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Liebesglück
 

Die Veilchen sprechen
Von Weitem
Verlangen
Wiedersehen im Vorüberfahren
Vielleicht doch!
Im Mondenschein
Waldgeheimnis
Glück im Fragen
Beim Gewitter
In ihr Tagebuch
Was du mir bist
Im Walde
Gebet
Wasserfahrt
Genuß der Gegenwart
Immer mehr!
Liebesstärke
An ihren Augen
Einziger Gedanke
Der Braut
Dem Ziele nach
Der Geschmückten
Lenz und Liebe
Fern von Dir!
Zur Verständigung
Im November
Mein Töchterlein
Zum Jahresbeginn
Am lieblichsten
Ich bleibe hier!
An ihrem Geburtstage
Mondnacht

Die Veilchen sprechen


Wir waren froh und wohlgemut,
    Das Gärtchen auszuschmücken —
Da kam der Mensch, der nimmer ruht,
    Uns seinem Dienst zu pflücken.

In enger Vase mußten wir,
    Im dumpfen Zimmer stehen;
Uns war so bang, wir wollten schier
    Vor Herzeleid vergehen.

Nun packt ein Liebenser uns gar
    Als treuer Liebe Zeichen
In ein Papier, da muß fürwahr
    Das Leben uns entweichen!

Und sollen auf der langen Bahn
    Zu dir wir denn verenden,
So nimm dich, Mädchen, unser an
    Mit schwesterlichen Händen!


Laß' deinen Odem, süß und warm,
    Uns wonniglich umschweben —
Und wir ersteh'n aus Todesharm
    Zu duftigerem Leben!

Von Weitem

Was schimmert dort den Weg entlang?
    Sie ist's, das blonde Kind!
Um ihre Wangen flattert bang
    Der laue Frühlingswind.


Die Lerche in den Lüften singt
    Nun heller, als zuvor,
Aus allen Blütenkelchen schwingt
    Sich süß'rer Hauch empor.

Das ist ein Knospen, ist ein Blüh'n,
    Wo sie vorüberschwebt! —
O erste Jugend, erstes Grün,
    Wie hold ihr euch verwebt!

Nun knospen Leben, Liebe, Lust
    In ihrem Herzen rein —
Und all' der Lenz der jungen Brust
    Ist mein, ist einzig mein!

Verlangen

Ihre Lippen, kußverlangend,
    Gleichen Rosenblättern, zarten,
Halb geöffnet, selig bangend,
    Die den gold'nen Tau erwarten.

Komm' o Liebesmorgenstunde,
    Der Erfüllung Gold im Munde!
Daß ich diesen Kelch mit Küssen
    Fülle bis zum Überfließen.


Wiedersehen im Vorüberfahren

Nach langer Zeit als erster Gruß
    Ein flüchtig nur erhaschter Blick!
Und doch! o welch' ein Überfluß
    Lag nicht darin an Wonn' und Glück!

Der Liebe ganzes großes Gut,
    In Tagen der Entbehrungsqual
Gespart, verschwendete die Glut
    Von einem einz'gen Augenstrahl.

Erzählend von der Sehnsucht Pein,
    Der langen Trennung bitt're Mähr',
Vom Deingedenken, still und rein,
    Von froher, treuer Wiederkehr!

O käm' die Stunde bald genaht,
    Wo dir die Lippe wiederholt,
Was schon der Blick verkündet hat,
    Als du an mir vorbeigerollt!


Vielleicht doch!

Die Sonne ist hinunter,
    Es feuchtet sich der Klee,
Die Wolke färbt sich bunter,
    Und golden glänzt der See.

Will nach der Gegend gehen,
    Wo die Geliebte wohnt,
Vielleicht, daß doch mein Spähen
    Sich heute noch belohnt!

Die Luft, wie lau und labend!
    Wie hell des Mondes Schein!
Es ladet sie der Abend
    Gewiß zum schwärmen ein.

Ein Zug von grünen Sternchen
    Fliegt lustig mir voran:
Leuchtkäferchen, Laternchen
    Auf dunkler Waldesbahn.

Aus mancher Hütte schimmert
    Ein schwaches Lichtlein traut,
Ihr bösen Hunde, wimmert
    Und heulet nicht so laut!


Nun bin ich schon zur Stelle —
    Mein pochend Herz, nur Mut!
O Mond! sei nicht so helle,
    Du meinst es gar zu gut.

