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Quelle:

Liedertafel
Johann Gabriel Seidl

Wien 1840
Druck und Verlag von Carl Gerold
 


Prolog
 
Die Welt ward älter, ernster ward das Leben,
Die Göttin aus des Ideales Reichen
"Die Phantasie" muß der Berechnung weichen,
Denn nach der Wirklichkeit geht alles Streben.

Der Dichter, welcher in der Vorwelt Tagen
Zum Volke sang und sich am Volk begeistert, —
Von anderen Gewalten übermeistert.
Verlernt' er fast, zu wirken und zu wagen.

Wie selten, daß von jenem Purpurlichte,
Das goldighell der Menschheit Höh'n, beschimmert,
Ein wärmend Fünkchen auf ihn niederflimmert,
Ihn tröstend, daß er nicht vergessen dichte.

 
Doch glückt' es ihm, wie wächst sein Mut zum Spiele,
Wie greift er kühn und freudig dann in's Leben,
Das ihn, nun fühlt er's, doch nicht aufgegeben,
Wie ringt mit bester Kraft er nach dem Ziele!

Du pflegst, in karg bemeßnen Mußestunden,
Der Kunst Dein huldreich Auge zuzuwenden;
Verschmähe drum auch nicht des Dichters Spenden,
Der sich voll Heimweh vor Dir eingefunden!

Er möchte gern, was tief sein Busen heget,
Lieb machen seiner Heimat lieben Gauen;
Wie könnt' er's besser, als wenn voll Vertrauen
Er an Dein heimatliebend Herz es leget? —
                                                               (Cilli, ein Untersteier.)