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II.
Liebe 2/1

 
Amors Arsenal
Und sie gefielen mir beide
Eine Jungfrau wollt' er suchen
Das bestohlene Hannchen
Die Einfältigen
Er will mich nicht verstehen
Der Stern im See
Deine schönen Augen
Zur Rosenblühzeit
Wenn ich der Himmel wär'
Weißt du Mädchen, das ich sterbe?
Wenn ich durch den Winter geh'
Frage
Was du dir denkst . . .
Waldabenteuer
Der Verlassenen Fluch
Amor, dieser Wicht
Diese Mädels!
Belehrung für einen Dichter
Amors Rat

 

Amors Arsenal

Ich ging im Frühjahr aus,
Da stachen die Gräser hervor,
Da schlugen die Bäume aus,
Das schossen die Halme empor.
Ihr Herren, ich lache nicht,
Ich kam verwundert zurück.
Das ist — ich wette! — vom Wicht
Dem Amor, ein Schelmenstück!

Und sie gefielen mir beide

Zur Morgenfrüh hab' ich erlebt
Wohl eine liebe Freude,
Zwei Mägdlein standen am Gartenzaun,
Das eine war blond, das andere braun;
   Und sie gefielen mir beide.

Das eine war ernst gegürtet und blaß,
Gehüllt in dunkle Seide,
Das andere leicht geschürzt und bunt,
Mit Veilchenaug' und Rosenmund;
   Und sie gefielen mir beide.

Da scholl von der Kirche Glockenklang
Zum Jubel oder zum Leide,
Die eine erglüht und betet leis,
Die andre trillert muntere Weis;
   Und sie gefielen mir beide.

Da scherzten zu Paaren in Liebeslust
Die Schäflein auf grüner Weide,
Die eine senkt das Auge mild,
Die andere hüpft und jauchzet wild;
   Und sie gefielen mir beide.

Da kam ein Vöglein geflogen herbei,
Sich bergend im nahen Getreide,
Die eine horcht dem fröhlichen Sang,
Die andere hebt den Arm zum Fang;
   Und sie gefielen mir beide.

Da neigte ich, bettelnd um einen Kuß,
Mich über des Zaunes Scheide;
Die eine blickte mit strafendem Stolz,
Die andere blinzelte gegen das Holz;
   Und sie gefielen mir beide.

Eine Jungfrau wollt' er suchen

Ein Knab' ging hinaus
Von Vaters Haus,
Eine Jungfrau wollt' er suchen.
Er schritt fürbaß
Die Heeresstraß',
Auf der Straßen lagen die Steine.

Er nahm den Pfad
Wohl in die Stadt,
Eine Jungfrau wollt' er suchen.
Er sah mit Gier
Viel goldne Zier,
Viel hohe Türme ragen.

Drauf zog er bald
Zum grünen Wald,
Eine Jungfrau wollt' er suchen.
Im Schattenland
Manch Blümlein stand,
Auf den Bäumen die Vögel sangen.

Zu Berg und Tal,
Auf Burg und Wall
Eine Jungfrau wollt' er suchen.
Sein Wanderstab,
Der schliff sich ab,
Neun Paar Schuh hat er zertreten.

Mit bloßem Fuß
Und müdem Gruß
Er ging in eine Hütten.
Er sah in der Wiegen
Ein Mägdlein liegen,
Die Jungfrau hat er gefunden.

Das bestohlene Hannchen

O Herr, des Nachbars Valentin
Der stahl mir gestern meinen Hafer,
Er — stahl ihn mir — er — stahl mir ihn,
Es war nur — eine Handvoll — aber —

Am Hafer hing mein kleines Huhn,
Es hat so gern von ihm geklaubt;
So hat er mir den Hafer nun
Und auch mein kleines Huhn geraubt.

Mein ganzes Herz hing an dem Tier,
Es war so fett und schwarz wie Kohlen:
Jetzt hat der Strolch das Hühnchen mir
Und auch — mein ganzes Herz gestohlen.

Die Einfältigen

Du fragst, warum ich gewinkt Dir hab',
Du fragst, warum ich das Röslein Dir gab?
— Ei, das solltest du wissen!

Du fragst, warum man jung sein muß,
Du fragst, wozu so verstohlen der Kuß?
— Ei, das solltest du wissen!

