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Gedichte 2
 

Erste Liebe
An Byron
An * * * * *
Geniusflug
Sylvesterabend
Begegnung
Klang in der Dämmerung
Den Regierenden
Ungeduld
Und doch!
Die Stimme des Morgens
Stille Größe
Mutter und Sohn
Gebirgswanderung im Mai
Wer könnt' in meiner Seele lesen!
Abendwanderung
Sehnsucht
Kritiker und Dichter
Novemberfrost
Nachtphantasie
Weihnacht
Besuch im Tale
Verbannung
Ahasver

Erste Liebe


Du teures Bild! ich wollte dich vergessen
Und dir entflieh'n im stürmisch raschen Lauf,
Doch was man heiß ersehnt und nie besessen,
Dringt stets auf's Neue sich der Seele auf!

Noch jetzt erfüllt es mich mit bitt'rer Reue,
Daß dir zu Füßen — fassend deine Hand
Ich nie der ersten Liebe innig scheue
Doch glühend heiße Regung dir gestand. —

Du ahnst es nicht — wohlan! so ahn' es nimmer
Und das Geständnis bleibe mir versagt,
Daß du der Stern, der einst mit kurzem Schimmer,
Doch himmlisch hell in meine Nacht getagt

An Byron

O hoher Genius des erhab'nen Briten!
In welcher Sphäre auch dein Flügel schwebt.
Du großes Herz! das Großes hat gelitten,
So lang's mit edlem Schlag die Brust belebt;
Den Kampf der Erde hast du ausgestritten,
Von Wonne, von Verzweiflung oft durchbebt,
Du wirst dem Sänger, unbekannt, verzeihen,
Will er dir Worte der Bewund'rung weihen!

O stünden mir die Töne zu Gebote —
O hätt' ich deine Leier — deine Hand —
Mit der du, gleich dem jungen Sonnengotte
Entzündet deines Liedes jähen Brand;
Das Flammenlied — das voll vom kalten Spotte
Ach nimmermehr die kleine Welt verstand
Die Welt — der Zwerg, der an dem Riesen klettert,
Die nie erhoben wird — doch wohl zerschmettert!

Du aber gingst — ein Fremdling dieser Erde —
Mit stolzem Sinn, mit freiem Siegermut,
Flohst zur Natur mit lächelnder Gebärde,
Der wie ein Kind am Busen du geruht.
Hier an der Schöpfung innerst tiefem Herde
Strömst einsam aus du die vulkan'sche Glut
Und lächelst kalt zurück, zum Weltgetriebe,
Zu arm für deine Sehnsucht — deine Liebe!

Das Meer — der Gletscher ward da dein Genosse,
Der Strom — der See, das ganze Weltenall;
Das "Nichts" beklagend aller Menschenlose
Weinst du die Träne über Roma's Fall,
Du suchst das Unvergängliche, das Große.
Unsterblichkeit! wo ist dein Hoffnungsstrahl?
Ein ew'ger Kampf des Guten mit dem Bösen;
Ach! nimmer ist das Rätsel mehr zu lösen!

Stumm ist des Lebens Sphinx — o eitles Wähnen —
Rings Zweifel, widersprechend Einerlei!
Da faßt dein Herz das ungeheure Sehnen
Und aus der Brust dringt der Verzweiflung Schrei.
Jetzt fließet sanft dein Lied wie Liebestränen,
Wie Harfenklang, voll stiller Engelsweih',
Jetzt flackert es ein Blitz, wie Donner rollen,
Wie Fluten schwellen — wie Lavinen grollen.

Da schweifst du unstät hin ans ew'gem Meere,
Es reißt dich fort mit wogender Gewalt,
Ach! auszufüllen deines Herzens Leere;
Du, selbst ein Meer von dunkler Flut durchwallt.
Des Ruhmes Stern, der unverrückbar hehre,
Er ist's, der dir am nächt'gen Himmel strahlt!
Er ist dein Führer aus der Wasserwüste
Und leitet dich an Hella's Felsenküste.

Und nun bist du am Ziel — im edlen Ringen
Nach Freiheit muß dein freier Geist entflieh'n;
Er dehnt und lenkt die kühnen gold'nen Schwingen
Nach einem glücklichern Gestirne hin,
In deiner Locken Dichterkranz sich schlingen
Muß sich des Helden junges Lorbeergrün,
Aus ist die Pilgerfahrt, in deinem Hafen,
O Missolounghi! geht der Pilger schlafen!

An * * * * *

                           I.
                  Erstes Erblicken

Nur auf des Tanzes flüchtiger Sandale
Bist du zuerst an mir, vorbeigeschwebt
Und plötzlich, doch mit warmen Zauberstrahle,
Hat schwärm'risch mich dein dunkler Blick durchbebt.

Dein Auge — wie der Himmel, traumversunken
Doch schwarzblau, wie der Himmel in der Nacht,
Tiefdämmernd — bergend tausend Liebesfunken
Wie eine ahnungsvolle Sternenpracht!