Im Schatten dieser Linde,
    Hier halt' ich mich versteckt,
O hätte doch geschwinde
    Mein Auge sie entdeckt!

So stille! Nur vom Grunde
    Tönt ländlicher Gesang,
Die Schloßuhr in der Runde
    Gibt feierlichen Klang.

Es ist schon spät — die Liebe
    Liegt wohl im Schlummer schon!
Ich schleiche gleich dem Diebe
    Still, wie ich kam, davon.

Und habe ja entwendet
    Den reichsten Schatz! O nein!
Sie hat mir selbst gespendet
    Ihr Herze, schön und rein!


Im Mondenschein

Erhebe nur dein Angesicht,
    Laß' mich dein Auge schauen,
Entziehe deine Lippe nicht
Dem Kuß', du darfst dem Mondenlicht,
    Dem schweigenden, vertrauen!

Wie, nickend in den Weg herein,
    Die gold'nen Ähren grüßen!
O laß' uns wandeln querfeldein,
Und wandelnd mich dein Händchen klein
    Zu tausend Malen küssen!

Nur deiner Stimme Silberlaut
    Ertönet in der Runde,
Die selig in dem Glanz' zertaut,
Der dämmernd von den Bergen schaut
    Auf diese Götterstunde.

O Balsamhauch der Sommernacht!
    O Lispeln in den Bäumen!
Der Liebe Geister, haltet Wacht,
Daß keine unhold fremde Macht
    Zerstöre süßes Träumen!


Doch horch! die Uhr am Schlosse ruft
    Dich fort, geliebtes Leben!
Schlaf wohl! o dürft' ich wie der Duft
Der Lindenblüte in der Luft
    Um deinen Schlummer schweben!

Waldgeheimnis

O zaubervolle Helle
    Der Waldeseinsamkeit!
Für immer ist die Stelle
    Der Liebe nun geweiht.

Allüberall ist Schweigen,
   Allüberall ist Ruh',
Die dunklen Fichten neigen
    Sich flüsternd einander zu.

Neugierig zögert ferne
    Der Mond auf seiner Bahn,
Und blinzelnd strengen die Sterne
    Die hellen Äuglein an.


O Bäume, Mond und Sterne!
    Wenn ihr's erlauschen könnt,
So lauscht nur, da ihr gerne
    Ein Glück dem Menschen gönnt.

Doch nimmer soll es wissen
    Die neiderfüllte Welt,
Was hier ein Mund mit Küssen
    Mir Glücklichem erzählt!

Glück im Fragen

Und weiß ich's ohne Frage auch,
    Ich frage doch, ob du mich liebst,
Ach! gar zu lieblich klingt der Hauch
    Der Antwort, die du immer gibst!

Ich möchte fragen fort und fort,
    Ich möchte fragen ewiglich,
Wann hört' ich je genug das Wort,
    Das himmlische: Ich liebe dich!


Das ist die köstlichste Musik,
    Die zauberisch mein Herz umflicht!
D'rum frag' ich alle Augenblick',
    Ich frage, doch ich zweifle nicht!

Ich frage nur, wie Einer frägt,
    Der Einem Ton am liebsten lauscht,
Und stets die gleiche Saite schlägt,
    Weil in ihr gold'ner Klang berauscht.


Beim Gewitter

Wie traulich weilt es sich allhier
    Im stillen Kämmerlein!
Wie könnt' ich besser, als bei dir
    Mein Lieb', geborgen sein?

Der wolkenbange Himmel grollt,
    Im Tale dämmert's schon,
Und näher, immer näher rollt
    Des Donners dumpfer Ton.

Ein Blitz erhellt von Zeit zu Zeit
    Dein holdes Angesicht,
Aus dem die reinste Seligkeit
    In tausend Strahlen bricht.

Laß' wüten draußen Sturm und Wind,
    Wir sind in sich'rer Hut,
Wir lieben uns; trotz Sturm und Wind
    Ist uns gar wohl zu Mut!

Und wie es mächtig Hand zu Hand,
    Und Lipp' an Lippe drängt,
So fühlen wir, daß uns ein Band,
    Ein ewiges umfängt.


Und schauen da in Finsternis
    Und Nacht die Welt versinkt,
Der Zukunft rosig Paradies,
    Das uns entgegenwinkt!

 
In ihr Tagebuch

Wie viele Stürme hast du schon ertragen,
    Du junges, reiches Herz!
Du hast in Trauer, Leid und Schmerz
Dem Edlen und dem Rechten nur geschlagen!

