weiter

Quelle:

Ausgewählte Gedichte
Rollett Hermann
Eine Auswahl

Leipzig 1865
bei Franz Wagner

Natur spricht laut in Wort und Schrift, —
Du mußt nur Windeswehen,
Und Duft und Klang und Wald und Trift,
Und Fels und Meer verstehen.

 

I.
Naturstimmen 1

 

Lenzwind
Morgenlied
Sonnenschein
Wach' auf
Ein Klang
Frühlingssturm
Offenbarung
Kehr' ein!
Leichte Last
In des Frühlings erstem Strahl
Zugvögel
Liebesgeschichte
Der Bäume Blüh'n
Himmel und Erde
Liebe mich!
Ein leises Lüftchen
Lerchenlieder
Ein Frühlingslied
Sterben im Lenz
Frühlingsträumen
Geflüster
Gedanken
Ungewitter
Früh' genug!
Gleiches Los
Perlen und Rosen
Stille Freude

Lenzwind

O frischer, kräftiger Hauch!
Belebend dringst du heran,
Nach uralt freundlichem Brauch
Auf tönend leuchtender Bahn.

Wehst freudig nieder in's Tal,
Erweckend, was da geruht,
Entfesselst quellenden Strahl,
Entzündest blühende Glut.

Den Funken fachest du auch
Zum Brande lodernder Lust, —
Du frischer freudiger Hauch, —
Den barg die hoffende Brust!

Morgenlied

Des Tages strahlend Prangen
Erstand aus stiller Nacht;
Unendliches Verlangen
Im Menschen neu erwacht.

Die Seele möcht' sich schwingen
In's weite All hinein,
Das Herz es möchte klingen
In's Frühgeläute drein.

Des Menschen tiefstes Wesen
Erbebt in Freudigkeit,
Er fühlt sich wie genesen
In lichter Morgenzeit.

Er breitet im Entzücken
Die Arme aus voll Lust,
Das Liebste still zu drücken
An seine laute Brust.

Sonnenschein

Die Sonne stieg zum Himmelsraum
Mit heller Glut hinauf,
Und Alles wacht aus seinem Traum
Zu neuem Leben auf. —

Woher hast du die Feuerpracht,
Du lichte Sonnenglut?
Und warum sankst du über Nacht
Zur kühlen Meeresflut? —

Die Glut hab' ich von Ewigkeit
Als Widerstrahl des Licht's,
Das mir der Liebesblick verleiht
Des Gottesangesicht's.

Und in die Flut sank ich zur Nacht,
Daß euch das Auge nicht
Durch meines Feuers Flammenpracht
Schon vor dem Sterben bricht! —

Doch Eines noch — ich fleh' dich an —
Nur Ein's noch gib mir kund:
Wann ist vollendet deine Bahn,
Wann deine letzte Stund'? —

Du eitler Tor! der nicht einmal
Mein Angesicht verträgt,
Und so vermessen meinen Strahl
Der Ewigkeit befragt!

Wälz' dich im Staub vor meinem Licht,
Du bist noch viel zu klein,
Als daß mit dir vom Ende spricht
Der ew'ge Sonnenschein!

Wach' auf

An einem lichten Morgen
Da klingt es hell im Tal:
Wach' auf, du liebe Blume,
Ich bin der Sonnenstrahl!

Erschließe mit Vertrauen
Dein Blütenkämmerlein
Und laß die heiße Liebe
Ins Heiligtum hinein!

Ich will ja nichts verlangen,
Als liegen dir im Schoß,
Und deine Blüte küssen,
Eh' sie verwelkt im Moos?

Ich will ja nichts begehren,
Als ruh'n an deiner Brust
Und dich dafür verklären
Mit sonnenheller Lust!

Ein Klang

Vom Berge tönt ein Klang —
Er tönt wie sehnsuchtbang,
Er tönt wie schmerzdurchbebt;
Doch wie er weiter schwebt,

Da tönt er wieder munter
Durch Fels und Baum herunter —
Als wär's ein Klang der Lust
Aus liebentzückter Brust.

