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Gedichte 3
 

Auch die Toten sollen leben!
Stammbuchblätter
Gefühle in der großen Oper zu Paris
Trostworte
Rosenangebinde
Frühling im Herbste
Herbst im Frühling
Mißmutspiel des Lebens
Herzens-Einsatz
Das schöne Paar
Die männlichen und weiblichen Gäste

 
Lust in Tränen
Sehnsucht
Gegensätze
Wechsel in Jahreszeiten
Die Verlorene

 

Auch die Toten sollen leben!

Champagner-Trinklied eines Gefangenen, um Mitternacht

Mitternacht! allein im öden Haus,
Und kein Leben seh' ich winken,
Gib denn, Grab! die Toten mir heraus,
Laß die Toten mit mir trinken!
Kommt heraus im Sterbgewand,
Setzt euch zu mir, ihr Gerippe,
Setzt mit eurer Knochenhand
Nun das Glas an blasse Lippe;
Und ihr sollt aus hohler Brust
Mir Bescheid anjetzo geben,
Stoßet an, mit Schauerlust:
Auch die Toten sollen leben!

Mutter! dir das erste Schauerglas,
Komm vom fernen, fernen Grabe,
Daß sich meiner Augen bitt'res Naß
An dem Leichenantlitz labe;
Nimm dein Kind in deinen Arm,
Dem das Leben schon verblühend,
Mutterhand ist tot noch warm,
Mutterkuß ist tot noch glühend.
Mutterherz im Leichentuch
Fühlt für's Kind noch süßes Leben,
Mutter, trinke mit dem Spruch:
Auch die Toten sollen leben!

Neffe, wirf den Leichenstein von dir,
Denk' an jene Schauerstunde,
Als der letzte Kuß von mir und ihr
Auch dein Leben trank vom Munde;
Und sie folgte bald dir nach,
In der Blütenzeit der Glieder;
Kommt, o kommt, und werdet wach,
Setzt euch freundlich zu mir nieder.
Was das Leben euch verneint,
Hat der Tod euch doch gegeben,
Trinkt und rufet nun vereint:
Auch die Toten sollen leben!

Schiller! bleicher Sänger, komm hervor,
Der du diesen Spruch gedichtet,
Der du an der Schatten düstern Chor
Dieses Lebehoch gerichtet;
Zaudre nicht an diesem Ort
Auch ein Glas mit mir zu leeren,
Selbst ein Gott erscheinet dort,
Wo die Herzen ihn verehren!
Hattest lebend Tote lieb,
Liebe tot nun auch das Leben,
Trink' nun mit der Hand, die's schrieb:
Auch die Toten sollen leben!

Jugend, tote Jugend, o auch du,
O erschein' im Geiste mir wieder,
Steige aus dem Grab der Zeit im Nu,
Angetan mit dem Kranz der Lieder;
Führ' die Schatten mir herauf,
Der verklungnen, süßen Stunden;
Stell' die Ideale auf,
Für die glühend ich empfunden;
Tote Jugend! ich bin Mann,
Ideale, sie verschweben,
Tote Jugend stoß denn an:
Auch die Toten sollen leben!

Liebe! früh verschieden, heißbeweint,
Die ich nun zu Grabe trage,
Hab' mit andern Toten dich vereint
In dem teuren Sarkophage;
Komm also, o Liebe, jetzt,
Wenn die andern Toten nahen,
Mich beim Weine, der mich letzt,
Einmal liebend zu umsahen;
Tote Liebe! weile hier
Bis die Toten sich erheben,
Trink zum Abschied noch mit mir:
Auch die Toten sollen leben!

Letztes Glas sei jetzo mir gefüllt,
Letztes Glas sollst 'rum nun gehen.
Wißt ihr Toten, wem es gilt?
Wißt, es gilt dem Wiedersehen!
Gebt die Hand mir, drückt sie fest!
Daß ihr wollt mich mild empfangen,
Denn am großen Schnitterfest
Euer Wirt nun kommt gegangen.
Und mein Grab mit einem Kranz
Wird ein Freund vielleicht umwehen,
Spricht vielleicht im Abendglanz:
Auch die Toten sollen leben!

Stammbuchblätter

1.
Im Himmel wohnt ein König
Beharrlich und gerecht,
Und ist ihm untertänig
Der Herr so wie der Knecht.
Ein großer Herrscher ist er,
Der Vieles schon gekonnt;
Er hat nur zwei Minister
Die Sonne und den Mond.
Er hat uns auch gegeben
Die "Welt-Constitution",
Und stoßt in seinem Leben
Kein Wesen von dem Thron.
Und stirbt auch einst allmählig
Ein Mensch und ein Geschlecht,
So macht er sie erst selig,
Beharrlich und gerecht!