Zu Ende sind der Prüfung schwere Stunden,
    Wohl dir, daß du vertraut!
Ich hab' entzückt dein Innerstes erschaut,
Und ewig, ewig bleib ich dir verbunden.

Nun soll in Freude hin dein Leben fließen,
    — So will es dein Geschick —
Im Glückesglanze leuchte nur dein Blick
Und keine Träne sollst du mehr vergießen!

Was du mir bist

Wie herrlich mir, durch dich geschmückt,
    Ein neues Leben lacht!
Ich bin geliebt, ich bin beglückt,
    Wie immer ich's gedacht;
Mein Herz, berauscht vom Freudenglanz',
    Der deinen Blick umfließt,
Ist so beseligt, daß es ganz
    Sein eigen Glück vergißt!

O glaube nicht, ich sei verstimmt,
    Wenn Schweigen mich erfaßt!
Gib mir das Wort, das von mir nimmt
    Zu große Glückeslast, —
Das Wort, nach dem mein Dichten all'
    Ein fruchtlos Suchen ist,
Das alles sagt mit Einem Schall,
    Was du, nur du mir bist!

Du bist die Sonn', vor der sogleich
    Des Ruhmes Stern erbleicht,
Du bist der Quell, erquickungsreich,
    Den wandernd ich erreicht.
Du bist das Licht am Küstenturm,
    Nach dem ich längst begehrt,
Nach dem mein Schiff, aus Drang und Sturm
    Die Segel sehnend kehrt!

Du bist die Blume, die ich oft
    Gesucht, von Land zu Land,
Die Perle, die ich unverhofft
    Am Strande liegend fand;
Bist meines Lebens Schmuck und Zier,
    Mein Hoffen, Stolz und Mut,
Ach! Alles bist du mir,
    Was schön und hold und gut!

Du bist mein einziger Gesang,
    Mein erster, letzter Laut,
Du bist, o vielgeliebter Klang!
    Mir treue Herzensbraut;
Du bist der Tag, der morgenrot
    Mein schlummernd' Aug' berührt,
Die Schwesterseele, die ein Gott
    Der meinen zugeführt!

Im Walde

O Wonnestunde, nur mit dir
    Im kühlen Wald zu sein!
Mir ist zu Mut, als wären wir
    Auf dieser Welt allein.

Die Mücke schwirrt, der Käfer summt
    Im dunklen Moose nur,
Denn nirgend ganz und gar verstummt
    Das Leben der Natur.

Und alles, was da tönt und singt,
    Wird Himmelsmelodie,
Die wunderbar zusammenklingt
    Zu Einer Harmonie.

Du sprichst so hold, das Wasser rauscht
    Dazwischen her von fern,
Du blickst und sprichst so hold! Wie lauscht
    Dir meine Seele gern!

Denn jedes Wort und jeder Blick
    Aus deinem treuen Sinn
Erhöht das namenlose Glück,
    Von dem ich trunken bin.

Gebet

Du güt'ge Nacht! du ließest nimmermehr
    Uns diese Seligkeit gedeih'n,
Wenn's nicht dein stillbeschloss'ner Wille wär',
    Ihr lange Dauer zu verleih'n!

Blick' nicht auf mich, der erst verdienen soll
    Das schöne Los, das ihm beschert,
Auf ihre Seele blicke liebevoll,
    Die längst des reichsten Glückes wert!

Blick' nicht auf mich! O blicke einzig nur
    Auf der Geliebten reines Herz,
Und banne d'raus jedwede leise Spur
    Von Zweifel, Kummer, Angst und Schmerz.

Ja, diesem Herzen will ich ewiglich
    Mein Leben, meine Liebe weih'n!
Laß' dieses süße Werk vollenden mich,
    Und laß' uns Beide glücklich sein!

Wasserfahrt

Tiefschlummernd nun im Vollmondschein
    Des Teiches Wasser ruht,
Ringsum verneigen sich herein
    Die Bäume auf die Flut.

Du aber lenkest anmutvoll,
    Geschickt den kleinen Kahn,
So holder Schiff'rin traute wohl
    Noch nie ein Mensch sich an!

Ich höre dich, ich sehe dich,
    Genug! ich bin bei dir!
Und Herz und Herz verstehen sich,
    Was sollen Worte hier?

