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Ihr Schönen, erhebt euch vom seidenen Kissen,
Ihr werdet beim Brunnen den Schlummer nicht missen;
Die Sonne begrüßt euch mit freundlichem Strahl,
Sie lockt euch hinaus in das duftende Tal;
Im üppigsten Teppich die Berge schon prangen,
Sie wollten mit Weihrauch euch festlich empfangen,
Der Quelle entsprudelt das brausende Gas,
Gesundheit entblicket dem perlenden Glas,
D'rum eilet zur Quelle ihr lieblichen Zecher,
Die Muse kredenzt euch die schäumenden Becher.
 

Launige Gedichte
 

Kißinger Becherlied
Der gute Freund
Blumen Blätter und Mimosen
Die Morgenstunde
Mein encyclopädisches Mädchen

Theorie der Küsse
Einteilung
Der dritte Rang im Theater
Das geteilte Zimmer
Schattenriß eines Jesuiten

Profitions de l'occasion
 
Das Karten-Heiratsorakel
Huldigung den roten Haaren
Neue Fibelverse für große Kinder
Die Seifenblasen

Frauenherz und Eisenbahn
 

Kißinger Becherlied

Introduktion

1.
Den schönsten Morgen, froh und gut,
Zum "ersten Becher" dieser Flut!
O setzt ihn an den holden Mund,
Und leeret ihn bis auf den Grund,
Er bringe auch das höchste Gut,
"Gesundheit," "Kraft" und "frisches Blut;"
Wie hoch das Gas im Becher kreist!
Des beste Gas: "Gesundheit" heißt!

2.
Den schönsten Morgen, froh und gut,
Zum "zweiten Becher" dieser Flut!
O trinket doch recht gierig d'raus,
Der "Fröhlichkeit" bring' ich ihn aus;
Die Fröhlichkeit ist, was man heißt,
Gesund auch sein an Herz, und Geist;
Aus jeder Lebensleidenschaft
Die "Kohlensäure" fortgeschafft.

3.
Den schönsten Morgen, froh und gut.
Zum "dritten Becher" dieser Flut!
Der launenhaften Gottheit itzt,
Dem "Glücke" dieser Becher blitzt.
Es sprudle auch des Glückes Quell
Wie diese hier, so voll und hell,
Und bringe euch statt Eisen, Stahl,
Nur Gold und edles "Mineral!"

4.
Den schönsten Morgen, froh und gut,
Zum "vierten Becher" dieser Flut!
Der Becher schäumt in hoher Pracht,
Der "Liebe" sei er dargebracht!
O, hör' uns doch, du Liebesgott!
Du wirst ia stets beim Becher flott;
In dieser Flut dein Stoff auch kreist,
Denn Liebe ist ja Phosphorgeist!

5.
Den schönsten Morgen, froh und gut,
Zum "fünften Becher" dieser Flut!
Der Becher schimmert hell und klar,
Ich bring' der "Freundschaft" nun ihn dar!
Bedachtsam trinket, nicht in Flug,
Ihr tut nunmehr den schönsten Zug.
Wenn alles flüchtig von uns läßt,
Bleibt der Bestandteil ewig fest!

6.
Den schönsten Morgen, froh und gut,
Zum "sechsten Becher" dieser Flut!
Mit Wehmut soll er ringsumgeh'n,
Der Becher heißet "Wiederseh'n!"
Nun reicht die Hand zum Becher auch,
Es perl't im Glas und in dem Aug',
Nur "Wiedersehen," so erschallt's,
Versüßt des Scheidens Bittersalz!

7.
Dem Sänger auch, ihr Frauen hold,
Den "kleinsten Becher" freundlich zollt;
Nur füllet ihn mit eig'ner Hand,
Die Lippen setzt erst an den Rand,
Kredenzt ihn dann mit süßem Blick,
Daß er den Sänger süß erquick',
Dann geht ihm Sang und Liederei,
Von Herz und Leber leicht und frei!

Der gute Freund
In freien Versen

Ach wie haben mich alle Menschen lieb!
Und sie lesen was ich schreib und schrieb;
Und sie loben, hätscheln mich gar sehr;
Grüßen, nicken über kreuz und quer,
Finden mich charmant und lieb und gut;
Geistreich, witzig und ein frohes Mut;
Sie erweisen mir so viel Lieb' und Ehr,
Daß ich oft schon fast verhungert wär'!

Manch vornehmer, adelicher Mann
Nahm sich meiner ganz im Ernste an;
Das will so sagen: wenn man von mir sprach,
Sagte er mir grad nichts Schlechtes nach;
Reichte mir gar oft die noble Hand,
Rühmte wohl auch meinen scharfen Verstand;
Kurz die Vornehmen hielten mich so sehr in Ehr',
Daß ich schon wieder fast verhungert wär'!


Einmal kam sogar ein Millionär,
Sagte, ich wär' unterhaltlich sehr!
Mußte mit ihm oft spazieren geh'n,
Mußt' mit ihm oft die Stadt beseh'n;
Konnte ohne mich fast gar nicht sein,
Schickt mir sogar eine Flasche Wein!
Kurz er nannte mich stets nur: "mon frère!"
So daß ich schon wieder fast verhungert wär'!