2.
Wo das Sonnenlicht nur strahlet,
Wo nur eine Blume blühet,
Wo im Frauenaug' sich malet
Anmut, Liebreiz und Gemüt;
Wo das Ohr nur ist empfänglich
Für den Reiz der Harmonie,
Da ist ewig unvergänglich,
Vaterland der Poesie!
Und der Sohn der hohen Musen
Findet stets der Heimat Spur,
Denn ihn nimmt an treuen Busen:
Liebe, Freundschaft und Natur!
Selbst die Träne, die den Abschied drücket,
Wird zur Perle, die sein Leben schmücket.

3.
Zwei Pole hat der Wanderstab
Wohin man immer wand're,
Der Eine schaut hinab ins Grab,
Zum Himmel schaut der And're.
Und weiß man an dem rechten Pol
Den Wanderstab zu fassen,
So schreitet man behaglich wohl,
Durch Menschen wie durch Straßen.
D'rum schlage ich mein Saitenspiel
Dem Himmel an zur Feier,
Mir leuchten oben Sternlein viel,
Die "Venus" und die "Leyer."
Doch wenn sich mir die "Jungfrau" mild
Im süßen Licht tut zeigen,
Da möcht' ich mich, vom Schmerz erfüllt,
Zum Grabespol wohl neigen!

Gefühle in der großen Oper zu Paris
An Sie

Tausend Lichter blicken
Helle Flammen nieder,
Und aus tausend Blicken
Strahlt die Liebe wieder.
Doch in mir ist nirgends Licht,
Denn ich seh' die Holde nicht!

Durch die hohen Hallen
Wogt das Reich der Töne,
Wie die Klänge wallen,
Himmlischer Camöne;
Doch mein Herz kein Ton besticht,
Denn ich seh' die Holde nicht!

Bajaderen schlüpfen
Flammen Lust und Minne,
Tänzerinnen hüpfen,
Blenden Aug' und Sinne.
Nichts zu meiner Seele spricht,
Denn ich seh' die Holde nicht!

Rings herum ist Schönheits-Wehen
An dem Festesglanze,
Mädchen, Frauen sehen
Aus dem Logenkranze.
Doch im Glanz das Herz mir bricht,
Denn ich seh' die Holde nicht!

Trostworte
an eine zärtliche Mutter beim Dahinscheiden
ihres fünf Monate alten Töchterchen.


Die Blüte fiel, die wunderzarten Farben,
Vom Frühlingshauch ihr lieblich angeweht,
In lebensloser Blässe schnell erstarben,
Vom Sturm geknickt, der durch das Weltall geht;
Doch einstens, wenn am lautern Tag der Garben
Das Reich der reinen Wesen aufersteht,
Wird auch das Blütenkind, mit schönerm Leben,
Dem treuen Mutterstamme rückgegeben.

Die Träne labt, es laben auch die Klagen
Das Mutterherz, dem alles sonst gebricht;
Doch laß dein Herz an Tröstung nicht verzagen,
Zum Schöpfer heb' empor dein Angesicht.
Laß' von des Glaubens Fittig hin dich tragen,
Durch Zeit und Raum und Sein zum ew'gen Licht;
Ein ew'ger Tag vereinigt dann auch Beide:
"Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude!"

Rosenangebinde
zum Vermählungstage der Rose

Imortelle         ew'ge Farben leihe
                      Mir als Sinnbild wandelloser Treue,
                      Und eröffne heut die Blumenreihe,
                      Daß ich sie der Schönheit sinnig weihe!

Sonnenblume   soll vor Allen prangen,
                      Weil auf ihren lichtbetauten Wangen,
                      Aller Augen stillanbetend hangen,
                      Kommt in hoher Anmut sie gegangen.

Alpenrose        soll hernieder steigen
                      Mit dem hohen Lichte, das ihr eigen,
                      In des Festes farbenreichen Reigen
                      Als ein Schwesterbild der Braut sich zeigen.

Balsamine       soll den Weihrauch geben,
                      Wenn für dieses und für jenes Leben,
                      Am Altar' im heiligen Erbeben,
                      Hand und Herz auch ineinander streben.

Ehrenpreis       ermangle nicht im Tanze,
                      Schmücke tiefbedeutend auch das Ganze,
                      Wenn um Preis der Lieb' im reinen Glanze,
                      Wirbt die Ehr' im hohen Tugendkranze.

Lilie                du unschuldsvolle, reine,
                      Deine zarten Blätter auch vereine;
                      Denn im reinern Glanz und milder'm Scheine
                      Als sie, prangt auf Erden wahrlich keine.

Lebensblümchen soll es wünschend sagen,
                      Daß das Leben auch an Hymens Wagen,
                      Wie in gold'ner Liebe Frühlingstagen,
                      Nur auf Blumen werde hingetragen.

Aloe                du selt'ne, sinnig-rare!
                      Dien' als Zeichen diesem edlen Paare:
                      Einmal blüht die Liebe nur, die wahre,
                      Einmal nur von Wiege bis zur Bahre!

