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Widmung

 

Wohl weiß ich, daß auf meine Lieder
Die liedersatte Welt nicht lauscht —
Herbstblätter sind's, wie hin und wieder
Sie kommen vom Gezweig gerauscht;
Gleichgültig sehen sie zu Füßen,
So viele auch vorübergeh'n —
Sie können nimmermehr ihr Grüßen,
Das stille, heimliche, versteh'n!
Doch du, in deren Brust die Blüte
Der Dichtkunst tiefe Wurzel schlug,
Dir wird so eigen im Gemüte,
Der leise Wink ist dir genug;
Du wirst nicht kalt vorüberschreiten,
Denn ach! der Fall der Blätter mahnt
Lebendig dich an blüh'nde Zeiten,
Die Niemand außer uns geahnt!


Herbst Winter

 

I.

Herbstabend! Durch den Garten
    Wandelt mein Liebchen traut,
Am Felde schreit eine Krähe,
    Das ist der einzige Laut.

Es weht von den hohen Bäumen
    Manch' gelbes und rotes Blatt,
Es flattert still durch die Lüfte
    Und fällt zur Erde matt.

Von Berg und Hügel hangen
    Die Nebel tief herein
In's Tal, das stumm verdämmert
    Im fahlen Abendschein.

Es scheint Natur zu zweifeln,
    Was sie beginnen soll —
Wie lieb' ich diese Tage,
    So ernst und schwermutvoll!

Mein Liebchen wandelt einsam,
    Das Köpfchen zu Boden gesenkt.
Es rascheln die dürren Blätter —
    Ich weiß, woran es denkt!

II.

Wie konnt' ich dich so schnell verlassen
    Und wieder in die Fremde geh'n!
Ich kann's nicht denken, kann's nicht fassen,
    Nun aber ist mir Recht gescheh'n.

Ach! All', nach dem mein Herz begehrlich,
    Ich hab' es endlich mein genannt!
Um Freuden ließ ich's, die entbehrlich
    Und nichtig längst ich schon erkannt!

Nun geh' ich traurig durch die Gassen
    Der alten, grauen Königsstadt —
Ein blöder Tor, der sinnverlassen
    Sein eigen Herz bestohlen hat!

III.

Was soll mir all' das Treiben?
    Was soll mir all' die Welt?
Kein Einziger darf bleiben,
    Wo's ihm gefällt.

Und Mancher, dem beschieden
    Das schönste Glück zumal
Hat Alles schon gemieden
    Aus eig'ner Wahl!

Dann muß er durch's Gewimmel,
    Wie durch die Wüste, geh'n.
Das Herz sucht seinen Himmel,
    — Es ist gescheh'n!

So wird es ewig bleiben:
    Der wird gequält, der quält
Sich selbst. Was soll das Treiben,
    Was soll die Welt?

IV.

Das sind die Novembertage,
    Die häßlichen, die grau'n!
Luft, Himmel, Häuser, Menschen
    Sind gräulich anzuschau'n.

Mir macht es wenig Kummer,
    Wie's draußen stehen mag,
Da eine Welt voll Schimmer
    Ich tief im Herzen trag'.

Da leuchtet deine Liebe
    Wie warmer Sonnenstrahl,
Da klingen meine Lieder,
    Wie Bäche durch das Tal.

Da wächst die Purpurblume
    Der Sehnsucht hoch empor —
Da singt vom Wiedersehen
    Der Nachtigallenchor.

Und wenn mit seinem Dunkel
    Herein der Abend bricht,
So läßt Erinn'rung glänzen
    Ihr sanftes Mondenlicht!

V.

Und eines Tages wieder
    An deiner Seite ich stand —
Da stieg vom Berge nieder
    Der Herbst schon in das Land.

Als Eine graue Wolke
    Wies sich der Himmel dar,
Vom bunten Blumenvolke
    Blieb nur 'ne kleine Schar.

In Busch und Baum erwachte
    Auf kahler Lagerstatt
Ein kühler Wind, und brachte
    Zu Fall manch' welkes Blatt.

