3.
Mit den Menschen hatt' ich bereits
Viel Hader und hartes Kreuz,
Mit den Tieren in Feld und Wald
Fand ich die Formel bald.
Wenn ich zum Mittagmahl
Der Spinne ein Beerlein stahl
Und dem Käfer ein Hälmchen brach,
Sie fragten nicht viel darnach.
Fromm und geschwisterlich
Verzehrten oft sie und ich,
Was bescheret der liebe Gott,
Zum Morgen- und Vesperbrot;
Ja lagen auf weichem Moos
Oft Eins dem Andern im Schoß,
Und machten wie Liebchen und Schatz
Einander, wenn's eng war, Platz.
Die Menschen aber, die neidischen Hunde,
Richten einander um Heller zu Grunde,
Um Heller und Pfennig, um minder und mehr,
Und Haben ist Tugend, Verstand und Ehr'.
4.
Das ist ein rechter Tor,
Wirft mir, daß ich arm bin, vor.
"Gib her dein Gut, sei es du!"
Da dreht er mir flink die Feige zu.
Du bist ein fauler Fant —
Schilt er — tu' dich um im Land!
"Tu' ich mich um, so mußt du
Verarmen in quälender Ruh."
""Ihr Lumpe seid doch so gescheit,
Und immer zum Schlag bereit,
Ihr schwätzt euch, ich fürcht' es genug,
Ist anders St. Peter nicht superklug,
Zuletzt noch gar in den Himmel hinein,
Wo soll der besteuerte Bürger dann sein?""
***
Ach, kümmere dich, du guter Mann,
Nicht viel um mich und Meinesgleich,
Wer hier sich schon kein Reich gewann,
Frägt auch nicht viel um's Himmelreich.
Trinitätssonntag
1.
"Heut' ist Sankt Trinität!"
""Was dann, Frau Margareth?""
"Wo alles haußen geht —"
""Liegt Manches krank zu Bett.""
"Wird auch von uns spaziert?"
""Wenn sie will, Frau Margareth.""
"Ob's nur nicht donneriert?"
""Schau, wie's Bar'meter steht!""
"Nimmst du den Binsenhut?"
""Jawohl, Frau Margareth.""
"Doch wenn's dann regnen tut —"
""Schau, wie's Bar'meter steht!""
"'s Bar'meter stünde gut!"
""Wenn gut 's Bar'meter steht,
Nehm' ich den Binsenhut,
Jawohl, Frau Margareth!""
""Geh'st du im Hochzeitskleid?""
"Sag du, Sebastian!"
""Ach ja, in heil'ger Zeit
Wird ihm nicht bös getan.""
"Trägst du den Quastenstab?"
""Nein, Margareth! heut nicht,
Schneid' mir ein Rütlein ab
Zum Wehrspiel um's Gesicht.""
2.
Der Spaziergang
Dann geh'n die beiden Alten
Gemach durch Wies und Feld,
Zwei frohe Gramgestalten,
Wie tausend in der Welt.
Im Freien ist's doch lieblich;
Ja freilich, Margareth!
So eng nicht und betrüblich,
Wie heim im Kabinett.
Was wird der Fritz wohl machen?
So schöner, heil'ger Tag! —
Wird stehen wohl und wachen —
Ach die Soldatenplag'!
Ja wohl wird Schildwach stehen
Im Eisenwams und Helm,
Könnt' schönstens mit uns gehen,
Der gute, arme Schelm!
Könnt' Meister sein im Städtchen,
Ein Mann im besten Glück;
So altert ihm sein Mädchen,
Und — weiß Gott wie! kommt er zurück.
Ja, kommt, weiß Gott! zurücke,
Wie Mancher — arbeitsscheu,
Als Krüppel mit der Krücke —
Wie auch, wenn nur getreu!
Doch zähl' ich recht, so dauert —
Nicht wahr, Sebastian! —
So ist, daß fern' er trauert,
Nun doch bald abgetan?
Es wär' schon ganz und völlig;
Doch wird Ein's nicht leicht frei,
Das Volk ist noch rebellig,
Da hält man Brave bei.
Und brav — nu, das sollt' fehlen!
Brav, hört man, ist der Bursch',
Tut saufen nicht, nicht stehlen,
Ist willig stets, nie mursch. —
Sieh dort, wenn mich's nicht täuschet,
So ist das gar Kathrin,
So einsam und entfleischet
Geht sie für sich dahin!