In diesen Himmel — diesen ewig reinen —
Ach! schon zu tief hab' ich hinein geblickt
Und diese Hand, kurz ruhend in der meinen,
Zu innig und zu glühend schon gedrückt!

Und als ich scheiden mußte, da durchzuckte
Mich bitt'rer Trennungsschmerz, so groß, so wahr,
O du, zum ersten Male kaum Erblickte,
Als war ich dir vereint schon immerdar!

So lebe wohl! und wenn noch ein Begegnen
Mit dir in Zukunft mir das Leben gibt,
So will ich wohl die flücht'ge Stunde segnen,
In der ich dich gesehen und — geliebt!

                           II.
                      Ihr Auge

Ihr Auge ist ein dunkler Schacht,
Mit tief geheimen Scheine
Durchschlummern dort die sel'ge Nacht
Der Liebe Edelsteine.

Ihr Auge ist ein schwarzes Meer
Mit Wogen, schlummertrunken
Beglänzt, als wär' ein Sternenheer
In ihren Schoß versunken.

Ihr Auge ist die Mitternacht,
Die ob der Erde feiert
Als Hülle, so die Purpurpracht
Des Morgens noch verschleiert.

Ihr Aug' — vom Ufer sanft umsäumt
Der schwarzen Augenbrauen,
Ein Alpensee, der schweigend träumt
Im stillen Morgengrauen.

Ihr Auge — o die Zauberglut —
Nicht Bilder lassen sie dir ahnen,
Wenn einmal es auf dir geruht
Schön wie ein Stern in ew'gen Bahnen!

                           III.
                       Vorüber!

Vorüber, vorüber, es war nur ein Traum,
Du darfst sie nicht brechen, die Blüte vom Baum,
Genuß und Besitz bleibt dir ewig verwehrt:
Dir bleibt nur die Sehnsucht, die ewig verzehrt!

Vorüber — du sah'st nur so zauberisch mild
Von ferne und flüchtig ein göttliches Bild,
Du törichtes Herz, das nach Liebe begehrt:
Dir bleibt nur die Sehnsucht, die ewig verzehrt!

Mit dürstender Lippe den Tau nur am Rand
Darf nippen der Liebe allmächtiger Brand,
Von Glücklichem wird dann der Becher geleert:
Dir bleibt nur die Sehnsucht, die ewig verzehrt!

O Mädchen! wie hold auch dein Blick mir gestrahlt,
Ich steh' unter finst'rer Mächte Gewalt,
Die flüstern — ob heiß auch mein Herz dich verehrt:
Dir bleibt nur die Sehnsucht, die ewig verzehrt!

Vorüber! den Traum, laß geträumet ihn sein
Und hülle in starre Entsagung dich ein,
Oft hat ja der mahnende Ruf dich belehrt:
Dir bleibt nur die Sehnsucht, die ewig verzehrt!

                           IV.
                  Letzter Klang

So mußt auch du vorüber eilen,
Ein anderes Auge wird beglückt!
Ach! konntest du bei mir verweilen
Zu mächtig wär' ich ja entzückt!

Ich aber seh' dich weiter ziehen
Und blick' dir nach so sehnsuchtsbang,
Die du geweckt — der Melodien
Sei dies der letzte, kurze Klang!

Geniusflug

Kannst du nichts Großes je vollbringen,
Sei Ruhm durch Leben dir ersetzt.
Dem Genius sinken doch die Schwingen,
Wenn des Genußes Strom sie netzt!
Soll er im Äther leichten Schwebens
Verfolgen seine ew'ge Bahn,
Dann hänge das Gewicht des Lebens
Nicht bleiern seinem Flug sich an!

Die grobe Kost der Erdenfreuden
Am schwelger'schen Lebensmahl,
Wo Menschen ihre Kraft vergeuden,
Sie ziehe nimmer ihn zu Tal!
Nur von der Liebe jungen Lippen
Mag er die ersten Tropfen nippen,
Doch gierig häng' er nicht daran.
Der Wonne Fülle sei verbannt —
Nur sehen soll er der Erfüllung Land
Und ew'ge Sehnsucht halte dann
Ihm seine Schwingen dahin ausgespannt!

Sylvesterabend

Wir fanden uns freundlich zusammen;
Wir hörten die knisternden Flammen
Im warmen nahen Kamin
Und scherzten und lachten und sprachen
Von vielen gewichtigen Sachen,
Mitteilend mit heiterem Sinn.

Horch! da tönt,
Mahnend dröhnt
Vom Turm die Mitternacht!
Es springen die Tore
Der Zeiten auf;
Der neuen Hore
Jungem Lauf
Sei freundlich der erste Gruß gebracht!

Und stiller und stiller zusammen
Die letzten, erlöschenden Flammen
Hinsanken sie schon im Kamin;
Wir aber — wir horchten, und schreiten,
Verspürten mit ernstem Bedeuten
Die Zeit, wie durch unsern Sinn.