1.
Frühling im Herbste

Sind die Rosen all vergangen
     Blühet keine mehr für mich?
Nein, auf ihren süßen Wangen
     Blühen Rosen wunderlich.

Sind die Blüten abgefallen,
     In der Schöpfung großem Kreis?
Nein, um Hals und Busen wallen
     Blüten ihr, so zart und weiß.

Sind die Sterne denn versunken,
     Die der Frühling mitgebracht?
Nein, sie leuchten feuertrunken
     Aus der Augen Strahlenpracht.

Ist der Scharlach denn verschwommen,
     Den des Maies Morgen bot?
Nein, er ist erneut erglommen
     Ihr um Lippen, mild und rot.

Sind die süßen Nachtigallen
     Denn verstummet all' jetzund?
Nein, die süßen Sänger schallen
     Mir annoch aus ihrem Mund!

Hat des Frühlings Zauberschimmer
     Ausgelöscht sein mildes Licht?
Nein, der Frühling lacht mir immer
     Aus der Holden Angesicht!

Dem, der Liebe trägt im Busen,
     Dem das Wort der Liebe spricht,
Dem geneigt die holden Musen,
     Dem erstirbt der Frühling nicht.

2.
Herbst im Frühling

Sag' mir nur nicht, es ist Frühling
     Dieses schöne Angesicht,
Fehlet Liebe im Gemüte,
     Ist es Herbst, doch Frühling nicht!

Nennt ihr Sterne diese Augen?
     Diese Augen Lichtkristall?
Ohne Liebe sind's nur Kohlen,
     Seelenloser Feuerball!

Nennt ihr Rosen diese Wangen?
     Lilie dieser Wangen Kreis?
Ohne Liebe sind's Tapeten,
     Schön gesticket, rot und weiß!

Nennt ihr himmlisch dieses Lächeln,
     Das so hold um Grübchen fiel?
Ohne Liebe ist's mechanisch,
     Toter Formen leeres Spiel!

Nennt ihr Wohllaut diese Worte?
     Diese Töne Zauberlust?
Ohne Liebe ist's ein Echo
     Aus der hohlen Felsenbrust!

Nennt ihr Leben dieses Wesen?
     Leben zu des Schöpfers Dank?
Ohne Liebe ist's ein Atmen
     An des Daseins Ruderbank!

Wo nicht Lieb' ist, ist nicht Frühling,
     Seele nicht und Wärme nicht;
Körper ist es, Bein und Adern,
     Hand und Fuß und Angesicht,

Augenapfel, Augenlieder,
     Lächeln, Blicken allerwärts,
Doch im Bildnis wohnt kein Frühling,
     Und im Grunde liegt kein Herz.

Mißmutspiegel des Lebens

Leben, du bist gar so fad,
Und die Lebenden noch fader!
Was geschieht, ist keine Tat,
Krieg und Kampf ist nicht, nur Hader!
Spannung gibt's, doch bloß als Krampf,
Aus Verdorbenheit der Säfte;
Flamme ist es nicht, bloß Dampf,
Mächte sind's, doch keine Kräfte;
Freiheit schützen Schwindler vor,
Sich mit Frechheit zu beweiben,
Greifen nach dem Trikolor,
Weil es bunt ist, wie ihr Treiben!
Dorten macht von seinem Thron
Ein Monarch wohl gar der Rutscher,
Doch das Band der Ehrenlegion
Zieret dafür seinen Kutscher!
Dort plombieret ein Regent
Das Gehirn der Untertanen,
Hier als Menschen man erkennt
Nur die Sprößlinge von Ahnen!
Hier schlägt man für Griechen sich,
Wenn sie alle sind erschlagen,
Tut dafür ganz frömmiglich
Millionen heim sich tragen!
Dorten wird das feste Land
Stets nur pfundweis abgeschlachtet,
Pfeffer, Zimt und Seidenband
Als das Höchste nur betrachtet!
Dort auf dem Professorstuhl
Philosophen uns belehren,
Wie man soll den Höllenpfuhl
Mystizismus stets verehren!
Hohe Hallen hat die Kunst,
Doch die Künstler darben,
Wangen decket bleicher Dunst,
Doch die Wand hat Farben!
Presse, du bist doch noch frei,
Nur die Schreiber sitzen!
Das geschieht nur nebenbei,
Da sie sich nicht erhitzen!
Toleranz ist auch zu Haus
Überall, man darf nur pusten:
Wagt sich aber nicht heraus,
Sie bekäme sonst den Husten!
Eilpost ist nun dort und da,
Nah' sind Länder sich und Meere,
Darum geht uns das nur nah',
Was recht weit aus unsrer Sphäre!
Sterne heftet man auf's Herz
Dunkelheit ist d'rin ergossen,
Schlüssel trägt man hinterwärts,
Vorn ist man verschlossen!
Ritter wird ein Mann genannt,
Der den Sporn im Kopfe,
Der verdankt sein Ehrenband
Seinem Küchentopfe!
Freundschaft ist in edler Kraft
Nirgends mehr zu Hause,
Sie geht bloß als Brüderschaft
Beim Traiteur zum Schmause!
Liebe ist von alter Spur,
Gut für Glyptotheken,
Unsre Mädchen suchen nur
Gold'ne Hypotheken!
Treue wird nicht mehr geschätzt
Wie man einst vernommen,
Deshalb ist sie auch zuletzt
Auf den Hund gekommen!
Leben, Leben, du bist fad,
Und die Lebenden noch fader,
Fad ist deine Friedenssaat,
Und nicht minder ist's dein Hader!