Wieder kam ein Mann aus Israel,
Ein Bankier! Ein Geldsack ohne Fehl!
"Was der Mann ist?" —schrie er— "wie heißt?
's ist ein Mann von Witz, ein feiner Geist,
Steht doch alle Tag auf meinem Tisch
Wahrlich frei ihm Supp und Fleisch und Fisch!"
Kurz der Jud liebt mich: "Was ist dermehr!"
So daß ich schon wieder bald verhungert wär'!

Kam ein Fürst, er kam ich weiß nicht wie;
Nannte mich ein einziges Genie,
Reiste mit ihm in der Welt herum,
Nahm mir manchen scharfen Witz nicht krumm;
Fragte oft mich: Wer? und Wie? und Was?
Sprach ganz huldvoll über dies und das;
Kurz der Fürst liebt' dito mich so sehr,
Daß ich schon wieder fast verhungert wär'!


Endlich kam ein Mann, ganz einfach, schlicht,
Dem es selbst an Geld und Rang gebricht,
Sonst ein braver, ein gescheiter Mann,
Zeigte mir, was dich der Mensch wohl kann;
Steht mir bei, verschafft mir Speis und Trank
Fordert weder Schmeichelwort noch Dank;
Und ich selbsten bin der brave Mann!
O! den halt' ich fest so lang ich kann!


Blumen Blätter und Mimosen
aus Moritz-Ruh
Verschiedene Empfindungen an einem Orte

1.
Der Morgenfreund

Wie der Morgen, herrlich anzuschauen,
Aus dem Himmel in das Herz mir lacht,
Die Natur ist gleich den schönen Frauen,
Doppelt reizend stets wenn sie erwacht,
Und das Kleid von Rot wallt üppig nieder,
Um den Reiz der jugendlichen Glieder!

Und den Reiz der jugendlichen Glieder
Trägt Natur, die herrliche, zur Schau,
Jede Rose sprengt das grüne Knospenmieder,
Badet rosig sich im frischer Morgentau,
Bäume schauen in des Sees Becken,
Um ihre Blätterhaar zurecht zu stecken.

Um ihr Blätterhaar zurecht zu stecken,
Schauen Bäume in die Spiegelflut,
Um das süße Kosen zu erwecken,
Das in dieser Welle säuselnd ruht;
Rings herum entsteht ein neues Leben,
Dem ich Herz und Sinn nun will ergeben.

2.
Der Gewöhnliche

Wie schön ist's und passabel kühl,
Hier kann man doch ruhen noch und sitzen
Etwas Menschen, aber kein Gewühl,
Man kann sich bewegen ohne Schwitzen.

Angenehm ist die Natur allhier,
Und die Zweige ganz vertraulich winken,
Ja ich trink' hier eine Flasche Bier,
Und eß' eine Portion Schinken.

3.
Der Menschenfresser

Die Natur ist schön, doch mit Menschen
Sei sie überall voll auf gespickt,
Menschen ohn' Natur, das laß ich gelten,
Doch Natur ohn' Menschen? die erstickt.
Ein Baum ist schön, wenn in seinem Schatten
Still ein Weibchen sitzt und strickt.
O die Luft ist süß, wenn ein Bursche
Seinen Qualen ihr entgegenschickt;
Menschen! Menschen! wenn auch nur Leute,
Das ist etwas immer das erquickt,
Man wird von den Hauben, Augen, Hüten,
Doch bewinkt, beguckt, beschaut, benickt,
Ja Natur du bist mein steter Braten,
Doch mit Menschen sei mir stets gespickt.

4.
Der Alleingeher

Seid mir gegrüßt ihr schönen Decken,
Du blaue über, grüne unter mir!
Seid mir gegrüßt ihr grünen Jaspishecken,
Sei mir gegrüßt du luftiges Revier;
Doch da kommen Menschen! — wie die Schnecken
Kriecht doch das Gewürm dort und hier,
Kaum kann man die Nase auswärts stecken,
Trifft man stets das menschliche Getier!
Wie sie grätschen und die Beine strecken,
Bald der Michel dort und bald die Grete hier;
Wie sie näseln, zirpen, zischeln, ächzen, quäcken,
Und ihr Entzweck? ach, gestockte Milch und Bier!

5.
Der ewige Sucher

Nun komm' ich grad' von Neuberghausen,
Dort fand ich kein bekannt Gesicht.
Bin auch in Tivoli gewesen,
Auch dort fand ich Bekannte nicht.
Im Turm und in der ganzen Runde,
Sieht man kein einzig Frauenbild;
Bin nun zum Abt hieher gelaufen,
Doch auch hier ist es nicht gefüllt;
Wo stecken doch die Frauensleute,
Auch nicht ein einzig schönes Kind!
Nun schau ich ob sie jetzt bei Reibet,
Vielleicht gar im Theater sind!