Mit ahnungsvollem Schritte
Zog sie durch unsere Mitte
Und nickt' mit dem Haupte stumm —
Vom glühenden Naß
Das dampfende Glas
Es kreiste so fröhlich herum.

O laßt uns schlürfen
Mit innigem Bedürfen
Den Augenblick!
Es reicht das Glück
Ja nicht weiter:
Wer leben will — blick heiter
Und geh', ein kühner Streiter,
Entgegen dem Geschick;
Wer schon gelebt, der schicke
Die tränenlosen Blicke
Erinnerungsfroh — zurück!

Begegnung

Nur fort, mußt dich bezwingen
Und wolle ihr nicht nah'n:
Denn nimmermehr durchdringen
Sich ihre und deine Bahn!

Warum die Sehnsucht locken
Aus ihrer Schlummernacht?
Daß — wie ein Kind erschrocken
Sie aus dem Schlaf erwacht?

O schließ' zu ferner'm Träumen
Die Augen nur in Ruh',
Ich irr' in weiten Räumen
Dem Schwestersterne zu.

Klang in der Dämmerung

Dämm'rung, stumm sich niederbeugend,
Ahnungsvoll, gedankenzeugend,
Um die Seele tief und stumm
Gaukelt sie ihr Netz herum.

Geistesharfe! deine Saiten
Ließen Melodien gleiten,
Melodien ach! so viel
Einst im wechselvollen Spiel.

Alle, die sich dir entschwungen,
Alle haben ausgeklungen,
Ausgezittert, ausgebebt,
Jede hat sich überlebt.

Saiten, die einst Liebe stöhnten,
Saiten, die einst Hymnen tönten,
Nun in tonlos träger Ruh'
Blicken sie dir schweigend zu.

O nur Einer Saite Beben
Klinget durch das ganze Leben,
Klinget träumend oder wach
Wonnevoll dem Herzen nach!

Erste Lieb' in schönen Tagen,
Hat sie mächtig angeschlagen,
Ach so mächtig, daß der Klang
Durch das Mark des Lebens drang!

Und nun ewig fort erzittert
Bis die Harfe selbst zersplittert;
Eben — wie ein leis' Gebet
Kam der Klang mir hergeweht!

Den Regierenden

Fürwahr wohl die bequemste Art
Die Welt sich anzueignen,
Und auch recht geistreich und gelahrt
Ist: Alles wegzuleugnen!

Ein köstlich Mittel ist der Witz
Um alles tot zu schlagen,
Das Nichts ist aller Weisheit Sitz,
Mehr dünkt euch nicht zu sagen.

Doch weil das Nichts ein weiter Raum
Und unbequem zu fassen,
So füllt ihr ihn mit eitel Schaum
Und bunten Redeblasen!

Ungeduld

O der Erwartung bitt're Stunden,
Des Harrens ungeduld'ge Pein!
Was ich gedacht, was ich empfunden,
Noch sing' ich es für mich allein.

Und möcht es doch in meinem Drange
Hinaus in alle Welt schreien:
Ach! meinem innigsten Gesange
Lauscht meine Seele ganz allein!

Dem Lied aus meines Herzensgründen
Mischt sich kein holdes Echo ein,
Mit dem ich möcht' die Welt entzünden
Der Strahl verzehrt nun mich allein!

Und doch!

Einst dacht' ich: Ohne dich zu leben
Heißt sich dem Tode übergeben.
Das Schreckliche erfüllt sich jetzt!
Mir dünkte trinkbar erst die Quelle
Des Lebens, wenn mit ihrer Welle
Zuvor du deine Hand benetzt!

Du warst der Kern mir jeder Hülle,
Nichts galt mir jeder Wonne Fülle,
Wenn nicht dein Herz sie mitempfand.
Belebt hast du das Seelenlose,
Es wandelte sich mir die Rose
Zur Blume erst in deiner Hand.

Und doch! wie spinnt sich Stund' auf Stunde,
Entfernt von gegenseit'ger Kunde,
Mechanisch ab dem stumpfen Sinn.
So führt der Strom wohl, unbekümmert,
Ob d'rin das Bild der Sonne schimmert,
Die Wellen in das Meer dahin.

Die Stimme des Morgens

Die Berge glüh'n, die Nebel qualmen
Durch's Tal dahin, wie grauer Schaum.
Bald wird sie meine Hand zermalmen.
Erwache Mensch! aus deinem Traum!

Erwecke den zum neuen Licht,
Für den es größ're Reize hat;
Des Lebens schnelle frische Tat —
Mir Träumenden, mir frommt sie nicht.

Schon hat die Lerche mich verkündet,
Schon hab' ich säuselnd durch Busch und Baum
Die Sonnenfackel angezündet,
Erwache auch du aus deinem Traum!

