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Quelle:

Neue Liederflur
Schilling August

Wien & Leipzig 1843
Verlag von Tauer & Sohn

Gönnet jedem, was ihm teuer,
Gönnt der Seele schöne Triebe,
Gönnt dem Herzen seine Liebe,
Gönnt dem Sänger — seine Leier!
 

Lyrische Knospen 1
 

An die Vergangenheit
Sängerdank
Echoklänge
An die Kritiker
Ghasel
Träume
Stilles Leid
Wohnungstausch
Was ist Liebe?
Gewitter-Ahnung
Wellengelispel
An die Lächler
Das Bad
Sängers Wünsche
Geheime Liebe

 
Der Herbst
Nahrung
Der Wechsel
Eine Sommernacht am Kahlenberg
Vergessen!
Das letzte Opfer
Die alte Geschichte

 

An die Vergangenheit

Vergangenheit, du welke Blüte!
Du Leichenstein entschwundner Zeit!
Es ruht in deines Herbstes Mythe
Ein Traum voll Schmerz und Seligkeit!

Streif' ab die bleichen Nachtgestalten!
Es keimet unterm Wintermoos
Ein neuer Frühling, frisches Walten,
Und freundlich blüht der Erde Schoß.

Laß mich die Gegenwart umkränzen
Mit frischer Blumen holder Zier,
Aus meiner Sehnsucht duft'gen Lenzen
Spend' ich die schönsten Dolden dir.

Und hat der Reif auch manch' ein Blühen
Zum dürren Rutenzweig verbrannt,
So war's der Träne wildes Glühen,
Die du, Vergangenheit! — gesandt.

Sängerdank

Habe Dank für Deine Spende;
Deines Lenzes frische Frucht;
Dank, daß unter besser'n Namen
Freundlich meinen Du gesucht!

Dank, daß Du den meinen eben
Schnittest in den jungen Baum,
Welchen du bescheiden pflanzest
In des Dichtergärtchens Raum!

Mög' er sprossen, treiben, blühen,
Mög' er rasch und froh gedeih'n,
Und dir bald in seinem Schatten
Ein erquicklich Obdach leih'n!

Mög' er bald im Dichterhaine
Laub- und Lied-gesegnet steh'n,
Und dem eignen treuen Gärtner
So wie Andern Kühlung weh'n!

O wie soll's mich dann erfreuen,
Wenn ich älter, Du noch jung,
Lauschen kann des kräft'gen Stammes
Westgewiegtem Wipfelschwung!

O wie soll's mich da erfreuen,
Wenn gereift er ragt hinan,
Und ich noch in seiner Rinde
Meinen Namen lesen kann!

Drum für Das, was Du gespendet,
Habe Dank aus vollster Brust,
Pfleg' es Dir und mir zu Liebe:
Dein Gelingen — meine Lust!

Wien, im Februar 1841
                    
Johann Gabriel Seidl

Echoklänge
zum "Sängerdanke" von J.G.Seidl

Daß ich unter bessern Namen
Freundlich Deinen nur gesucht,
War nicht kalter Überlegung —
War des Herzens süße Frucht.

Denn es lacht in Deinen Liedern
Solch' ein Himmel, frühlingslau,
Daß es drang zu meinem Herzen,
Wie der Rührung milder Tau.

Und der sanfte Hauch des Lenzes
Zog in meinen Liederschacht,
Hat mit Einem Mal voll Segen
All' das Leben angefacht.

Und wenn nun die Lieder keimen,
Treiben, schwellen, knospen, blühn:
Ist's nicht meine Schuld, — die Deine,
Daß sie nach dem Himmel zieh'n.

An die Kritiker

Wie die flatternde Libelle
Kosend um die Blumen flirrt,
Bald des Baches klare Welle,
Bald das zarte Schilf umschwirrt,

Bald im lichten Wasserspiegel
Kokettierend sich belauscht,
Wenn der Irisglanz der Flügel
Schillernd seine Farben tauscht:

Also flieht mit heitern Tönen
Um die Blumen: Lieb' und Lust,
Mein Gesang, sie zu verschönen,
Aus der sanft bewegten Brust!

Wollt dem Tierchen mild vergeben,
Das Euch doch nur Freude bot;
Schlagt dies arme kleine Leben
Nicht mit großen Prügeln tot!