"Mein Knab, daß Mägdlein fragen gern,
Und tun, als lag ihnen alles fern —
— Ei, das solltest du wissen!"

Er will mich nicht verstehen

Er will mich nicht verstehen.
    Und wenn ich ihm nicke
    Mit glühendem Blicke
    Den Morgengruß zu;
    Und wenn ich ihm pflücke
    Ein Röslein, und schicke
    Ein Bändchen dazu;
So fragt er noch: Warum?
Und will mich nicht verstehen!

Er will mich nicht verstehen.
    Und wenn ich die lose
    Und blühende Rose
    Gar minniglich küß';
    Und ich ihm dann sage,
    Halb klage, halb frage:
    Ist küssen nicht süß?
So fragt er kalt: Warum?
Und will mich nicht verstehen!

Er will mich nicht verstehen!
    Und sag' ich auch innig:
    Ich habe so sinnig
    Geträumt von Dir;
    Als hätt' ich am Raine
    Das Häuschen, das kleine,
    Bewohnt mit dir!
So fragt er leis': Warum?
Und will mich nicht verstehen!

Er mag mich nicht verstehen.
    Und wenn ich die Arme
    Ihm reich', Gott erbarme!
    Er ist viel zu blöd'! —
- Ei! wäre ich Mädchen
    Des Nachbars jung' Gretchen,
    Er tät' nicht so spröd;
Er fragte nicht: Warum?
Er würde mich verstehen!

Der Stern im See

Ein schöner Stern
Ganz lockend licht
Erglänzt im See so wunderlich.
— Ein Mädchen lacht
So süß und spricht:
Ich liebe dich!

Gib acht, gib acht,
Der See ist kalt,
Er s p i e g e l t nur
Das Himmelslicht —
Ein falscher Stern,
Ein falsches Herz;
Vertrau' ihm nicht!

Vertrau' ihm nicht,
Wenn es zu bunt
In fremder Pracht will blühen voll.
Ein echtes Herz
Darf funkeln nicht,
Muß tief und still erglühen wohl.

Deine schönen Augen

Oh nichts gibt es auf Erden,
Was mich so sehr entzückt,
Als deine schönen Augen,
Seit sie mich angeblickt.
Sie sind meine Himmelssterne,
Die ich so selig schau';
Sie sind mein Sonnenschein;
Sie sind mein Morgentau;
Sie sind meine Frühlingsblumen;
Sie sind mein Alpensee,
Wo mein Schifflein schaukelt
Und wo ich untergeh'.

Zur Rosenblühzeit

Noch nie ein so wüster April, wie dies Jahr.
Und nie ein so holder Mai.
Und nie im Wandern so stolz ich war,
So königlich fessellos frei.
Wie weit bleibt alles zurück, wie weit,
Was sonst mich bekümmert, beschwert,
Zur Rosenblühzeit, zur Rosenblühzeit
Ist es nicht des Umschauens wert.
Das Haupt blüht weiß, die Wange blüht rot,
Das Herz aller Freuden voll!
Ich frag' mit dem Dichter fast bang, o Gott
"Was da noch werden soll!"

Wenn ich der Himmel wär'

Wenn ich der Himmel wär',
Blieb' ich dir klar,
Legt' Dir die Sonne ins
Goldige Haar.
Käme der Abend dann,
Tät' ich zu Ehren,
Mädchen, dir leuchten den
Glanzvollsten Stern.

Wenn ich die Erde wär',
Tät' ich schön blüh'n;
Gäb' ich die holde Blum'
Mädchen dir hin!
Hätt' ich dann Früchte, recht
Süß und recht groß,
Legt' ich die schönsten wohl
Dir in den Schoß!

Wenn ich die Hölle trüg'
Feurig in mir,
Tät' ich nur brennen aus
Liebe zur dir:
Müßte dich holen der
Teufel herein;
Würde die Hölle ein
Himmelreich sein!

Weißt du Mädchen, das ich sterbe?

Weißt du, Mädchen, daß ich sterbe,
Sterben muß an deinem Blicke,
Wenn er weg von mir sich wendet?
Weißt du, Mädchen, daß ich sterbe,
Daß dein Mündchen mich vergiftet,
Wenn es keinen Hauch mir sendet?
Weißt du, Mädchen, daß ich sterbe,
Und von deinen Armen sterbe,
Wenn mich diese nicht umschlingen?
Mädchen, schenke mir mein Leben,
Daß ich dir dasselbe schenke,
Soll das deine ich erringen!