Ich muß ihr doch gleich schreien —
Kathrin, Kathrin! bist's — nu,
Weil wir so schön im Freien
Uns treffen, komm' herzu! —
So mögen wir gesellig
Ein Stückchen uns ergeh'n,
Bist ohnehin einhellig
Mit uns in Lust und Weh'n!
Just sprachen wir von Fritzen,
Du dachtest wohl daran!
Wo er wohl steh'n und sitzen,
Wo er wohl seufzen kann?
Sei still! Sie weint schon wieder,
Mir geht's dann eben so,
Das sind gar traur'ge Lieder
Und — ist der Tag so froh.
Sei still um unsertwegen
Und lenk' zur Straße dort,
Dem guten Fritz entgegen,
D'rauf zog er ja auch fort!
So sprach, bloß Trostes willen,
Wohl auch aus Ahnungsdrang!
Um ihren Schmerz zu stillen,
Margreth und lenkt den Gang.
3.
Die Erscheinung
Dann gingen sie mit Schweigen,
Kathrin mit nassem Blick,
Wohl auf den lichten Steigen
Ein stundelanges Stück.
Gesell'ge Bursche lärmten
An ihnen froh vorbei;
Verliebte Paare schwärmten
In süßer Koserei.
Auf scheelen Stiefeln schleppten
Verarmte Wanderer;
Mit raschen Rossen kleppten
Kaleschen nebenher.
Und im Gebüsche trillten
Viel munt're Vögelein,
Viel frohe Grillen schrillten
Im dünnen Gras am Rain.
Was kommt denn dort? brach plötzlich
Die Schweigsamkeit Kathrin,
Es funkelt so ergötzlich,
Als wenn ein Stern erschien!
Wahrhaftig, wie du sagest,
Als wenn ein Stern erschien;
Doch, Kind! was bebst du so und zagest,
Was macht dein Aug' so glüh'n? —
Ach Gott! ich weiß nichts weiter,
Als daß mich's gäh durchschoß —
Es sei wohl gar ein Reiter
Im Küraß hoch zu Roß!
Und wie du sagst, so ist es —
Alt' Auge blicket fern —
Ein blanker Reiter ist es!
Der Alte ruft, kein Stern!
Und ist's ein blanker Reiter,
So ist's vom Fritze was —
Ach! ich kann nimmer weiter,
Muß setzen mich in's Gras!
So spricht die alte Grete,
Und setzt sich sachte dann
Auf's kühle Rasenbette,
Da schmollt Sebastian:
Wie doch dir schwachem Weibe
Gleich Alles, noch so klein,
Zu Herzen geht und Leibe —
Weiß Gott, wer mag das sein!
Und weil die Alten sprechen,
Fliegt Käthchen wie ein Pfeil
Dem Reitersmann entgegen
Auf Tod und Lebensheil.
4.
Wacker und treu
Und nun, wer war's, wer war's? —
Seid ihr bei gutem Witz? —
Ei mein, er selber war's,
Der heißersehnte Fritz!
Er war des Dienstes quitt,
Sie ließen ihn nun heim
Mit samt dem Roß zum Ritt,
Daß ihn der Marsch nicht säum'.
Und nicht den Hengsten nur,
Man ließ dem Braven mehr —
Die ganze Armatur
Zu Sicherheit und Wehr.
D'rum kam er vogelschnell,
Der gute, brave Fritz,
Und auch so blank und hell
Dem Sterne gleich und Blitz.
Er war's, frisch und gesund,
Gesund und frisch und treu!
Wohl hatt' er manche Wund',
Doch keine blutig neu.
Die bisher blutig war,
Und ihn so sehr geschmerzt —
Wie er sein Elternpaar
Und seine Liebste herzt —
Die ging jetzt eilig zu,
Und noch kein Mensch beschrieb
Die süße Schmerzensruh',
Die ihm dafür verblieb! —
So bist du wieder hie,
Bist hie und liebst uns noch? —
Traf dich die Büchse nie,
Stieß dir das Schwert kein Loch?
Wohl traf die Kugel mich,
Herzmütterchen! und 's Schwert;
Nur tödlich war kein Stich,
Kein Schuß mein Leben wert!
Und diente Alles nur
Zu meiner Glor' und Ehr',
Trag' auch, blickt her! die Spur
Vom günst'gen Ungefähr.