Ghasel

Was Du mir warst, es ist vorbei! — Gott lohne Dich!
Lust sei Dein Leben nur, der Schmerz verschone Dich!
Wär' Fürst und König ich, fürwahr, — ich schenkte Dir,
Mein Land, mein Königtum, erhöb' zum Throne Dich,
Ging' einsam in den Wald und trüg' Dein Bild in mir;
Ich schaute Dich im See, im sanften Mohne Dich!
Rief' klagend in die Au den holden Namen Dein,
Das Echo hallte dann zurück im Hohne Dich,
Ich aber weinte still, sänk' auf das Moosgestein,
Und seufzte sterbend noch: "Kein Leben ohne Dich!"

Träume

Mir war als sollt' ich tanzen
Auf einem großen Ball,
Es wirbelte mir in den Ohren
Der fröhlichen Töne Schwall.

Ich hielt ein fremdes Mädchen
Im Arme, schlank und mild;
Doch als ich sie näher beschaute,
Da war es — Dein eigen Bild.

Mir war, als sollt ich reisen
In fernes, fremdes Land,
Mich kettete ja an die Heimat
Seit Dir kein teures Band.

Ich fuhr am weiten Meere,
Ringsum die blaue Luft —
Da standest Du mir zur Seite
Im zaub'rischen Nebelduft.

Mir war, als sollt' ich sterben,
Verlassen und allein,
Es weinte kein Auge der Liebe
Im einsamen Kämmerlein.

Da kamst Du leisen Trittes
Mit schmerzgenäßtem Blick,
Ich öffnete selig die Arme
Und sterbend sank ich zurück!

Stilles Leid

Es grünt der Wald voll süßer Düfte,
Die Quelle rieselt klar hervor,
Und durch das Meer der blauen Lüfte
Schwingt sich die Lerche froh empor.
Des Frühlings bunte Fittig-Sänger
Durchziehn den Wald mit Freudenklang,
Nur eine Stimme hallet bänger:
Das ist des Uhu's Grabgesang.

So zieht der Lenz durch alle Herzen,
Und Lieb' und Freude blüht umher;
Nur mich gemahnt's, wie stumme Schmerzen,
Nur mich läßt all' der Jubel leer!
Und wenn ich in die Saiten greife,
Zu stimmen in ein frohes Lied,
So ist's der Harm, der überreife,
Der still durch meine Töne zieht.

Wohnungstausch

Ich wohnte an dem Turme gleich,
Ich mußt' es oft beklagen,
Da gab's die ganzen Tage Euch
Ein Läuten und ein Schlagen!

Und wenn ich ruhig schlafen wollt',
Ich bracht' es nicht zuwege;
Denn jede Viertelstunde grollt'
Der Hammer schwere Schläge!

Zog in ein-and'res Haus; — da wohnt
Ein Mädchen gleich daneben,
Von Augen schwarz, von Haaren blond,
Voll Liebe und voll Leben.

Nun pocht's und schlägt's die ganze Zeit
In meinem Herzen drinnen,
Ich kann Euch keinen Finger breit
Die Ruhe mehr gewinnen.

Und wenn ich Abends schlafen will,
Da pocht's erst voll Erregung;
Nun ist es draußen totenstill
Und drinnen die Bewegung!

Was ist Liebe?

Ein Morgentraum, geheimnisvoll durchschauernd,
So zaub'risch hold, und sinnberauschend süß;
Ein sanfter Schmerz, im tiefsten Busen trauernd,
Und selbst im Leid' noch Himmels-Paradies; —

Ein bleicher Kranz, von Lilien gewunden,
Ein Nektartrank am Borne des Gefühls,
Ein stiller Schatz, von Wenigen gefunden,
Und Vielen nur der Preis verweg'nen Spiels.

Ein Feenkuß, mit Wonneglut genossen,
Der jeden Puls zum Doppelschlage weckt,
Ein duft'ger Kelch, in Leid und Gram entsprossen,
Ein schuldlos Kind, von Tigern aufgeschreckt.

Ein Diadem aus Perlen stummer Tränen,
Ein Gürtelband aus blutenden Rubin,
Ein Strauß, gesteckt aus Seufzen, Hoffen, Sehnen,
Und mittend'rein des Grabes Rosmarin —

Das ist die Lieb' in ihrem scheuen Zagen;
Das ist die Lieb' in ihrer Lust und Qual,
Und wer sie will in seinem Herzen tragen,
Muß nippen auch vom bitteren Pokal!

