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VII.
Die Frauen

 


1.
Morgen

Den Morgen grüßte Nachtigallenflöten,
     In Hoffnungsträumen schwanden meine Sinne,
     Da sah ich auf des Hügels Blumenzinne,
     In demutsvollem Reiz, ein Mädchen treten.

Sie wandelte in schweigenden Gebeten,
     Ihr Kleid floß keusch bis in die samtne Grüne,
     Blaß lächelte die sanftverklärte Miene,
     Nur, mich erblickend, schien sie zu erröten —

Und schnell war sie im weiten Tal verschwunden.
     Ich folgte flehend allen ihren Tritten,
     Doch in der Luft verhallten meine Bitten,

Und nimmer hab' ich wieder sie gefunden. —
     Da tönten Klagen — floßen Schmerzentränen,
     Und mich ergriff ein namenloses Sehnen.

2.
Mittag

Die Sonne brannte dann in Mittagschwüle;
     Da kam ein zweites Frauenbild gegangen,
     Die Glieder wogten in der Jugend Prangen,
     Nur zart verborgen von der leichten Hülle;

Aus Schleiern quillt des Busens weiße Fülle,
     Es lechzt der Mund, es glühn die Rosenwangen,
     Die dunklen Augen atmen Glutverlangen,
     Entzündend süße, wonnige Gefühle.

Sie lockt mich in des Schattens holde Kühle,
     Sie zieht mich nieder auf das weiche Moos,
     Wo ihre Arme schmeichelnd mich umfangen,

Sie weiht mich ein in heil'ge Liebesspiele,
     Es brennt ihr Kuß und in dem glühnden Schoß
     Sind meine Sinne bald in Lust vergangen.

3.
Abend

Drauf ließ der Abend seine Purpurschleier
     Vergoldet flattern in des Himmels Weiten,
     Da sah ein drittes Weib ich näher schreiten,
     Im weißen Arm ruht ihr die goldne Leier.

Dem Mund entströmte des Gesanges Feier,
     Zum hellen Klang der zarten Silbersaiten,
     Und wie die Töne hüpfen, schweben, gleiten,
     Bewegt sie sich im Tanze frei und freier.

Von Blumen schwang sie duftende Girlanden,
     Bald schien sie scherzend mir sie hinzuhalten,
     Bald mir sie scherzend wieder zu entziehen;

Ich saß umwogt von all den Harmonien
     Und suchte die Gestalten festzuhalten,
     Die kaum entstanden, wieder schnell verschwanden.

4.
Nacht

Nun kam die Nacht, der Mond, heraufgestiegen,
     Und Sterne glühten, goldne, zahlenlose,
     Da naht die vierte, eine weiße Rose,
     Mit stillem Frieden in den sanften Zügen,

Huldvoll begann sie sich an mich zu schmiegen
     Und pfühlte, unter traulichem Gekose,
     Ein Lager mir von Blüten auf dem Moose,
     Da konnt' ich sorgenlos und ruhig liegen.

Denn freundlich setzte sie sich zu mir nieder,
     Bedeckte mich mit ihrem eignen Kleide,
     Und wehrte sorgsam jeder rauhen Störung.

Da schloß der Schlummer meine Augenlieder,
     Und mich umfing, ein Tempel heitrer Freude,
     Der lichten Träume wonnige Verklärung.

5.
Traum

Da hab' ich dich, du herrliche, gefunden,
     Wie Kypris aus dem ew'gen Meer geboren,
     Was störend mir, was düster und verworren,
     Als du erschienst, war es in Licht verschwunden.

Du hast die höchste Glut in mir entzunden,
     Die tiefste Kraft hast du in mir beschworen,
     In dir hab' ich mich selig ganz verloren,
     In dir hab' ich mich ganz und neu gefunden.

Du Lebenssonne, klare, unverhüllte!
     Die meines Herzens tiefste Sehnsucht stillte,
     Die, was in Ahnung mein Gemüt umspielte,

So schön, so unaussprechlich schön erfüllte!
     Des Weibes Reinheit, Anmut, Lust und Milde
     Vereintest du in einem hohen Bilde.