Am Kaibler See
1.
Von der Sonne geweckt, morgenfrisch
Liegst du vor mir, du stiller Bergsee!
Dein smaragdenes Rund, in kristall'ner Klarheit
Widerspiegelt's: des Himmels Lichtblau,
Kalkgipfel, geierumkreiste, und graue
Felswände, flücht'ger Gemsen Aufenthalt,
Schwarzgrüne Wälder, und Halden
Weißen Gerölls über der hochgemauerten,
Paßerklimmenden Straße,
Wo im tauenden Lenz die Lawine
Den Fuhrmann samt dem Gespann begräbt;
Widerspiegelt's den Kahn am Ufer,
Den fichtendurchwurzelten Steinblock,
Und des einsamen Wanderers Bild. —
O wer, wie du, stiller Bergsee
So rein und getreu in sich die Welt
Aufnähm' und zurückstrahlte! —
Ach! im Gedränge des Lebens
Ewig bewegt von Furcht und Hoffnung,
Nimmer von Wünschen frei — allzuselten
Gönnen wir uns den Genuß
Ruhiger, ernster Betrachtung!
Aber nun steh' ich lange, gebannt
Von deinem Zauber, du stiller Bergsee!
Und wie träumerisch sinnend mein Blick
Auf dem schimmernden Wasser ruht, ist mir's, als blickt' ich
Tief der Natur in's Auge, und lese
Drinnen bis auf den Grund ihr innerst Wesen,
Das da Eines mit meinem Geist ist, und im regen
Wellenspiele seiner Gedanken
Sich selbst bewußt wird und anschaut!
2.
Gott grüß' dich an des Tales Ende
Du lieber, meiner Sehnsucht See!
Ein Herz, das nirgend Ruhe fände,
Hier wär's geheilt von jedem Weh;
Die Sonne sinkt, Lichtnebel spinnen
Sich schluchtenwärts, es rauscht der Bach,
Und gold'ne Bergeshäupter sinnen
Dem ew'gen Schöpfungsrätsel nach.
Im Sande drüben liegt vergessen
Ein Boot, kein Ruder noch dabei, —
Wer wäre auch so gar vermessen,
Daß er die keusche Flut entweih',
Die leiseflüsternd, wie im Traume
Den Felsenufersitz beleckt,
Wo dich im zauberstillen Raume
Der eig'nen Lippe Laut erschreckt.
Horch! Niederklimmend vom Gehänge
Gefleckter Ziegen bunte Schar —
O traut Geläute! Friedensklänge!
Wie Kinderstimmen süß und klar!
Im Krummholz, unter Alpenrosen
Steht auf dem Stab gelehnt der Hirt,
Und ruft der Herde, die mit losen
Scherzsprüngen durch die Büsche irrt.
Bald wird es nachten, von der Weide
Zur Tränke kommen Gems' und Reh;
Mich aber mahnt es, daß ich scheide
Von dir, du meiner Sehnsucht See!
Leb' wohl! Wie manchmal werd' ich denken,
Umwogt vom heißen Lebensstreit:
O könnt' ich meine Seele tränken
In deiner hohen Einsamkeit!
Aufstieg und Abstieg
Wie klomm ich rasch den Berg hinan
Voll Mut und Selbstvertrauen,
Da um den steilen Pfad begann
Der Morgen kaum zu grauen!
Noch funkelten vom Himmelsraum
Die Sterne schläfrig nieder,
Der Wald erwachte aus dem Traum
Und schüttelte die Glieder.
Herauf zu mir klang Bachgebraus
Vom Tal, wo Nebel flossen,
Und frisch und rüstig schritt ich aus
Zur Höhe unverdrossen.
Den Bergstock setzt' ich kräftig ein —
Schwang über Schründ' und Klüfte,
Mich über Schutt und Felsgestein
Empor in rein're Lüfte.
Brach nebenbei mit Lust zumal
Auch manche selt'ne Blüte,
Die im Geröll vom ersten Strahl
Der Sonne rot erglühte.