Gewitter-Ahnung

Tiefdunkle Wolken seh' ich trotzig hangen,
Ob eines kahlen Felsens dunklen Klüften;
Es kühlt ein feuchter Wind die Glutenwangen,
Die Luft ist schwanger von Gewitter-Düften;
Schon seufzen bang und sturmbewegt die Bäume,
Die Vogelschar kreischt angstvoll in den Lüften,
Der Landmann flieht in seine Hüttenräume,
Und ferne dumpf hört man den Donner rollen. —
Da wird mir wohl. — Die schwarzen Wolkensäume —
Wie drohend sie ob jener Tiefe grollen,
Sie gießen Lind'rung mir in meine Seele,
Den Busen möcht' ich öffnen jetzt, den vollen,
Ausgießen all' des Kummers bitt're Hehle,
Und in mich schlürfen labungsreiche Kühle; —
Möcht', daß mein Herz die Rinde von sich schäle,
Die es umschließt im harten Weltgewühle,
Möcht' still vergehn in wonnigsüßen Schauern
Die mich durchzieh'n mit freierem Gefühle. —

So ahnt mein Herz auch des Geschickes Trauern
Und freut des Tränen-Stromes sich — im Glück,
Im goldnen Kranz der lauten Freude lauern
Die Schmerzen oft mit unheilschwangern Blick.
Und wenn die Lust, die heiße Lust des Lebens,
Oft kalten Hohn im Herzen läßt zurück,
Und all' das Glück des stolzen Welten-Strebens
Erschlaffung nur und schnöden Ekel schuf —
Dann löset sich die Seele nicht vergebens;
Es winkt das Leid herbei mit Donnerruf
Den kühlen Strom der labungsreichen Tränen,
Der Reue Sturm zum einsamen Beruf; —
So ahn' ich oft und wünsch' es selbst mit Sehnen,
Es mög' das harte Glück mir nicht versagen,
Woran so gern die Leiden sich gewöhnen:
Den süßen Born, die Tränen und die Klagen,
Daß leichter ich dies Leben mög' ertragen!

Wellengelispel

Ich lag am grünen Ufer-Rand
Vom Blütenstaub umflogen,
Da lispelten im süßen Tand
Des Baches klare Wogen.

Sie hüpfen und schwellen,
Die kosenden Wellen,
Sie flüstern so leise
Mit schmeichelnder Weise,
Sie murmeln und brausen,
Sie tosen und sausen,
Sie säuseln und locken,
Wie Flöten und Glocken.

Und wie die Fluten hold und traut
Am Moosgestein sich brechen,
Da hör' ich manch' geheimen Laut
Zu meinem Herzen sprechen:

Von Lieb' und von Freude,
Vom einsamen Leide,
Von Ahnung und Schauer,
Von Täuschung und Trauer; —
Da bricht sich voll Sehnen
Mein Auge in Tränen,
Die perlen und rinnen
Im Strome von hinnen!

An die Lächler

Wollt' Euch gerne ja gefallen,
Die Ihr lächelt jederzeit,
Lächelt, wenn die Engel fallen,
Lächelt, wenn die Hölle dräut;
Lächelt, wenn der Träne Trauer
Andern still ins Auge schleicht;
Lächelt, wenn des Todes Schauer
Ein gebrochnes Herz erreicht;

Lächelt, wenn der bleiche Ärger
Einen Biedermann gestürzt;
Lächelt, wenn Johannisberger
Eure leckre Tafel würzt;
Lächelt, wenn ein Mann von Ehre
Setzt sein Leben in den Preis;
Lächelt, wenn der Kopf voll Leere
Lächelnd nichts zu sagen weiß.

Kriechet lächelnd Eure Wege,
Mit dem kalten Krötenblut;
In den Pfützen unterm Stege
Schlummert die Amphibie gut;
Doch was kühn hinan will klimmen
Zu des Lebens Poesie,
Kann wohl jubeln und ergrimmen,
Aber kraftlos lächeln nie!

Muß erkämpfen, muß erstreben,
Flammend, wie ein gutes Schwert,
Weil ich solch' ein markig Leben
Schöne Glut ist eingekehrt.
Und erstarkt zum kräft'gen Baume
Das noch junge grüne Holz,
Regt sich rasch im Busenraume
Auch des Selbstgefühles Stolz.

Drum, — verzeiht mir die Bewegung! —
Darum streb' ich himmelan,
Bin ein Wesen voll Erregung —
Bin ein feuriger Vulkan!
Muß empfinden, denken, fühlen,
Bin ein unruhvoller Geist,
Kann nicht den Phlegmat'schen spielen,
Wenn es mir das Herz zerreißt.

Freilich — manche tiefe Leiden
Fühlet Ihr so schmerzlich nicht,
Dafür tünchen sanfte Freuden
Rosiger mein Angesicht! —
Und wird einst mein Lied verstummen,
Flammt doch fort sein Glutenschmerz,
Will dann lächeln unter Blumen,
Wärmt sich d'ran ein kaltes Herz!

