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II.
Liebe

 


Liebesboten
 

Minnelieder
 

Liebesboten

                          1.

Mit der Glut in der Frühlings die Erde dankt,
Wenn der Himmel die Knospen geküßt,
Mit des Epheu's Lieb, der den Baum umrankt,
Mit des Zweiges Hauch, der im Lüftchen schwankt,
Sei, Geliebte, mir gegrüßt!

Ich mußt' dich verlassen auf lang, auf lang
Du weißt es — es war mir schwer;
Ich hab dich gepreßt in die Arme bang,
Ich hab dich getröstet mit treuem Sang —
Doch alles half nicht mehr.

Wir weinten beide! Wie deinem Kind,
Das fragend uns angeschaut,
Die Wangen uns feucht geworden sind —
So wie im Tale das Laubgewind
Beim Scheiden des Tags sich betaut.

Da faßte ich mutig den Wanderstab
Und sah nur noch einmal um;
Dann stieg ich getrost bergauf, bergab —
Und also wall ich, bis einst im Grab
Mein Herz und mein Sehnen stumm.

Es mußt' so kommen! — ich habs gewußt;
Als ich dich zuerst geküßt, —
Doch ewig mit aller Frühlingslust,
Die nie erstirbt in Sängers Brust,
Sei, Liebchen, mir gegrüßt!

                  2.

Ich steh am grünen Strome
Im fernen, fernen Land; —
Nun bin ich mit dir verbunden
Durch der Donau lebendiges Band

Nun können meine Grüße,
O Liebchen zauberhold,
Zu dir hinunterströmen,
Auf blitzendem Wellengold.

Nun können mit freudigem Wogen
Meine Lieder, delphinenhaft,
Zu dir hinunterfahren
Auf klingender Wanderschaft.

Nun kann ich eine Rose
Zerblättern im fernen Land,
Und es ziehn die flüsternden Blätter
Zu dir am fernen Strand.

Nun kann ich einen Nachen
Mir im Gedanken baun,
Und dich, als nächtlicher Schiffer,
In seligem Traume schaun!

                    3.

Du blickst im Heimatlande
Nach einem hohen Stern, —
Ich steh am Donaustrande,
Zum Himmel schauend, fern.

Und unsre Blicke grüßen
Sich in des Sternes Glut
Und vor uns selig küssen
Sich Wellen einer Flut.

                 4.

Ich steige jeden Berg hinan
Mit hellem Wanderlied,
Und mit der Wolken lichter Fahn
Der Blick ins Weite zieht.

Es folgt das Aug des Stromes Band,
So weit ich ihn erspäh, —
So blickt vom Falm auf Helgoland
Der Lotse in die See.

Da ist mir, als ob vor mir trieb
Der Liebe weites Meer,
Als schwebtest du als Geist der Lieb
Verklärt darüber her!

                    5.

Das war ein stiller Frieden,
Der liebend mich umflog,
Als ich, von dir geschieden,
Durch grüne Wälder zog.

Ich hab durch laute Gassen
Getrieben mich im Schmerz,
Doch fühlt ich mich verlassen
Bei Menschen allerwärts.

Hier aber in dem Frieden,
Der mich im Wald umkreist,
Umflog, von dir geschieden,
Mich wundersam dein Geist!

                  6.


In stillem Deingedenken
Verträum' ich manche Stund, —
Nur manchmal haucht ein süßes Wort
Der langverschloßne Mund.

Der Mund, der einst so heiß geglüht,
Entflammt von deinem Kuß,
Der nun wie eine Blume welkt,
Die einsam sterben muß.

Nur manchmal durch die Lippen zuckt,
Ein glühendes Gefühl, —
Als wenns ein Kuß der Liebe wär!
Doch — bald ists wieder kühl. —

Da wird es meiner Seele klar,
Da kommt mir in den Sinn,
Wie ich mit dir einst selig war,
Wie ich nun einsam bin!

                       7.

Und wenn es dunkel werden will
In meinem Kämmerlein,
Da neig ich tief und schlummerstill
Das Haupt und denke dein.

