VIII.
Idea's Brautfeier
1. Die Klage
Wer bist du, seltsam Wesen? Laß dein Kosen,
Was will von mir dein freundlich winkend Bild,
Geheimnisvoll in Schleier eingehüllt? —
Vergebens streust du deiner Liebe Rosen.
In dieser Seele aufgeregtes Tosen —
Nie wird ihr tiefer ew'ger Durst gestillt —
Mich hat die schönste Göttin kalt und wild
In der Verzweiflung Nacht hinausgestoßen!
Sie heißt Idee, nach der ich mich stets sehne,
Die mir entflohn, und arm mich hier verließ,
Noch ist mein Geist von der Erinn'rung trunken;
Sie stand vor mir in unverhüllter Schöne,
Die Welt war mir ein leuchtend Paradies,
Wenn in ihr Anschaun selig ich versunken.
2. Die Erscheinung
Laß gewähren, Teurer! hasse nicht dein Glück,
Nenne mich Gefühl; ich kam herabgeschwebt,
Habe sanft mit meinen Schleiern dich umwebt,
Freilich hemmen sie dir rings den durst'gen Blick;
Aber ehre mich und preise dein Geschick:
So nur wirst du wieder stark und neu belebt.
Wie du liebend sonst nach außen hast gestrebt,
Strebet alles liebend nun in dich zurück.
Sieh, du bist von Rosenlicht umgeben,
Süßer Wohlgeruch umwehet schmeichelnd dich,
Und bei sanften Tönen lös't das Beben
Deiner starren Brust in milde Tränen sich.
Komm, Geliebter! hier in meinen Armen
Zu verjüngtem Leben zu erwarmen.
3.
Die Erkennung
Da fühlt er sich von heil'ger Glut beseelt,
Und ihn ergreift ein ungekanntes Feuer,
Er stürzet hin zu ihr, ein kühner Freier,
Den schönen Leib zu sehn, den er gewählt —
Doch sieh! — Der Schleier fällt, der sie verhehlt:
"Ich bin Idee, unarme mich, Getreuer!"
Und wo ist denn Gefühl? — Wo ihre Schleier?
"Mein Brautschmuck war's, nun bist du mir vermählt!"
Und alle Nebel ringsum sind verweht —
Die weite Ferne zeigt sich wieder klar,
Hell wölben sich des Himmels blaue Höhen,
Zum Hymnus ist der zarte Ton erhöht,
Das weite All, es feiert wunderbar
Das Liebesfest, das selig sie begehen.