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II.
Aus Wald und Feld

 

Sonntagsmorgen
Frühling
Wandern
Das Bächlein
Alpenrose
Vergißmeinnicht
Kornblume
Tanne
Lawine
Der grüne Wald
Der Spaziergang
Auf dem Golovec
In der Fremde
Im Friedhofe
Auf dem Berge
Damals
Frühlingslieder 1885
Frühlingslied 1886
Frühlingsstimmung
Das grüne Gras
Oberrosenbach

Sonntagsmorgen


Klingt herein, ihr Morgenglocken,
    Auch in mir es singt und klingt;
Draußen wirbeln weiße Flocken,
    In mein Herz die Sonne dringt
Und lockt Töne, lang verborgen,
    Leicht und lieblich mir heraus:
Sonntagsmorgen, Sonntagsmorgen,
    Klinge ewig so ins Haus!

Frühling

Der Winter ist zerronnen,
    O singt es weit und breit:
Es kam mit ihren Wonnen
    Die goldne Frühlingszeit.
Empor zum Himmel schwingen
    Die Lerchen sich vom Tal,
Und alle Vöglein singen,
    Voran die Nachtigall.


Die Veilchen an der Halde,
    Die Röslein an dem Strauch,
Maiglöckchen in dem Walde,
    Sie streuen süßen Hauch.
Wie geben die Wegwarten
    So holden Augenschein
Und blaut am Quell im Garten
    So schön Vergißnichtmein!

Das Kraut Jelängerjelieber
    Schon um die Laube blüht
Und atmet heißes Fieber
    Ins sehnende Gemüt.
Und wie ein tausend Wunder
    Springt auf der Ehrenpreis,
Es öffnet der Hollunder
    Die Blüten blau und weiß.

Und Käfer surren und Bienen
    Ums blühende Lindendach,
Und unter den Erlen, den grünen,
    Geschwätzig rauscht der Bach.
Doch laß es rauschen und sprießen,
    Ein Blümchen wächst auf der Heid',
Mit dem will ich kosen und küssen,
    Es ist ja Frühlingszeit!


Wandern

So hänge dir die Fiedel um
    Und sag' dem Heimattale,
Das vor dir liegt so still und stumm,
    Ein herzlich letztes Vale.
Es geht  nun in die Welt hinaus,
    Die, eine schöne Fraue,
Dich locket aus dem engen Haus
    In Wald und Wies' und Aue.

Auf allen Zweigen singt's und klingt's
    Von lustigen Musikanten;
Von allen Ästen dringt's und springt's
    Aus tausend Knospenbanden.
Die Lerche wirft sich in die Luft
    Und löst sich auf in Schmettern;
Wohin man sieht, nur Klang und Duft
    Auf allen Blumen und Blättern.

Halloh! Halloh! Frau Welt, Frau Welt!
    Ich will mit dir nun wandern,
Wohin es dir und mir gefällt,
    Und frage nichts nach andern.
Wegweiser ist der Felsenbach,
    Der immer keck und munter
Von Stein zu Steine springt und jach
    Zur Tiefe schäumt hinunter.

Und wo zum trauten Stelldichein
    Sich Sommerbuchen lauben,
Wirst du mit einem Mägdelein
    Mir Küsse wohl erlauben?
Und wo im Häuschen nebenan
    Ein Tannenreisig winket,
Da hält ein flotter Bursche an
    Und trinket, trinket, trinket.

Ein lustig Lied und leichtes Bier
    Und Maid mit roten Wangen,
Den blauen Himmel über dir,
    Was willst du mehr verlangen?
Du gleichst dem Vogel, welcher springt
    Von einem Zweig zum andern:
Man küßt und kost und zecht und singt,
    Halloh, nur wandern, wandern.


Das Bächlein

Ich bin ein Kind der hohen Berge
    Und rausche in das Tal hinab;
Noch hat kein übermüt'ger Ferge
    Bezwungen mich durch seinen Stab.

Doch immer weiter geht's hinunter
    Und immer müder wird der Lauf;
Ein breites Wiesental voll bunter
    Und zarter Blumen nimmt mich auf.

Mit Augen blau und weiß und golden
    Sie drängen sich an mich heran,
Doch hat nur eines von den holden
    Der Blümlein es mir angetan.