Mein Herz war voller Sorgen,
    Ich dachte mit Verdruß,
Daß ich am nächsten Morgen
    Dich schon verlassen muß!

VI.

Es war mit Welt und Leben
    Mein Herze lang entzweit,
Nun hat es aufgegeben
    Den unnütz-bittern Streit.

Hat frei vom tollen Wahne
    Die Waffen nun gestreckt,
Die weiße Friedensfahne
    Der Liebe ausgesteckt!

VII.

Gedenkst du noch des Festes,
    Das man im Schlosse gab?
Wir lehnten still am Fenster
    Und schauten lang hinab.

Nacht war's — es zog ein Wetter
    Den Wald herauf, und jäh
Erhellten stumme Blitze
    Von Zeit zu Zeit den See.

Bis hinter'm Berge mählig
    Der volle Mond sich hob —
Und alles in der Runde
    Mit Friedensglanz umwob.

Da schwand des Donners Grollen
    Vor seinem Liebesblick',
Und langsam zog das Wetter
    Sich hinter den Wald zurück.

Bald war kein einzig Wölkchen
    Am Himmel mehr zu seh'n.
Ich dachte: Gleich dem Monde . . .
    Du wirst mich schon versteh'n!

VIII.

Kaum ist noch ganz verklungen
    Des Liedes letzter Ton,
Ist in der Brust entsprungen
    Mir auch ein neues schon.

Von jener Zeit, da Blumen
    Mir jede Stunde trug,
Wann könnt' ich je verstummen?
    Wann säng' ich je genug? —

IX.

Du hast vielschöner Gaben
    Bezaubernden Verein —
Was reizen kann und laben,
    In Fülle ist es dein!

In deinen Augen wohnet
    Der Lieb' Beredsamkeit,
Auf deiner Stirne thronet
    Der Seele Offenheit.

Das Rot auf deinen Wangen
    Hat Ebbe bald, bald Flut,
Und zärtliches Verlangen
    Auf deinen Lippen ruht.

An sinnigen Gedanken
    Ist nicht dein Köpfchen arm,
In deinem Herzen schwanken
    Gefühle, weich und warm.

Mit inn'gem Wohlgefallen
    Bedenk' ich, daß du mein,
Und wird bei diesem Allen
    Doch auch die Treue sein!

X.

Und wollt' dich ein Maler malen,
     Er endigte nie das Bild,
Es würden die Farben strahlen
    Ihm ewig zu wenig mild!

Und wollt' eine Hand dich schmücken,
    Sie endigte nie den Kranz,
So viel sie tät' Blumen pflücken —
    Ihr däuchte zu schwach der Glanz!

Und wollt' dich ein Sänger preisen,
    Er endigte nie den Sang,
Versucht' er auch hundert Weisen,
    Ihm klänge zu matt der Klang!

XI.

So lang ich Atem habe,
    Stimm' ich die Klage an:
Daß nie vom Wanderstabe
    Die Zeit sich trennen kann!

Ach! uns'rer Sehnsucht Glühen
    Hält nimmer ihren Lauf,
Hält nimmer das Verblühen
    Nur Einer Blume auf!

Und zwischen Lust und Trauer
    Schwankt unser Sein, zerstückt;
Das Hochgefühl der Dauer
    Hat noch kein Herz beglückt!

Es lösen sich Entsagen,
    Besitzen ewig ab —
Und dieses muß ich klagen,
    So lang' ich Atem hab'!

XII.

So Viel' bei Tische saßen
    Es ist doch wundersam,
Daß ich an deine Seite
    Zu sitzen immer kam!

Und gingen wir spazieren
    Durch Garten, Feld und Wald,
So sahen sie mich wandeln
    An deiner Seite alsbald!

Und wurde auf der Wiese
    Manch' kindlich Spiel gespielt;
So wollt' es stets sich fügen,
    Daß deine Hand ich hielt!

War jeden Tag gekommen
    Zusammen fast mit dir,
Hatt' immer was zu sagen,
    Ward nimmer fertig schier!

