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Sechster Kranz - Totenlieder
 

Fünfter Kranz

Nachtlieder
 

Sternblumen
Der hohe See
Mondliebchen
Sternenschlacht
Tränenlust
Sankt Elisabeth
Mondlied
Heiligenschein
Nachtschmerz
Zur Ruhe
Ende
 

Sternblumen

Die Augen sind Bienen,
Die Sterne sind Blumen
Im nächtlichen Blau.
Da fliegen die Blicke,
Wie Bienen zu Blumen,
Zur himmlischen Au.

Und oftmals entflattert
Zum blühenden Himmel
Der lüsterne Blick,
Und bringt uns den Honig
Gar süßer Gedanken
Zur Erde zurück.

Der hohe See

Die Welle im See sprang munter dahin,
Sie wußte der Abend sei nah',
Weil glühend ein goldenes Sternlein erblüh'n,
Den Mond am Himmel sie sah.

Am grünen Ufer da stand ein Kahn,
Ich schiffte und ruderte d'rauf,
Die Wellen schlugen zum Herz mir hinan,
Mein Herz in's Blaue hinauf.

Und die Lieder flatterten laut herum
Und klangen melodisch umher,
So bin ich denn nimmer und nimmer stumm
Bis einst es von Liedern leer! —

Die Wellen waren nun golden erhellt, —
Es fielen die Sterne hinein,
Da glaubte ich singend schon über der Welt,
Schon über den Sternen zu sein!

Mondliebchen

Der Mond hat ein Liebchen,
Ich hab' ihn belauscht,
Jüngst hat es am Abend
Im Walde gerauscht.

Es sproß aus den Blättern
Ein Blümchen empor,
Da schlich er sich gleich aus
Den Wolken hervor.

Er schaute das Blümlein
Und glühte vor Lust,
Es hatte erblühend
Schon Tau in der Brust.

Da stieg er gleich hastig,
In's Tröpfchen hinein,
Und erbleichte beim Scheiden
Im Morgenschein!

Sternenschlacht

Zur Nacht am weiten Himmelsraum
Da flammt es auf in süßem Traum,
Und Sternenglanz und Mondenlicht
Wie Liebeswort vom Himmel spricht.

Hinauf, mein Geist, in's Sternenmeer —
Die Erde ist so liebeleer,
Hinauf, mein Geist! Schwing' dich hinein
In Abendhimmels Sternenschein!

Ihr Sterne seid mir heiß gegrüßt!
Ha! wie mich Licht und Glanz umfließt!
Wie dunkel, wüst und öd und kalt
Tief unter mir die Erde wallt!

Da strahlt auf mich ein Sternenblitz
Zurück — verweg'ner Menschenwitz!
Du, dem nicht eine Spanne Zeit —
Willst dringen in die Ewigkeit?

O haltet ein! Verstoßt mich nicht!
So mild erschien mir euer Licht,
Ich träumte mir ein schönes Sein
In eu'res Lichtes Flammenschein.

Und wieder schallt es ringsumher:
Zurück! zurück! — durch's Feuermeer,
Ich aber flog nur höher auf,
Und also hob ich an im Lauf:

Was haltet meines Geistes Flug,
Ihr Sterne, auf im freien Zug!
Bin ich nicht auch ein Strahl vom Licht
Aus dem des Schöpfers Liebe spricht?!

Bin ich nicht auch — — — doch still erglüht's,
Wie eine Flur von Rosen blüht's:
Der Morgen steigt im Ost empor
Aus weitem, gold'nen Feuertor.

Und wie vor ernstem Richterwort,
So zieh'n erbleicht die Sterne fort;
Geblendet zieht vom Sonnenblick
In leisem Flug mein Geist zurück.

Tränenlust

Es kommt die Nacht im schwarzen Kleid
Gar düster hergegangen,
Im Herzen Qual und Schmerz und Leid
Auf mondesbleichen Wangen.

In's Sternentuch gehüllt den Leib —
Es weh'n die Winde schaurig —
Warum bist du, o schönes Weib,
Denn immer gar so traurig!?

O laßt mich nur im Schmerze mein!
Ich will nicht Freude lernen,
Denn all' die Tränen, die ich wein',
Sie werden euch zu Sternen!