Verwundert schau'n vom Himmelszelt
    Der Mond, die Sterne d'rein,
Daß so beglückt auf dieser Welt
    Zwei Menschen können sein!

Genuß der Gegenwart

Einst strebt' ich in der Zukunft Ferne
    Mit ungeduldiger Begier,
Doch nun verweile ich so gerne
    Du gold'ne Gegenwart, bei dir!
Im ganzen weiten Reich der Träume
    Ist kein so schönes Glück verhüllt,
Wie's nun im Schatten dieser Bäume
    Lebendig, wirklich mich erfüllt.

Was in Gedichten und Romanen
    Mir sehnsuchtreizend vorgeschwebt,
Und mich durchbebt mit süßem Ahnen,
    Ich hab's erfahren, hab's erlebt.
Zu jeder Stunde möcht' ich sagen:
    Du bist so traut, verweile noch!
Um jede Stunde möcht' ich klagen,
    Entflieht sie trotz der Bitte doch!

Denn nun umglänzt mich hell und heller
    Der Liebe voller Sonnenschein,
Es schlägt mein Herze schnell und schneller:
    Das beste, reichste Herz ist mein!
Ein unerschöpflich tiefer Bronnen —
    Und jeder neuer Morgen weckt
Mich auf zu neuer Schätze Wonnen,
    Die meine Seele d'rin entdeckt!

Immer mehr!

Daß meine Liebe wachsen mag,
    Es fiel mir oft zu glauben schwer;
Doch sagt mir's jeder neue Tag:
    Ich liebe mehr und immer mehr!

Und immer mehr entzück'st du mich!
    Und immer mehr nenn' ich dich mein!
Und immer wärmer schließ' ich dich
    In meine tiefste Seele ein!

Das ist der echten Liebe Zug,
    Daß es in ihr nicht Stillstand gibt!
O sag'! wann liebt' ich je genug!
    Wann wär' ich je genug geliebt!

Liebesstärke

Wie stark ich liebe, dir zu sagen,
    Reicht nimmer eine Stunde hin,
Du fühlst es erst in spätern Tagen,
    Wie ganz ich dir ergeben bin!

Ach! meinem glühenden Empfinden
    Hat noch kein Ausdruck sich geschmiegt:
Ein neues Wort möcht' ich erfinden,
    Worin die ganze Seele liegt!

Und fänd' ich es, und könnt' es geben,
    Was keines noch gekündet hat,
Ein Schall, ein Hauch doch wär' es eben,
    Und lieben möcht' ich durch die Tat!

Wenn Jahre sind dahin geschwunden,
    Erkennest erst mein Lieben du!
Denn solche Liebe zu bekunden,
    Ein ganzes Leben braucht's dazu!

An ihren Augen

Wie strahlt dein Auge wunderbar
    Im blauen Himmelsglanz!
So sternenhell, so unschuldklar,
    So treue Liebe ganz!

So wie gebannt den Fischer hält
    Die Flut, und niederwinkt,
So fesselt mich die inn're Welt,
    Die d'raus entgegenwinkt.

Und wie's dem Fischer in der Flut
     — Nach jedem Lied — gescheh'n,
So möcht' in deines Auges Glut
    Die Seele untergeh'n!

Einziger Gedanke

O Hochgefühl! das mich belebt,
    Und gleich der Luft, die mich umgibt,
Mich ohne Unterlaß umschwebt:
    Ich liebe dich und bin geliebt!

Ich denk' es jeden Augenblick,
    Ob nahe, ob entfernt von ihr;
Ein frevler Raub an meinem Glück
    Scheint jedes and're Denken mir.

Wie jeden Tag am Himmel steht
    Die Sonn', ob öfters auch verhüllt;
So meine Lieb', die unerspäht
    Von fremdem Blick', mich doch erfüllt!

Ob auch der vielgeschwätz'ge Schwarm
    Der Leute lästig uns umgibt;
Ich zeig' es nicht, doch fühl' ich warm:
    Ich liebe und ich bin geliebt!

Der Braut

                             I.

O achte nicht der Menschen, die sich quälen
Mit Zweifel uns're Herzen zu umstricken!
Wir fühlen ja mit wachsendem Entzücken:
Ich konnte dich, du konntest mich nur wählen!

Die töricht wollen unser Glück vergällen,
Sie werden einst mit tiefbeschämten Blicken
Von uns'rem gegenseitigen Beglücken,
Von wandelloser Lieb' und Treu' erzählen!

