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Mich zieht's hinaus zum grünen See,
Dort flieht des Lebens banges Weh;
Der ist so still, der ist so tief,
Als ob d'rin all' mein Kummer schlief!

 

Reise-Blätter
 

Dar Dasichi
Posthornklänge
Der Königssee
Isa's Perspektive in Ischl
Der Dachstein
Abendstille
Hallstatt
Lebewohl
Hallein
Golling
Der Kapuzinerberg
Heimweh am Schiffe

Dar Dasichi
(Aus'n Obalandl)

Z'nachst steh' i am Beargerl, um's Hearz is mar bang;
I woaß nöd, zweg'n wö, daß mar d'Zeid is so lang;
Dö Vöcherln dahn singa, dar Wald is so schön;
Nua i muaß so dasi da drobnad just stöhn!

Gach höar' i an Jodla z'tief untarst in Tal,
Da gibt's mar an Stich in mei Hearz auf ahnmal;
Dön Jodla, dön kön' i, s'is d'Miazl — i wödd!
Dö kunnt mi scho gfreua, — sie mag aba nöd!

Vordöm woar i lusti, ös had mi All's g'freud,
Koan Bearg woar mar z'hoch und koan Wech woar ma z'weid;
Mei Hearzerl woar ruawi, mei Gmüad woar so froh;
Und häd i's nia g'sögn g'habt, war's sicher no so!


Posthornklänge

Posthornklänge
Hör' ich mit süßem Schmerz,
Bang und enge
Wird mir um's Herz.
Rasch flieht der Sorgen Qual,
Hör' ich den Peitschenknall:
Immer vorwärts!

Freudig, fröhlich
Rollt die Karosse hin,
Bin stets selig,
Wo ich auch bin!
Rechts und links Wald und Flur,
Mitten durch eil' ich nur,
Süßer Gewinn!

Mondesstrahlen
Liegen auf Bach und Steg,
Bäume malen
Schatten am Weg!
Und durch die Wälder dicht
Glänzt ein Johannislicht
Aus dem Geheg'!

Steine ächzen
Unter dem Räderdrang,
Wimmern, krächzen
Klagegesang!
Blätter, wie Geisterhauch,
Klirren an's Fenster auch
Schaurig und bang!

Stille Tränen
Liegen am Herzen mir;
Klagen — Sehnen —
Seufzer von Ihr! —
"Trallala!" schmettert's drein:
"Fort in die Welt hinein!
Weiter von hier!"

Der Königssee

Wo der Berge blaue Gipfel
Rings vom Silberglanze blinken,
Und der Tannen duft'ge Wipfel
Malerisch entgegenwinken,

Dort — wo Gram und Leid entweichen,
Ruht in zauberhafter Schöne
Ein Gewässer ohne Gleichen,
Der Kristalldom der Sirene.

Saß im Kahne, glanzumflossen
Von Hesperens Purpurlichte,
Und zwei sanfte Tränen flossen
Leise mir vom Angesichte.

Sprich, du See mit grünen Fluten,
Sprich, du See im Abendscheine,
Mit den dunkeln Rosengluten!
Sprich, was ist es, daß ich weine?

Ach, Dich See, — Dich spiegelhellen,
Möcht ich nennen gern mein Eigen,
Mit den klaren, stillen Wellen,
Mit dem tröstend-sanften Schweigen.

Möchte flieh'n zu diesen Säumen
Aus dem irdischen Gedränge,
Möchte mir den Himmel träumen
Ohne Schmerz und Erdenbänge;

Wo kein Leid das Herz umdüstert,
Wo kein Groll die Rache wecket,
Wo der stille See nicht flüstert,
Wen sein Schoß mit Ruhe decket.

Isa's Perspektive in Ischl

Welch' ein zauberisches Wehen
Säuselt mild durch Hain und Flur
Könnt' ich tausendfältig sehen,
Liebe doch erblick' ich nur.

Liebe grünt im Felsenmoose,
Liebe flüstert sanft der Bach,
Und die holdverschämte Rose
Küßt des Lenzes Liebe wach.

Liebe rauscht in duft'gen Zweigen,
Liebe perlt der grüne Fluß;
Seht, die Blütenäste neigen
Sich zum wonnetrunk'nen Kuß!

Auf die Gletscher malet Liebe
Sanft des Abends Rosenlicht;
Und das Echo rufet Liebe
Bis der Hall sich ferne bricht.

Komm, getäuschte Lieb'! und weine
Hier um deines Lebens Ruh'
Suche Liebe hier, die reine,
Und die Liebe findest Du.

Wirst der wahren Liebe leben,
Und der falschen Lieb' verzeih'n:
"Allen Sündern soll vergeben
Und die Hölle nicht mehr sein!"

Der Dachstein

Hoher Greis mit Silberlocken,
Könnt' ich so, wie Du, gebieten,
Mit der Krone blanker Flocken,
Über Berg und Fels und Blüten!

