer! füllt die Becher!
    Schont des alten Weines nicht!

Seht, wie reichlich statt des ältern
Neuer Nektar von den Keltern
    In die Tonnen sich ergießt!
So geht hier ein Greis zu Grabe,
Während dort ein frischer Knabe
    Seiner Mutter Schoß entsprießt.

An eine rechthaberische Kokette
Wien im Wintermond (November) 1797

Weil ich zu vorschnell sprach, du habest dich betrogen,
Zürnst du, o schönes Kind, und nennst mich ungezogen.
Ich übereilte mich: vergib, Laidion!
Dich selbst betrogst du nie, doch mich und andre schon.