Sie naht, ob zögernd sich die Tage dehnen,
Die Zeit, wo wir die Tat zum Worte fügen,
Und zeigen: Liebe sei kein eitel Wähnen!

Dann strafen wir die Welt, die kalten Lügen,
Die nie begreift der Seele liebend Sehnen,
Die nur zerstören, zweifeln kann und rügen!

                             II.
                    
(In ihr Album)

Ein Zaubergarten ist dein reich' Gemüte,
Worin viel Blumen sprossen, auserlesen,
Ihr frischer Hauch erquickt und bringt Genesen
Dem Herzen, daß in heißer Sehnsucht glühte.

Der Einmal ihn empfand, vergebens mühte
Er scheidend sich, den Zauber zu vergessen,
Und pflückt zu Zeichen, daß er da gewesen,
Ein Blatt im Gehen oder eine Blüte.

Mir aber kam der Genius entgegen,
Und gab den ganzen Garten mir zu eigen —
Ich darf beglückt der holden Blumen pflegen!

Der Blumen, die in Liebe sich mir neigen,
So oft ich mich ergehe auf den Wegen,
Bewundernd jede mit entzücktem Schweigen!

Dem Ziele nach

Noch einen kurzen Flug
Fliege, mein Sehnen!
Wirst ja an's Ziel mit Fug
Flügel bald lehnen;

Stillen den Durst am Quell
Süßer Erfüllung,
Schauen mit Augen hell
Glückes-Enthüllung!

Glückes, von dem hinfort
Nimmer ein Trennen,
Weil du an keinem Ort
Größ'res magst kennen!

Der Geschmückten

Laß' And're sich mit Flittergold,
    Mit Demant sich und Bändern schmücken,
Bist ohne sie nicht minder hold,
    Wirst ohne sie mich doch entzücken!

Verließ die Perle gern das Meer,
    Sich wiegen an deiner Brust zu lassen,
War's nicht zum Schmucke dir so sehr,
    Als: sich in höher'n Glanz zu fassen!

Dich ziert Natur, an deiner Hand
    Braucht Kette nicht, noch Ring zu glänzen;
Kein kunstgeschnitzter Blumentand
    Soll bunt das blonde Haar dir kränzen!

Die frische Rose mag allein
    Noch höchstens solche Gunst erlangen,
Sie mag die dritte Schwester sein
    Von jenen zarter'n deiner Wangen!

Lenz und Liebe

Nun sind die Veilchen ausgegeben,
    Vorüber der Narzissenflor!
Doch sieh', des Maies Glöckchen heben
    Die weißen Köpfchen schon empor!

Der Frühling will nicht geizig hüten
    Sein Gut, er lebt in Saus und Braus,
Und streut die Gold- und Silberblüten,
    Ein reicher Erbe, lustig aus.

So liebt auch Liebe zu verschwenden,
    Weil sie das Kind des Frühlings ist;
Ich kann mit Kuß und Wort nicht enden
    Zu sagen, wie du lieblich bist!

Und würde jeder Kuß zur Blume,
    Zum Blatte jedes Wort, o sprich!
Wär' nicht mit allem seinem Ruhme
    Der Lenz ein Bettler gegen mich?

Fern von Dir!

Fern von dir, geliebtes Leben,
Fern von deinem Angesicht,
Kann es keine Freude geben,
Die zu meiner Seele spricht.
Selbst der Lenz, was soll er mir
       Fern von dir?

Ach! wie bang' die Stunden schleichen
Ohne dich! Da dacht' ich mir:
Trauer muß dem Liede weichen,
Und ich dichtete von dir.
Doch es tönte, wenn's gelang,
       Ach! wie bang'!

Komme bald! Im großen Garten
Irr' ich einsam und allein —
Laß' mich nicht zu lange warten,
Komm' in deiner Anmut Schein'
Wie die Sonne über'n Wald.
       Aber bald.

Zur Verständigung

Wie des Mondes nahe Milde
    Doch zumeist die Erd' erfreut,
Ob unzähl'ge Sterngebilde
    Auch am Himmel ausgestreut;
Also stehst du lieblich waltend
    Meinem Herzen doch zunächst,
Wenn der Blick auch vielgestaltend
    In Unendlichkeiten wächst!