Da wird es rings so flammenlicht
So glühend um mich her,
Als wenns ein dunkler Abend nicht,
Als wenns ein Morgen wär'!

                      8.

Seh ich überm Strome her
Einen Falken steigen,
Wollt ich, daß der Falke wär,
Dienstbar, mir zu eigen.

Zähmte ihn mit treuer Hand,
Daß auf schneller Schwinge,
Meinem Lieb im Heimatland
Stillen Gruß er bringe.

Bänd ihm um die weiche Brust
Meine frischen Lieder, —
Wehten dann aus Himmelslust
Auf mein Lieb hernieder! —

So in deiner grünen Au,
Strom der Nibelungen,
Denk ich, wenn vom Himmelsblau
Sich ein Falk geschwungen.

Doch bevor ich, sinnend, kaum
Den Gedanken bilde,
Denk ich an den Falkentraum,
Den geträumt Kriemhilde;

Den sie träumte, voll von Schmerz,
Voll von Kümmernissen,
Als sie ihres Falken Herz
Sah im Flug zerrissen.

Und mir ist, als könntest du
Wachend es erschauen,
Wie der Falk in Himmelsruh
Stirbt von Adlerklauen.

Und wie du so gläubig bist,
Könntest du noch glauben,
Daß es wohl dein Sänger ist,
Den sie einst dir rauben.

Und dann laß ich frei im Blau
Sich den Falken schwingen,
Und den Gruß der schönen Frau
Durch die Wellen bringen.

                      9.

Ich schrieb ein Lied im Mondenschein
An das entfernte Liebchen mein;

Und wie ich schrieb und schrieb — da stahl
In's Lied sich manch ein Mondesstrahl.

Und als mein fernes, fernes Lieb
Die Worte las, die ich ihr schrieb,

Da hat in ihres Schmerzes Nacht
Ein milder Glanz sie angelacht.

Da war ihr, als ob Mondenlicht
Ihr strömte übers Angesicht,

Und in des Liedes mildem Schein
Schlief sie verklärt und selig ein.

Minnelieder
Nach dem Mannessischen Codex

Kaiser Heinrich

Ich grüße mit Gesang die Süße
Die ich nicht meiden will und mag,
Der ich des Herzens frohe Grüße
Wohl bringen möchte jeden Tag.
Wer dieses Lied nun singt von ihr,
Die ich so schwer vermisse hier,
Sei's Weib oder Mann,
Der habe sie gegrüßt von mir.

Mir ist wohl alles untertan
Wenn ich bei der Geliebten bin,
Doch scheide ich von ihr — ach dann
Ist Reichtum und Gewalt dahin.
Dann ist nur Kummer meine Habe, —
Geh bald am Schmerzens - bald am Freudenstabe,
Doch in Lust und Leid
Will ich sie lieben bis zum Grabe.

Da ich sie nun so heiß verehre
Und ewig sie im Herzen trage,
Und sehnsuchtvoll sie oft entbehre, —
Was tief mich stürzt in bittre Klage, —
Was gibt sie mir dafür zum Lohne?
Ach, ob ich in ihrem Herzen wohne!
Eh' ich sie verlier,
Verlier ich lieber meine Krone.

Der irrt sich sehr, der es nicht glaubt,
Daß manchen Tag ich möcht erleben,
Der ohne Krone sah mein Haupt —
Wär sie mir nur in Lieb ergeben.
Verlör' ich sie, was hätt ich dann —
Dann taugt ich weder Weib noch Mann,
Und mein bester Trost
Wär' dann, geächtet sein im Bann.

König Wenzel von Böhmen

                       1.

Da nun der Winter getötet hat
Den Gesang und die Blumen der Auen,
So will ich euch geben guten Rat
Und folget den süßen Frauen.
Die wird man wohl zu jeder Stund
Statt Blumen im Felde finden,
Da wird sich das Auge entzünden
Und hangen wird Mund an Mund.

Darf der, dem süßes Küssen lacht
Die Rosen nicht gern entbehren?
Fürwahr der hätt' es schlecht bedacht,
Dem Küsse nicht lieber wären.
Wie wär' ich gerne mit ihr alleine —
Die alte Liebe würd ich vergessen,
Der ich mich einst im Sange vermessen,
Und vergeben müßt mir die Reine.

