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Quelle:

Dichtungen
Samhaber Edward

Laibach 1887
Verlag von Kleinmayr & Bamberg

I.
Jugendstimmen

 

Der wandernde Sänger
Kriegers Abschied
Die Waldkapelle
Am Grabe der Mutter
An Wilhelm Müller
Im Lärchenwäldchen
Ins Kloster
Im Grünen
Die Eiche

Der wandernde Sänger


Die Geige auf dem Rücken,
    Am Knotenstock die Hand,
So schwärm' ich voll Entzücken
    Durchs deutsche Vaterland.

Der Vogel auf dem Zweige
    Singt munteren Gesang;
Ich spiele auf der Geige
    Dazu den hellen Klang.

O Lust, dahin zu wallen
    Durch Feld und Buchenhain
Und niemand zu gefallen,
    Als Gott und sich allein.

Ob Wind und Wetter blasen,
    Kein König ist mir gleich;
Mein Bette ist der Rasen,
    Der grüne Wald mein Reich.

Und wo ein Bächlein blinket,
    Da trink' ich kühlen Wein;
Und wo ein Apfel winket,
    Lädt er zu Gast mich ein.

So geht's dahin mein' Straßen,
    Auf nichts bin ich gestellt
Und möchte nimmer lassen
    Das Köstlichste der Welt:

Die Geige auf dem Rücken,
    Am Knotenstock die Hand,
Zu schwärmen voll Entzücken
    Durchs deutsche Vaterland.

Kriegers Abschied

Lebe wohl, mein Liebchen traut,
    Kriegstrompeten schallen
Schon zum Kampfe überlaut,
    Und die Fahnen wallen.

Einmal noch die Hände! So!
    Jetzo mag's zum Streite
Gehen und die Trommel froh
    Wirbeln in die Weite

Liebchen, nicht geweinet doch!
    Lächle doch ein bißchen!
Und ein Blumensträußchen noch
    Gib mir und ein Küßchen.

Armes Liebchen weinet baß,
    Tät am Fenster lehnen,
Rosenstock und Veilchen naß
    Küssen mit den Tränen.

Schwalbe singt vom grauen Dach
    Wehmutsvolle Lieder,
Und das Täubchen girret nach:
    Kommet nimmer wieder.

Und die Monde, sie vergehn
    Unter Schmerz und Jammer;
Nimmer weinet Mägdlein schön
    In der stillen Kammer:

Denn es sank der Jüngling wild
    Unter Kugelregen —
Und die Jungfrau schlummert mild
    Unter Blütensegen.

Die Waldkapelle

In Waldes tiefem Dunkel,
    Von Epheu rings umweht
Und Blumenduft umsäuselt,
    Ein altes Kirchlein steht.

So einsam steht's, verödet,
    Im frischen Blättergrün,
Nur Vöglein singen Lieder
    Der Andacht still darin.

Oft flüstert's von den Glocken
    Von längst verrauschter Zeit,
Da fromme Waller kamen
    Zu Kirchleins Einsamkeit;

Und linde Lüfte tragen
    Es weiter durch den Hain,
Dann träumt sich wieder alles
    In tiefen Schlummer ein.

Und wie das Kirchlein schlummernd
    Zerfällt im grünen Wald,
Schläft auch der Glaube draußen,
    Der Glaube gut und alt.

Am Grabe der Mutter
Freistadt 1862

Wie denke ich voll Andacht an die Wiege,
    In der du mich, o Mutter, einst geschaukelt,
In Liebe scheuchend jede Sommerfliege,
    Die um mein zartes Angesicht gegaukelt!

Dein Auge war's, das wie der Himmel blaute,
    Als es zuerst mich gehen sah und fallen;
Dein Auge, das die höchste Lust betaute,
    Als ich begann, das erste Wort zu lallen.

Und nun — weh mir — steh' ich an Hügels Saume,
    Ob dessen Gras sich Sommerfalter wiegen,
Und lasse in dem schwermutsvollen Traume
    Die Kinderzeit an mir vorüberfliegen.

Und wieder schwebt das Wort auf meinem Munde,
    Das deinen Namen spricht mit tiefem Sehnen;
Doch nimmer lauschest du auf jene Kunde,
    Und auf den Hügel fallen meine Tränen.

An Wilhelm Müller

Ei, wozu sich lang betrüben?
    Wenn man solch ein Büchlein fand,
Nehme man nur jene lieben
    Frühlingsknospen in die Hand.

Wahrlich, solche Liederklänge
    Schmeicheln sich ins Herz hinein;
Und es wird uns fast zu enge
    In dem trauten Kämmerlein.

Schnell gepackt mein bisschen Habe,
    Denn es läßt mir keine Ruh';
Aber legt zum Wanderstabe
    Wilhelm Müller auch dazu!

Solch ein klingendes Geleite
    In der Gottes freien Welt
Macht, daß uns die liebe Weite
    Noch einmal so gut gefällt.

Und ich wünsche keinen andern
    Zum Gefährten als nur dich,
Denn du willst nur wandern, wandern,
    Und nur wandern will auch ich

Im Lärchenwäldchen

Zierlich malt den Rasenhügel
    Lauschig grüner Lärchenhain,
Und die hohen Wipfel glänzen
    In dem Abendsonnenschein.

Blumenaugen schauen freundlich
    Aus der Wiese zartem Grün,
Munter rauscht die junge Quelle
    Zwischen Silberweiden hin.

Und zwei helle Kreuze schimmern
    Von der Türme grauem Dach;
Ernste Glockentöne rufen
    Einem teuren Toten nach.

Alles kommt und geht auf Erden,
    Du auch, stiller Lärchenwald,
Meiner sonnig heitern Kindheit
    Vielumworbner Aufenthalt:

Wie gar bald wirst du die letzten
    Grüße mir entgegenwehn
Und mich scheidend aus der Heimat
    In die Fremde ziehen sehn!

Ins Kloster

Das Posthorn tät schon blasen,
    Lieb Mütterchen, ade!
Muß in den Klostermauern
Mein Leben jung vertrauern,
    D'rob ist mir gar so weh.

Es blüht auf grünem Rasen
    Und glüht, wohin ich seh';
Auf allen Zweigen springt es,
Aus allen Lüften klingt es:
    Lieb Mütterchen, ade!

Im Grünen

O laßt mich ruh'n im Grünen hier,
    In Träumen mich ergehn;
Da träumt sich's gut, wann über mir
    Die Frühlingslüfte wehn.
Sie wehn ja auch in der Heimat fern,
    Der trauten Heimat mein,
Und tragen wohl gar oft und gern
    Mir Grüße aus und ein.

Die Eiche

Bist du die alte Eiche wieder,
    In deren Schatten ich als Kind
Mich freuend saß der heitern Lieder
    Vom Hirtenknaben, süß und lind?
Du bist's! Noch grünet deine Krone
    Wie einst, durchweht vom warmen Süd;
Doch immer lausche ich mit Wonne
    Vom Berge jenem Hirtenlied.