Herzens-Einsatz
An Caroline

     O sag', wo setz' ich mein Herz denn ein,
     Auf daß es mög' geborgen sein?
Ich hab's gesetzt an dein Angesicht,
Voll Anmut und lieblicher Milde,
Sein reizendes wonniges Maienlicht
Bezähmte das Herz mir, das wilde;!
Noch in dem Gesichte so zart und so fein,
Da blüht nicht der Liebe süßsonniger Schein,
Da setz ich mein Herz auch wohl nimmermehr ein!

     O sag', wo setz' ich mein Herz denn ein,
     Auf daß es mög' geborgen sein?
Ich hab' es gesetzt an den süßen Strahl,
Der freundlich vom Auge Dir tauet;
Ich hab' ihn getrunken all' allzumal,
Wo ich nur dein Auge erschauet;
Doch in den verführerisch göttlichen Schein
Da leuchtet kein Strahl der Empfindung hinein,
Da setz ich mein Herz auch wohl nimmermehr ein!

     O sag', wo setz' ich mein Herz denn ein,
     Auf daß es mög' geborgen sein?
Ich hab' es gesetzt an dein Grübchen am Kinn,
Von Grazien lieblich umgaukelt,
In dem sich beständig im schalkhaften Sinn
Ein sinniges Lächeln nur schaukelt;
Jedoch in die Grübchen, so reizend und klein,
Da drückte noch Amor den Pfeil nicht hinein,
Da setz' ich mein Herz auch wohl nimmermehr ein!

     O sag', wo setz' ich mein Herz denn ein,
     Auf daß es mög' geborgen sein?
Ich hab' es gesetzt an den innigen Klang
Der Worte vom rosigen Munde,
Des Wohllaut wie himmlischer Liedergesang
In kirchlicher, heiliger Runde;
Jedoch in den Worten so tonvoll und rein,
Da tönt nicht der Liebe gefühlvolles Sein,
Da setz' ich mein Herz auch wohl nimmermehr ein!

     O sag', wo setz' ich mein Herz denn ein,
     Auf daß es mög' geborgen sein?
Ich setz' es tief ein in das klagende Lied,
Ich setz' es tief ein in die Saiten,
Es wird der Gesang, der zum Ohre Dir zieht,
Vielleicht in die Seele Dir gleiten;
Und wie auch dein Herze mir Liebe vernein',
Im Liede wird Tröstung aus Schmerzen und Pein,
Da setz' ich mein Herzblut auf ewig nun ein!

Das schöne Paar

Der Tag, das ist ein schöner Mann!
Er schauet uns so freundlich an,
Aus seinen hellen Augen bricht
Ein herzerquickend süßes Licht;
Er breitet seine Arme aus,
Umfängt damit das Erdenhaus,
Wohin sein leichter Fuß nur tritt,
Bringt er ein frohes Leben mit!

Die Nacht, das ist ein schönes Weib!
Ein Schleier wallt um ihren Leib;
Aus ihren dunklen Augen quillt
Ein Trösterblick, so sanft und mild;
Sie nimmt uns sachte in den Arm,
Entbindet uns von Sorg' und Harm,
Beschwichtigt Herz und auch Gemüt
Mit einem süßen Schlummerlied!

Der Tag, das ist ein starker Mann!
Das Haupt erhoben himmelan,
Beleuchtet er mit seinem Strahl
Den Wald, den Fluß, den Berg, das Tal;
Aus seiner männlich starken Brust
Entspringt der Schöpfung frohe Lust;
Und was sein Strahl nur immer schafft,
Gedeiht in voller Manneskraft!

Die Nacht, das ist ein starkes Weib!
Sie fesselt heimlich Seel' und Leib,
Es wallt herab wie ein Talar
Von ihrem Haupt das schwarze Haar,
Sie wickelt Schmerz und Leid und Pein
In ihre weichen Locken ein,
Und nimmt von dem, den sie umfaßt,
Des Tages drückend schwere Last.

Der Tag, das ist ein milder Mann!
Blickt lieblich auch den Bettler an,
Nickt in des Armen Stübchen klein,
Mit seinem Haupt zum Gruß hinein;
Begleitet viele Stunden lang
Den Pilger treu auf seinem Gang;
Und schüttet aus der milden Hand
Sein Gold aus über Saat und Land.