Nur Eines blieb verschwiegen,
    Das Wort: ich liebe dich!
Was sollt' es auch im Grunde?
    Von selbst verstand es sich!

XIII.

Es spiegelt in der Welle
    Sich treuer nicht der Mond,
Als mir im Herzen helle
    Dein holdes Bildnis wohnt.

Ich seh' dich vor mir schweben
    Mit deinem Lächeln mild —
Fehlt leider nur das Leben
    Dem schönen Spiegelbild!

XIV.

Mein Herz begeht die schönste Feier
    In dämmerstiller Einsamkeit,
Da heb' ich sanft den zarten Schleier
    Vom Marmorbild' entschwund'ner Zeit.

Betracht' es lange mit Erglühen,
    Bis, tief von meinem Hauch durchbebt,
Die weißen Wangen rosig blühen,
    Der starre Busen weich sich hebt.

Und wenn es endlich, glutbezwungen,
    Des Todes spröder Haft entfloh'n —
So halt ich innig es umschlungen,
    Ein seliger Pygmalion!

XV.

Die Tage sind trüb, doch helle
    Sind meine Träume all',
Erst heute sah ich wieder
    Das allerschönste Tal.

Da schwebte in Sommerkleidern
    Die blühende Mädchenschar,
Mit blauen und schwarzen Augen,
    Mit blondem und dunklem Haar.

Auf grünem Rasen tanzten
    Die Einen im Abendschein,
Die Andern sangen im Schatten
    Mit Stimmen, wie Glocken rein.

Zu Zweien gingen Manche
    Dahin — im duft'gen Tann,
Vertrauten sich flüsternd sicher
    Vielsüße Geheimnisse an.

Und Ein'ge fuhren scherzend
    Auf einem kleinen See —
Es schwankte der Kahn, sie blieben
    Hübsch in des Ufers Näh'.

Am Hügel saß Eine schweigend
    Und blickte unverwandt
Hinüber zu blauen Bergen —
    Ich hab' sie gleich erkannt!

XVI.

Nun ich dir voll Vertrauen
    Mein ganzes Herz erschloß —
Laß' mich auch deines schauen
    Ganz frei und schleierlos.

Schon ahn' ich durch die Hülle,
    Wie in getreuer Hut
Die schönste Liebesfülle
    Dort unerschöpflich ruht!

XVII.

So viel ich Lieder singe,
    Mein Herz wird nimmer leer,
Nur Tropfen sind's, geringe,
    Aus meiner Liebe Meer.

Und ob ich dich vergleiche
    Mit Rose und Nachtigall
Nur Schatten sind sie, bleiche,
    Die schönen Worte all!

Und fange dennoch immer
    Das Spiel auf's Neue an,
Dieweil ich nun und nimmer
    Von dir verstummen kann!

XVIII.

Ich schau' hinaus, es glänzt die Pracht
    Der Mond mit kaltem Schimmer,
Mein liebes Mädchen, gute Nacht!
    Schlaf' wohl im trauten Zimmer!

Denk' Einmal noch der schönen Zeit
    Des Sommers, meine Süße!
Und seiner auch, der ach! so weit
    Dir sendet tausend Grüße!

Dann schließ' getrost die Augen dein,
    Die lieblichen, die großen,
Und träume von gold'nem Sonnenschein
    Und träume von roten Rosen!

XIX.

Es fallen die ersten Flocken —
    O wären 's die letzten schon!
O weckten mich schon die Glocken
    Des Frühlings mit hellem Ton!

O dürft' ich unter den Bäumen
    Im duftenden Waldrevier
Schon wieder wandeln und träumen,
    Und plaudern, mein Kind, mit dir!

Dem mürrisch neidischen Alten,
    Ich bin ihm von Herzen gram,
Der mit seinen Händen, den kalten,
    So täppisch dazwischen kam.

Wohl kann er die Bäume entlauben;
    Doch, wie er sich auch bemüht,
Er kann uns den Lenz nicht rauben,
    Der fort uns im Herzen blüht!

XX.

Es wird der Schnee verwehen
    Die Plätze, lieb und traut,
Die uns're frohen Spiele
    So manches Mal geschaut.

