Befriedigung
Es schlich in aller Stille
Der Tag von hinnen sacht,
Die nimmermüde Grille
Durchtönt die laue Nacht;
Es hängen von den Zweigen
Die Blätter, seligmatt,
Und alle Lüfte schweigen,
Vom Blütendufte satt.
Wie ist mir nun die Seele
So köstlich ausgefüllt!
Was auch dem Leben fehle,
Vergessen ist's, verhüllt;
Und wie ich's mag betrachten,
Kann's fassen nicht zur Zeit,
Daß je ich konnte schmachten
In Angst und Traurigkeit!
Erste Begrüßung
Als ich zum ersten Male
Im Garten vor ihr stand,
Da blühten alle Tale,
Da grünte alles Land.
Am blauen Himmel flogen
Die Wolken weiß und weich,
Zwei junge Schwäne zogen
Sich sonnend durch den Teich.
Es wogte in den Beeten
Ein farbig Blumenmeer,
Gewürzte Lüfte wehten
Vom nahen Walde her.
Mein Herz hub an zu schlagen —
Denn süße Ahnung quoll
Mir auf von gold' nen Tagen,
Die ich erleben soll!
Entdeckung
Nicht will ich meine Liebe zeigen
In Worten, voller Kraft und Schwung;
Ich schweige lieber, doch dies Schweigen
Ist innere Beseligung!
Was könnt' ich auch am Ende sagen,
Das du nicht selber lange weißt?
An Worten reich ist nur das Klagen,
Doch bettelarm die Freude meist!
Laß' in dein Auge meines senken,
Und laß mich jeden Augenblick
Nur dieses Einzige bedenken:
Daß du mich liebst, mein süßes Glück!
Frühlingsasyl
Und als der liebe Frühling
Doch endlich scheiden mußt',
Da kam er sich zu flüchten
In ihre treue Brust.
Und seine Rosen seh' ich
Erblüh'n auf ihrer Wang'
Und seine Lerche hör' ich
In ihrer Stimme Klang!
Und wenn ich ihn zu suchen
In ihre Augen schau',
So lacht er mir entgegen
Mit seines Himmels Blau!
Morgengang
Die Liebste ging beim frischen Hauch'
Der Morgenluft spazieren,
Mit Blumen, wie es Mädchenbrauch,
Sich Haar und Brust zu zieren.
Die Rose sprach: "Nicht hab' ich Lust,
Den Tod schon zu erwerben;
Doch muß es sein, an deiner Brust
Wär's minder hart zu sterben."
Die Nelke sprach: "Und müßt' ich je
Das junge Leben enden,
So wünscht' ich mir, daß es geschäh'
In deinen lieben Händen!"
Der Frühling sprach: "O raube nicht
Die Kinder, mein Entzücken —
Du bist so schön von Angesicht,
Was brauchst dich noch zu schmücken?"
An die Errötende
Es möchte seiner Lieb' genießen
Dein Herz, geheim vor aller Welt;
Doch ob du noch so sehr befließen,
Man merkt es wohl, wie schwer dir's fällt.
Als wollt' er dich gestehen heißen,
Erschreckt dich jeder fremde Blick,
Umsonst! zu heucheln und zu gleißen
Gab die Natur dir kein Geschick.
Sie duldete an einem Wesen,
Wie du, auch nicht den kleinsten Schein,
Will vom Geständnisse genesen,
Und sich um jeden Preis befrei'n.
Und ruht nicht eher, bis die Regung,
Der Aug' und Mund den Weg verschließt,
In purpurwogender Bewegung
Auf deine Wangen sich ergießt!
Unentschlossenheit
Ob ich bleibe? ob ich gehe?
Ach! wie ist die Wahl so schwer!
Traulich ist's in deiner Nähe,
Lockend blickt die Ferne her.
Sei es denn, wie ich's beschlossen,
Ehe dich mein Auge sah, —
Liebe wird im Herzen sprossen,
Ob ich ferne, ob ich nah!
Schöne Blumen, neue Lieder
Will ich bringen dir nach Haus',
Ruhe desto süßer wieder
Dann an deiner Seite aus!
Reisemorgen
Beginnt noch kaum zu tagen,
Die Sterne löschen aus,
Es rollt mein Reisewagen
Zum Städtchen frisch hinaus.
Zum Tor hinaus und weiter
Hinauf die Pappelallee —
Schon glänzt im Morgengrauen
Zur Seite mir der See.
Noch Einmal hätt' ich gerne
Das liebe Schloß geseh'n! —
Doch Wald und Hügel hüllet
Der Nebel neidisch Weh'n.
Indes noch alles schlummert,
Ist s i e gewiß erwacht,
Und hat mit leisen Händen
Das Fenster aufgemacht!
Nun blase laut und helle
Du junger Postillon,
Und fahre von dieser Stelle
Mich nur recht schnell davon!