Du zartes, süßes, geliebtes Weib,
Bei dir liegts du Gute, Klare,
Daß mich dein reizender, lieber Leib
Vor Qual und Schmerzen bewahre.
Wohl trag ich großes Gelüste
Für deinen lachenden, lieben Mund,
An dem ich mich zur Stund
Mit Freuden zu Tode küßte.

                       2.

Aus hoher Abenteuer süßer Würdigkeit
Hat Liebe sich in mir zu Licht gebracht.
Ich seufze vom Herzen denk ich daran
An die Liebesqual, die mir bereit
Das Weib, so zart, wie ich mir's gedacht,
Und der ich mich nun rühmen kann.
Und daß ich ihre Liebe säh',
Gab sie mir ein reiches Liebesweh,
Das trag ich wo ich geh und steh' —
    Nicht frag ich, wem es zu Herzen geh.

Es drängte mich, daß ich in Liebe sie nahm,
Das war bei allem tiefen Weh
Mein höchster Wunsch, meine Lust und mein Heil
Als sie durch die Augen ins Herz mir kam.
Da mußte ich werben mehr als eh'
Bis mir die Lose ward zu Teil.
Ich gab mich ihr ganz zu Dienste hin
Und all meiner Freuden Anbeginn
Gab sie mir — des' ich fröhlich bin
    Und doch ist's mir noch kein Gewinn.

Wie ein Röslein entfaltet das rote Blatt
Wenn es nach süßem Tau begehrt,
So bot sie mir ihren süßen Mund.
Was je die Welt empfangen hat
An Freude, ward mir dadurch gewährt.
Ich denke selig der lieben Stund
Kein Wort es völlig denkt und sagt
Was da mir aus ihrer Gunst getagt —
Die Liebe ward mit Leid verjagt,
    Das Leid war froh, die Liebe klagt.

Sie soll mich schelten darum; doch nein —
Wie ich auch gern umfangen hätt
Ihren klaren, zarten, süßen Leib,
Mein keuscher Sinn er war nicht Schein;
Denn als sich in mein Herze tät
Mit ganzer Lieb das schöne Weib,
Da tät es den Augen und Herzen leid
Wenn ich die Sünde nicht vermeid
An ihr, die mir so viel Liebe bereit
    In ihrer keuschen Würdigkeit.

Und dem sei Dank, der so auch pflegt
Wie ich der Liebe reine Frucht.
Nicht brach ich die Rose — in meiner Gewalt —
Die mir so hold ist allerweg.
O, wenn ich denke an ihre Zucht
Mein Lebensmut so freudig wallt,
Daß ich vor Liebe nicht sprechen mag.
Es war meines Trostes und Heiles Tag
An dem ich, wie Keiner es denken mag
    So rein in den Armen der Liebe lag.

Heinrich von Veldecke

                                1.

Der Winter war für manches Herz zum Leide —
Nun hat ihn überwunden Wald und Heide
Mit ihrem farbenvollen, grünen Kleide
Und auch mein Gram mit ihm von hinnen scheide.

Und wenn der Mai die kalte Zeit beschließet,
Und Tau die Wiesenblumen kühl begießet,
Und durch den Wald ein Singen fließet,
Mein Herz der Freuden viele dann genießet.

Mein Lieb mag dann mich gern zur Linde bringen,
In deren Schatten ich sie will bezwingen,
Und Blüten soll sie heimlich niederschwingen,
Daß ich von ihr ein Kränzchen mag erringen.

Ich weiß es wohl sie wird es gerne schenken,
Wird meines Herzens Lust und Lieb gedenken,
Sie wird mich nicht mit stiller Trauer kränken,
Und wird mit Blumen beide uns bedenken.

Dann will ich sie in meine Anne drücken
Und meinen roten Mund an ihren schicken,
Und meine Augen sollen sich beglücken,
Und recht was Liebes nirgend sonst erblicken.

                       2.