Das Schlößchen steht verlassen,
    Die Zimmer stehen leer,
Im großen Saale klingen
    Musik und Tanz nicht mehr.

Das Fenster ist geschlossen,
    Das nach den Bergen geht,
Woraus nach meinem Kommen
    Du oft herabgespäht.

Und unter jenem Baume,
    Wo ich dir bot Ade,
Da wächst das erste Veilchen
    Im Frühling aus dem Schnee.

XXI.

Mir träumt von blauen Augen
    Bei Nacht und Tag —
Mir will nicht fruchten und taugen,
    Was tun ich mag!

Der Feste Schaugepränge
    Ist mir verhaßt,
Das gaffende Gedränge
    Des Volks zur Last.

Mich läßt der Lärm, das Schmettern
    Der Oper kalt,
Indes auf morschen Brettern
    Die Muse wallt.

Vom Schwarme der Konzerte
    Da bleib' ich weit,
Mich ekelt der gelehrte
     Prinzipienstreit.

Unangedastet bleiben
    Die Bücher im Schrank' —
Und schreib' ich, kann ich schreiben
    Mir nichts zum Dank!

Mir will nicht fruchten und taugen,
    Was tun ich mag,
Mir träumt von blauen Augen
    Bei Nacht und Tag!

XXII.

Wie Wandervögel kreisen
    Die Lieder mir im Sinn,
Und rüsten sich zu reisen,
    Sie wissen schon, wohin.

Sie breiten die weißen Flügel
    Und fliegen ruhelos
Wohl über beschneite Hügel
    In deinen lieben Schoß!

XXIII.

Nun ziehet, liebe Gedanken,
    Und ruht nicht länger aus,
Bis lauschig zwischen Bäumen
    Ihr seht das liebste Haus!

Wie ist so still und dunkel
    Umher der ganze Raum!
Schneeflocken taumeln leise
    Zu Boden, wie im Traum.

Ein Fenster ist beleuchtet —
    Dort sitzt beim Lampenschein
Die Liebliche im Zimmer
    Und schaut in's Buch hinein.

Sie liest schon eine Weile,
    Und weiß nicht, was sie liest,
Weil sie die erste Seite
    Zu wenden ganz vergißt!

Sie denkt, wie doch so langsam
    Die unliebe Zeit vergeht!
Und an so manches And're
    Was nicht im Buche steht.

XXIV.

"Laß sein dein Singen und Dichten!"
    — So sagt mir der und der —
"Es will die Welt Geschichten,
    Nicht Lieder will sie mehr!"

Was frag' ich, was ihr heute
    Und was ihr morgen fehlt —
Was kümmern mich die Leute!
    Was kümmert mich die Welt!

Die hat zu allen Zeiten
    Nicht, was sie will, gewußt,
Die soll mir nicht bestreiten
    Die frische Liederlust!

Laßt and're Sänger sagen
— Sind ihrer ja genug! —
Von tapf'rer Helden Wagen,
    Von Taten, groß und klug!

Und was der großen Dinge
    Noch mehr gewesen sind.
Nicht Männer, Waffen: ich singe
    Mein blaugeaugtes Kind!

XXV.

Sie werden kommen und sagen,
    Und machen ein groß' Geschrei:
"In unsern praktischen Tagen
    Wozu die Schwärmerei?

Zu vorteilhafteren Sachen
    Verwend' er seine Zeit,
Und muß er Verse machen —
    Nur bei Gelegenheit!"

O laß' dich nicht ernüchtern
    Von ihrem kalten Sinn!
O werde nicht scheu und schüchtern
    Du süße Schwärmerin!

XXVI.

O laß' uns lieben immerfort!
Was And're sagen, o beacht' es nicht,
    Die herzensarm und siech.
Es bleibt ja doch das schönste Wort,
Wenn eine Seele zu der andern spricht:
    Ich liebe dich!