Und wie ich endlich oben stand
Auf hohem Alpenrücken —
Wie blickt' ich tief und weit in's Land
Mit schwelgendem Entzücken! —
Doch jetzt, indes ich nieder sacht
Schon steige viele Stunden,
Mir ist, als wäre all die Pracht
Verwandelt und verschwunden.
Die Sonne sticht mich, schneidend weht
Der Wind mir in den Nacken,
Wo's nah' vorbei am Abgrund geht
Will mich der Schwindel packen.
Der kleinste Stein macht mir Verdruß
Daran ich mit der Zehe
Anstoße, meinem müden Fuß
Tut jede Wurzel wehe.
Und ob sich Fels und Wiesenhang
Mit hundert Blumen schmücken —
Ich fühle nimmermehr den Drang
Nach ihnen mich zu bücken.
O Aufstieg voll Begeisterung
Zum Ziel des höchsten Strebens!
O Abstieg ohne Reiz und Schwung!
Du Gleichnis unser's Lebens!
Sommernacht im Gebirge
So schön im Gebirg' ist die Sommernacht,
Wenn die Wasser geheimnisvoll rauschen,
Und die Wälder von schwarzer Felsenwacht,
Und die Sterne zu hellerer Glut entfacht
Andächtig herunterlauschen!
Und wenn die Geister der Lieben all
Die trauliche Stätte beschweben,
Wo einst wir mit fröhlichem Liederschall
Erweckten den schlafenden Widerhall
Beim funkelnden Safte der Reben.
Nein! länger nicht will ich so stumm und allein
Die ländliche Stube durchmessen —
Zu Ende ging längst schon der purpurne Wein,
Komm, lieblicher Schlummer, und schenke mir ein
Den Labetrunk: süßes Vergessen!
Berg und Tal
Warum auch ließ es mich nicht ruh'n
Im wohnlich trauten Haus! —
Da streck' ich von der Hütte nun
Die müden Glieder aus! —
Und wie der letzte Tagesschein
Verdämmert Strahl um Strahl,
Schleicht sachte mir in's Herz hinein
Das Heimweh nach dem Tal.
O wär' die lange Nacht vorbei,
Die schlummerlose Nacht!
Sternbilder steigen nach der Reih'
Herauf in Funkelpracht;
Doch keines glänzt so wunderbar
Im weiten Äthersaal,
Als wie ein holdes Augenpaar
Dort unten tief im Tal.
Die lieben Augen — Schlaf umspinnt
Sind längst, indessen hier
Ich wache, bis gemach zerrinnt
Die lohe Himmelszier:
Zum Aufbruch! Schon im Osten graut
Der Morgen bleich und fahl —
Wann wiederum der Abend taut —
Heil mir! bin ich im Tal.
Ach! endlos zieht sich, endloslang
Der Weg zum Gipfel hin!
Wo bist du, heißer Sterbedrang,
Beschwingter Jugendsinn? —
Von Sorg' und Sehnsucht war so schwer
Mein Herz nicht dazumal —
Die Berge lieb' ich; aber mehr
Mein süßes Glück im Tal.
Noch liegt die halbe Welt im Traum,
Von Schleiern zugedeckt,
Die Dohle kreischt am Wetterbaum,
Von meinem Schritt erschreckt;
Die Alpenblumen sind verblüht,
Gehäng und Wiese kahl —
Was tut's? — die schönste Rose glüht
Entgegen mir im Tal.
O sieh! — der Sonne Purpurlicht
Durchzuckt das Felsgestein! —
Doch fliegend hüllt mich grau und dicht
Sogleich der Nebel ein; —
Wehrt neidisch er die Aussicht mir,
Das macht mir keine Qual —
Find' ich den nächsten Pfad zu ihr
Hinunter nur in's Tal.
Venezia
I.