Tristan mußte ohne Dank
Treue sein der Königin,
Weil ihn ein geheimer Trank
Mehr als Lieb zu ihr zog hin.
Und das wisse mir zu Dank,
Daß ich einen solchen Trank
Niemals nahm und dennoch bin,
Mehr als er es möge sein
Ohne Wahn dir zugetan, das will ich sein
        Bis du mein.

Seit der Sonne lichten Schein
Kühl gemacht der Winter kalt,
Und der kleinen Vögelein
Frohes Singen ist verhallt,
Ist so trüb das Herze mein
So als wollt es Winter sein
Auch im Herzen — Schein und Licht
Und Blumenglanz erbleichen ganz — ach, ob nicht
        Andres Leid das Herz mir bricht? —

Conrad von Kirchberg

                   1.

Mai ist kommen in das Land,
Der der Sorgen uns entband,
Kinder, Kinder, seid ermahnt
Schaut die Wonne mannigfalt.
Auf der lichten Heide breit
Da hat er uns ausgestreut
Manche schöne Blümlein weit.
Kam auch in den grünen Wald;
Da hört man die Nachtigall
Auf dem blütenvollen Reise
Singen zauberischen Schall.
Berg und Tal
Schmückte sich der Mai zum Preise;
Freut euch, Jungen!
Knospen sind gesprungen —
Singet den Reihen
Und werdet froh des lichten Maien

Auf ihr Kinder, laßt uns gehn,
In der Schar voll Freuden stehn
Auf der Flur, wo Rosen schön
Duftend aus dem Grase dringen —
Leget an der Ehren Kleid!
Dem die Lieb durch Liebe freut,
Gibt der Maie Süßigkeit.
Lauschet wie die Vögel singen
Wie es sanft erklingen tut.
Freuet euch, ihr stolzen Freien,
Denn ich sah des Maien Glut
Nie so gut.
Tanzet froh in langen Reihen —
Freut euch, Jungen!
Knospen sind gesprungen —
Singet den Reihen
Und werdet froh des lichten Maien!

Und auch ihr, wenn auch schon Mann
Auf! wohlauf und alle dann
Zu den Kindern auf den Plan!
Dort entweicht ein jeder Schmerz,
Dort wird jeder wohl gesund,
Den die Liebe machte wund.
Mancher rosenrote Mund
Blitzt und lacht dort in sein Herz
Wo man Blumen in dem Klee
Findet auf den grünen Auen,
Die nun wieder so wie eh'
Ohne Weh
Sproßten in des Maien Tauen.
Freut euch, Jungen!
Knospen sind gesprungen —
Singet den Reihen
Und werdet froh des lichten Maien!

Ach, die Liebe! wo sie sei
Immer wär ich gern dabei!
Seht, so würd ich sorgenfrei;
Der ich meine Liebe singe,
Fröhlich in des Maien Glut,
Bräch ich einen Schattenhut.
Aller Güter höchstes Gut
Ist die Lieb' — ihr Lob erklinge —
Gern dien' ich um ihren Dank.
Tadellos, voll keuscher Reine
Ist die Liebe und ohne Wank —
Ohne Dank
Sing' ich ihr, die ich da meine.
Ihr freut euch, Jungen!
Knospen sind gesprungen —
Singet den Reihen,
Und werdet froh des lichten Maien!

                   2.

Höret wie die Nachtigall
Süßen Schall
Durch Wälder und Auen tönet. —
Winter, deine Gewalt ward schmal —
Alles hat der Mai gekrönet.
Berg und Tal
Blühen nun in Blumen milde,
Die noch jüngst vom Reife grau, —
Veilchen blühn in dem Gefilde.

Wonnig Weib — ich liebe dich!
Tu wie ich,
Und liebe mich nur alleine —
Da auch ich nur liebe dich,
Daß mein Schmerz sich verkleine.
Daß in Treu ich dich gewönne,
Laß es mich verdienen, Weib —
Selig Weib —
Deine Güte das mir gönne!

                   3.