Könnt' ich so den Äther schauen
Mit dem Haupt in reiner Sphäre;
Ach, welch' himmlisches Vertrauen
Wieder mir gegeben wäre!

Würde still — der Welt verborgen —
Von der Wolkenschar, der lichten,
Statt des Lebens trüber Sorgen
Mir den Kranz der Freiheit flichten!

Würde wieder voll Entzücken,
Zu des Lebens Lust erwärmen,
Die Natur ans Herz mir drücken
Mit den duft'gen Riesenarmen!

Würde stillen Mitleids sehen
Auf die kleine Welt, die arme,
Deren Freuden sind Vergehen,
Deren Tage flieh'n im Harme.

Würde mit den Alpenrosen
Schlummern in den kühlen Nächten,
Würde mit den Sternen kosen,
Wenn die Menschen mein nicht dächten.

Abendstille

Schwärmerischer Frühlings-Abend,
Sanft getaucht in Rosenglut!
Wehest Lind'rung, kühl und labend,
In mein brennend Herzensblut!

Müde wiegt sich schon die Herde
In dem heimatlichen Stall;
Ruhe winkt die Mutter Erde
Nach des Tages Müh' und Qual!

Singend kehren von den Feldern
Frohe Schnitter heimatwärts,
Und der Jäger aus den Wäldern
Fliegt an seines Liebchens Herz!

Auf den flüsternd-schwanken Zweigen
Sucht das Vögelein sein Nest,
Und der Bursch' im kühnen Reigen
Drückt die Dirne an sich fest!

Es vereint des Abends Kühle,
Was sich liebet froh und treu,
So mit Scherz und süßem Spiele
Kommt die sel'ge Nacht herbei.

Ich allein mit meinen Leiden
Stehe sinnend mitten d'rin,
Frage still die grünen Weiden
Wo denn ich zu Hause bin?

Wo denn mir der Liebe Fülle
Meinen Lohn hat aufgespart?
Doch — die Weiden schweigen stille
Und kein Herz sich meinem paart!

Kehre heim zur öden Kammer,
Schließe schnell die Türe zu,
Daß der einsam-dumpfe Jammer
Störe nicht des Glückes Ruh'!

Hallstatt

Welch' ein unerklärlich Bangen,
Welch' ein wehmutsvoller Sinn
Zieht mit heimlichem Verlangen
Mich nach jenen Wogen hin!

Nach den Wogen, wo im Spiegel
Hallstatt mir entgegenblickt,
Gleich als wäre Haus und Hügel
Sanft den Wogen aufgedrückt.

Hallstatt, städt'schen Schmuckes ledig,
Hallstatt mit dem hellen Saum;
Dieses Schweizerisch' Venedig —
Ach, es war ein schöner Traum!

Und die Gänge an den Mauern,
Und die frohen Menschen drauf,
Mit der Welle zarten Schauern
Zittern sie zu mir herauf.

Blieb' so gern in diesen Räumen!
Dacht' ich still mit weichem Mut;
Doch in jenes Hallstatts Säumen,
Das hier tief im Wasser ruht.

Sah hinab, bewegt und trunken
Von des Herzens Wohl und Weh —
Und ich stand zugleich versunken
In dem klaren grünen See.

Lebewohl

"Ob ich auch Deiner fern gedenke" —
Fragst Du mit tränenfeuchtem Blick, —
"Wenn über jenen Wolkenbergen
Mich fesselnd hält das Mißgeschick?"

Ich werde wachend von Dir träumen,
Ich werd' im Traume Dich nur seh'n,
Es wird Dein Bild, wie Tag und Abend,
Mir rosig auf und niedergehn!

Wenn sich die duft'gen Blüten neigen
Zum leisen Kusse, Haupt an Haupt,
Werd' ich den Abschiedskuß noch fühlen,
Der meinem Herzen Dich geraubt.

Wenn in dem schattig grünen Haine
Die Nachtigall ihr Ständchen girrt,
Werd' ich im stillen Schmerz vergehen,
Der mir das Herz zerreißen wird.

Wenn Abends spät die Vesperglocke
Mit süßem Ton zur Seele spricht:
Da wird mein Blick in Schmerz sich lösen
Und Tränen netzen mein Gesicht!

So wird die stille Nacht umhüllen
Mein Leiden und mein banges Sein,
Doch nicht des Schlummers sanfte Tröstung
Kann lindern solchen Kummers Pein.

Und wenn mit Thetis' erstem Strahle
Die Lerche flötet himmelwärts,
Gießt sie mit ihren frohen Tönen
Mir Wehmut wieder in das Herz.

Wie kann ich Deiner da "gedenken"
Mit ruhigem Geist und kaltem Sinn,
Wenn nur mit Träumen, Bangen, Weinen
Mir schleicht der Trennung Frist dahin!