Das Bad

Wie taucht die Abendglut so gerne
Sich badend in die kühle See!
Es spiegeln sich der Mond, die Sterne
Im dunkeln Teich aus ihrer Höh'!
Der Seehund stürzt sich von der Klippe
Hinab ins sanft bewegte Meer,
Und dürstend schaut mit heißer Lippe
Der Schwimmer nach dem Fluß umher.

Im Morgentau kühlt sich die Rose,
Im lauen Regenstrom das Feld;
Und unterm Wasserfall im Moose
Die Nymphe ihre Spiele hält!
Es baden sich der Bäume Wipfel
In blauer, leis' erregter Luft;
Und der Gebirge Silbergipfel
Im Wolkenmeer, im Alpenduft.

So lechzt nach kühlungsreichem Bade
All', was auf diesen Welten wohnt:
Der Mensch, die Blume, die Najade,
Die Sonn', die Sterne, und der Mond!
So lindern sich auch meine Gluten
In deines Anblicks süßem Glück,
In deines Auges blauen Fluten,
In deinem liebesfeuchten Blick!

Sängers Wünsche

Die Börse vielen Goldes schwer,
Und doch den Busen freudenleer, —
Viel Diener auch auf Wink und Blick,
Das nenn' ich mir kein großes Glück.

Und wen erst sein Gewissen drückt,
Daß ihm ein falscher Wurf geglückt,
Und all' sein Glanz nur falscher Schein —
Der muß bei all' dem elend sein!

Ein Weib, das man mit Gold erwirbt,
Ein Ruhm, der mit dem Leben stirbt,
Von hohen Würden gar ein Stück,
Das nenn' ich mir kein großes Glück!

Denn wem nicht treue Liebe blüht,
Wer Neider nur statt Freunden sieht,
Und Kabalisten obendrein,
Der muß bei all' dem elend sein!

Ein stilles Häuschen wünscht' ich nur,
Mein Liebchen drin' auf grüner Flur;
Dächt' nimmer auf die Welt zurück,
Denn das wär all' mein Lebensglück!

Ein friedlich-sorgenlos Gemüt —
Ein deutsches Wort, ein deutsches Lied —
Und den Pokal voll deutschem Wein —
Juchhe! wer kann da elend sein!

Geheime Liebe

Stehst Du vor mir, umringt von Festes- Prangen,
Trägt kaum mein Herz des kalten Blickes Stich;
Doch hält geheim mein Arm Dich voll Verlangen,
Dann spricht es heiß: "Kein Leben ohne Dich!"

Im Glanz des Saals fühlst Du nur öde Leere,
Und sehnst Dich gern an meine Brust zurück;
So lügst Du süß: damit ich nie entbehre
Die inn're Ruh und des Vertrauens Glück!

Denn daß Dein Herz vom süßen Lob umgaukelt,
Zeigt mit die Lust, die Dir im Blicke schaukelt,
Der Schelmenzug, der um die Lippe spielt; —

Doch wenn Du laut Bewunderung errungen,
Und halb Dein Herz vom Schmeichelwort bezwungen,
Denk' auch an den, der — was Die sagen — fühlt!

Der Herbst

Es naht der Herbst mit trüben Blicken,
Schon fällt das Laub im feuchten Hain,
Und Nebel will das Herz ersticken,
Da wandle wieder ich — allein!

Ich war im Lenz allein gekommen,
Und einsam sah der Sommer mich;
Nun ist der Sonne Strahl verglommen,
Der alte Winter meldet sich.

Ich wandle still und kann nicht weinen,
Doch faßt mich namenloses Weh';
Denn nun beginnt es mir zu scheinen,
Daß ich allein zu Grabe geh'!

Nahrung

Es sammelt gern der Hamster
Sich Vorrat für sein Haus,
Und wenn der Sommer zu Ende,
Dann hält er den Winter aus!

Auch mir ist sie entflohen,
Der schönsten Tage Lust,
Wo Frühlingsdüfte mir lachten
An ihrer liebenden Brust!

Nun sitz ich still und einsam
Und denk' an sie zurück,
Und zehre im süßen Erinnern
An der Vergangenheit Glück.

Doch mit dem steten Zehren
Mein Schatz nicht lange währt,
Und wenn der Frühling wird nahen,
Dann bin ich selber verzehrt!

Der Wechsel

Wir saßen so traulich beisammen,
Wir hatten einander so lieb,
Da flohen die himmlischen Stunden,
Daß keine zum Scheiden uns blieb!