6.
Der Diätetische

Ein Stündchen bin ich gegangen
Auf meines Doktors Verlangen,
Hier ruh' ich einige Zeit;
Hier ist von Männern und Frauen
Die schönste Auswahl zu schauen,
Das, sagt mein Doktor, zerstreut.
Hier sind die Bäume so grünlich,
Das, sagt mein Doktor, ist dienlich,
Das stärkt die Augen fürwahr;
Nach Hause geh' ich nun trabend,
Denn, sagt mein Doktor, am Abend
Bekommt man leicht den Katarr!

7.
Der Kinderfreund

Liebe, kleine, süße Wesen,
Kinder, heil'ges Gottesteil!
Von den Göttern auserlesen,
Daß bei euch die Unschuld weil'!
Morgensternchen dieses Lebens,
Wie erquickt mich euer Licht,
Alles Hadern meines Strebens
Schwichtiget eu'r Angesicht!
Inniglich ans Herz euch pressend
Werd' ich selber froh gesinnt,
Alles um mich her vergessend,
Bin mit Kindern ich ein Kind.
Seht nur da das Zuckerdöckchen,
Mit dem Mündchen zart gebaut,
Wie es aus den goldnen Löckchen,
Blinzelnd lieblich um sich schaut;
Wie sich nicht das zarte Bändchen
Windet durch der Locken Gold,
Sage, welch ein Elfenhändchen
Hat die Löckchen dir gerollt?
Dort ein würzig Rosenmäulchen,
Wie ein Knöspchen halb erblüht,
Und der Zähne weiße Zeilchen,
Und die Bäckchen angeglüht!
Und dies Plaudern und dies Fragen,
Heil'ge Einfalt und Natur!
Jedes Wörtchen, das sie sagen,
Trägt der Unschuld süße Spur.
Haltet mich nur fest umschlungen,
Haltet innig mich umfaßt,
Wehmut kommt in's Herz gedrungen,
Seh' ich um mich den Kontrast.

8.
Der Häuschen-Bewohner

Durch das Spiel der leichten Blätter
Blickt ihr freundlich Aug' zu mir,
Wenn ich sitze, sinnend, schreibend,
In dem kleinen Häuschen hier.

Und der Wind spielt mit den Blättern,
Wo das holde Antlitz sitzt,
Weh't zum Trotze sie zusammen,
Wenn quer durch ihr Äuglein blitzt.

Neige dann mich hin und rüber,
Bis ich schau den holden Blick,
Und an ihrem halben Lächeln
Herz und Seele mir erquick.

Und die Muse, sie ertappte
Mich auf dieser stillen Jagd,
Hat zur Strafe dies Geständnis
In die Feder mir gesagt.

Die Morgenstunde

Guten Morgen, schöne Mädchen,
Machet auf die Fensterlädchen
An dem holden Augenpaar;
Ziehet weg die Wimperseide,
Daß ich schaue alle beide
Heiterglänzend, freundlich klar;
Mit der frühen Morgenstunde
Steht der Liebesgott im Bunde,
Morgenstund' hat Gold im Munde.

Guten Morgen, holde Mädchen,
Reißt nur ab das gold'ne Fädchen,
Das die Träume lieblich webt;
Was es Liebliches gesponnen,
Kommt vielleicht an's Licht der Sonnen,
Wenn der Tag sein Haupt erhebt;
Möglich gibt Aurora Kunde
Von dem süßen Herzensbunde:
Morgenstund' hat Gold im Munde.

Guten Morgen, süße Mädchen,
Lasset laufen nun das Rädchen,
Fanget früh zu sprechen an;
Kann man denn sich mehr besiegen?
Habt die ganze Nacht geschwiegen!
Glaub' es, wer es glauben kann!
Sprechet frühe, daß gesunde
Jeder Mann im Erdenrunde:
Morgenstund' hat Gold im Munde.

Guten Morgen, lose Mädchen,
Guten Morgen, Musen-Mädchen,
Liebe Musen, steht nur auf;
Muß ich doch schon früh am Morgen
Für die Leseküche sorgen,
Bringt mir frühe was zum Kauf;
Daß sich bald mein Sümmchen runde,
Wähle ich die Morgenstunde,
Morgenstund' hat Gold im Munde.

Mein encyclopädisches Mädchen

Hinweg mit Buch und Feder,
Mit Tintfaß und mit Sand,
Mit Logik und mit Feder,
Mit Hegel und mit Kant,
Mit Hörsaal und Katheder,
Mit Tubus und Dolland,
Mit Kolben und Retorten,
Und Euler et. Konsorten.

Ich hab' ein Mädchen funden,
Ein lebend Lehrgedicht,
In Lilien-Samt gebunden,
Verziert mit Rosenlicht;
Die gibt in süßen Stunden
Privat mir Unterricht;
Mich lehret ihre Neigung
Der Wissenschaft Verzweigung.

Ich lerne mit Verlangen,
Das Lesen erst der Schrift,
Die man auf ihren Wangen
Mit Rosentinte trifft;
Die Worte, die da hangen,
Sind sinniger als Swift,
Und alle die Autoren,
Im Drucke je geboren.

Mir tönt aus ihrem Munde
Musik und Harmonie;
Ihr Bau gibt mir die Kunde
Der höchsten Symmetrie;
Ihr Aug' lehrt jede Stunde
Mich schnell Astronomie;
Ihr Kuß ist Magnetismus,
Ihr Handdruck Golvanismus.