Wie, wer da schlummernd einer Schönen
Geliebtes Bild erblickt zur Nacht,
— Er hört ein süßes Liebestönen
Noch lange, wann er aufgewacht,
Mit Augen möcht' er gerne sehen,
Die er so hold im Träume sah: —
Vor Sehnsucht wollt' ich schon vergehen
Nach dir, nach dir Venezia!
Es zog durch Tal und Felsenschluchten,
Durch Ebenen mich mächtig hin —
Gegrüßt an deinen blauen Buchten
Sirene! Inselkönigin!
Du Einzige, du Ohnegleiche,
Soweit die Flut der Meere schwillt!
Dein Atem ist's, der laue, weiche,
Der schmeichelnd mir entgegenquillt!
Ja! das ist der Lagunenwelle
Geplätscher, das sich nie vergißt!
Das Goldlicht, das mit Zauberhelle
Verklärend jeden Stein umfließt,
Das heiter-ernste, stille Sinnen,
Das auf den Marmorstirnen thront
Verlassener Paläste, drinnen
Erinnerung nur einsam wohnt!
Berückender noch im Verfalle
Du schaumgeborne Wunderfee!
Als deine andern Schwestern alle,
Sei's auf dem Festland, an der See!
Du, die mit Reizen, ewigjungen,
Natur und Kunst wetteifernd schmückt,
Ob auch dein Diadem zersprungen,
Und deiner Herrschaft Kranz zerpflückt!
Wie mich gemach die Gondel schaukelt
Hinauf den flimmernden Kanal,
Auf sanft bewegter Fläche gaukelt
Und leise bebt der Sonne Strahl, —
Indessen Bild um Bild zur Stunde
Den trunk'nen Blick gefangen hält:
Mir ist, als würd' aus liebem Munde
Ein prächtig Märchen mir erzählt!
II.
O linde Wärme! morgenfrisches Leben,
Das wohlig mir durch alle Poren dringt!
Wie Silbermöwen ob den Fluten schweben
So frei das Herz, der Geist so leicht beschwingt!
Nach Giorgio's Eiland, mit dem scharfen Kiele
Durchschneidet meine Barke glatte Bahn,
Ausspring' ich, und zur Höh' des Campanile
Auf dunklen Stufen steig' ich rasch hinan.
Welch' große Schau! — Tiefunten, mitteninnen
Venezia in die Wellen hingebaut —
Von Häusern, Kirchen, Kuppeln, Türmen, Zinnen
Ein bunt Gewimmel, ätherüberblaut!
Und rings, umbuhlt vom Flut- und Luftgekose,
Wie Dienerinnen um die Majestät,
Wie grüne Blätter um die Wasserrose,
Die Inselschar anmutig ausgesät!
Dazwischen lautlos schwarze Gondeln gleitend,
Und stumme Furchen ziehend hin und her,
Und stolze Schiffe, weiße Segel spreitend,
Und draußen ahnungsfern das off'ne Meer!
Nach welcher Seite sich das Auge wendet —
Allüberall nur eitel Glanz und Licht!
Du schaust und staunst auf's Neue, und geblendet
Kehrst du dich endlich ab — o nein — noch nicht!
Noch Einmal laß' es in die Runde schweifen
Hinauf, hinab, nie müde, unbesiegt —
Bis zu dem schmalen, blassen Wolkenstreifen,
Der dort auf den Friauler Alpen liegt!
Auf daß es — wann du heimwärts bist gezogen,
Und dich der Nebel einhüllt grau und kalt —
Den Schimmer, den es dürstend eingesogen,
Lebendig in der Seele widerstrahlt!
III.
Die Sonnenscheibe ist hinabgesunken
Im gold'nen Westen glühend, purpurrot,
Es dämmert rings, durchstickt mit Sternenfunken,
Umhüpft die dunkle Flut mein Segelboot.
An's Ufer wiegt mich eine sanfte Brise,
Wo's flammenhell von hundert Lichtern tagt,
Wo der Palast des Dogen wie ein Riese
Phantastisch zur azur'nen Wölbung ragt.