Der Klang umtönt mein Herz
Mit lustdurchklung'nem Schmerz;
Er dringt mir in die Brust
In Schmerz und doch in Lust. —
Ich trag' ihn selig weiter
Als klingenden Begleiter,
Bis einst er schallend zieht
Ans meiner Brust als — Lied.

Frühlingssturm

Wie bricht's herein durch Tal und Wald,
In jubelvollem Lauf,
Und weckt Gezweig' und Blüte bald
Vom langen Schlummer auf!
Den Eisespanzer sprengt der Bach,
Der Schnee zerschmilzt auf Berg und Dach;
Die Scholle dampft im wärmern Strahl,
Die Wolken jagen hell in's Tal,
Das Fähnlein dreht sich hoch am Turm
Im Frühlingssturm, im Frühlingssturm —
   Im jubelklangdurchwogten,
   Im brausenden Frühlingssturm.

Da bebt an jedem Baum und Strauch
Ein jeder Zweig und Ast;
Es bebt das kleinste Blümlein auch,
Vom Frühlingssturm erfaßt;
Die dürren Blätter fegt er fort
Und ruft manch' Auferstehungswort:
Der Gießbach stürzt vom Berge frei,
Die Vögel zieh'n aus Süd herbei
Und suchen froh den alten Turm
Im Frühlingssturm, im Frühlingssturm —
   Im jubelklangdurchwogten,
   Im brausenden Frühlingssturm.

Und auch das Herz des Menschen bebt
Im Frühlingssturmgebraus,
Es dehnen sich, wie neubelebt,
Der Seele Flügel aus;
Ein Ahnen zieht durch jede Brust,
Als bräch' nun bald herein die Lust, —
Als ob nun bald als Schmetterling
An ewigblüh'nden Blumen hing,
Der Menschheit lang getret'ner Wurm
Im Frühlingssturm, im Frühlingssturm —
   Im jubelklangdurchwogten,
   Im brausenden Frühlingssturm.

Offenbarung

Ein jeder Baum, der braust in Wettern,
Und jede Blume auf der Flur,
Und jeder Zweig ist voll von Blättern
Der Offenbarung der Natur.

Auf jedem Blatt steht licht und offen:
O glaub' an helle Frühlingslust!
Auf jedem Blatt steht grünes Hoffen,
Stillflüsternd um die Blumenbrust.

Auf jedem Blatt steht groß geschrieben:
Der Geist der Lieb' durchweht die Flur!
Auf jedem Blatt steht: Lieben! lieben!
Als Offenbarung der Natur.

Kehr' ein!

Die Zweige flüstern im ersten Strahl:
Kehre, Frühling, kehr' ein in's Tal!
Küsse uns wieder mit Sonnenschein, —
Grüner Frühling, kehr' ein! kehr' ein!

Schmücke uns wieder mit Blätterglanz —
Sieh' nur! die Kinder, in frohem Tanz,
Warten auf grüne Zweige schon,
Winden sich freudig Kränze davon.

Flehen schon lang, daß der Lenz erwacht —
Schmücken sich gern mit Blütenpracht;
Sieh' nur, die Menschen — sie warten dein, —
Grüner Frühling, kehr' ein! kehr' ein! —

Also flüstern im ersten Strahl
Still die Zweige im tiefen Tal,
Und wie sie flüstern im Sonnenschein,
Kehrt der Frühling, der Frühling ein.

Leichte Last

Wenn der Frühling wiederkehrt,
Kehr' ich wieder auch in's Tal
Und ich blicke, wie verklärt,
Auf zum jungen Sonnenstrahl.

Und, wie ich so einsam schreite,
Kommen lachend, frisch und jung
Die Gedanken als Geleite
Auf der Frühlingswanderung.

Einer spricht von Rosenauen,
Der von heißer Liebesglut,
Der vom Himmel, von dem blauen
Und von kühler Wellenflut.

Und sie halten mich gefangen,
Aber liebend, leicht und lind
Kühlen sie mir nur die Wangen,
Wie ein leiser Abendwind.

Ohne Ende — zahllos ranken
Sie mit ihrer Last heraus. —
Doch mit allen den Gedanken
Geh' ich leicht und froh nach Haus.

In des Frühlings erstem Strahl

In des Frühlings erstem Strahl
Regt sich die Lieb' in Berg und Tal,
Wird es so wohl der Blume im Feld,
Daß sie erblühend dem Strahl sich vermählt.