Umsonst, umsonst verlockst du mich
Und malst mir glühend deine Pracht,
Doch mich laß schwelgen in der Nacht;
Ein Glücklicherer preise dich!

Ich bade mich im Felsenquelle,
Ich bade in des Äthers Raum,
Im See und in des Stromes Welle,
Erwache doch aus deinem Traum!

Du findest nichts, was mich verlockt,
Mir ist in deiner schönen Welt
Des Lebens jeder Born vergällt
Und jeder äuß're Sinn verstockt!

Zum letzten Mal ruf' ich: erwache,
Des Lebens Ruf entgeh'st du kaum,
Es fordert sicher seine Rache
Für deiner Seele müß'gen Traum!

O laß mich träumen — bis der Tag
Mir blendender in's Auge sticht,
Und dann mit Einem Zauberschlag
Der lust'ge Bau zusammenbricht!

Stille Größe

In dieser Welt voll dumpfem Sturmgetöse
Stehst du in deiner still bescheidnen Größe
So wunderherrlich da;
Am Ufer eine Pflanze
Dem wilden Flutentanze
Des großen Meeres nah'.

Die Menschen sollten all' vorüberziehen
An dir, und jeder sollte niederknien
Und jeder eingesteh'n:
Er habe nie und nimmer
So übergroßen Schimmer
Im Menschenbild geseh'n.

So aber, eine ungekannte Blüte,
Verbirgst du deine Große im Gemüte;
Dies schöne Heiligtum
Es schweigt, und ach! nur Taten,
Die lärmend sich verraten,
Bekrönt die Welt mit Ruhm!

Mutter und Sohn
An Fercher von Steinwand

In eines Berglands kleinem Alpentale,
Wohin kein Laut des Weltgetriebes dringt,
Wo kurz nur weilend mit dem warmen Strahle
Die Sonne schneller ihren Lauf vollbringt,
Sitzt unter eines Lindenbaumes Blüte
Ein Mütterchen — eine arme Schnitterin —
Und blicket mit bekümmertem Gemüte
In's Abendtal; — besorgter Muttersinn
Näßt ihr das Auge, faltet ihre Hände,
Bewegt die welken Lippen zum Gebet.
Sie denkt an ihren Sohn und seufzt zu Ende:
"Was er wohl macht, und wie's ihm wohl ergeht?"
Auf freiem Felde hat sie ihn geboren,
Zum muntern Knaben zog sie ihn heran;
Da zog's ihn fort zu ferner, weiter Bahn,
Fort aus dem Tal — so war er ihr verloren.

Was er wohl macht! im lampenhellen Zimmer
Ach! ferne in der großen, reichen Stadt
Sitzt träumend er im vollen Jugendschimmer
Und sinnet aus, des Geistes große Tat!
Wie unten auch des Marktes Wogen rauschen,
Er hört sie kaum, die Seele kümmert's nicht,
Die will allein der Muse Worten lauschen,
Die göttlich, gegenwärtig zu ihr spricht!
Mild glänzt sein Auge, wie die ersten Strahlen
Des neuen Tages, den die Sonne gab,
Und seine reichen, blonden Locken fallen
Nachlässig auf die Schulter ihm herab.

O träume nur, bald wird die bleichen Wangen,
Auf denen sonst der Jugend Rosen blüh'n,
Des Ruhmes Morgenröte dir umfangen,
Des erste Funken schon in dir erglüh'n!
O ringe nur! in des Alleinseins Hülle,
Bis deines Kampfes lange Nacht verstrich,
Die junge Stirne, bergend Tatenfülle;
Schon wölbt sie hier dem künft'gen Lorbeer sich!
Dein lockig Haupt, unsterblicher Gedanken,
Der herrlichsten Gestalten edler Thron
Mit immergrünen Armen zu umranken,
Schwebt sanft herab der Kränze schönster schon!
Und deiner Dichtkunst Flamme, göttlich heiter,
Die jetzt nur deine Einsamkeit erhellt.
Bald wird hinaus sie lodern weit und weiter
Und rings erglüh'n, und leuchten einer Welt! —
Das macht dein Sohn, nun Mütterchen gut' Nacht!
Bei deinem Sohne hält die Muse Wacht.
Auch fern von dir, und wenn auch dir verloren,
Des Vaterlandes Stolz hast du geboren!

Gebirgswanderung im Mai

                 I. Eintritt

Des Lebens wüstem Drang' entfloh'n,
Begrüß' ich dich du schön'res Leben;
Es ist des Berges treuer Sohn
Dem Berge nun zurückgegeben.

Ich jauchze auf aus voller Brust
Und löse die beengte Kehle
Und schlürfe die erhab'ne Luft
Recht ein, in meine tiefste Seele.

Es schimmert Blütenschnee im Tal,
Ich seh' den Schnee am Felsen hangen
Und so die Welt im Doppelstrahl
Des Lenzes und des Winters prangen.