Auch das Gesetz der Schwere
Lehrt sie auf meinem Schoß;
Jedoch die höchste Lehre,
Die ich von ihr genoß,
Die ist, bei meiner Ehre,
Das höchste Erdenlos;
Sie heißt: mach' dir's zu eigen,
Von deinem Glück zu schweigen.

Theorie der Küsse

Knechtschaft küßt zum Gruß
Sklavisch euch den Fuß;
Demut küsset kaum
Still des Kleides Saum;
Achtung küßt galant
Fingerspitz' und Hand;
Vaterliebe, wißt,
Sanft die Stirne küßt;
Wohlgefallen zart,
Kuß für Wangen spart;
Liebe die beglückt,
Kuß auf Lippen drückt;
Sehnsucht, still erblüht,
Küßt das Augenlid;
Gierde, keck und warm,
Küsset heiß den Arm;
Nacken, Hals und Brust,
Küßt die wilde Lust;
Was sie sonst errafft
Wut der Leidenschaft.

Einteilung

Das Frühstück ist der Freundschaft hold,
Mit offnem Sinn und offnem Herzen,
Erwacht man bei Aurorens Gold,
Gestimmt zum Ernste wie zum Scherzen.
Der Kopf ist hell, der Geist ist frei,
Der Tag liegt vor uns zu durchschreiten,
Man sitzt zusammen und spricht dabei,
Von Leben, Tat und Welt und Zeiten;
Man hegt ein Plänchen fröhlich aus
Und geht sodann ans Werk hinaus!

Der Mittagstisch, genannt Diner,
Ist stets geweiht der Etikette,
Man invitieret den Abbe,
Den Lieutnant, die Soubrette;
Man setzt sich um den runden Tisch,
Kein Mensch kennt hier den Andern;
Man ist erst stumm, fast wie der Fisch,
Der bald beginnt zu wandern.
Man schenkt dem Nachbar höflich ein:
"Erlauben Sie, mein Bester!"
Und bittet dann den Nachbar fein:
"Ich bitte Sie um Chester!"

Dann steht man auf und küßt die Hand;
Und geht hinweg und sagt: "charmant!"
Der lieben, holden Kinderwelt
Das Vesperbrot, ist heilig,
Die Mutter hat es wohlbestellt,
Die Kindlein kommen eilig;
Die kleinen Bäcklein frisch und rot,
Verdoppeln sie die Schrittchen,
Ein jedes will sein Butterbrot,
Ein jedes will sein Schnittchen;
Die Mutter teilt die Gaben aus,
Dann tummeln sie sich durch das Haus!

Das Abendessen ganz allein,
Das ist der Liebe eigen;
Wenn aus den Lichtern, aus dem Wein,
Die Doppelflammen steigen!
Ein kleines Tischchen, zwei Couvert,
Zwei Augen wie die Veilchen;
Das Herz gefüllt, das Glas geleert;
Ein Gläschen und ein Mäulchen;
Verlöscht sodann auch wohl das Licht,
So sieht man's wohl, doch merkt man's nicht.

Der dritte Rang im Theater

Der dritte Rang ist es, der mild und labend
Im Schauspielhause mich erfreut,
Wenn steif und peinlich sich am Abend
Ein abgeschmacktes Stück sich kalt erneut;
Wenn im Ballet das Gliederreißen hauset,
Wenn in der Oper gell das Ohr mir sauset.

Zum dritten Range seh mit stillem Bangen,
Ich heimlich sehnend, liebevoll hinauf;
Die Langeweile ist dann schnell vergangen,
Ein schön'res Schauspiel geht sodann mir auf,
Dort oben sitzt mit maienfrischer Wange,
Ein holdes Engelsbild vom ersten Range.

Vom dritten Range schauet mild sie nieder,
Und ringsum ist ein neues Licht erblüht!
Wenn sie den Vorhang ihrer Augenlieder
Vom süßen Auge in die Höhe zieht,
Dann zeigt ihr Aug', an dem ich magisch hange,
Ein Feenschauspiel mir vom ersten Range.

Sie lächelt sanft und alle Liebesgötter
Umarmen sich in ihrem Angesicht,
Es ist, als küßten sich zwei Rosenblätter,
Wenn sie in leiser Lippenregung spricht;
Und in dem Grübchen ihrer Frührots-Wange
Erscheint die Anmut mir vom ersten Range!

Am dritten Range hängen meine Blicke,
Die Holde nur allein bemerkt es kaum,
Wie ich in stiller Lust mein Sehnen schicke
Durch des Theaters matterhellten Raum;
Bis ich vom dritten Range reich empfange
Ersatz für Langeweil' vom ersten Range.

O dritter Rang! du still beneid'ter! lenke
Doch ihren milden Blick herab auf mich,
Daß einmal nur ihr Sternenaug' sich senke,
Schau' auf mich, wenn auch halb, nur inniglich!
Sei's auch ein Liebesblick vom dritten Range,
Mir dünkt er doch ein Glück vom ersten Range!