Fülle aller Zärtlichkeiten
    Bleibt gewidmet einzig dir,
Segelt auch mein Herz zu Zeiten
    In's entlegenste Revier;
Aus der Dichtung gold'nen Landen
    Sehnt er mit erhöhtem Glück,
Doppelt freudig nach den Banden
    Deiner Liebe sich zurück.

Schweift auch nach den warmen Zonen
    Phantasie, der Kunst hinaus;
Nicht im griech'schen Tempel, wohnen
    Läßt sich nur im schlichten Haus';
Laß' ohne Eifersucht mich wallen
    Nach dem zweifelhaften Kranz' —
Mag den Musen wohl gefallen,
    Doch nur dir gehör' ich ganz!

Im November

Das Abendrot des Jahres liegt
    Nun scheidend auf den Wäldern,
Der Wanderzug der Vögel fliegt
    Hin, über braunen Feldern!

Am Rebenstock vergessend hängt
    Die letzte, kalte Beere,
Mit Müh' die matte Sonne grängt
    Zurück die Nebelheere.

Wehmütig glänzt der erste Schnee
    Von fernen Bergeszinnen —
Das Menschenherz beschleicht ein Weh,
    Ein ahnungsvolles Sinnen.

Wohl dem, der in so rauher Zeit
    Ein trautes Nest gefunden,
In dem er ruhet allbereit,
    Vom Arm der Lieb' umwunden!

Ich fand es, ach! das treu'ste Herz
    Fühl' ich an meinem schlagen.
Nun komme Winterfrost und Schmerz —
    Will Alles gern ertragen!

Mein Töchterlein

Willkommen! kleine Erdenbürgerin!
O wie getrost ich deiner Ankunft bin!
Mit Bangigkeit, mit Sehnsucht harrt' ich dein,
       Mein Töchterlein!

Geboren unter hellem Klageton,
Was Brauch hinieden, merk' ich, weißt du schon,
Und was es heißen will, ein Mensch zu sein,
       Mein Töchterlein!

Du träumst wohl noch vom fernen, schönen Land,
Dem deine Seele eben sich entwand? —
Schlag' endlich auf die lieben Äugelein,
       Mein Töchterlein!

Und schau' dich um auf dieser Welt einmal,
Schon angelacht vom ersten Morgenstrahl
Der Liebe, die dich wärmt wie Sonnenschein,
       Mein Töchterlein!

Wie freudetrunken sie an's Herz dich schließt,
Indes vom Aug' die Träne niederfließt,
Wie Tau der Rose auf die Knospe klein,
       Mein Töchterlein!

O werde einstens deiner Mutter gleich,
So lieblich von Gestalt, so liebereich!
So gut und klug, so hold und herzensrein,
       Mein Töchterlein!

So lang' verträume nur so manches Jahr,
Beschirmt vor jeder Sorge und Gefahr! —
Im reichen Segen, blühendem Gedeih'n,
       Mein Töchterlein!

Zum Jahresbeginn

Allmächtig ist die Zeit! Die Not bricht Eisen!
Doch jene was von ew'ger Dauer spricht —
Gewohnheit wird die Freundschaft, Liebe, Pflicht,
In dieses Seins alltäglichen Geleisen!

Nicht so bei mir! Ob Morgenrot Verheißen
Geworden auch zu hellem Tageslicht —
Obgleich ich weiß, wenn dich mein Arm umflicht,
Du bist ja mein, nichts kann dich mir entreißen!

Obgleich du vor mir stehst, mir angetraut
Als Weib, in jungem, mütterlichen Prangen,
So ist's mir doch, du bist noch meine Braut!

Als ob ich dich mit sehnsuchtsvollem Bangen
Zum ersten Male jeden Tag erschaut',
Und ewig ungestillt ist mein Verlangen!

Am lieblichsten

Lieblich bist du, wenn du am Morgen,
Auf der Stirne Hausfrausorgen,
Durch die Zimmer walten geh'st —
Mit dem Blick, dem nichts verborgen,
Nach dem Geist der Ordnung späh'st!

Lieblich, sitzend mir am Schoße,
Wenn mit Küssen und Gekose
Uns die Dämmerung umgraut,
Und von deines Mundes Rose
Süße Liebeskunde taut.

Lieblich — wenn du elfenleise
Mit anmutsicherm Fleiße
Nach dem Walzerrythmus schwebst —
Wenn beim Schlittschuhlauf am Eise
Zagend du die Füße hebst! —

Doch die Lieblichste der Frauen,
Wenn du deiner Augen Blauen
Auf die kleine Tochter senkst,
Und vertieft in lächelnd Schauen
Mutterliebesglück bedenkst!