Statt über Felsen nun zu setzen,
    Wie einst im frohen Übermut,
Möcht' ich ihm seine Augen netzen
    Mit meiner silberklaren Flut.

Und wenn ihm dann die hellen Perlen
    Im Auge stehn, wird mir so bang,
Und unter Blumen, unter Erlen
    Ich möchte träumen sommerlang.

Doch von der Liebe ersten Freuden
    Drängt es mich fort; ihr ahnt es nicht:
Ach, Scheiden tut so weh, ach Scheiden,
    Gehab dich wohl, Vergißmeinnicht!

Alpenrose

Ich stehe kühn und unverzagt
    In Sturm und Ungewittern;
Doch so man mich zu brechen wagt,
    Da muß ich bang erzittern.
Die Menschen tun mir gar so weh,
Drum bleib' ich in der Wolken Näh'
    Und kann nur dort gedeihen.

O böser Knabe, laß mich stehn!
    Was willst du mich verderben?
Jetzt als lieb Röslein anzusehn,
    Muß ich gebrochen sterben.
O Mägdlein, Mägdlein, hüte dich,
Er wird dich brechen, so wie mich,
    Und deine Wang' verglühet.

Vergißmeinnicht

Ich blühe an dem Wiesenrain,
    Tief unten an der Quelle,
Und tauche meine Äugelein
    Wohl in der klaren Welle.
Die aber kommt, und kaum gesehn,
Muß sie schon wieder von mir gehn
    Und kehret nimmer wieder.

Ein Mädchen kommt des Weges traut
    Mit Äuglein, gleich den meinen;
Und hab' ich gut und recht geschaut,
    So tät es bitter weinen.
Und immer leis' es vor sich spricht:
O du mein Lieb, vergiß mein nicht,
     Wie ich nicht dein vergesse.


Kornblume

Ich bin so gar ein armes Ding
    Im Kreis der goldnen Ähren;
Fast einem jeden zu gering,
    Will niemand mein begehren.
Erst seit des guten Kaisers Blick
Auf mir geruht, ist mein Geschick
    Ein freundliches geworden.

Nun blühe ich in höchster Lust,
    Wie unter Zaubers Banne,
Und schmücke jedermann die Brust,
    Dem Jüngling wie dem Manne.
Wer deutsch im Herzen ist, der bricht
Nicht Rosen und Vergißmeinnicht:
    Ich bin die deutsche Blume.


Tanne

Ich klimme die steilsten Höhen hinauf,
    Wo Wolke und Fels sich berühren;
Und kommen auch Wasser in zürnendem Lauf,
    Mich fort in die Tiefe zu führen,
Wo Veilchen duften und Amsel schlägt,
Ich stehe furchtlos, kein Sturm mich bewegt,
    Granitenem Felsen vergleichbar.

Und wo nur ein Krümchen der Erde geheim
    Sich unter dem Moose verstecket,
Ich sende hinunter den kräftigen Keim,
    Bis ans Licht ihn die Sonne erwecket;
Und pflanze so siegreich, ein stürmender Held,
Das sprossende Leben bis hinauf in die Welt
     Der ödesten Felsen und Firne.


Lawine

Verwegener Spötter, ich fürchte dich nicht,
    Was sind mir Felsen und Tannen!
Ich brause hinunter, und alles bricht
    Und folgt wie reisige Mannen
Hinab in das singende, klingende Tal,
Wo vor der Sonne erwärmenden Strahl
    Der Frühling knospet und keimet.

Die Dächer zersplittern, die Steinwand zerschellt
    Wohl unter der wuchtigen Schwere;
Und so weit das Auge, das menschliche, fällt,
    Erblickt es nur trostlose Leere.
Drum wehe, wer zu entrinnen sucht,
Ich schmettre ihn nieder mit donnender Wucht,
    Ein Geist, der alles zerstöret.


Der grüne Wald

Was mir am innigsten gefällt,
    Das ist der grüne Wald.
Die reichste Tafel ist bestellt
    Mit Beeren mannigfalt.

Vom Felsen quillt der beste Wein,
    Der wie Demanten blinkt;
Es bleibt der Kopf so frisch und rein,
    Wenn man von diesem trinkt.

Und auf den Zweigen musiziert
    Ein Völklein ohne Lohn;
Du darfst nur winken, und es schwirrt
    In alle Welt davon.