Das geteilte Zimmer
(Der Dichter sitzt an einem Tischchen und schreibt,
am andern Tische spielt man Karten.)


Wie ist mein Kopf so heiß entbrannt!
Ich kühl' die Stirne an der Wand,
Mein Herz ist voll, mein Sinn ist leer,
Mein Aug' ist feucht, die Brust ist schwer;
Vergangenheit vorüber geht
Und ruft mir zu: o du bist —

                      Ein Spieler am Spieltisch:
                                                      — bête!

Ich sitze matt, ich sitze still,
Zerstückt ist, was ich denken will;
Ich denk' an das, was mir verneint,
An Liebe, Vaterland und Freund,
Und wie das Glück, das schnell entwischt,
So falsch mir hat —

                          Ein Spieler:
                                    — die Kart' gemischt!

Das Aug' bedeckt die Hand so hohl,
Das Finstre tut dem Unglück wohl,
Die hohle Hand um's Aug' gehüllt,
Ist eine Welt mit Licht gefüllt,
D'rin glänzt ihr Bild im leichten Schritt,
Und ruft mir zu —

                          Ein Spieler:
                                     — ich geh' nicht mit!

Das Unglück ist ein starker Mann!
Es faßt den Menschen knöchern an,
Es packt ihn vorne bei der Brust,
Wo man des Fühlens sich bewußt,
Es schonet keinen ringsherum,
Nicht Einem bleibts, —

                          Ein Spieler:
                                        — es geht herum.

Die Hoffnung ist ein falsches Weib,
Sie putzt heraus den eitlen Leib;
Entstammt mit Reiz und süßer Zier
Des Auges Lust, der Sinne Gier;
Mit Jedermann ist sie auf Du,
Wirft ihren Buhlerblick —

                          Ein Spieler:
                                                 — á tout!

Das Glück, es ist ein Jesuit,
Es nahet sich mit Heuchlerschritt,
Und lächelt aus dem Antlitz feist,
Und knixt und blinzelt, kriecht und gleißt,
Doch wirft man ihm an Busen sich,
So gibt's uns bald —

                          Ein Spieler:
                                     — den letzten Stich.

Die Gunst der Großen, tiki-tak,
Sie ist ein großer Dudelsack,
Sie schreit als wär sie groß gesinnt,
Doch ist es nichts als eitel Wind,
Und wenn man sie g'rad nötig hat,
Dann ist es nur —

                          Ein Spieler:
                                — ein schlechtes Blatt.

Die Lieb' allein ist Himmelslust
Ein Götterstern in dunkler Brust,
Ein Engelston im Kerkerschacht,
Ein Mutterkuß in öder Nacht,
Sie ist des Menschen Hochtriumph,
Und jauchzt durch's Leben: —

                          Ein Spieler:
                                    — Herz ist Trumpf!

Schattenriß eines Jesuiten

Sehet ihr mit krummen Rücken,
Dort ein Männlein tief sich bücken,
Wenn er vor der Majestät
Oder vor den Großen steht;
Doch mit Hoffart dann betrachten,
Und mit Hochmut auch verachten,
Schlichten Mann und Bürgersitt';
Denkt: das ist ein Jesuit!

Sehet ihr im Priesterkragen
Ihn den Blick zu Boden schlagen,
Wie er aber seitswärts schielt,
Und nach seiner Beute zielt,
Ob in ausgelegten Schlingen
Argwohnlos die Leut' sich fingen;
Spähen nach des Nachbars Schritt;
Denkt: das ist ein Jesuit!

Sehet ihr ihn grinsend lachen,
Freundlich euch den Hof wohl machen,
Drücket er ganz fein gewandt
Mit der Linken euch die Hand,
Während er mit seiner Rechten
Ins Verderben euch zu flechten
Lenket euern freien Tritt;
Denkt: das ist ein Jesuit!

Sehet ihr zu euren Söhnen
Oder Töchtern sich gewöhnen,
Heuchelt er dem offnen Ohr',
Von der Seligkeit was vor,
Während er, um seinen Pfründen
Neue Güter nur zu gründen,
Auf's testieren überglitt;
Denkt: das ist ein Jesuit!

Seht ihr ihn, vom Glück umgeben,
Hoch und steif das Haupt erheben,
Bäurisch stolz und plump da steh'n,
Übermütig um sich seh'n,
Doch in Schicksals Ungewittern,
Beben, zagen, kriechen, zittern,
Feig versuchen Trän' und Bitt';
Denkt: das ist ein Jesuit!

Profitions de l'occasion
Gefängnislied

Man darf so vieles gar nicht sagen,
So unter Menschen auf der Welt,
Sie fasset uns sogleich beim Kragen,
Die Horcherschar, die uns umstellt,
Selbst dieses könnt' gefährlich sein,
Ich darf's schon sagen, ich bin allein.

Die Presse, wahrlich sie ist kritisch,
Verträgt sich mit der Freiheit nicht,
Man nennt es jetzt sogar politisch,
Wenn man von hohen Würden spricht;
Das auszusprechen fällt keinem ein,
Ich darfs schon sagen, ich bin allein.