Die frisch durchwürzte Abendluft
Fühl' ich um Stirn und Wange fluten,
Der Sonne gold'ner Schleierduft
Umschmiegt den Wald mit letzten Gluten.

Nur fort — nur tiefer noch hinein,
Wo eng mich das Gebirg' umschließet,
Die soll mir die liebste Blume sein,
Die in dem tiefsten Grunde sprießet.

                 II. Köhlerhütte

Eine Köhlerhütte steht
Einsam, waldumschlossen,
Würzig aus dem Meiler weht
Rauch, ringsher ergossen.

Von der Tanne tropft der Tau
Auf das Moos hernieder,
Oben schlägt das Morgenblau
Auf die Augenlider.

Nebenan der Strudelbach
Tönt mit wacher Welle,
Unter dem kristall'nen Dach
Spielet die Forelle.

                 III. Mitten im Gebirge

Nun steh' ich in dem tiefsten Talesschlunde,
Wo die Natur sich ein Asyl erbaut,
Das Felsenecho ist mit mir im Bunde,
Das treu zurück mir gibt des Mundes Laut.
Nichts störet sonst die unentweihte Runde,
Die keusche Einsamkeit ist meine Braut,
Den Wassersturz hör' ich vom Blocke fallen,
Der Felsenlippen süß-eintönig lallen.

Durch diese riesig aufgetürmten Wände
Dringt nicht der Menschheit schmerzzerrißner Schrei,
Des Völkeraufruhrs weitgeschwung'ne Brände
An diesen Klippen streichen sie vorbei;
Dies unerschüttert-steinerne Gelände
Umarmt ein ewig friedlich Einerlei
Und aufgerichtete Gewitter warten
Mit Blitzesschwertern dieses Bergesgarten.

Und doch! es grünen tausend leere Plätze,
Erfüll' sie Mensch, um glücklich hier zu sein;
Entschließe dich, der Bildung falsche Schätze
Umkehrend der Vergessenheit zu weih'n.
Daß ferner dich nicht Narrenwitz beschwätze,
Kehr' im granitgebauten Hafen ein,
Laß ab im Elend weiter fortzuschweifen,
Lern' sturmessatt der Heimat Glück begreifen.

Natur! verlass'ne Mutter! sehnsuchtstrübe
Entstürzet deinem Aug' der Tränenbach,
Vergebens tönt dein eilends Gestiebe
Der Flucht des Kindes still verhallend nach.
Verlass'ne Mutter! forsche sehnsuchtstrübe
Nicht länger dem entfloh'nen Kinde nach,
Ich seh's in der Vollendung Siegesprangen
Dir einst am neugeliebten Busen hangen.

                 IV. Ständchen

Mit Tau gefüllter Schale
Schon schreitet die Nacht durch die Tale,
Und süßer Schlaf träufelt hernieder
Auf müde Blumenglieder;
Ich aber wache und denke dein,
Die du dem Himmel deine Wünsche sagst,
Schlumm're sanft ein,
Wo du auch ruhen magst!

Es flimmert ein Glanzgewimmel
Von Welten, am tiefen Himmel,
Der Mond hüllt die Berge zur Feier
In silberbleiche Schleier;
Ich aber wache und denke dein,
Die du an Glanz Gestirne überragst,
Schlumm're sanft ein,
Wo du auch ruhen magst!

O sommerlich lauschig Schweigen!
Dem Tannenwipfel sich neigen
Bergwässer auf nächtlichen Wegen,
Sie tönen dem Tag entgegen;
Ich aber wache und denke dein,
Die nicht mehr hell du meinen Nächten tagst,
Schlumm're sanft ein,
Wo du auch ruhen magst!

Wer könnt' in meiner Seele lesen!

Wer könnt' in meiner Seele lesen,
Der sähe, wie erhörungsbang
Nach Liebe ringet all' mein Wesen,
Ob auch Erfüllung nie gelang.

Wohl fühl' ich selbst die engen Schranken
Und meines Liedes eng' Geleis;
Denn ewig ziehst Gefühl, Gedanken,
Du Liebe! in deinen Zauberkreis!

Wie herrlich wär's, geliebt sich wissen
Von einem Herzen voll und ganz,
O wie so welk, wie so zerrissen
Reicht uns die Welt der Liebe Kranz!

Denn in dem bunten Gaukelspiele,
Dem Treiben ohne Halt und Sinn,
Stürmt Jeder nur nach seinem Ziele
Am nahen Herzen fremd dahin.

Und Jeder hat genug der Plagen,
Sein Joch zu schleppen durch's Gewühl —
Das Herz, es hat nicht Zeit zu schlagen
Dem nutzlos — müßigen Gefühl.

Die Welt belächelt überweise
Des Sängers dürstendes Gemüt,
Der aus des Lebens dürrer Reise
Ein Herz zu finden — einsam glüht.