Nun wird's um dich so mäuschenstill,
    Die Tanne wiegt dich ein;
Es ist das Moos so weich und kühl,
    Und du bist ganz allein.


So weit's das grüne Zelt erlaubt,
    Besieht dich blaue Luft;
Waldblumen blühen um dein Haupt
    Und atmen süßen Duft.

Und so du kaum entschlummert bist,
    Wirft schon der Tannenbaum,
Was du am liebsten hörst und siehst,
    Herab als goldnen Traum.

Du wandelst wohl im Paradies?
    So selig lacht dein Mund —
Da kommt der Grünspecht, und gewiß,
    Er weckt dich auf zur Stund'.

Und was dir gab der Erde Schoß
    An Beeren und an Wein,
Und für den Schlaf im kühlen Moos:
    Was wird zu zahlen sein?


Juchhe! Nicht einen Kreuzer Geld!
    So rufe, daß es schallt:
Was mir am innigsten gefällt,
    Das ist der grüne Wald!


Der Spaziergang

Seid mir gegrüßt, ihr malerischen Gruppen
Von Wald und Wiese, Kirchen und Kapellen,
Die mit den Türmen, den so freundlich hellen,
Herniederschauen von belaubten Kuppen!

Hoch über mir die ersten Lerchen schmettern,
Das Licht der Sonne freudig zu begrüßen,
Die blauen Veilchen an der Halde sprießen,
Und an den Halmen bunte Käfer klettern.

Doch laßt mich tiefer in die Waldung schreiten
Und unter diesen immer grünen Säulen
Vieljähr'ger Tannen in Betrachtung weilen;
Der Wildbach mag des Wandrers Schritte leiten.

Ich liebe diesen munteren Gesellen,
Der immer plaudernden, an meiner Seite,
An dessen Saum — das lieblichste Geleite —
Sich Blumen tauchen in die Silberwellen.


Und wie in Domes feierlichen Hallen
Umfängt mich jetzt ein andachtvolles Schweigen;
Zuweilen nur, daß von verborgnen Zweigen
Der Kuckuck läßt den Frühlingsruf erschallen.

Und alsbald wiegt der Felsenquelle Lispeln
Mich in den goldigsten der Frühlingsträume,
Wie spielend legen sich die leichten Reime
Auf meine Lippe bei der Blätter Wispeln.

Doch wehe mir! — Ein übermütig Lachen
Tönt durch den Wald. Die bösen Menschen kommen —
Und von der Seele ist der Traum genommen;
O welch ein nüchtern schmerzliches Erwachen!

Auf dem Golovec*

Keine Seele weit und breit,
    Nur die Bienen summen
In geschäft'ger Einsamkeit
    Über Waldesblumen.
Ab und zu der Kuckuck ruft
    Aus verborgnem Stande,
Unter mir in Silberduft
    Träumerische Lande.

Und von meiner Seite flieht
    All das heiße Streben;
Hehrer Friede in mich zieht
    In des Waldes Weben.
Von der Menschenwelt entrückt —
    Alle Wunden heilen,
Und ich glaube, still entzückt,
    Wie in Gott zu weilen.

*Anmerkung des Autors:

"Golovec" heißt ein sich östlich von Laibach erstreckender waldiger
von dem man auf der einen Bergrücken, (450m) Seite das
Laibacher Moor, auf der anderen Seite die fernen Alpen erblickt.
Der Golovec wird selten besucht und gewährt ein Bild elegischer Einsamkeit.


In der Fremde

"Sage mir, was ist dir wieder,
    Daß du so die Augen senkst?
Tauche die Gedanken nieder,
    Die du nach der Heimat lenkst!
Auch die fremden Wälder grünen
    Voller Glanz und voller Duft,
Und von Sonnengold beschienen
    Steigt die Lerche in die Luft."

O daß sie auf ihren Flügeln
    Fort mich trüge ruhig, fest,
Bis ob heimatlichen Hügeln
    Sie herab die Schwingen läßt.
Ob die Wälder noch so funkeln
    In der Maiensonne Licht:
Meine Augen sind im Dunkeln,
    Denn die Heimat ist es nicht.