Die Nacht, das ist ein mildes Weib!
Um ihren weichen Sametleib
Fließt zart herab ein einfach Kleid,
Voll Demut und Bescheidenheit.
Darum erschließen mildiglich
Ihr alle Herzen innig sich;
Was Jeder hat ganz heimlich vor,
Das sagt er ihr vertraut in's Ohr.

Der Tag ist ein verliebter Mann!
Der schaut so keck die Mädchen an,
Durch Busentuch und Flor und Hut
Dringt seine heiße Liebesglut;
Er küßt mit seinem Augenstrahl
Wohl tausend Wangen auf einmal,
Und grad' die allerzart'ste Haut
Verrät den Punkt, den er geschaut!

Die Nacht ist ein verliebtes Weib!
Im dunkeln wallt ihr schöner Leib,
Sie schaut mit Sternen-Äugelein
So bittend und geschämig d'rein,
Und aus dem dunkeln Wimper lang,
Da blinzelt sie oft stundenlang,
Und wem sie will so buhlend nah'n,
Dem ist's sogleich wie angetan!

Ja Tag und Nacht, das ist ein Paar!
Die liehen sich seit ew'ge Jahr;
Tritt sie des Abends bei ihm ein,
Küßt er sie sanft im Dämmerschein;
Wenn er des Morgens von ihr schleicht,
Ein süßes Küßchen sie ihm reicht,
Und allemal zur selben Stund'
Küßt Tag und Nacht sich treu den Mund!

Die männlichen und weiblichen Gäste

Drei weibliche Gäste im menschlichen Herzen,
Die kann man auf ewig sich leichtlich verscherzen;
Drei männliche Gäste auch ziehen da ein,
Du wirfst sie hinaus und doch kommen sie 'rein!

Die Liebe naht, geschäftig überbauet
Dein Leben sie mit Blumen und mit Duft;
Wie leichter Äther schmelzend niedertaut
Durch eines Blütenhaines Morgenluft.
Zum Tempel macht sie deine Herzens-Zelle,
Und deine Brust zum reinen Heiligtum,
Es flutet deines Blutes rote Welle
In deinen Adern leicht und rasch herum;
Doch einmal nur kann Dich das Hochentzücken,
Das Glück der Liebe einmal nur beglücken;
Wenn Liebe einmal aus der Brust entflieht,
Sie nimmermehr so rein zurück mehr zieht!

Die Unschuld, diese zarte Seelenblüte,
Von keinem rauhen Odem noch berührt,
Dieses sorgenlose Kindsein vom Gemüte,
Das weder spricht, noch weint, und dennoch rührt;
Wie eine Jungfrau wohnt sie, eingezogen,
Und heilig wirkend wie das Zehngebot,
Sie schaut bescheiden aus den Augen-Bogen,
Und spricht verschämt im zarten Wangenrot;
Sie ruht wie Goldstaub auf der Seele Fittig,
So glänzend rein und klar und zart und sittig!
Wird sie entweiht von einem einz'gen Blick,
Entfliehet sie und kehret nie zurück!

Die Scham, der Unschuld treue Zwillingsschwester,
Sie windet reizend jedes Herzensband,
Der Liebe bindet sie die Schwingen fester,
Wenn sie mit leiser Glut sich zu ihr fand;
Sie wohnt im zarten Bug der Augenlieder,
Und in der Lippe wundersamen Bug;
Im Klang des Wortes findest Du sie wieder,
Und in des halben Blickes Zauberflug.
Im Druck der Hand fühlst Du sie magisch beben,
Und in dem Kuß ihr süßes Widerstreben;
Doch wenn Du roh sie fassest unbewußt,
Entflieht auf ewig sie aus deiner Brust!

Der Haß versucht zu Flammen anzublasen
     Das Herz und was es sonst umfaßt mit Lust,
Als gält' es Berge glühend zu verglasen,
     So facht er an die leicht entbrannte Brust;
Er trägt geschäftig Brennstoff stets zusammen,
     Aus Argwohn, Wink und Wort und Blick und Tat;
Er nährt mit gift'gem Hauch die lohe Flammen
     Von Morgens frühe bis am Abend spat;
Und an dem Spieß der Leidenschaften wendet
Er seinen Braten um, der niemals endet!
Und wirfst Du tausendmal den Haß hinaus,
Er kehrt Dir tausendmal zurück in's Haus!

Der Zorn, der heiße Krebs, der rotgekochte,
     Der aus dem Antlitz seine Scheren steckt,
Wenn er so lang in deinen Adern pochte
     Bis er das wilde Blut Dir aufgeleckt;
Er faßt Dich an und schleudert von der Höhe
     Der Menschheit Dich hinab, zum wilden Tier;
Die Sinne schreien selber ach und wehe,
     Weil Du sie so verwilderst selbst in Dir.
Er stürmt heran wie die empörte Welle
Und reißt Dich hin in grauser Blitzesschnelle;
Und wirfst Du hinaus ihn tausendmal zur Tür,
Er kehrt erneuert ein, in wilder Gier!