Ich bleibe hier!

O laß' die Andern reisen
    Aus Neigung, Mode, Pflicht!
Mich lockt die Bahn von Eisen
    In ferne Lande nicht;
Am selbstgeschaff'nen Herde
    Ist all' mein Glück, bei dir
Gilt jeder Ort der Erde
    Mir gleich, — ich bleibe hier!

Prahlt immer von dem Werte
    Mir, dieser und jener Stadt,
Die Oper und Konzerte,
    Salons, Theater hat;
Der Künste Leckerbissen,
    Der feinen Welt Gewirr',
Kann kummerlos vermissen
    Mein Herz, — ich bleibe hier!

Mir wird zu jeder Stunde
    Die herrlichste Musik,
Aus vielgeliebtem Munde —
    Und jeden Augenblick
Entzücket mich auf's Neue
    Das schönste Schauspiel schier:
Es nennt sich Lieb' und Treue —
    Darum: ich bleibe hier!

Und reizen dich nicht Städte,
    So reizt dich doch das Land?
Der Alpen Felsengräte,
    Des Meeres Dünenstrand',
Der Seen Flutgewimmel,
    Der Täler Blütenzier —
Wo aber bleibt mein Himmel?
    O nein! ich bleibe hier!

Denn mitten unter Szenen,
    Voll Lieblichkeit und Pracht,
Ein ungewohntes Sehnen
    Beschliche mich zu Nacht;
Und sinnend blieb' ich stehen,
    Und grübelte bei mir:
Wie mag's ihr jetzt ergehen? —
    Genug! ich bleibe hier!

Und ging auf fernen Auen
    Zum Grunde ich, am Meer',
Und dürfte nimmer schauen
    Den Tag der Wiederkehr,
Und nimmer ach! bedecken
    Mit tausend Küssen dir
Den süßen Mund — o Schrecken!
    Nein, nein! ich bleibe hier!

An ihrem Geburtstage

O Mag wie Lerchenjubel schweben
    Mein heutig' Lied auf dich herab!
Wie einsam irrt' ich durch dies Leben,
    Wenn nimmer diesen Tag es gab!
Den herrlichsten von allen Tagen,
    An welchem du zum ersten Mal'
Den Blick zum Lichte aufgeschlagen,
    Dem Veilchen gleich im Wiesental.

Ein Kind des Frühlings! All' sein Prangen,
    Dein holdes Wesen trägt's zur Schau:
Die Lilienstirn', die Rosenwangen,
    Der Augen reines Himmelblau!
Man merkt es an der Liebesfülle,
    Von der dein Herze überfließt —
So wie vom Duft' der Blume Hülle,
    Daß du ein Kind des Frühlings bist!

Du Reichbegabte, welche Gabe,
    Die deiner wert, soll ich dir weih'n?
Ach! alles was ich bin und habe,
    Ist dein ja längst, auf ewig dein!
Die Schätze, die du mir gegeben,
    O ford're nimmer sie zurück!
Und bleibe für ein langes Leben
    Mein Trost, Entzücken, größtes Glück!

Mondnacht

Mondesaufgang. Schweigend brütet
Über'm Tal die Sonmmernacht,
Wünsche, lange still gehütet,
Sind mir in der Brust erwacht;
      Geist der Vergangenheit!
      Wehest voll Innigkeit,
      Weckst mir im Innern
      Leises Erinnern.

Muß der Tage wieder denken,
Da ich noch ein Knabe war —
Den ein träumend Selbstversenken
Oft ergriffen wunderbar;
      Zukunft ward Gegenwart —
      Was ist erstrebt, erharrt,
      Ist es dem jungen
      Herzen gelungen? —

Aufgegangen meinem Leben
Herrlich ist der Liebe Stern,
Doch die andern seh' ich schweben
Noch im Nebel, klein und fern. —
      Länger, ach! länger nicht
      Werde ihr funkelnd Licht
      Mir von dem bangen
      Zweifel verhangen!

Wär's auch nur ein eitel Wähnen,
O so laßt mir solchen Wahn:
Ein beharrlich glühend Sehnen
Zieht Erfüllungsglück heran!
      Was noch die Nacht umfängt,
      Was sich zum Leben drängt,
      Laßt sich's gestalten,
      Liebesgewalten!