Wenn ich durch den Winter geh'

Wenn ich durch den Winter geh',
Denk' ich mir, es gibt auf Erden
Doch nichts Schöneres, als den Schnee,
Und er muß zu Wasser werden.

Ruht im Hag die Jungfrau mild,
Denk ich mir, es gibt auf Erden
Doch nichts Schöneres, als dies Bild!
— Und sie muß zum Weibe werden.

Tau ich auf dem Röslein seh,
Tau an ihrem Augenstern.
Tauf' mit Wasser Freud und Weh,
So gewillt es Gott dem Herrn.

Frage

Mädchen, wenn ich sehnend flehe,
Hörst du nichts?
Mädchen, wenn das Aug' Du senkest,
Siehst du nichts?
Mädchen, wenn ich sterben gehe,
Willst du nichts?
Mädchen, wenn du mein gedenkest,
Fühlst du nichts?

Was du dir denkst . . .

Was du dir denkst, ist längst gedacht,
Was ich dich frag', ist längst gefragt,
Wenn Wange glüht und Auge lacht,
Ist alles, was uns blüht, gesagt.

Oh, sag nicht nein und sag nicht ja,
Wenn ich an deinem Busen ruh',
Zum plaudern sind wir uns zu nah,
Drum s c h w e i g mir deine Liebe zu.

Waldabenteuer

Ich geh durchs Tal am Waldessaum,
Tief unten rauscht der Fluß,
Oh, wie ist doch das Wandern, traun,
Im Wald ein Hochgenuß!
Dort seh ich stehn ein Mädel fein,
Ich wink ihm meinen Gruß
Und ruf' es an: "Feins Liebchen mein,
Komm, gib mir einen Kuß!
Du hast ein braunes Röckel an,
Es deckt kaum deinen Fuß,
Das zarte, runde Wädchen kaum,
Geh, gib mir einen Kuß.
Du hast ein blaues Augenpaar,
Und Haare wie von Nuß,
Dein rosenroter Mund — ich merk's —
Hat Durst nach einem Kuß.
Nur scheint die Sonne viel zu heiß,
Mir fällt was ein, ich tu's,
Ich führ dich ins Gehege hin
Und geb' dir — —" fällt ein Schuß.
"Juchhe!" schreit jetzt das Mädchen auf,
"Das ist Hieronymus!"
Ihr Liebster war's, der Jägersmann,
Und damit Schluß.

Der Verlassenen Fluch

Vor des Ewigen Angesichte
Klag' ich ihn, o Himmel, richte!
Ach, wie hab' ich ihn geliebt,
Möge ihm in dunkeln Tagen
Auch die grause Stunde schlagen!
Möge er in Qual sich winden,
Und kein Herz, kein treues, finden!
Mög' der Mensch zum Teufel werden,
Dem er hoffend sich auf Erden
Voll Vertrauen zu eigen gibt!
— Ach, wie hab' ich ihn geliebt!
Ein Verworfner mög' er lungern
Auf der Heide und verhungern,
Welche Lust mir, wenn er schmachtet,
Glückverlassen, notumnachtet!
Und ich dürfte ihm begegnen,
Wie wollt' ich die Stunde segnen!
Ihn an meinem Herzen haben,
Ihn mit meinem Blute laben!
— Wärst du m e i n e r Qual versunken,
Hättest m e i n Leid du getrunken,
Wüßtest du, was Hölle ist.
— Wollte dich so lange küssen,
Bis du wieder selig bist.

Amor, dieser Wicht

Ich mach' in meinem Leben kein Gedicht mehr an ein Mädchen,
Das ich nicht darf lieben.
Es ist zu gefährlich, um das Licht zu schwärmen,
Das bestimmt ist, andere zu wärmen.
Wer hatt' mich auch dazu getrieben? —
Wo Auserwählter war mein liebster Freund,
Und sie des liebsten Freundes Auserwählte.
Und ich? Ich war nebstbei so da, und wie es scheint
Ein wenig kecker auch. Und sieh, da stellte
Der Knirps von einem Amor mir die Falle.