Abendwanderung

Das Tal empfängt in holdem Frieden
Des Mondes vollen Schimmergruß,
Und Ruh', die stets die Welt gemieden,
Sie taut herab im Überfluß.

Die Erde schlummert, leise drückte
Den Abschiedskuß ihr auf, die Nacht,
So wie beim Kinde die beglückte,
Doch zart besorgte Mutter wacht.

Der Berg ruht ferne, duftumfangen,
Der Zukunft dunkelblaues Bild;
Es spielt um starre Felsenwangen
Ein Traum ihm, golden, elfenmild.

Das Herz des Wanderers, zukunftträumend,
Ist inn'ger sich der Welt bewußt'
Und zieht, von Liedern überschäumend,
Zurück sich tiefer in die Brust.

Sehnsucht

Wohin du ziehst, wohin du gehst,
Ob du am Strand des See's stehst,
Am Fels und unter'm Blätterdach,
Die Sehnsucht zieht dir ewig nach!

Der Flut gleich, die um Klippen spült,
Wogt sie um's Herz und unterwühlt,
So wie das Meer den Ufersand,
Dir deiner Hoffnung letzten Strand.

Weil stets sie größern Reiz erharrt,
Entzaubert sie die Gegenwart,
Bis endlich jegliches Gefild
Herabgebleicht zum Schattenbild.

Kritiker und Dichter

                     Kritiker

Das Herz, es hat sich ausgesungen,
Die Welt ist endlich liedersatt,
Hier wird kein Kränzlein mehr errungen,
Darum höre meinen klugen Rat:
Woll' einmal doch dein Singen lassen
Von Liebe, Quell' und Murmelbach,
Wer kann sich auch damit befassen!
Der Zug der Zeit ist nicht darnach!

                     Dichter

Ein Plätzchen wählest du dir reinlich,
Zwei Zolle lang und spannebreit,
Was d'rin sich reget eng und kleinlich,
Das nennst du dann den "Zug der Zeit"!
Und wenn die Welt auch unempfindlich
Beim Klange meines Liedes blieb,
Ich singe doch — unüberwindlich
Ist meines Herzens süßer Trieb;
Das Herz ist ewig — unergründet
Und wie der Himmel groß und weit,
Der tiefe Strom des Fühlens mündet
Nur in das Meer der Ewigkeit.
Das Herz, es wird sein Recht schon fordern,
Sich rächen an der kalten Welt,
Ob jetzt auch seiner Flamme Lodern
Verstandesfrost gefesselt hält.
Dann schlägt wohl, lächelnd und verwundert
Ob früh'rer Zeiten starrem Lauf',
Dereinst ein wärmeres Jahrhundert
Das Buch — vergessner Lieder auf!

Novemberfrost

Nebelrieseln! Frostesschauer!
Trüber Himmel! Wolkenwust!
In der Seele stille Trauer
Und ein Frösteln in der Brust!

Nur wie abgebleichte Nächte
Zieh'n die Tage stumm vorbei,
Keiner, der mir Farbe brächte
In das graue Einerlei!

Ach nach wärmeren Gefühlen
Sehn' ich mich und Sonnenschein;
Mag mich Freude, Schmerz durchwühlen,
Alles soll willkommen sein!

Mag mich Sturm auf Sturm durchwüten!
Doch dies drückende Gewicht,
Stunden ohne Glanz und Blüten,
Diese Ruhe trag' ich nicht!

Herz! hast oft mit Glutbewegen
Schon gelöst den starren Bann,
Gibt es nichts, was dich erregen,
Nichts, was dich entflammen kann?

Hättest du dich aufgezehret
In der eig'nen Feuerpein,
Nimmer hätt' ich's dir verwehret,
Aber — pfui — nun frierst du ein!

Nachtphantasie

Willkommen Nacht! willkommen holdes Schweigen,
Das ahnungsreich mich Sinnenden umgibt!
Wenn draußen jetzt der laute Tagesreigen
Gleich einem tollen Mummenschanz zerstiebt.
Wie viele Bilder und Gestalten steigen
Zum Herzen nieder, das zu träumen liebt!
Und das nun trinkt mit seligem Genügen
Am Quell' der Einsamkeit mit durst'gen Zügen.

Ja innig fühl' ich mich zu dir gezogen,
Und such' dich sehnsuchtsvoll o Einsamkeit,
Wie atmet — matt vom Druck der Weltenwogen,
Bei dir die Seele, glücklich, lastbefreit!
Die Flügel, die sonst Sturmesflug, geflogen,
Zu falten scheint sie selbst die ems'ge Zeit,
So still ist's nun, nichts störet mein Versenken
Und der Geliebten kann ich still gedenken.

Ich seh' sie wandeln, schwebend, engelleise,
Und wo sie wandelt, strahlt ein ros'ger Tag;
Wie sicher, leicht füllt sie des Lebens Kreise,
Nicht Zweifel kennt sie, was auch kommen mag!
Ihr ganzes Sein ist eine Frühlingsreise,
Wo jeder Platz ein duft'ger Blütenhag;
Entzückt, wo sie weilt, strahlt die Sonne immer,
Sie schaut auf Erden ja verwandten Schimmer!