Sankt Elisabeth

Leuchtend strahlt ihr Angesicht!
Milde Himmelsbläue
Strömt aus ihrem Augenlicht,
Als ein Bild der Treue.

Wenn der Armut Not und Qual
Sie mit Schmerz erfüllet,
Und des Geistes lichten Strahl
Schwarz Gewölk umhüllet,

Wandelt sie in's Tal hinein,
Spendet nah' und ferne,
Ihre Augen klar und rein
Glühen auf wie Sterne! —

Hast es mit dem Himmel gleich,
Heilige auf Erden!
Sterne sind auch stets bereit —
Darf nur dunkel werden!

Mondlied

Von deinem Auge still bewacht,
Hat mir das Leben einst gelacht,
Ich fühlte einst der Liebe Macht,
Von deinem Auge still bewacht.

Oft schlummerte ich selig ein
In deines Blickes milden Schein,
Und mancher Traum hat mir gelacht,
Von deinem Auge still bewacht.

Und manches Lied aus meiner Brust
Ertönte oft zu deiner Lust,
Und tauchte aus des Herzens Schacht,
Von deinem Auge still bewacht.

Und soll ich einst zu Grabe geh'n,
Und dich, o Mond, dann nimmer seh'n,
Dann werd' ich ruh'n in Todesnacht,
Von deinem Auge still bewacht.

Und darum ist mir nimmer bang
Um das, was ich geliebt — besang,
Es wird besteh'n in seiner Pracht,
Von deinem Auge still bewacht.

Und manches Lied, das lebensvoll
Aus meines Herzens Tiefe quoll,
Es wird bewahren seine Macht,
Von deinem Auge still bewacht.

Heiligenschein

Dunkle Wolken in der Luft —
Und des Waldes Bäume schweigen,
Und die Blumen alle neigen
Tief ihr Haupt voll süßen Duft.

Und die Erde schwebt im Traum;
Nur das heilige Elmsfeuer
Leuchtet durch den Abendschleier,
Flammt am Berge — glüht am Baum.

Kühl umweht vom Abendwind,
Hält im Tal, aus Stein gehauen,
Sie, die reinste aller Frauen,
Auf dem Arm das Jesuskind.

Und ihr Haupt umströmt es licht —
Um der Stirne dunklen Schleier
Flammt das Sankt Elmsfeier —
Und verklärt ihr Angesicht.

Nachtschmerz

Als laut an der Grube
Der Schmerz geglüht,
Hat ihn die Sonne
Mit Glut umsprüht.

Sie lachte so strahlend,
Sie glühte so hell,
Und strömte wie tröstend
Zur Grabesstell.

Doch als der Mond
Zog himmelwärts,
Da brach dem Tage
Das freudige Herz.

Da glühten die Sterne
Wie Tränen heran,
Nun fing erst der Himmel
Zu weinen an!

Zur Ruhe

Rings herum des Waldes Bäume,
Unter mir das dunkle Tal
In mir meines Herzens Träume,
Über mir der Mondesstrahl.

Waldesgrün! was soll dein Toben
In der stillen Frühlingsnacht?
Sieh! wie's in den Lüften oben
Gar so himmelruhig lacht!

Dunkles Tal! des Baches Wellen
Brausen in dir immerzu —
Mühle klappert, Hunde bellen —
Sprich! wann kommst du einst zur Ruh'!?

Herzensträume! wild erglühend,
Stört ihr mir des Lebens Lust;
All die Blumen — still erblühend,
Bricht der Sturm der lauten Brust!

Mondesschiff! o zieh' hernieder!
Weil ich dir so nahe bin,
Führe mich und meine Lieder
Zu der Himmelsruhe hin!

Ende

Ruhig glüht der Mondenschein,
Und die tief verschwiegnen Sterne
Sehen liebend in die Ferne,
Sehnsuchtsvoll und still hinein.

Doch wenn einst die Flammenglut,
Die in ihren Herzen ruht,
Nimmermehr die Sehnsucht hält —
Zu umfangen alle Welt,

Dann ist wohl des Mondes Schweigen
Und der Sterne Flammenreigen,
Dann ist wohl das stille Glüh'n —
Dann ist Alles wohl dahin! —