Der Glaube ging, die Hoffnung floh —
Es zagt die Kraft, der Ruhm ist ungewiß;
    Und heiß der Sehnsucht Glut!
O bleibe Herz, der Liebe froh,
Sie blieb uns vom verlor'nen Paradies'
    Als einzig Gut!

XXVII.

Dem Feuerprasseln lauschen,
    Indes es stürmt und schneit,
Rückdenkend mich berauschen
    An seiner schön'ren Zeit;

Von Küssen träumen, süßen,
    Die ich nicht geben kann,
In stiller Brust beschließen
    Manch' gold'nen Zukunftplan;

Bald hoffen, bald verzagen,
    Bald schaffen und bald ruh'n —
In diesen finster'n Tagen
    Was soll ich ander's tun?

XXVIII.

O tritt hinaus in's Schneegefild',
    Den trägen Lenz zu wecken!
Der träumt von seinem Ebenbild,
    Von dir, in weißen Decken.

O sprich! auf daß die Wangen, bleich,
    Der Rosen schnell sich röten,
Antwortend ihrer Schwester gleich
    Die Nachtigallen flöten.

O lächle! daß der Nebel Grau
    Entfliehe aus dem Tale,
Nacheifernd deinen Augen, blau,
    Der Himmel wieder strahle.

O winke! daß die Blütenpracht
    Der  Welt wir neu begrüßen,
Der schlummertrunk'ne Lenz erwacht
    Und sinke dir zu Füßen!

XXIX.

In deinem Lob' geschäftig
    Verbring' ich manche Stund' —
Doch wird nur schwaches Ahnen
    Von meiner Liebe dir kund!

Denn ach! ich mag nicht sagen,
    Was viele schon gesagt,
Die zierlich, zart und blumig
    Der Welt ihr Minnen geklagt!

O wäre doch von Liebe
    Gesungen noch kein Ton!
Wer jetzt noch singt, der erntet
    Nur eitel Spott und Hohn.

Und was ich singe, hält man
    Nur eben für Gedicht, —
Und Keiner will mir's glauben,
    Vielleicht du selber nicht? —

XXX.

Mein Herz! lass' dir genügen,
    Was dein du nennst! —
Und trink' in vollen Zügen,
    Wonach du brennst.

Noch sprudelt in dir helle
    Der Lieder Quell,
Darfst fürchten nicht, daß die Welle
    Versiegt so schnell.

Fühlst noch das Schöne und Große
    Mit frischem Mut —
Schwärmst noch für eine Rose
    Mit starker Glut!

Wie dich mit ew'gem Schimmer
    Das All' umgibt! —
Und bist, o denk' es immer,
    Und bist geliebt!

XXXI.

Nur Eine Stunde wieder
    In deiner Näh' zu sein!
Ich ließe all' die Lieder,
    Die Sehnsucht singt allein.

O glaube mir, ich wüßte
    Zu nützen die Eine Stund'!
Ich schwiege gern, und küßte
    Dir nur den süßen Mund.

Und später ließ' sich plaudern
    Manch' liebesvolle Wort,
Und ginge dann mit Zaudern
    Erquickten Herzens fort. —

XXXII.

Genug! genug von Liebe schon
    Der Leser wird ungeduldig,
Der Kritiker spricht im Feuilleton
    Sein richterliches: Schuldig!

So mag er's sprechen immerhin —
    Mein Sang soll mich nicht reuen,
Vermocht' er, holde Richterin,
    Dein Herz nur zu erfreuen!

Der Blätter letztes ist verweht
    Schon längst von allen Bäumen,
Das rollende Jahr zu Ende geht
    Mit seinen Wünschen, Träumen.

Und neue Tage dämmern an,
    Mit wechselnden Geschicken,
Das hindert nicht den Wandersmann,
    Manchmal zurückzublicken.

Es lockt ihn, von den letzten Höh'n
    Noch Einmal das Tal zu grüßen —
Ach! Alles dünkt uns doppelt schön
    Erst, wenn wir's lassen müssen!

Genug! das ist gar schlechte Zeit
    Zu Liebes- und Sängerfahrten;
Der gute Frühling ist noch weit,
    Will schweigend ihn erwarten.