Die Heuchlerschar der Jesuiten,
Sie nistet sich stets fester ein,
Um anzustecken deutsche Sitten
Mit dem erlogenen Heuchelschein
Das auszusprechen brächt' wahrlich Pein,
Ich darf's schon sagen, ich bin allein.

Der Mann allein von hundert Ahnen,
Schießt in die Höhe wie der Wind,
Doch können keinen Weg sich bahnen
Die Köpfe, die viel besser sind.
Das weiß ein jeder und schweiget fein,
Ich darf's schon sagen, ich bin allein.

Der Duldung rühmt man sich vermessen,
Und wird doch nie ganz tolerant,
Man möcht' von beiden Tafeln essen,
Ruhm und Vorteil auf der Hand,
Das denket still, so groß und klein,
Ich darfs schon sagen, ich bin allein.
— — — — — — — — — — lebe,
— — — — — — — — — — uft,
— — — — — — — — — — lebe,
— — — — — — — — — — uft,
— — — — — — — — — — ein,
Ich darf's schon sagen, ich bin allein.

Das Karten-Heiratsorakel

Die Eine freit aus Langeweile,
Die Andere, weil Papa so spricht,
Die Dritte freit aus Langeweile,
Die Vierte um ein schön Gesicht,
Die Fünfte will ein Haus nur machen,
Die Sechste will den Titel "Frau",
Die Eine, weil die Andern lachen,
Die Andre fürchtet sich vor Grau,
Die hier freit nur so aus Mode,
Die Zehnte um den echten Shawl,
Die Elfte grämt sich sonst zu Tode,
Die Zwölfte freit aus Herzenswahl.
Die freiet um der Leute willen,
Die Andere aus Leidenschaft,
Die Fünfzehnte aus bloßen Grillen,
Die Sechszehnte aus reiner Liebe Kraft.
Gar Manche freit nur so in Rage,
Die Andre nur das liebe Geld,
Die Eine freit die Equipage,
Die Andre, weil ihr der Mann gefällt.
Die Eine freit um zu widersprechen,
Die Andre will nur aus dem Haus,
Die Eine, weil die Schwestern lachen,
Die Andre freit in Saus und Braus;
Die Eine freit zum Trotz der Schwestern,
Die Andre freit aus Bruderqual,
Die Eine freit, um recht zu lästern,
Die Andre, weil er's Herz ihr stahl,
Die Eine freit zu leben reichlich,
Die Andre, weil sie gar zu dumm,
Gar Viele, weil es so gebräuchlich,
Die Meisten wissen selber nicht warum.

Huldigung den roten Haaren

Ich will dir ein Loblied singen,
Dir, du laut'res Feuerhaar!
Das vor allen andern Dingen
Ungerecht verkannt stets war!

So aus reiner Glut gesponnen
Bringt das Haar Aurora her,
Wenn als Botin klarer Sonnen
Sie entsteigt dem keuschen Meer.

So die Lockenflut gekräuselt
Lächelt Thetis aus der Flut,
Wenn von Liebe hingesäuselt
Hesper auf den Wellen ruht.

Schwarzes Haar ist mitternächtig,
Nacht, in der kein Sternlein scheint,
In dem Dunkel lauert mächtig
Amor als ein arger Feind!

Blondes Haar ist loses Schwanken
Zwischen Finsternis! und Licht,
So auch schwanken die Gedanken.
Trauet blonden Mädchen nicht!

Rotes Haar das ist entschieden!
Purpur trägt die Majestät!
Morgenröte ist hienieden
Wo ein reiner Himmel steht!

Wie die Locken, hold entflammet,
Um den Lilien-Nacken zieh'n!
So nur zieht der Scharlachsamet,
Sich um zarten Hermelin!

Wie im Rosen-Sonnengolde
Herrlich flammt der Alpenschnee,
So das Angesicht, das holde,
In der Haare Glut ich seh!

Rotes Haar sei nur geduldig,
Denn du ziehst die Seele an;
Wie im Abendschimmer huldig
Auf der Flut ein Silberschwan!

Neue Fibelverse für große Kinder

A.
Die Amsel plappernd sich gefällt,
Ein Antrag ist gar bald gestellt.

B.
Der Bauer sagt dem König Schach,
Das Budget leidet große Schmach.

C.
Die Cholera macht viel Getös,
Ein Cicero ist contagiös.

D.
Die Dummheit sieget wann sie will,
Der Dudelsack macht Flöten still.

E.
Der Esel ist ein gutes Tier,
Der Ehmann seufzet für und für.

F.
Ein Faselhans der spricht Schnickschnack,
Die Freiheit sucht den Futtersack.

G.
Es schützt die Gans das Capitol,
Dem Klügsten tut Geliebte wohl.

H.
Der Hahn am Rhein schreit: "kikeriki!"
Der deutsche Hänfling auch: "pi pi!"

I.
Dem Juden wird kein Menschenrecht,
Der Junker schindet seinen Knecht.

K.
Die Kammer muß gefeget sein,
Die Kehrbürst macht am besten rein.

L.
Aus Lumpen wird Velinpapier,
Der Landmann dünkt ein Fürst sich schier.

M.
Die Mitgift ist das beste Gift,
Der Musketier am besten trifft.

N.
Geheim zu helfen heißt: neutral,
Das Nachtlicht nennt sich liberal.

O.
Der Ochse ist ein nützlich Tier,
Den Orden kriegt er nie dafür.

P.
Pimpernuß rollt hohl daher,
Die Plattheit heißt jetzt populär.

Ou.
Ein schmaler Querstrich macht sich breit,
Der Quark dünkt sich auch recht gescheidt,