Dann saßen wir später beisammen,
Doch Du, — Du blicktest zerstreut,
Sprachst viel von Ball und Brillanten,
Da stockte das Wort und — die Zeit!

Nun wandle ich still und alleine
Des Abends voll düsterem Mut; —
Die Stunde — sie will nicht kommen,
Wo Alles verlischt und ruht.

Eine Sommernacht am Kahlenberg

Im Donaustrom glänzt hell des Mondes Schimmer,
Kein Schiffer mehr bewegt die sanfte Flut,
Der stille Hain', die frohe Lerche ruht,
Nur mich beschleicht der süße Schlummer nimmer.

Schon steigt der Berg empor aus schwarzen Schatten,
Und aufwärts fühl' ich eine Macht mich zieh'n,
Seh' unten tief das sorgenvolle Wien,
Und wende schnell den Blick, den lebenssatten.

Und wie ich steh', so träumerisch befangen,
Regt sich in mir ein namenlos Verlangen,
Möcht' höher noch, möcht' in die Wolken gern! —

Da stürzt ein Stern herab aus dunklen Landen;
Mein Sehnen hat der milde Stern verstanden,
Das schönste Licht — es war mein Hoffnungsstern!

Vergessen!

Sie ging an mir vorüber,
Als kennte sie mich nicht,
Als wär' ihr längst entschwunden
Mein ernstes Angesicht;

Als hätt' sie nie beschworen
Der Liebe süßen Bund,
Als hätt' sie nie gehangen
An diesem stummen Mund.

Da konnt' ich mich nicht halten,
Mein Angesicht erblich,
Und in das treue Auge
Mir eine Träne schlich.

Und als sie dies gewahrte,
Da lächelte sie kalt,
Und flüsterte zur Freundin
Von "
Sentiments" und — "alt!"

Doch ich — ich wankte weiter,
Und sah nicht mehr zurück;—
So hab' ich denn verloren
Auch der Erinn'rung Glück!

Das letzte Opfer
(Meinem lieben Bruder Friedrich, verblichen d. 5. Febr. 1841.)

Eine Blume sah ich prangen,
Von Zephiren großgezogen,
Die um ihre Düfte flogen,
Mild und freundlich aufgegangen.

Von Rubinen schien die Hülle,
Dunkelrot, voll sanftem Feuer,
Drinnen blühte, Vielen teuer,
Edler Sinn, bescheiden-stille.

S' war ein Herz voll warmem Sehnen,
S' war ein Herz, so arm an Freude,
Duldend sanft im Schmerz und Leide,
S' war ein Herz, betaut von Tränen.

Und mit wildem Schneegebrause
Kam der Winter angestürmet,
Sah die Blume, bang beschirmet,
In des Lebens Gartenhause;

Rüttelt heftig an den Türen,
Ihm gelüstet nach den Blüten,
Und er tobt mit Sturmeswüten,
Daß die schwachen Fugen klirren.

Und die Gärtnerin voll Beben
Ringt die Hände, angstvoll schauernd,
Und die Kinder, schmerzlich trauernd,
Weinen um der Blume Leben.

Doch vom nimmer müden Pochen
Fiel die Pforte, eingedrücket,
Und die Blume lag geknicket,
Und das Herz — es war gebrochen.

Um die toten Blumenreste
Wehen lauer schon die Lüfte,
Und des Lenzes nahe Düfte
Ringen sich durch Nebelfröste.

Die alte Geschichte

                     
(Jänner)
Sie hat mich angesehen
Mit einem süßen Blick,
Ich muß es Euch gestehen,
Das war mein ganzes Glück!

Und seitdem sah ich sie nimmer;
Doch blieb der süße Blick
Mit seinem Sternenschimmer
In meiner Brust zurück.

                      
(Februar)
Sie flog mit mir im Kreise
Voll Seligkeit dahin,
Noch klingt die frohe Weise
Mir tief im Herzen drin.

Sie lag in meinem Armen,
Sie lag an meiner Brust,
Da fühlt' ich süß erwarmen
Das Herz zur höchsten Lust.

                     
 (Mai)
Sie hat mir die Hand d'rauf gegeben,
Sie liebe nur mich allein,
Ich sei ihr einziges Leben —
Bei mir nur wolle sie sein.

So wahr der Mondschein lächelt
Auf ihrer Tränen Flut
So wahr der Zephir fächelt
Der heißen Triebe Glut! —

*   *   *

Der Mond, der lächelt noch immer,
Der Zephir wiegt die Flur;
Doch sie — sie liebt mich nimmer,
Vergaß den heißen Schwur!