Dem Freund zulieb und seiner Maid zu Ehre
Gedacht ich ein Gedichtchen ihr zu weihn.
Aus Eigennutz war's nicht, denn ich begehre,
So dachte ich, dafür das bißchen Heiligenschein
Des Ruhmes nur. War noch erklecklich eitel
Und meint', mit einem Vers müßt' ich beglücken
Ein Mädel von der Zehe bis zum Scheitel,
Und mindestens dem Erdball es entrücken.
Gedacht, getan, ich schrieb ihr das Gedicht
In leichten Jamben. Für eines andern Liebe
Sind Jamben gut genug. Schweres tauget nicht.
Was anders, wenn ich eine Ode schriebe
Im tiefen Seufzertakte eines Romeo!
Dann allerdings schwerschreitende Trochäen.

Doch was wollt' ich nur sagen? — Ei ja so!
Ich schrieb der Liebsten meines Freunds,
Um mich verbindlich bei ihr einzustellen.
Sie war zu herzig, traun, sie war's wohl wert,
Der holden Muse warm sie zu empfehlen.
Begann zu dichten, wie's ein Herz begehrt,
Beschrieb die zarten Reize, sagte ihr auf Ehre,
Wie ich an ihrem Glücke Anteil nehme,
Und das als Freund ich gar imstande wäre,
Dergleichen selber — wenn die Stunde käme —
Zu gönnen mir. Doch müßte auch mein Püppchen
So lieblich sein wie sie. Es stünde immer
Mein Sinn nach solchen Wänglein, solchen Grübchen
Und solchen Äuglein auch, wie man sonst nimmer
Sie gesehn auf dieser Welt, als — im Vertrauen
Nur sei's gesagt — an ihr, der Treuen
Meines lieben, einzigen Freundes, sind zu schauen.

Unmöglich sang ich, wäre zu bereuen
Eine Wahl, wie diese. Ließ es ihr auch merken,
Daß sie, nur sie allein, die Schönste sei der Schönen.
Und es gelang mir, solches zu bestärken,
So gründlich, daß — bevor ich es konnt' wähnen —
Diese kunstvoll hübsch gedrehten Liebesphrasen
Ich selber treulich glaubte. Und bevor
Das Liedchen fertig noch, begann ich schon zu rasen,
Aus purer Leidenschaft, die bis ans Ohr
Mir tückisch heiß tat steigen — —
Was dann geschah! — Ach, laßt mich schweigen. —
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Und hast du einen Freund, das lehret die Moral,
So schicke seinem Liebchen nie ein Liedel,
Auch wenn er's selbst erlaubt, wie's hier der Fall,
Sonst gibt es einen Tanz nach seiner Fiedel.
Und hast du weidlich Pfeile zu verschießen,
Ich gratulier' dazu, doch mußt du wissen,
Auf welche Scheibe du mit Recht darfst zielen,
Denn Amor, dieser Wicht, er läßt mit sich nicht spielen.

Diese Mädels!

Als ich dem Liebel im Stübel gestand,
Ich würd' es küssen müssen,
Da gab's ein Bildchen mir in die Hand,
Daß ich was hätt' zum Küssen.

Es war der heilige Antonius,
Der Findparon zum Glücke;
Hatt' ich verloren des Liebchens Herz,
So bracht' er mir's zurücke.

Dann, als ich sah, wie glühend ich
Das Amulett tat küssen,
Da hat sie's heftig, zornig, wild
Mir aus der Hand gerissen.

Nun hab' ich gewußt, was zu geschehn,
Die Eifersucht zu kühlen.
Die Mädels, die mögen das Küssen nicht sehn,
Aber fühlen, fühlen, fühlen.

Belehrung für einen Dichter

Du beklagst dich, daß dein Weibchen
Nicht will deine Lieder lesen.
Schreib in Küssen, statt in Versen,
Wird sie 's immer wieder lesen.
Bist du ferne, wird sie gerne
Lieder unterm Flieder lesen.
Doch, wenn selber singt der Vogel,
Wozu im Gefieder lesen?
Wisse, sie hat nicht die Richtung
Literarisch weiser Richter;
Lieber, als die größte Dichtung,
Ist dem Weib der junge Dichter.
Deshalb ist, seid ihr beisammen,
Nicht die Zeit zum Lieder lesen.

Amors Rat

Wenn du, mein Freund, zur wonnigen Mundlust
Den kühlen Schnabel des Krugs an den Mund tust,
So halte zur lieblichen, süßen Geleitschaft
Den glühenden Schnabel der Maid in Bereitschaft.