Auf der Piazetta, unter den Arkaden
Des Markusplatzes, heiter, lebensfroh
Die Menge wogt, als wäre sie geladen
Zu einem Fest gesamt — und ist's nicht so?
Ist's nicht ein Fest, sich abendlich zu baden
In diesen Lüften, die balsamisch weh'n?
In diesen glanzumstrahlten Colonnaden,
Auf diesem stolzen Platz sich zu ergeh'n?
Wo wäre so viel Pracht auf Einem Flecke
Vereinigt sonst, und wo in aller Welt
Ein Prunksalon wie dieser, dem als Decke
Sich ausspannt das gestirnte Himmelszelt?
Doch weil' ich nicht — es lockt ach! immer wieder
In seine Nähe mich das Element,
Das unter'm Kuß der Nacht, die liebend nieder
Sich beugt, wollüstig sich im Schlummer dehnt.
Wie Schatten seh' ich Gondeln sich bewegen,
Im Mondesglitzerschein, traumredend lallt
Die Welle, unterdes von Ruderschlägen
Ein schläfrig Echo fernherüber schallt.
O Auge, Ohr und Herz mit Zauberwonnen
Umstrickendes, verwirklichtes Gedicht!
Was jemals Dichterphantasie ersonnen,
Es reicht hinan zu deiner Schönheit nicht.
IV.
Auf dichtverschlung'nen Wasserpfaden,
Im engen Gassenlabyrinth,
Durch das — als Ariadnefaden —
Ein Sonnenstrahl sich manchmal spinnt,
Vom Geisterhauch entschwund'ner Zeiten
Umweht, entrückt der Gegenwart,
Gemächlich-ruhig hinzugleiten —
O seltsam wunderliche Fahrt!
Wenn auf den grünen, trüben Lachen
Ein mattes Lüftchen seufzend streicht,
Und ernst und träg, wie Charons Nachen,
Die Gondel ihres Weges schleicht —
Wie tönt an's Ohr befremdend eigen
— So oft er um die Ecke biegt —
Des Schiffers Ruf, wo Todesschweigen
Auf Häusern und Palästen liegt!
Wo sind die lauten Festgenossen,
Die einst gingen aus und ein?
Das Tor, die Fenster dichtverschlossen,
Die Ziegel bröckelnd, schwarz der Stein!
Geborsten klafft die Stufenschwelle,
Und modernd und versinkend ragt
Davor der Holzpfahl, von der Welle,
Der allgenäschigen benagt!
Kanäle, Campi, Brückenbogen —
Zuweilen eines Gärtchens Raum,
Die Mauer epheuüberzogen
Und der Lorbeerstrauch und Feigenbaum
Herüberlugend! In die Fluten
Sinkt manch ein welkes Blatt entführt —
O dieses herbstliche Verbluten
Wie wundersam es hier mich rührt!
Das ist mit ihrer Feierstille
Lagunenstadt! — die Jahreszeit,
Die dir am besten ziemt, Sibylle,
Beredte, der Vergänglichkeit!
Nicht in des Frühlings frischem Prangen,
Nicht in des Sommers voller Pracht
Nimmst du so ganz den Sinn gefangen,
Zeigst du so siegreich deine Macht!
Der Widerschein, der aus den Tagen,
Da Liebe, Ruhm und Lebensmut
Zu allen Sternen dich getragen,
Auf deinem Antlitz leuchtend ruht,
Ach! wehmutsüßer, inn'ger nimmer
Ergreift er unser tiefst Gemüt,
Als wenn um ihn der letzte Schimmer
Der sterbenden Natur noch glüht!
An das Meer
Feierlich schön und erhaben
Ist das Schweigen des Hochgebirgs.
Wenn am stillen Alpensee
Riesige Felsengipfel
Purpurn angeglüht auftauchen
In stummer Pracht
Dem Auge des Wanderers; —
Aber feierlichschöner noch und erhabener
Ist dein Rauschen, womit du gewaltig
Dich ankündigst von weitem schon
Ewiges Meer!