R.
Regieren ist ein harter Stein,
Das Roß will selber Reiter sein.

S.
Der Schreckschuß macht die Welt verdreht,
Der Stumme keinen Takt versteht.

T.
Der Tagedieb ist bei Nacht honett,
Theaterleute werden fett.

U.
Der Unsinn jetzt Professor ist,
Das Unkraut wachset ohne Mist.

V.
Ein Vieh blöckt stets dem andern nach,
Das Votum gibt man ganz gemach.

W.
Vom Weiberrock kommt Wohl und Weh,
Der Weiseste geht oft in Klee.

Z.
Die Zeitung ist ein Krummgewächs,
Die Zwiebel sagt zum Weihrauch: schmeck's!

Die Seifenblasen
Guckkastenlied

Seifenblasen! Seifenblasen!
Vettern! Muhmen! Tanten! Basen!
Kommt herbei! kommt herbei!
Seifenblasen! Seifenblasen! Seifenblasen allerlei!
Lirum, larum dudeldumdei.

Lirum larum dudeldumdei,
Schwebt schon in den Lüften frei,
Eine große, schöne Blase,
Eine gold'ne Wasser-Vase,
Kommet aus des Glückes Munde,
Ist so schöne, ist so runde!
Flimmert,
Schimmert,
Glinzert, glinzert in der Luft;
Glinzert, glinzert, und — zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei,
Glück und Blase platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei
Kommt die "Ehre" auch herbei,
Hält so steif den stolzen Nacken,
Blast und blast aus vollen Backen;
Blast die Kugel hoch hinauf,
Schwimmen bunte Farben drauf,
Schaukelt,
Gaukelt,
Wirbelt, wirbelt, und — zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei!
Ehr' und Blase platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei,
Kommt der "Ruhm" nun auch herbei,
Kommt der lange, hag're Junge,
Blast und blast aus voller Lunge,
Faßt sie d'rauf mit Sonnenschein
Und mit tausend Farben ein;
Flittern,
Zittern,
Flattern in der Luft,
Flattern, bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei!
Ruhm und Blase platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei,
Hoffnung eilet auch herbei!
Törin mit der falschen Palme,
Blast aus dünnem schwachen Halme,
Blast und blast den Farbentraum,
Bunte Blasen in den Raum!
Schweben,
Beben,
Zittern in der Luft;
Zittern bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei,
Blas und Hoffnung platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei,
Freiheit drängt sich auch herbei,
Närrin mit gemalten Wangen,
Blaset auch nach Herzverlangen,
Blaset Blasen tricolor,
Haucht sie eifrig hoch empor,
Irren,
Schwirren,
Wirren in der Luft,
Wirren bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei,
Blas und Freiheit platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei,
Liebe schwebet auch herbei,
Blaset oft 'ne ganze Stunde,
Liebesschwüre aus dem Munde
Sind wie Seifenblasen ganz,
Falscher Schein gibt ihnen Glanz,
Dahlen,
Strahlen,
Täuschen in der Luft,
Täuschen bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei!
Lieb' und Blase platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei,
Treue schleppt sich auch herbei,
Die Matrone, aus der Mode,
Blast sich manchmal fast zu Tode,
Blast die Schwüre aus dem Mund,
Wie die Seifenblasen bunt,
Wanken,
Schwanken,
Treiben in der Lust,
Treiben bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei!
Treu' und Blase platzt entzwei

Lirum larum dudeldumdei,
Tränen stießen auch herbei!
Sind nur kleine Seifenbläschen,
Aus den falschen Augengläschen,
Kugeln über Rosenwang,
Dauern die Sekunde lang,
Lügen,
Trügen,
Täuschen in der Luft,
Täuschen bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei!
Trän' und Blase platzt entzwei!

Lirum larum dudeldumdei,
Herz mein Herz, kommst Du herbei?
Reizt Dich denn noch stets und immer
Leerer Blasen leerer Schimmer?
Ehre, Ruhm und Lieb' und Treu?
Seifenblasen allerlei?
Hangen,
Prangen,
Lügen in der Luft,
Lügen bis das Ding zerpufft;
Lirum larum dudeldumdei,
Herz mein Herz so platz' entzwei!

 
Frauenherz und Eisenbahn

Ein Frauenherz und eine Eisenbahn, sie gleichen
    Sich alle beide fast bis auf das Haar;
Wer so mit beiden fährt, ist gar nicht mehr sein eigen,
    Der fremden Macht gehört er ganz und gar.
Den eignen willen muß man ganz vergessen,
Ist man auf beiden einmal aufgesessen.

