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Was sind Distichen? hier
 

Distichen
 


1.

Zenien schriebst du so gern, doch leider fehlen Gedanken.
Kommen Gedanken zuletzt, fehlt ihnen leider Genie.

2.

Dichtkunst treiben so Viele, es spukt in hundert Journalen;
Frage, was treiben sie sonst? heißt es nicht sonderlich viel.

3.

Faselt nicht immer in Versen, verdauet lieber die Prosa,
Und für das hohle Gespenst lohnet auch Realität.

4.

Täglich begrüß' ich den Tag mit Hoffnung und mancherlei Wünschen,
Bin ich so täglich gefoppt, äfft mich im Schlaf noch der Traum.

5.

Hoffen und Wünschen und Sehnen, es ist nur leidige Krankheit,
Wirfst du den Ballast ins Meer, segelst du sicher und froh.

6.

Hast du die Nächte durchschwelgt, was blieb dir vom Treiben und Jagen?
Schwere in Magen und Haupt, Leere in Beutel und Herz.

7.

Unbedeckt liegen die Felder, und Schnee begehret der Landmann,
Fällt dann im Märzen der Schnee, will er schon Halme und Gras.

8.

Ist eine Schöne zu mager, so mangelt den Sinnen die Reizung,
Ist sie hinwieder zu fett, stirbt in dem Fleische der Geist.

9.

D'rum erwähl' ich mir gern ein Liebchen von rundlicher Schlankheit,
Daß am harmonischen Bild labe sich Geist und Gefühl.

10.

Wie die Blätter im Herbst, so welken mir Freude und Hoffnung!
Las ich jüngst im Gedicht, dacht' ich: wie sinnig und neu!

11.

Fragen die Freunde mich oft, warum so selten ich dichte,
Weiß ich wohl schweigend den Grund: Kleinigkeit fehlt — Phantasie.

12.

Schau dort die Sieben am Spieß, sie nähern sich furchtsam dem Hasen,
Schleiche dich hinter's Gebüsch, fasse den Hasen beim Schwanz.

13.

Hört, die Wälder durchbraust die wilde Jagd der Balladen!
Steigt von der Felswand ein Wild, sitzt schon der Geier beim Fraß.

14.

Mannigfaltig Getier bevölkert die Marken der Erde;
Schwebet in Wolken der Aar, wälzt sich im Schlamme die Sau.

15.

Vielerlei Sprachen Gewirr durchkreuzt sich in deinem Gedächtnis;
Eine doch kannst du genau, welche die Herzen gewinnt.

16.

Lieblich tönt die Schalmei des kräusellockigen Jünglings,
Ist er auch nicht ein Apoll, ist er auch nicht ein Satyr.

17.

Frommt es auch jeglichem Haupt, sich vorzuhalten den Spiegel?
Spiegelt ein Affe sich drin, schaut wohl kein Plato heraus!

18.

Stoff, so jammerst du stets, nur Stoff begehrst du zum Dichten;
Stoff gab's wahrlich genug, wärst du nur selber ein Stoff.

19.

Freiheit jubelt dein Lied und Freiheit lärmen die Andern:
Blicket doch weiter herum, ob euch auch Jemand gehört!

20.

Ernst ist immer dein Blick, und wichtig gerunzelt die Stirne.
Lächerlich bist du nur dann, wenn du Tragödien schreibst.

21.

Sprichst du von fremdem Gedicht, so scheinst du der größte der Dichter;
Liest du nur Eigenes vor, glauben das Gegenteil wir.

22.

Dichter nennst du dich gern, und forderst den Titel von uns auch;
Dichtung ist Alles an dir, Freundschaft und Wahrheit und Wort.

23.

Ebenholz gleich ist sein Bart, und schwärzer sind Braue und Wimper,
Wüßt' ich noch sonst was von ihm, würd' ich es sagen gewiß!

24.

Klingend ist immer der Reim und richtig gezählt sind die Silben;
Sicher auch wärst du Poet — Eines nur fehlt: Poesie!

25.

Tapferer Männer Geschick besingst du in prunkenden Versen,
Doch in der eigenen Brust bist du ein zagender Schelm.