Hauch der Unendlichkeit!
O wie wonnig witternd
Blähst und schwellst du
Brust mir und Seele!
Gleich den schimmernden Segeln,
Die goldenen Länder des Südens
Schaukelnd entgegen sich wiegen
Weit draußen
Auf blauer Flut,
Wo keine Schranke der Sehnsucht wehrt!
Wogen auf Wogen gedrängt — fernher
Unter'm Siegesbogen des Himmels,
Der von Strand zu Strande
Strahlenglänzend sich ausspannt,
Stürmen sie im Triumphzug,
Sich überstürzend und schäumend, und spülen
— Nimmer in ihrem Schoße
Dulden sie nichtigen Tand und Unrat —
Seegras und Algen und Muscheln
Mir vor die Füße.
Also von Allem, was trüb und kleinlich
Drinnen sich regte, hoch aufwallend
Reinigt mein Herz sich in deiner Nähe
Ewiges Meer!
Große Gefühle nur hegt es, und jauchzend
Stimmt es, begeistert ein
In dein rauschendes Freiheitslied.
Gruß an Italien
Sei wieder mir mit Wonne
Gegrüßt Italia!
Im Glanz der Frühlingssonne
Wie liegst du herrlich da
Ein duft'ger Blütengarten!
Ich konnt' es kaum erwarten,
Daß ich dich wiedersah.
Vom Lebensborn, der heiter
Mir rings entgegenquillt,
Wie wohlig weit und weiter
Mir Brust und Seele schwillt!
Das ich in grauen Stunden
So oft nach dir empfunden —
Das Heimweh ist gestillt.
Mein Geist — ob auch geboren
Am kalten Alpenrand —
Hat dich zum Heim erkoren;
Wo meine Wiege auch stand —
Ob Südens, Nordens Aue —
Wo ich die Schönheit schaue,
Da ist mein Vaterland.
Sorrent
O Felsengestade, hochragender Strand
Orangenumduftet Sorrent!
O lauschige Nacht, da sinnend ich stand
Auf die Brüstung von Eisen gelehnt! —
Veratmende Wellen umplätschern sacht
Zu Füßen die schattige Bucht,
Indessen des Mondes stillwachsende Pracht
Beglänzte die schweigende Schlucht.
Hold grüßte durch ewige Räume der Stern
Der Liebe, mit flimmerndem Licht,
Aufflackerte manchmal die Leuchte fern
Am Turm, wo die Woge sich bricht;
Um dämmernde Inseln, um Klippe und Riff
Schwoll ruhig die schlummernde See —
Ich träumte hinaus in die Flut, mich ergriff
Ein süßes, ein wonniges Weh.
Es glitten die Bilder vergangener Zeit
Vorüber mir, Freude und Pein
So geisterhaft, farblos und nebelweit,
Wie Segel im Mondenschein;
Und was ich errungen, und was ich verlor,
Und was ich gewünscht und erstrebt,
Es schwebte so seltsam befremdend mir vor,
Als hätt' es ein And'rer gelebt.
Und über den Golf, über Berg und Tal,
Flog heimwärts mein Denken zu dir;
Wie, als ich dich schaute zum letzten Mal,
Du blühtest in lockiger Zier —
Und wie du mich ansahst so traulich und lieb,
So innig mir drücktest die Hand,
Daß froh deiner Nähe ach! jeglicher Trieb
Nach der winkenden Ferne verschwand!
Da las ich in deinem verweilenden Blick,
Was Trost für die Zukunft verheißt,
Als schlänge um uns das versöhnte Geschick
Ein Band her, das nimmer zerreißt;
Und war es nur Täuschung und hoff' ich zu viel —
O laß mir den seligen Wahn,
Daß wieder gefunden ein lockendes Ziel
Meines Lebens umirrender Kahn!