Der Neid, der Alp der schwer, mit stummem Drücken,
     Sich auf die Brust des Menschen blutend setzt,
Der an des Nächsten Glück, an sein Entzücken
     Den Wolfszahn seiner heißen Gierde wetzt;
Der Nimmersatt, der ewig frißt und hungert,
     An fremdem Tisch nur stets zu Gaste geht,
Nach fremden Eigentum begierig lungert,
     An fremdem Glück als hag're Schildwacht steht;
Der Vampir, der mit unverwandten Augen,
Das fremde Glück zu tot versucht zu saugen,
Der Neid wird Abends oft von Dir verjagt,
Und kehrt zurück noch eh' der Morgen tagt.

Lust in Tränen

Wer nie die Seligkeit
     Der Träne hat erkannt,
Wenn sie bei Lust und Leid
     Im feuchten Auge stand;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wer nie auf Mutterhand
     Die Träne hat geweint,
Wenn Alles ihn verkannt,
     Wenn Alles ihm verneint;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wem nie vom Wimper-Rand
     Die klare Träne rann,
Wenn er die treue Hand
     Der Liebe sich gewann;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wem nie bei Sehnsuchtspein
     Nach dem geliebten Bild,
Die Träne himmelsrein
     Das Auge je gefüllt;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wem nie vor dem Altar',
     Bei Andacht inniglich;
Die Träne leis' und klar
     Das Augenlied beschlich;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wem nie des Schicksals Macht
     Das Leben so verletzt,
Daß er die halbe Nacht
     An Tränen sich geletzt;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wer nie nach Trennungsqual
     Die Holde wieder sieht,
Wenn in dem Licht-Oval
     Die Träne ihr erblüht;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wer nie im schwerem Streit
     Dem Glücke still entsagt,
Und es zum Trost im Leid
     Der Träne wieder sagt;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wer niemals im Gebet,
     Wenn ihm was Liebes krank,
Und er am Bette steht,
     Das Salz der Träne trank;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wem niemals auf den Brief,
     Den ihm die Holde schrieb,
Die Trän' herunterlief,
     Und auf den Zeilen blieb;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wer nie ein eignes Kind
     Um seine Tage sieht,
Mit Tränen es gewinnt,
     Mit Tränen es erzieht;
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Wer niemals auf die Knie
     Vor Gott sich niederwirft,
Und bei des Lebens Müh'
     Die Träne niederschlürft!
Der weiß es nicht wie süß sie ist,
Der weiß es nicht wie süß sie ist!

Sehnsucht

An einem treuen Herzen liegen
     Möcht' ich nur eine Stunde lang;
Um einen treuen Hals mich schmiegen,
     Mit meinem Wesen krank und bang;
Auf treuer Schulter eine Stunde
Ausströmen lassen meine Wunde!

Auf eine treue Hand mich bücken
     Möcht' ich zur wehmutsvollen Stund';
Die Finger, die mich liebend drücken,
     Hinführen an den heißen Mund;
Und an der Pulse leisen Schlägen
Die kummervolle Stirne legen!

In ein getreues Auge blicken
     Möcht' gar zu gern ich wohl einmal;
Das Herzblatt mit dem Tau erquicken,
     Aus treuer Augen süßem Strahl;
Nur einmal treue Augenlieder
Berühren mit den Lippen wieder!

An treuen Lippen möcht' ich liegen
     In eines Kusses feuchter Glut,
Wenn sich die Herzen selig wiegen
     Auf süßer Küsse Ebb' und Flut;
Wenn das Geständnis sie verweigert,
Und sich der Kuß zum Worte steigert!

An treuer Brust nur möcht' ich weinen,
     Ach, aus mich weinen insgeheim!
Wenn treue Tränen ihr sich einen,
     Ist Träne süß wie Honigseim!
Und Himmelslust ist zu genießen
Wo zwei Paar Augen überfließen!

Im treuen Arm möcht' ich vergehen,
     Vergehen gern schon jetzt, gleich jetzt;
Ein treues Antlitz um mich sehen,
     Wenn schon der Tod den Blick zersetzt;
Den letzten Seufzer dann im Leben
Dem treuen Herzen wiedergeben!

Gegensätze
An Caroline

Sie war so mild, so feierlich war er,
     Und Alle winkten uns mit süßen Blicken;
Die Holde trat so mild, so schmiegsam her,
     Der Abend schien uns sorgsam zu umstricken;
Und alle Sterne aus dem Äthermeer
     Sie schienen übermutigend zu nicken;
Ich aber kniete hin, von Wonnen übergossen,
Weil er und sie und Alle mich umschlossen!