Ach — Winter deine Gewalt bringt Leid
Du raubst uns aller Blumen Schein,
Entblätterst den Wald mit den Linden breit
Und machest stumm die Vögelein.
Das quält mich sehr, doch will ich's entbehren,
Will die Süße, Reine, die ich liebend meine
        Meinen Wunsch gewähren.

Mir wär' es wohl gleich ob Lenz oder Schnee,
Wenn sie mich nur schaute mit Liebe an,
Es kehrte sich dann in Lust mein Weh,
Dann wäre erfüllt mein Liebeswahn,
Der mir so heiß sie zu lieben riet
Die schöne Fraue, dich ich nur erschaue,
        Daß mich die Sorge mied.

Ach wann wird ihr Mund so rosenrot
Verbannen meiner Sehnsucht Qual!
Befreit nur bin ich aus der Not
Umfange ich ihrer Schönheit Strahl.
Weh mir! wann wird ihrem roten Mund
Ein Kuß entblühn? der Qual entziehn
        Könnt das mich wohl zur Stund.

Begehr' ich Liebe, so fragt sie schier
Was das sei — ich kann ihr's beschreiben nicht
Sie folge nur einmal alleine mir
Gesehen von keinem Augenlicht,
Dann könnt es sein, wenn wir scheiden dann,
Daß ich ihr's lehr', daß sie immermehr
        Nach Wunsche lieben kann.

Besorgt sie vielleicht, wenn sie mir gewähr'
Die Liebe, die ich so lange begehrt,
Daß sie nicht genes? — ihrer sterben weit mehr,
Die nicht lieben, und doch der Liebe wert.
Mehr als zwei schon weiß ich seit Kurzem tot,
Die nicht lieben wollten, als sie lieben sollten
        Und es die Liebe ihnen gebot.

Herzog Johann von Brabant

Mir ist nicht so froh zu Mut
Wie den Vöglein klein im Haine,
Die erfreuen sich der Glut
Des Gezweigs im Frühlingsscheine.
Schattig ruhen sie im Mai
Unterm Laub mit Jubelschrei —
Immer dienen ohne Lohn ist jämmerlich,
Wißt ihr, wer das hat getan? Seht, das bin ich!

Will ihr immer bleiben treu
Nichts soll mich von ihr ablenken.
Flieht sie mich — nun denn, es sei,
Doch was soll ich dann mir denken?
Nein, Geliebte, laß erbarmen dich
Tröste still durch deine Liebe mich —
Immer dienen ohne Lohn ist jämmerlich,
Wißt ihr, wer das hat getan? Seht, das bin ich!

Immer trage ich die Qual
Tag und Nacht zu allen Stunden
Bricht mir ihrer Schönheit Strahl
Wieder auf die alten Wunden.
Ach — das ist doch allzuhart
Daß sie von so stolzer Art —
Immer dienen ohne Lohn ist jämmerlich,
Wißt ihr, wer das hat getan? Seht, das bin ich!

Otto von Turne

Freuet euch der lieben Zeit,
Werte, frohe Jungen,
Schauet auf die Fluren weit —
Knospen sind gesprungen.
Um des lichten Maien Schein
Hört man kleine Vögelein;
In den Auen überall
Singet frei die Nachtigall,
Drossel, Lerch und Zeise
Singen süße Weise!

Nachtigall mit Sangesglut
Jauchzt in Frühlingswonne,
Also tönt mein Liebesmut
Ihrer Augen Sonne.
Die so hoch in Freuden schwebt,
Der mein ganzes Wesen lebt, —
Ihr, die lieblich im Gemüte
Wahret echte Frauengüte,
Steigt mein Lied zum Himmel klar
Auch so wie ein Sonnenaar.

Wie ein Aar nach stolzer Art
Kühn die Luft bezwinget,
Die noch nie durchflogen ward, —
So mein Lied sich schwinget.
Ihr Gemüt ist engelrein,
Ihre Miene zart und fein;
Ohne Falsch und ohne Trug
Hat sie wohl der Ehr genug;
Ja, ich war dem Himmel nah,
Als ich sie zuerst ersah!