Ich aber bin der Wand'rer, hastig strebend,
Der im Gebirg' den rechten Pfad verlor,
Die Nacht, wie ein Gewitter sich erhebend,
Gähnt schon mich an aus jedem Felsentor;
Und vor den schwarzen Schreckgestalten bebend,
Die meine Phantasie heraufbeschwor,
Unschlüssig steh' ich — soll ich vorwärts schauen?
Soll ich erwarten hier das Morgengrauen?

Mich schrecken Jene, die ein eitles Wähnen
Mit Irrlichtschein hinaus in's Weite log
Und die ein ungebändigt heißes Sehnen
Mit Ahnung wahren Kraftgefühls betrog.
Vielleicht, daß einst wohl mit Enttäuschungstränen
Ich sprech' zum Herzen, das zurück sich zog:
Du hofftest einst: dich sollten Viele lieben
Und sieh! nun bist du doch allein geblieben!

Genug geschwärmt! schlecht taugt dies düst're Zagen
Zu deiner Jugend hellem Rosenlicht,
Lehrt dich die Zeit auch jedem Glück entsagen,
Was du tief innen trägst, raubt sie dir nicht;
Versuch's, wie hoch dich deine Flügel tragen!
Wenn Zwiespalt sie nicht hemmend mehr umflicht,
Dann wird Erfüllung wohl nach schweren Siegen
Auch dich mit weichem Götterarm umschmiegen!

Weihnacht

Die Nacht war kalt, als durch die Flur
Ich einsam sinnend kam geschritten
Und still! des Schnee's Kristalle nur
Erknisterten vor meinen Tritten;
Vom Himmel aber, sternbestreut,
Floß Mondenlichtes Tageshelle,
Und auch die Erde schien mir heut'
Des reinsten Lichtes schönste Quelle.

Denn sie umgab, wie Glorienschein
Ein Glanz, ein wunderbares Flimmern.
O Erde! mußt nicht doppelt rein
Im Weltenall du heute schimmern?
Erinnernd dich an jene Nacht,
Wo's golden taute auf dich nieder
Und sich der Himmel aufgemacht,
Entsendend klare Engellieder?

Worauf die Hirten, die geruht
Am Boden, sich erschreckt erhoben,
Umleuchtet von der Rosenglut,
Die plötzlich niederquoll von oben;
Doch wagten sie zum Flammenstrahl
Den scheuen Blick nicht zu erheben,
Ein Klingen ging durch's helle Tal,
Sie lauschten mit entzücktem Beben!

Und wie sie damals, sternbewacht,
Nach Bethlehem hinabgezogen,
So ist mein Geist in dieser Nacht
Zum Kindheitsland' zurückgeflogen,
Und lieblich kam mir durch die Luft,
Von ihrem Flügel sanft getragen,
Ein Gruß — wie frischer Tannenduft,
Aus meiner Kindheit Dämmertagen!

Besuch im Tale
Nachruf an Marie

Wie oft, wenn seine purpurroten Flügel
Der Tag im Westen sanft zusammenschlug,
Ging ich an deiner Seite längs dem Hügel,
Vom Fluß umrauscht im schöngekrümmten Bug'!
Im Tale lag der Dämm'rung graues Siegel,
Am Felde einsam stand der müde Pflug
Und leuchtend bei des Landmanns Abendmahle
Wies manches Licht sich, mit bescheid'nem Strahle.

Wir aber schritten fort, aus Lispel-Lauben
Drang windverwehter, lauer Duft hervor,
Die Blumen nicht des Taues zu berauben
Hobst sachte du das weiße Kleid empor;
Beseligt von dem innigfrohen Glauben
An unsere Freundschaft, die sich nie verlor
Seit unserer Kindheit, — zu der Bergeshalde
Nun kamen wir, zum ernstgestimmten Walde.

Da riefst Du: "Sieh' wie jetzt mit leisem Schweben
Der Mond dort über's Waldgebirge steigt!
Wie deutlich, scharf und dunkel ab sich heben
Die Fichtenwipfel schattig, schwarz bezweigt
Von seiner Scheibe, die mit Glanzbestreben
Sich freundlich in das Tal herniederneigt!"
— Scheut' ich mich auch die Stille zu entweihen,
Dir möcht' ich gern den sanften Laut verzeihen!

Darauf fuhrst du fort: "Wohl funkeln alle Sterne,
Doch hab' ich jenen blauen mir erwählt" —
(Und in der Tat! aus seiner ew'gen Ferne
Blau wie dein Auge blickt' er mild erhellt)
"Er ist mein Lieblingsstern, und o wie gerne
Denk ich auf diesem mir die bessere Welt!"
— Und so mit Zuversicht und ohne Zagen
Hast du gelöst die schweren Zukunftsfragen.