Sie war beredt, und er war schweigsam still,
     Und Alle schienen Liebeswort' zu flüstern;
Die Holde sprach, weil sprechen Liebe will,
     Der Abend wollte sorgsam uns umdüstern;
Und alle Sterne, klar in Lichtesfüll',
     Sie schwatzten mit dem Blinzelblick so lüstern;
Ich aber stand vom Irdischen gereinigt,
Weil sie, er, Alle keusch um mich vereinigt!

Sie war so warm, er war so lieblich kühl,
     Und alle gossen Flammen in das Feuer;
Die Holde war so herz- und liebeschwül;
     Der Abend floß um uns, ein kühler Schleier;
Und alle Sterne auf dem blauen Pfühl,
     Sie trugen Opferflammen her zur Feier;
Ich aber fühlt' es klar wie Gottes Einheit,
Daß sie, er, Alle leuchteten in Reinheit!

Sie war bewegt, er ruhig wie ein Traum,
     Und Alle kreisten still, um aufzulauschen,
Die Holde bebt' an meiner Lippe Saum,
     Der Abend wehrt den Lüften, daß sie rauschen;
Und alle Sterne horchten durch den Raum,
     Wie unsre Lippen die Gedanken tauschen;
Ich aber war beglückt und froh beteiligt,
Denn sie, er, Alle waren mir geheiligt!

Sie war so blaß, so geisterbleich war er,
     Und Alle schienen trostlos auf uns nieder,
Die Holde weint, und Abschiedsträn' schmerzt sehr!
     Der Abend sprach: "Ihr seht euch nimmer wieder!"
Und alle Sterne, wie am Grab umher,
     Sie senkten ihre Leichenfackel nieder!
Ich aber küßte still die nasse Wange,
Und ging hinweg zum finstern Lebensgange.

Zu jedem Abend geh' ich nun hinaus,
     Und frage weinend: "ist sie mitgekommen?"
Und alle Sterne frag' ich weinend aus:
     "Habt ihr die Holde wirklich mir genommen?"
Den Abend möcht' ich schicken in ihr Haus,
     Um zu erfahren, ob sie schmerzbeklommen;
Und alle Sterne möcht' ich zu ihr senden,
Um ihren Traum auf meine Lieb' zu wenden!

Wechsel in Jahreszeiten
An Caroline

Der Sommer kam, des Lebens gold'ner Baum
     Stand vor mir da in seinen Fruchtgezweigen,
Es färbt ein glühend Rot des Blattes Saum,
     Den süßen Lasten muß der Ast sich neigen;
Die Liebesblüte, meines Herzens Traum,
     Sie schien als Frucht dem Wunsche sich zu zeigen,
Denn Dich hab' ich zum Erstenmal gesehen
Wie eine Gottheit durch das Dasein gehen!

                 Da glühte und brannte
                 Mir rings die Natur,
                 Weil rings ich erkannte
                 Der Lieblichen Spur;
                 Ich suchte Erfrischung
                 Der glühenden Brust,
                 In stiller Umbüschung
                 Der einsamen Lust;
                 Doch führten die Wege
                 Von dort und von hier,
                 Es führten die Stege
                 Nur alle zu Dir!

Der Herbst kam, gelbe Blätter niederrauschen,
     Die Erde zog ihr prächtig Ballkleid aus;
Ihr Grün muß die Natur mit Gelb vertauschen,
     Mit einem Reiserkranz den Blütenstrauß;
Der Scherze und der Künste Spiel zu lauschen
     Sucht man gesellig nun der Musen Haus;
Da hab' ich wieder, Hoheit! dich gesehen,
Wie eine Blume aus dem Reich der Feen!

                 Da war's mir so sonnig
                 In Herz und in Brust,
                 Ich schauerte wonnig
                 Zusammen vor Lust;
                 Es rieselten plötzlich,
                 So frisch und so hell,
                 Die Lieder ergötzlich
                 Aus innerstem Quell;
                 Doch führten die Lieder
                 Von dort und von hier,
                 Sie führten mich wieder,
                 Nur wieder zu Dir!

Der Winter kam, es war die stille Erde,
     Ein schlafend Kind, mit weißem Tuch bedeckt;
Der Taumelgott erläßt sein mächtig "werde"
     Im Saal wird eine neue Welt erweckt,
Der Maske Spiel ermutigt die Gebärde,
     Durch leeren Trug wird Aug' und Herz geneckt,
Da hab' ich wieder, Hoheit! Dich gesehen,
Ein Götterteil dem Sterblichen zu Lehen!

                 Wie war ich durchschauert!
                 Wie war ich entzückt!
                 Als ich Dich erlauert,
                 Als ich Dich erblickt!
                 Ich schickte zum Kosen
                 Die Dolmetscher aus,
                 Die freundlichen Rosen,
                 Den sinnigen Strauß;
                 Denn Blumen und Blüten,
                 Von dort und von hier,
                 Sie brannten und glühten
                 Nur alle zu Dir!