Und der Himmel die Sonnenbraut
Freudig mit Perlenschmuck betaut,
Flattert über die Blume hin,
Wie ein seidener Baldachin.

Sendet der glühenden Blütenbrust
Seiner Lüftchen kosende Lust,
Und im stillen Dunkel der Nacht
Er sie mit Sternenaugen bewacht.

Und der liebende Sonnenstrahl,
Kehrt am Morgen noch wärmer in's Tal,
Glüht noch heißer in's Feld hinein,
Strahlt in die Blume mit Flammenschein.

Und die Blume in Flammenglut,
Heiß in den glühenden Armen ruht,
Bis sie zerfließen im Tau der Nacht,
Und die Lieb' aus dem Monde lacht.

Zugvögel

Wie süß ertönt der Amsel Lied
Vom neubelaubten Baume,
Wenn sie dem Lenz entgegen zieht
In ahnendem Liebestraume.

Wie dehnt sich froh des Vögleins Brust
In seines Liedes Klingen;
Und alles horcht in stiller Lust —
O laßt mich wandern und singen!

Liebesgeschichte

Der Rosenstrauch im Garten lauscht,
Ob noch nicht durch die Luft
Der Frühlingswind herniederrauscht
Und ihn zur Blüte ruft.

Er möchte wohl schon gar so gern
Den grünen Tannenbaum
Umglüh'n mit hellem Blütenstern,
Mit duft'gem Liebestraum.

Der Frühling aber, ach, der säumt
Wohl noch in fernem Land,
Indes der Strauch schon selig träumt
Von heißer Liebe Brand.

Doch sieh'! was wehte über Nacht
Dem Strauch durch jeden Ast?
Was hat ihm solchen Schmuck gebracht,
Und ihn so froh erfaßt?

Das war die milde Frühlingsluft,
Das war des Himmels Kuß,
In dem die Rose aus der Gruft
Nun auferstehen muß.

Das war der ew'gen Liebe Geist
Der warm, in Seligkeit,
Den sehnsuchtvollen Strauch umkreist,
Und freudig ihn befreit. —

Und sieh! der grüne Strauch, er weiß
Sein Glück zu fassen kaum, —
Er schaut aus tausend Blüten heiß
Empor zum Tannenbaum.

Er schlingt sich um die Tanne fest
Mit grüner Zweige Trieb
Und die beglückte Tanne läßt
Hernieder sich in Lieb'.

Der Bäume Blüh'n

Es zittert in den Bäumen
Der laue Frühlingswind,
Sie aber, wie von Träumen
Noch still umfangen sind.

Doch regt sie das Getriebe,
Das ihre Zweige wiegt,
Und das sich warm in Liebe
Um ihre Sprossen schmiegt.

Und in des Windes Fächeln,
Und in der Strahlen Glüh'n
Sie wie im Traume lächeln; —
Das ist der Bäume Blüh'n!

Himmel und Erde

Die sonnengeküßten Zweige ranken
In Liebe zum Himmel empor,
Und Knospen springen, wie lichte Gedanken
Des freudigen Baum's, hervor.

Es zittert ein ahnungsvolles Leben
Im frühlingstrunkenen Baum,
Die aufgesprungenen Blüten beben
Als sprächen sie leis' im Traum.

Es flattern am Baum, an jedem Aste,
Die Blätter wie Flügelein,
Und wenn er nicht liebend die Erde umfaßte, —
Er flög' in den Himmel hinein.

Liebe mich!

Liebe mich — ich küß' dich wach!
Zu der Knospe das Lüftchen sprach.

Knospe sagte nicht nein, nicht ja, —
Doch sie wußt' nicht, wie ihr geschah.

Wie ein seliges Wonnemeer
Wogte das Lüftchen um sie her;

Küßte ihr kosend jedes Blatt,
Wurde nimmer des Küssens satt;

Koste so lang, ward nimmer müd',
Bis die Knospe — in Lieb' erblüht.