Halt ein! die von Erinnerung erglühte,
Wohin entführt mich meine Phantasie?
Ach! welk ist nun die sinnig-zarte Blüte,
Die Allem aus dem Schatz der Poesie,
Der tief ihr lag im heiteren Gemüte,
Was mich umgab, einst Duft und Farbe lieh!
Verschwunden plötzlich ist von meiner Seite
Das holdberedte liebliche Geleite!

Du bist nicht mehr! doch jener Stern, der blaue,
Er flimmert nieder noch sein grüßend Licht,
Das, wie ich sinnend zu ihm aufwärts schaue,
Sich tausendfach in meiner Träne bricht —
Du wohnst wohl jetzt auf seiner Rosenaue!
Denn ist's die ahnungsvolle Sehnsucht nicht,
Es möchten Geister Liebesgrüße schicken,
Daß wir so gerne nach den Sternen blicken?

Verbannung

Auf mich zurückgewiesen,
Nach außen kalt und innerlich erregt,
Muß ich, was mich bedrängt, bewegt,
In mir — verschließen
Und einsam tragen all' mein Glück,
Das ewig mahnt an dich zurück!
Mit einem Herzen teilt' ich's gerne;
Das einzige doch, das mich verstände,
Teilnehmend sich mit mir verbände,
Schlägt in der Ferne!

Sieh' welche gold'nen Schimmerkreise!
Verläßt ein Stern die ew'ge Bahn?
Welch' Glanzgebild wallt traumesleise
Zum einsam Sinnenden heran?
Erinnerung ist's, die holde Waise,
Und deine Züge nimmt sie an,
Um meiner Sehnsucht Schmerz zu heilen
Mit kurzem lindernden Verweilen!

Hab' Dank für deine stumme Mahnung
An jene Zeit, da erste Ahnung
Von Liebe in das Herz mir sank,
Für all' die hellen Silberblicke
Des Lebens, die durch deine Blicke
Gesandt mir wurden — habe Dank!

Hast du's auch vergessen, ich sehe noch die Stelle
Des duftenden Waldes, den grünenden Raum,
Dort, wo mit des Baches entschlummernder Welle
Geflüstert ein jugendlich blühender Baum,
Da hast du die glühende Hand mir gedrücket,
Wie schimmerte deine in mondlicher Helle!
Das Kleinste, womit uns die Liebe beglücket,
Entflieht der Erinnerung so leicht nicht — so schnelle.

Und nun! wie nichtig all dies Treiben
Der Menge, die mir ewig fremd wird bleiben!
Wo die Gefühle mit den Bildern flieh'n,
Die wechselvoll an mir vorüberzieh'n!
Im Stadtgedräng', wo uns so viel zerstreut
Und nichts recht innig freut!
So viel den Sinn zersplittert und verführt
Und nichts uns — dauernd rührt!

Aus Allen, die an mir vorübereilen,
Find' ich manch' freundlich Menschenangesicht,
Ein Herz jedoch, mit dem ich möchte teilen
         Recht freudig das meine,
         Ein Herz, wie das deine,
         Das edle, das reine,
         Ich find' es nicht!

Ahasver

Weh' mir! durch diese Welt zu irren,
Gepeitscht vom steten Wanderdrang,
Indes, von keiner Sehnsucht bang,
Viel' Tausende den Taubensang
Zufriedenen Behagens girren!

Wie manche Hand mag leicht ergreisen
Des sichern Strebens gold'ne Frucht!
Ach! wehe dem, der ewig sucht —
Und — ohne Ziel, aus ew'ger Flucht
Durch die Unendlichkeit muß schweifen.

Jahrhunderte sah ich erbleichen
Und manches Abendrot versprüh'n,
Und manchen Lenz sah ich verblüh'n —
Doch aus Ruinen pflanzt sein Grün
Das Leben stets als Siegeszeichen!

Es stürmt mit gellem Flügelschlagen
Der raubbegier'ge Vogel: Zeit
Vorbei an mir, und kreischt und schreit —
Und schont mich — o Unsterblichkeit,
Um deinen Fluch mit mir zu tragen!

In meinem Blicke loht Verlangen,
O Ruhe! heißersehnte Braut!
Der meine Seele angetraut —
O Nacht! auf die kein Tag mehr graut!
Soll ich dich ewig nie umfangen? —

Zerstörung! führ' den Hochzeitsreigen
So stürmisch, daß die morsche Welt
Vom Leibensrufe nur durchgellt,
Vor wilder Lust in "Nichts" zerschellt —
Laß schwelgen mich im Todesschweigen!

Den Holzstoß trag' ich dann zusammen,
Und blickend auf das Riesengrab,
Werf' ich die läst'ge Bürde ab,
Das Bündel und den Wanderstab,
Mein "Ich" ertränkend in den Flammen.