Steinmar

Ich will grünen mit der Saat,
Die so viel der Wonne hat;
Scheuen will ich kein Bemühn —
Mit den Blumen will ich blühn,
Will mit ihren Knospen springen,
Und mit Vöglein jubelnd singen.
Ich will sprossen wie der Wald,
Wie das Gras auf weiter Hald,
Will zu Liebe meiner Frauen
Wie im Mai die Blume tauen —
Alles ist mir nicht zu viel,
Wenn sie mich erhören will!

Sie ist ganz ein wahres Weib! —
Wenn ich schaue ihren Leib,
Wähn' ein König ich zu sein!
Ihrem wundervollen Schein
Ist wohl nur die Sonne gleich;
Und ich bin so freudenreich,
Daß man meine Freude wohl
Ihrem Glanz vergleichen soll!
Und ob ihrem Strahlenglanz
Denke ich an sie nur ganz —
Alles ist mir nicht zu viel,
Wenn sie mich erhören will!

Tröste, süße Tröstrin mein,
Tröste mich, denn ich bin dein!
Öffne deinen roten Mund,
Tu mir deine Hülfe kund,
Daß ich möge fröhlich fahren
In die Lüfte mit den Aaren!
Tröste mich mit deinen Tönen,
Schönste du von allen Schönen!
In Geduld will ich vertrauen,
Einstens erst mein Glück zu schauen —
Alles ist mir nicht zu viel.
Wenn sie mich erhören will!

Conrad von Würzburg

Schaut es entfärben sich die Heiden
Lichte Blumen und Gras
Haben ihren Schmuck und Schein verloren,
In trüb Gewand will der Wald sich kleiden,
Des' Grün noch jüngst vom Taue naß.
Die Blumen, die der Lenz beschworen,
Die blühend schmückten das Gefilde
Sind nun vom kaltem Sturme fahl;
Trauertöne, seltsam wilde,
Singt die liebe Nachtigall,
Die statt Jubelliedern Trauer sich erkoren.

Doch klage der nicht um Lilien und Rosen,
Noch um die kleinen Vögelein,
Der froh sich an die Liebe schmieget,
Der vergißt wohl der Lüfte Kosen,
Wenn er an der Trauten sein
Liebevollem Herzen lieget.
Mehr, als ob er Blumen bräche
Gilt ihm, Frauen treu zu loben;
Wer nicht Lob den Frauen spräche
Würde gegen sich nur toben —
Wehe dir, dem Frauengüte schwer nicht wieget!

Der tugendhafte Schreiber

Ich hab des Herzens bange Klag,
Dem Walde vorgesungen:
Daß sie für alle Lebenstag
Das Herz mir hat bezwungen.

Mir ist so wie der Nachtigall,
Die viel vergebens singet,
Und der des Liedes süßer Schall
Nur Qual und Schmerzen bringet.

Was kümmert wohl den wilden Wald
Der kleinen Vöglein Singen?
Und ihren Tönen mannigfalt
Weiß er nicht Dank zu bringen.

Des Dankes ist so taub der Wald —
Das wilde Waldgesinde,
Des Klanges süßer Ton durchschallt
Die Bäume zu geschwinde.

Die Fraue, die ich lieben mag,
Die liebe und die gute,
Die spottet meiner Liedesklag
Und meinem Liebesmute.

Ei, dürft ich nur ein einzig Wort
Von ihrem Stolze melden,
Da wäre wohl ihr Schweigen fort,
Da gäbs ein lautes Schelten!

Heinrich von Morungen

Ich hörte auf der Heide
Hell klingen süßen Sang,
Da wurde mir vor Freude,
So wie vor Trauer bang.

Die Liebe und die Gute,
Nach der mein Sehnen rang,
Fand ich mit frohem Mute,
Wo ihre Stimme klang.

Da fand ich sie verborgen —
Das Auge tränennaß —
Bis sie auf alle Sorgen,
Auf allen Schmerz vergaß.

Ich fand sie da versunken
Mit ihrer Lieb allein,
Da mocht ich liebetrunken
Und überselig sein!

Da wähnt ich wohl, — zerflossen
Sei ringsum alles Land, —
Wir hielten uns umschlossen,
Und — Zeit und Raum entschwand.