Ein Sein ohne Liebe! Wer trüge die Qual
Hinfort im verwaisten Gemüt,
Dem ganz nicht erloschen der Hoffnung Fanal,
Dem die Flamme der Jugend noch glüht!
O Genius, der du mir Küsten und Meer,
Und hesperische Gärten enthüllst,
So zeige mir auch, wann zum Norden ich kehr',
Die lieblichste Ahnung erfüllt! —
So träumt' ich dort einsam und was ich geträumt,
In Lüften wird's weben und weh'n,
So lang' von der brausenden Brandung umschäumt,
Die Felsen am Ufer noch steh'n!
O Zaubergestade, so oft und so bang,
Zuletzt nicht vergebens ersehnt! —
Nachzittert es weich, wie Sirenengesang,
Melodisch wie Lenzhauch: Sorrent!
Strandbild
Die Sonne geht zur Rüste, aus dunkler Wolkenwand,
Die letzten Strahlen sendet sie über Meer und Strand.
Am Cap der schlanke Leuchtturm, die Häuser in der Bucht
Erglänzen weiß, es dämmert im Schattenblau die Schlucht.
Weit draußen auf den Wellen, mit Segeln gelb und rot,
Tanzt schaukelnd auf und nieder manch' leichtes Fischerboot. —
Die rotbemützten Fischer, sie zogen all' hinaus,
In später, nächt'ger Stunde erst kehren sie nach Haus.
Indessen springt am Ufer die munt're Kinderschar
Im Kreis' herum — es flattert das schwarze Lockenhaar,
Die bunten Kleidchen fliegen im Winde hin und her —
Sie lachen, schreien, singen — dazwischen rauscht das Meer.
Im Sande sitzend stricken und flicken mit Geschwätz
Die Weiber und die Mütter das braune Maschennetz;
Zuweilen hebt sich Eine scheltend, und zerrt am Arm
Ein Knäblein oder Mägdlein im ausgelass'nen Schwarm.
Dort aber, wo vom Hauche der salz'gen See umweht,
Die kleine Steinkapelle auf grauem Felsen steht,
Zum Muttergottesbilde geneigt den blüh'nden Leib,
Kniet händefaltend, einsam ein junges Fischerweib,
Und betet — während lauter, in schäumend wilder Wut
Schlägt brandend an's Geklippe die purpurgraue Flut: —
Maria gnadenvolle! O du mein Hoffnungsstern!
Dich ruf' ich an, beschütze vor Sturm den Liebsten fern!
Chi sa?
Mein Junge, zieh' die Bretter
Nur erst auf's Land herein,
Dann sag' mir: was für Wetter
Meinst du, wird morgen sein?
Zum Himmel schlägt er guckend
Die Augen auf, und spricht:
"Chi sa?" — Die Achseln zuckend
Mit lächelndem Gesicht.
Schwarzäugiger Schifferjunge,
Du bist ein Philosoph!
O was von deiner Zunge
Für hohe Weisheit troff!
Was immer ich möchte fragen
Die Weisesten fern und nah —
Sie könnten zur Antwort sagen
Nichts Besseres, als:
"Chi sa?"
Die Verschmähte
Eine Rose warf ich in's brausende Meer,
Eine duftige, blühende Rose,
An Sonnenküsse gewöhnt bisher,
Und flüstender Lüfte Gekose.
Die hold am schwanken Zweige mit Lust
Sich wiegte, vom Falter umgaukelt,
Auf wildaufwallender Wogenbrust
Nun sah ich sie grausam geschaukelt.
Dann packte sie zornig der kalte Gott
Mit seinen gewaltigen Armen
Und schleudert' an's Ufer — mir zum Spott —
Die Zärtliche ohne Erbarmen.
O Bild meiner Liebe! O traurig Los!
Die Täuschung, wie hart ich sie büße!
Mein Herz, es war ihm ein Spielzeug bloß,
Er wirft es mir schnöd' vor die Füße!
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