Ein leises Lüftchen

Ein leises Lüftchen weht mich an; —
O Frühling, das ist wohlgetan!
O Frühling, das ist schön und gut
Wenn ringsum flammt die Rosenglut;
Wenn leuchtend deine Wonne lacht,
Die jede Knospe blühen macht,
Die Blumen auf den Gräbern weckt,
Mit Lebensglut sie überdeckt:
Die noch den halbvermorschten Baum
Beglückt mit süßem Blütentraum!

Da lacht das Herz in Wonne auch
Und möchte blüh'n wie Baum und Strauch,
Da glüht im Herzen auch das Blut
So flammend wie die Rosenglut; —
Das größte Leid, der größte Schmerz
Zieht linder durch das laute Herz;
Die Seele schwingt die Flügel weit
Und wiegt das Herz in Seligkeit,
Und schlägt in Liedern himmelan, —
O Frühling, das ist wohlgetan!

Lerchenlieder

                    I.

Was Wunder, daß sich erkoren
Mein Herz des Gesanges Reich! —
Ich bin ja, ich bin ja geboren
Im klingenden Land der Lerchen,
Im grünen Österreich.

Fünf Lerchen im blanken Schilde
Das Wappen der Heimat trägt,
Und freudig nach diesem Bilde,
Mit Jubelgesang der Lerchen
Mein Herz zum Himmel schlägt.

                    II.

Was singen und sagen die Lerchen,
In jubelvoller Lust,
Wenn sie an hellem Frühlingstag
Fliegen mit lautem Flügelschlag
An des Himmels glühende Brust?

Sie singen und sagen: O Freudigkeit!
In dieser hellen Frühlingszeit, —
Die Erde ist unserer Lust zu klein,
Da stiegen wir in den Himmel hinein!

Was singen und sagen die Lerchen,
In jubelvoller Lust,
Wenn sie an hellem Frühlingstag
Fliegen mit lautem Flügelschlag
An des Himmels freudige Brust?

Sie singen und sagen: O Seligkeit!
In dieser hellen Frühlingszeit, —
Die Menschen jubeln zum Himmel auf,
Und wir, wir streu'n vom Himmel
Den Liedersegen drauf!

                    III.

O du glückseliges Vögelein!
Flatterst hinauf zum Sonnenschein,
Wiegst deine Schwingen in blauer Luft,
Schmetterst zu tot dich im Ätherduft.

O du mein sehnsuchtvolles Herz!
Schwängst dich so gern auch himmelwärts,
Wiegtest so gern dich in Seligkeit —
Flögst gern hinaus über Raum und Zeit!

                    IV.

Wie ist es laut geworden in meiner stillen Brust, —
Ich möchte mit der Ranke empor in grüner Lust!
Ich möchte mit der Lerche mich schwingen in die Luft,
Die wie ein Geist der Freude entsteigt der Erdengruft.

Ein Frühlingslied

Das ist ein Tag, der klingen mag —
Die Wachtel schlägt im Korn,
Die Lerche jauchzt mit Jubelschlag
Wohl über'n hellen grünen Hag
Der Jäger bläst ins Horn.

Die Nachtigall ruft süßen Schall,
Durch's Laub ein Flüstern zieht,
Das Echo schallt im Widerhall,
Es klingt und singt allüberall: —
Das ist ein Frühlingslied!

Sterben im Lenz

Warum gerad' oft in der Zeit,
Wo naht des Frühlings Seligkeit,
Wo rings bald Blüten winken,
Ins Grab die Menschen sinken?

Die Erde will das Menschenkind,
Dem allzuscharf des Lebens Wind,
Geschmückt an's Herz sich drücken,
Das Grab mit Blumen schmücken.

Frühlingsträumen

Rosenschein und Blütenregen
Lacht von allen grünen Wegen;
Jede Blume, jeder Baum
Schwelgt in süßem Frühlingstraum.

Und es glüht das goldne Licht
Klar vom blauen Himmel wieder,
Und die Wolken senken nicht
Ihre feuchten Schwingen nieder.

Schwalben können wieder fliegen
Zu den wolkenlosen Räumen,
Und der Geist kann wieder träumen,
An des Himmels Brust zu liegen.

Geflüster

Flüstern dir die Blumen
Still im Abendschein,
Kannst du's nicht verschweigen —
Muß verraten sein.