Bevor man so ein Frauenherz befahren,
    Da gibt's mit seinen Aktien Halloh!
Doch fängt man endlich an darauf zu fahren,
    So fahr'n die Aktien zurück: o ho!
Trotz Passagier und allem Larifari
Steh'n doch die Herzens-Aktien niemals — pari.

Ein Frauenherz geht vorwärts, ungezügelt,
    Es trotzt der Zeit, dem Elementenkampf,
Und die geheime Kraft, die seinen Lauf beflügelt,
    Ist wie bei einer Eisenbahn: — der Dampf.
Will es geschwinder noch in seinem Lauf von dannen,
Braucht's einen  H a n s d a m p f  nur noch vorzuspannen.


Ja, mit dem Hansdampf ist gar nicht zu scherzen,
    Er schnaubt und pfeift in seiner Seele tief,
Und schleppt oft sechzehn leere Frauenherzen
    Gleich fort mit sich, wie eine Lokomotiv.
Und ist das Frauenherz nicht weit gescheiter,
So kommt mit lautem  P f i f f  er immer weiter.

Ein Frauenherz weiß seine Fahrt schon zu belohnen,
    Macht bei dem Hauptziel manchen Nebenschritt,
Es macht gar oft so — Z w i s c h e n s t a t i o n e n —
    Und nimmt noch nebenbei so Manchen mit.
Und mit der Zeit, so will's bisweilen uns gemahnen,
Baut sich das Frauenherz auch — F l ü g e l b a h n e n.

Die Billetdour zur Fahrt bekommt man durch die K a s s e,
    Sie spielen alle Farben: gelb und grau und grün,
Wer mehr bezahlt, bekommt die erste Klasse,
    Doch deshalb fahren sie nicht besser d'rin.
Und wollt ihr in die Frauenherzen schauen,
So sitzen in der dritten Klass' — die Grauen.


Hat man das Frauenherz versäumt nur die Sekunde,
    So geht es ab, da hilft kein Rasen, Schrei'n;
Doch laufe man nicht nach, man warte eine Stunde,
    Dann kommt's zurück und ladet ein;
Oft sagt's: "Ich fahre ab!" und wartet doch noch häufig,
Im Technischen heißt das: "D e r  Z u g  g e h t  s o  b e i l ä u f i g!"

Jedoch man muß gesteh'n, Sie werden schon erlauben,
    Die Frauenherzen sind sehr frequentiert;
Man braucht sich nach der Fahrt nicht abzustauben,
    Besonders wird man schnell da  e x p e d i e r t;
Im Gegenteil man hat kaum Platz genommen,
So ruft man schon: "Ach Gott, wie bin ich a n g e k o m m e n!"

                                       
(Zum Publikum)
Nicht wahr, jetzt lachen Sie wohl, meine Herren,
    Weil es den Frauen gilt, ich selber sag',
Ich bitte Sie, zu viel sich nicht darauf zu sperren,
    Wer weiß, was von dem Mann zu sagen ich vermag!
Ach! Sie erschrecken? Gut; ich lasse Gnad' ergehen,
Jedoch, g e b o r g t  ist nicht  g e s c h e n k t — auf Wiedersehen! 
(ab.)

                                        (Beim Hervorrufen)
Wie! Hör' ich recht? Ich soll noch einmal kommen,
    Sie fürchten meine letzten Worte nicht?
Wohlan! Zuerst schön' Dank! und nun hab' ich mir vorgenommen
— Und wie gerufen kommt mir die Geschicht' —
Ich rede jetzt, und drohte mir auch Köpfung,
Vom Mannesherzen, vom Wauwau der Schöpfung.

Ein Männerherz — darauf muß ich mich spreizen,
    Ein Männerherz ist gleich der Eisenbahn,
Man muß das Männerherz beständig heizen,
    Und alle Augenblicke schnaubt uns grob uns an,
Und nötig sind ihm oft die bösen Zangen,
Denn sonst ist gleichsein Feuer ausgegangen.

Ein Männerherz ist ein Waggon, ein breiter,
    Man rückt da dutzendweise nur heran.
Wahr ist's, man kommt damit wohl immer weiter,
    Denn so ein Männerherz — d a s  h ä l t  n i c h t  a n —!
Und mit dem Billetdour geht's zu! ich wette,
Auch ohne Platz vergibt er noch Billette.

Ja, solch' ein Männerherz hat Vorzug, unverhohlen,
    Noch vor der Eisenbahn wohl irgendwo,
Man braucht kein Holz, braucht keine Kohlen
    Ein Männerherz, das heizt man auch mit — Stroh.
Kurzum, es gleicht der Eisenbahn in allen Arten,
Denn wenn man will, macht es auch — E x t r a f a h r t e n.


                                        (Zum Publikum)
Ist's wahr? Hab' ich nicht Recht? Was sagt mir ihre Miene?
    Ich weiß, Sie nehmen mir das Ding nicht schief!
Ich; ich kann nichts dafür, ich bin bloß die Maschine,
    Der Dichter, von dem's stammt, der ist's Lokomotiv!
Sind Sie, Verehrteste, mit mir nicht gut gefahren,
Soll die Lokomotiv von mir es schon erfahren.