Der Frühling kommt; wie in der finstern Krippe
     Das süße Kind sein freundlich Aug' erschloß,
So windet sich aus dunklem Blattgestrippe
     Das Licht der neugebornen Schöpfung los;
Das Wachstum öffnet seine Rosenlippe,
     Und Pflanzen schlüpfen aus der Erde Schoß;
Mein Frühling aber mußte niedergehen,
Denn Dich, o Hoheit! soll ich nicht mehr sehen!

                 Die schmerzliche Trennung,
                 Von Dir so gewillt,
                 Ist Todes - Erkennung,
                 Ist Todes-Gebild!
                 Hörst Du einst ein Klingen
                 In deinem Gemach,
                 So war's das Entringen
                 Vom sterbenden Ach!
                 Ein geistig Getriebe
                 Von dort und von hier,
                 Es führet in Liebe
                 Mich ewig zu Dir!

Die Verlorene
An Caroline

Thema:

Meine Ruhe ist verschwunden,
Und mein Frieden mußte fliehen,
Fühle mich an Dich gebunden,
Deinen Siegeswagen ziehen.

       (Aus König Ludwigs Gedichten)

Variation.

Meine Ruhe ist verschwunden,
Ruhlos schlepp' ich meine Tage,
Zähle meines Daseins Stunden
Nur nach Tränen und nach Klage;

Und mein Frieden mußte fliehen,
Denn in jeden Puls der Ader
Fühl', ich schmerzlich ein nun ziehen
Kampf und Streit und Herzenshader!

Fühle mich an Dich gebunden
Mit geheimen Zauberwalten,
Dich hab' ich herausgefunden
Aus des Lebens Truggestalten;

Deinen Siegeswagen ziehen
War das Höchste mir des Lebens, —
Doch dem Unglück zu entfliehen
Müht die Liebe sich vergebens!

Denn ich fühl's für ew'ge Tage:
Meine Ruhe ist verschwunden,
Weil ein krankes Herz ich trage
Wird mein Leben nie gesunden;

Weil mein Lieben mußte weichen,
Und mein Frieden mußte fliehen,
Seh' ich farblos mir erbleichen
Alle Lebens-Phantasien!

Doch ich fühl' für hier und dorten,
Fühle mich an Dich gebunden!
In den Blicken, in den Worten
Hast Du mich stets treu gefunden;

Darum will ich all mein Leben
Deinen Siegeswagen ziehen,
Nach Dir ringen, nach Dir streben,
Nach Dir richten all mein Mühen.

Nimmer kann ich mehr gesunden,
Nimmer stillt sich meine Klage,
Meine Ruhe ist verschwunden,
Und der Inhalt meiner Tage.

Meine Lieder mußten ziehen
Aus der hart zerriss'nen Leyer,
Und mein Frieden mußte fliehen
Aus des Herzens stiller Feier.

Sterbend schon an Schmerzenswunden
Fühl' ich mich Dir heiß gewogen,
Fühle mich an Dich gebunden,
Fühle mich zu Dir gezogen.

Fühle Kraft nicht zu entfliehen,
Fühle, daß ich stets will wollen
Deinen Siegeswagen ziehen,
Bis die Tage niederrollen.

Fühle daß ich nimmer werde
Meiner süßen Lieb' entwunden,
Fühle daß für diese Erde
Meine Ruhe ist verschwunden!

Fühle daß nur Du den Horen
Meines Seins den Reiz verliehen,
Daß ich ohne Dich verloren,
Und mein Frieden mußte fliehen.

Fühle mich in allen Räumen,
Fühle mich in Musestunden,
Fühle mich in süßen Träumen,
Fühle mich an Dich gebunden!

Fühle daß ich Dich muß bitten,
Weinend bitten auf den Knien;
"Laß mich, bis ich ausgelitten,
Deinen Siegeswagen ziehen!"

Deinen Siegeswagen ziehen
Alle meine Herzgedanken,
Und mein Frieden mußte fliehen,
Weil durch deines Herzens Schwanken

Meine Ruhe ist verschwunden,
Weil ich trotz dem Zweifeln, Wanken,
Fühle mich an Dich gebunden!

Fühle mich an Dich gebunden!
Will wie Epheu Dich umranken,
Und in Worten, in Gedanken
Deinen Siegeswagen ziehen!
Meine Ruhe ist verschwunden,
Denn mein Auge mußt' erkranken,
Und mein Frieden mußte fliehen,
Weil mir deine Augen sanken,
Wo die meinen Strahlen tranken!

Deinen Siegeswagen ziehen
Will ich bis an's Lebens-Ende,
Und mein Frieden mußt' entfliehen,
Daß nur Fried' zu Dir sich wende;
Meine Ruhe ist verschwunden,
Deine nur will ich bewahren,
Fühle mich an Dich gebunden,
Doch Du selbst kannst frei verfahren!