Hallein

Es lockt ein dunkles Tal mich an,
Dort unten winkt es süß,
Dort unten lacht dem Schachtenmann
Sein stilles Paradies,
Er fährt hinab und jauchzt hochauf:
                                        Glückauf!

"Lebwohl, du stolze, schnöde Welt!
Mit all' der Sorgen Pein!
Mit all' der Sucht nach Ruhm und Geld!
Denn ich bedarf nicht Dein,
Mich trägt's hinab im Sturmeslauf:
                                        Glückauf!

Dort unten, fern dem Weltgewühl,
Dort gibt's geheime Lust,
Es weht ein sanfter Zephir kühl
Den Kummer aus der Brust;
Nicht sehnt sich mehr mein Herz hinauf:
                                        Glückauf!

Sei immer Euer Himmel rein,
Doch Euer Herz ist's nie;
Hier fühlt man erst beim Fackelschein
Des Lebens Poesie:
Ich nehme nicht die Welt zu Kauf':
                                        Glückauf!

Reicht mir den braunen Labetrunk!
Hoch, was sich liebt, Halloh!
Ich schenk' Euch Ruhm und falschen Prunk,
Und bleibe dennoch froh;
Ihr Freunde! tut Bescheid mir drauf:
                                        Glückauf!"

Golling

Schon hör' ich's ferne sausen
Das Wasser wild und wüst;
Wenn all' die Ströme brausen,
Wie das so herrlich ist!

Es bäumen sich die Klippen
Zum Himmel steil und stolz,
Umhangen von Gestrippen
Und duft'gem Nadelholz.

Und nun mit Einem Male
Verdunkelt sich mein Blick,
Der vor dem Silberstrahle
Geblendet weicht zurück.

Es stürzt aus hohen Klüften
Herab ein weißes Meer,
Daß weithin in den Lüften
Der Donner tobt umher.

So schäumt es dreimal nieder,
Stürzt dreimal riesengroß,
Verbirgt sich dreimal wieder
Im schroffen Felsenschoß,

Und was die Sturmeswellen
Beirrt im lichten Grund,
Die raschen Fluten schnellen
Es tief zum Felsenschlund.

Doch wie die Silberwogen
Im Sonnenschein erglüh'n,
Sieht man den Regenbogen
Bezaubernd d'rüber zieh'n.

So tobt mit Sturmeswüten
Die wilde Leidenschaft,
Wenn sie des Lebens Blüten
In das Verderben rafft.

Nur wenn der Rührung Sonne
Das harte Herz erweicht,
Dann glänzt in freud'ger Wonne
Das Auge tränenfeucht.

Der Kapuzinerberg

Wenn die Leiden ausgerungen
In dem wilden Strom des Lebens,
Wenn die Seufzer sind verklungen,
Und die Träne floß vergebens;

Wenn der Liebe süße Träume
Und die Lieder, freudetrunken,
Wie der Wolken lichte Säume
In die Nacht der Zeit gesunken;

Wenn des Lebens Winter streuet
Seinen Schnee auf meine Haare,
Wenn die Wahrheit hat entweihet
All' die Dichtung schöner Jahre;

Ach, dann laßt mich dorthin ziehen,
Wo auf einsam-stiller Höhe
Meine Alpenrosen blühen,
In des Himmels sanfter Nähe;

Wo noch einmal ich kann schauen
Rings in unbegrenzter Ferne
All' die Berge, all' die Auen,
Der Erinn'rung milde Sterne;

Sinnend steh'n auf steiler Spitze,
Blicken in entfloh'ne Tage,
Und hinab vom stillen Sitze
Weinen noch die letzte Klage.

Nehmt mich denn, ihr frommen Brüder
Auf in Eure Welt voll Frieden,
Daß im Chor der Kirchenlieder
Kehre Ruhe mir hienieden.

Heimweh am Schiffe

Meiner Heimat duft'ge Haine!
An Euch denk' ich still zurück;
Seht, es glänzt im Mondenscheine
Eine Trän' in meinem Blick!

Mit der Wolke leichten Schwingen
Flög' ich gerne ja zu Euch,
Möchte schnell die Luft durchdringen
Und der Meere Flutenreich;

Muß nun ferne von Euch stehen
Auf der fremden, kalten See,
Möcht in Sehnsucht still vergehen,
Und in namenlosem Weh'!

Und wie sanft die Fluten tauschen
Ihre Wogen her und hin,
Ist mir's doch, als hört ich rauschen
Meiner Wälder duftig' Grün!

Bin ja selber gern gegangen
Nach des Meeres grünen Rand
Und nun zieht mich das Verlangen
Nach dem teuern Vaterland.

Düster seufz' ich nun und trübe:
Ach, was fehlt hier meinem Glück?
Und die Wellen flüstern: "Liebe!"
"Liebe, Liebe!" tönt's zurück.