Bringst es gleich in Lieder,
Singst es laut hinaus,
Kaum hast du's erfahren,
Klingt es schon heraus.

Flüstert dir dein Liebchen
Leise Worte zu,
Kannst du's nicht verschweigen —
Hast ja keine Ruh'.

Kaum, daß ihre Lippen
Dir dein Glück erzählt,
Klingt es schon in Liedern,
Weiß es schon die Welt. —

Flüstert nur, ihr Blumen!
Flüst're nur, mein Lieb',
Wenn auch kein Geheimnis
Euch verschwiegen blieb'!

Was ihr euerm Sänger
Leise anvertraut,
Wird in stillen Liedern
Nur den Stillsten laut.

Gedanken

Wenn ich in des Himmels Bläue
Stillerhoben aufwärts schaue,
Denke ich an blaue Augen,
Und ich denk' an Lieb' und Treu.

Und wenn ich im trüben Winter
In dein blaues Auge schaue,
Denke ich an blauen Himmel
Und an blütenvollen Mai.

Ungewitter

Hell durchblinkt die Frühlingsauen
Sonnengold und Blütenpracht,
Doch am Himmel, wie ein Räuber,
Schleicht herauf Gewitternacht.

Und mit wildem, dunklem Blicke
Späht herab die Wolkenlast —
Tauesperlen, Sonnenstäubchen
Hangen noch an Blatt und Ast.

Und der Räuber in den Lüften
Sehnt sich nach dem Schmuck und Gold,
Und er greift nach seinen Waffen —
Blitze sprühen, Donner rollt.

Früh' genug!

Blume, wirst du noch nicht wach? —
"Nein, ich will noch träumen!" —
Aber hörst du nicht den Bach
Laut vorüberschäumen?

Hörst du nicht der Vögel Lied,
Das dich hell umschallet?
Fühlst du nicht, wie's dich umzieht,
Und mit Glut umwallet?

Blume! wach' doch einmal auf! —
"Laß, o laß mich träumen!
Laß den Bach in vollem Lauf
Laut vorüberschäumen!

Laß den heißen Sonnenstrahl
Flammend mich umsprühen, —
Früh genug werd' ich in Qual
Blühen und verglühen!"

Gleiches Los

Des Lichtes Kuß, der Lüfte Hauch
Erweckt im Lenz die Rose,
Und tausend Blätter treibt der Strauch
Im Frühlingsliebgekose.

Er leuchtet in die Welt hinaus
Mit sel'ger Blüten Brennen,
Er sprach' sein Glück in Worten aus —
Doch weiß er's nicht zu nennen.

Da schau' dies Leuchten! schau' dies Glüh'n!
Dies weiße, rote Flammen!
Doch, wie der Strauch so recht im Blüh'n,
Bricht ihn ein Sturm zusammen.

Der Sturm der achtet keinen Schmerz,
Entblättert jede Rose, —
O Rosenstrauch, o Menschenherz,
Wie gleich sind eure Lose!

Perlen und Rosen

Ist jede Perle eine Trän',
Im Meeresgrund versteint,
Dann trug die Welt schon vielen Schmerz,
Dann ward schon viel geweint.

Doch keimt ein jeder Rosenstrauch
Aus einer Menschenbrust,
Die einst ein frohes Herz umschloß, —
Gab's auch schon viele Lust.

Stille Freude

Was weinst du, Blümlein,
Im Morgenschein? —
Das Blümlein lachte:
Was fällt dir ein!

Ich bin ja fröhlich,
Ich weine nicht —
Die Freudenträne
Durch's Aug' mir bricht!

Ich frug das Bächlein:
Was rinnst du dahin
Wie ein Tränenstrom
Durch's Wiesengrün?

Da klang es heraus
Aus der Wellenbrust:
Mein Strömen ist Freude,
Ist Brausen der Lust!

Du Morgenhimmel
Bist blutig rot,
Als läg' deine Sonne
Im Meere tot?

Da lacht der Himmel
Und ruft mich an:
Ich streue ja Rosen
Auf ihre Bahn! —

Und flammend zog
Die Sonne hervor,
Die Blumen blühten
Jubelnd empor,

Des Baches Wellen
Jauchzten auf,
Und die Sonne lachte
Freudig drauf.