Im Friedhofe

Sei mir gegrüßt, du enge Pforte,
    Ich trete sinnend durch dich ein,
Um an dem stillsten aller Orte
    Für mich ein Träumender zu sein.
O welch ein feierliches Schweigen!
    Nur Vöglein fliegen ab und zu,
Und hohe Lindenäste neigen
    Sich rauschend über Grabesruh'.

O sieh das Kreuz, daß müd vor Alter
     Sich über den Hollunder beugt,
Zu dem ein sommerblauer Falter
    Die unentschloss'nen Flügel neigt.
Und in den Zweigen wird's lebendig,
    Horch, wie der Fink in Liebe schlägt,
Indes das Weibchen so behendig
    Ein Würmchen nach dem Neste trägt!

Fast ist es mir, ich könnte nimmer
    Aus diesem Friedhofgarten gehn,
Wo in der Abendsonne Schimmer
    Nur Blatt und Blume auf mich sehn.
Es hält so heimelnd mich gefangen,
    Und süßer Friede mich umfließt:
Wie sollte auch dem Herzen bangen,
    Wo aus dem Tod nur Leben sprießt!

Auf dem Berge

Erklommen ist nach vielem Schweiß
    Des Berges Haupt; schon bricht
Aus einer Wolke silberweiß
    Des Mondes ruhig Licht.
Den dunklen Äther nah und fern
    Erfüllt es bläulich schön:
O welche Zaubermacht des Herrn,
    Welch heilig Gotteswehn!

In majestätisch stummer Pracht
    Steigt Berg an Berg empor;
Das alles tritt in stummer Nacht
    So geisterhaft hervor.
Es leuchten in des Himmels Dom
    Die Kronen weiß wie Schnee,
Erhaben fließt des Eises Strom
    Zum dunkeläugigen See.

Und flimmernd in des Mondes Strahl,
    Wie wogt im süßen Traum
Das sonst so freundlich grüne Tal
    In Silbernebelschaum!
Und um die Höhe braust ein Sturm,
    Daß Fels und Tanne bebt —
O Mensch, was bist du für ein Wurm
    Vor Gott, der dich umschwebt!

O sei vor ihm ein furchtsam Kind!
    Er wandelt durch die Welt;
In Wolke rauscht er und in Wind
    Und spricht aus Wald und Feld.
Ja selbst im kleinsten Blütenstern
    Magst du sein Auge sehn —
O welche Zaubernacht des Herrn,
    Welch heilig Gotteswehn!

Damals

Wir saßen in Waldes Grunde,
    Es war so still, so bang;
Kein Vöglein in der Runde,
    Das auf den Zweigen sang.

Kaum daß die Blätter rauschten,
    Und flüsternd rann der Bach —
Wir glücklich Unbelauschten!
    Keins zu dem andern sprach.

Wir saßen selig schweigend,
    Weiß nicht, wie mir geschehn:
Den Himmel, überneigend,
    Mir war im Traum zu sehn.

Frühlingslieder 1885

1.
O singender, klingender Frühlingstag,
    Schon bringest du wieder
Der Lerche Trillern, der Amsel Schlag
    Und all die unzähligen Lieder.
O laß auch mir, o du goldene Zeit,
    In grünenden Buchenhallen
Gesänge von Liebe und Lust und Leid
    Im Herzen wieder erschallen.

2.
Ist dein holdes Hochzeitsfest,
    Vögelein, erschienen,
Daß du heimlich schon dein Nest
    Bauest in dem Grünen?
Schaue mild und fromm gesinnt
    In dein frohes Regen,
Lächelt mir doch selbst ein Kind
    Wonniglich entgegen.

3.
Schmetterst, Vöglein, aus der Brust
Frühlingsliebe, Frühlingslust,
Und ich wag' bei solchem Klang
Einen Frühlingsfestgesang?

4.
Strecke immer deine Äste
    Nach dem Himmel kahl und bang!
Balde ruft zu seinem Feste
    Dich der Frühlingsosterklang.
Ja, indes ein seltsam Beben
    Dir durch Stamm und Krone geht,
Heimlich schon zu neuem Leben
    Knosp' an Knospe aufersteht.

5.
O dringe aus der grauen Wolke,
    Du frühlingsheller Sonnenstrahl,
Und bringe meinem armen Volke
    Errettung aus der bangen Qual.
Senk' ihm den Lenz der Freiheit nieder,
    Der ihm so herrlich einst geblüht,
Und gib ihm eines, eines wieder:
    Das deutsche Wort, das deutsche Lied!