Fern im Gebirge
Es kommt der Bach mit Rauschen
Gezogen durch die Nacht,
Wie lang' ich auch mag lauschen,
Kein and'rer Ton erwacht.
So zieht nur ein Gedanke
Jetzt durch die Seele mir:
Daß mich so manche Schranke
Geschieden hält von ihr!
Und Eines wüßt' ich gerne:
Ob meiner sie gedenkt,
Und mir in dieser Ferne
Ihr holdes Lieben schenkt?
Heimkehr
Wie mutest du mich wieder an,
Du Heimat, schön und traut!
Ist schöner, als ich sagen kann,
Auch viel, was ich geschaut.
Gebirg und Hügel, Wald und Stadt —
Wie Alles so beredt!
Und jeder Weg und jeder Pfad
Erinnerung-umweht!
Da drunten im Gebüsch versteckt
Das wohlbekannte Haus,
Der Baum dabei, der sehnend streckt
Die grünen Arme aus!
Dort wandelt sie im Abendlicht,
Nach der mein Herz begehrt —
Sie wandelt still und ahnet nicht,
Daß ich zurückgekehrt!
Reisebeschreibung
Ich soll von meiner Reise
Erzählen dir, mein Kind? —
Nach alter Dichterweise
Zur Sache denn geschwind!
Bei all' den blauen Seen
Hab' ich an dich gedacht,
Sah dich als Rose stehen
In öder Gletscherpracht.
Im Bachgetön des Grundes,
Im Wasserfallgesang
Vernahm ich deines Mundes
Geliebten Zauberklang.
Bei allen Blütenauen,
Wo ich vorüberstrich,
Dacht ich: da möcht' ich bauen
Ein Haus für dich und mich.
O wer beschreibt mit Worten
Der Städte Pracht und Zier?
Ach! schön ist's allerorten
Doch heimisch nur bei dir!
Mit meinen Gedichten
Du zauderst — dem holden Munde
War jeder Wunsch voraus gewährt,
O hättest du in jener Stunde
Doch Größeres von mir begehrt!
Ach! meinem dienstbefließ'nen Drange
Dünkt deine Bitte allzu klein,
Da längst ich selber schon verlange
Ein Wort des Herzens dir zu weih'n!
Doch schweigend mußt' ich 's immer tragen,
Denn jeglich Wort erschien zu kalt,
Wo Schmeichelhaftes dir zu sagen
Sich drängt geschäftig Jung und Alt;
Wo sich so Viele flüsternd mühen,
Da ist der Dichter karg und arm,
Und mit verstummendem Erglühen
Verschwindet er im lauten Schwarm.
Umringt von tausend Huldigungen
Durchwandelst Garten du und Haus,
Und streuest heiter, ungezwungen
Die Blumen zarter Anmut aus;
Es gehe Jeder, trüb im Herzen,
Zu dir, denn wer vermöchte nicht
Des Lebens Ernst hinwegzuscherzen,
Schaut er dein lächelnd Angesicht!
Es schwebt — ein blondgelockter Knabe —
Der Freude Genius vor dir hin,
Und weckt mit seinem Zauberstabe
Zur Lebenslust den stumpfsten Sinn;
Zu schützen dich vor jedem Leide
Folgt dir der Grazien Schwesterchor,
Doch schelmisch hinter deinem Kleide
Lauscht schon der kleine Gott hervor.
Wie freundlich hat an jenem Abend
Dein sinnig Auge mir geblaut —
Als wir am Fenster uns erlabend
Vom Schloß in's Tal hinabgeschaut!
Wie leuchtete im Rosenglanze
Dein Antlitz, als ersehnet lang,
Dich rufend zu dem Lieblingstanze,
Der erste Ton den Saal durchklang!
Im Geiste, hör' ich noch erklingen
Der Töne Melodieenflug,
Als dich auf seinen Phönixschwingen
Der Walzer leicht von hinnen trug;
So lieblich ist der Elfen Schweben
In lauer Nacht um Busch und Baum,
Wenn sie für gute Menschen weben
Aus Mondesstrahlen einen Traum!
Genug! — auch dieses Lied muß enden,
Es endet Lust und Spiel und Tanz,
Nur wen'ge Blumen wollt' ich spenden,
Und sieh! es ward ein voller Kranz!
So nimm ihn denn zum Abschiedgruße,
Von dem, der bald von dannen eilt,
Und zürne nicht, daß meine Muse
Vielleicht zu lange schon verweilt!
Wie Einer, der vom teuren Orte,
Vom liebgeword'nen Freunde geht,
Ein Wort noch fügt zum letzten Worte,
Und zögernd eine Weile steht,
So zaud're ich, ein Bild zu lassen,
An dem ich dichtend mich erwärmt —
Und möcht' es immer wieder fassen,
Und habe nie genug geschwärmt.
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