6.
Blaue Veilchen, grüne Wiesen,
    Sonnengold und Waldgesang,
Und dir ist bei allen diesen
    In dem Herzen noch so bang?
Ist der Jugend Lenz, der wieder
    Vor dein düstres Auge zieht;
Sind es längst verklungne Lieder,
    Die durchzittern dein Gemüt?

7.
Laßt, o laßt mich einsam träumen,
    Frühling ist ein holdes Kind,
Das in grünumschlungnen Räumen
    Mich so wundersam umspinnt.
Ob die Menschen auch, die tollen,
    Spottend mir vorübergehn,
Ist mir, in den wundervollen
    Frühlingsjugendtraum zu sehn.

Frühlingslied 1886

Der Frühling kam mit einemmal
Nach langer, banger Winterqual
    In unser Land gezogen.
Ein sanfter Hauch vom Himmel weht,
Und über Wald und Wiese steht
    Der blaue Himmelsbogen.

Willkommen, Blumen an der Hald'!
Ihr dränget euch mit Allgewalt
    Hervor aus dürren Bättern;
Der Falter gaukelt goldbeschwingt,
Von Ast zu Ast der Vogel springt
    Und läßt sein Lied erschmettern.

Und überall, wohin man schaut,
Nur frohe Menschen, die sich laut
    Durch Feld und Wald bewegen;
Die Mücken schwärmen in der Luft:
O Frühlingsklang, o Frühlingsduft
    Auf allen Wegen und Stegen!

Frühlingsstimmung

Ein Surren und Summen über mir
    In blühenden Lindenbäumen;
Ich möchte sitzen für und für
    Und vor mich sinnen und träumen.

Nur Wiesengrün und Sonnengold
    Und Berge in Duft verblauend;
Im nahen Busch ein Vöglein hold,
    Am heimlichen Neste bauend.

Laß fahren die Welt und ihren Streit,
    Sie schlägt unzählige Wunden;
In dir nur, goldene Frühlingszeit;
    In dir nur kann ich gesunden.

Das grüne Gras

O grünes Gras, wie schön bist du
    Auf Alp und Wiesenmatten!
Das Bett so weich, so süß die Ruh
    In kühlem Baumesschatten.

Hoch über blaut das Himmelsdach
    Und Ähren rings, wie golden;
Zur Seite rauscht der Silberbach,
    Umkost von Blumendolden.

Ich denke dein mit stillem Weh;
    Du warst es, wo wir Jungen
So frisch und fröhlich wie ein Reh
    Vor Zeiten einst gesprungen.

Wie bist du mir, o grünes Gras,
    So recht ins Herz geschrieben!
Du deckst — mein Aug' wird tränennaß —
    Die Gräber meiner Lieben

Und spendest stillen Aufenthalt
    Wohl unter deinem Rasen,
So sie auch mir — wer weiß, wie bald —
    Das letzte Stücklein blasen.

Oberrosenbach*

Im Wald, im grünen, grünen Wald,
    Da ist mir hold und gut;
Ich denke nicht der Menschen drauß'
    Und ihrer blinden Wut.

Das Blau des Himmels bricht so hold
    Durch Tannengrün herein;
Ich schreite einsam und vergnügt
    Und bin doch nicht allein.

Ein wundersames Rauschen geht
    Bezaubernd durch den Wald,
Von Kuckuckruf und Amselschlag
    Es nah und fern erschallt.

Eichhörnchen springt von Ast zu Ast
    So zierlich und so kühn;
Dort raschelt unter dürrem Laub
    Lazerte** goldig grün.

Ein milder Abendsonnenglanz
    Um Berge goldig rein;
Wie wiegst du meine Seele ganz
    In Schlummerfrieden ein!

Die Glocke tönt aus tiefem Tal
    Verstohlen an mein Ohr,
Und wie auf Schwingen himmlisch leis'
    Trägt es den Geist empor.

Anmerkung des Autors:

*Oberrosenbach. Ein Kirchlein auf einem nordwestlich von
Laibach sich erstreckenden Waldrücken. Schöner Aussichtspunkt; prächtige Waldpartien.

**altes Wort für Eidechse