Von meinem Glück und Fleiß
Ein Zeichen ist, ein klein's,
Dies Bändchen blau und weiß,
Für viele Kreuze — Ein's!
So Fritz. — Der Vater langt,
Es langt nach ihm Kathrin,
Und Jedes langt und hangt
Und drückt und herzet ihn.
Und Jedes herzet er,
Und langt nach Jedem hin,
Nach Vater und Mutter eh'r,
Darauf nach Katharin.
Zuletzt nach Katharin,
Und ließ sie lang nicht los,
So war sein Kindessinn
Und seine Liebe groß! —
5.
Schlußliedchen
O sankta Trinität —
Ich und Sebastian
Sind Eins, ruft Margareth,
Ihr seid die Andern dann!
O sankt Dreieinigkeit —
Kathrin wird Eins mit mir,
Gottlob, daß ihr zur Zeit
Noch seid am Leben hier!
Gelobt sei ewig Drei!
Und ewig Eins und treu
Geh' uns die Zeit vorbei,
Die alte und die neu'.
Peters Liebeslauf
1.
Umsonst
Es war mein Herz von Lieb entbrannt,
Ich hab's dem Mädel treu bekannt —
Umsonst!
Ich hab' geseufzet Tag und Nacht,
Ich hab' geweinet, hab' gelacht —
Umsonst!
Ich brach das Kräutlein Herzenstrost,
Ich badete im Traubenmost —
Umsonst!
Ich wanderte in's fremde Land,
Und trieb und tat gar allerhand —
Umsonst!
Ich sprach auch manch Mädel an,
Und sieh, gleich war's mir zugetan —
Umsonst!
Was half mir Mädels Zugetan;
Hang' immer nur der Einen an —
Umsonst!
Schon sind vergangen Jahr und Tag,
Daß Lieb und Leid ich mit mir trag'
Umsonst!
Drum weil ich bin so liebeweich,
So kehr' ich wieder heim, wenn gleich
Umsonst!
Ich trag' mein Leid ja noch so gern
In ihrer Näh', als in der Fern'
Umsonst!
2.
Erkenntnis
Es winkte der junge Tag
Mit Grußesblicken,
Mir hockte der Reisepack
Schon auf dem Rücken.
Ich fühlte mein junges Blut
So emsig wallen
Und dachte: ist doch nicht gut
Schon hintrübsalen!
Da hüpfte ein Vögelein
Buschauf, buschunter,
Das Weibchen — husch! hinterdrein
Ei, ei, das Wunder!
Dann nahte ein Schnittersmann
Mit brauner Stirne,
Und hinten im Wiesenplan
Rief: "wart!" die Dirne.
Doch eilte das Schnitterlein
Bergauf, bergunter,
Die Dirne — flugs hinterdrein
Ei, ei, das Wunder!
Die Sonne geht fort gemach
Hinauf, hinunter,
Ihr folgt Helianthos nach,
Ha sieh, das Wunder!
Die Sonne, der Schnittersmann,
Zumal das Vöglein,
Die zunden ein Licht mir an —
Ich sah mein Hehl ein!
3.
Anwendung
Willkommen, Peter! bist wieder da?
So riefen die Leut'; ich sagte — Ja!
Wie sieht's denn in der Fremde aus?
Hm, anders wohl, wie bei euch zu Haus!
Wie ist dir's denn ergangen die Zeit?
Recht gut, ihr guten Nachbarsleut'!
Hast deine Liese auch schon geseh'n?
Mag immer noch früh genug gescheh'n!
Nu, nu, Herr Peter, die Frag' ist ja frei —
Sie ist jetzt schön, wie ein Osterei! —
Du wirst sie doch nicht vergessen han?
Hab ihrer gedacht wohl dann und wann! —
Dann trat ich leise zum Haus hinein
Zu meinem herzlieben Mütterlein.
Und küßte ihr die Hände beid',
Sie aber mußte weinen vor Freud'.
So bist du wieder da, mein Sohn!
Gott schenke dir Segen und Ruh' zum Lohn!
Bin krank gewesen, mein Peter! sehr,
Hätt' dich gesehen bald nimmermehr.
Das Gütchen — Peter! das ist nun dein;
Mag länger nicht mehr die Hausfrau sein!
Ach Mutter, Mutter! ich nehm's nicht an,
Ich bin kein Herr und bin kein Mann:
Ich bin ein siecher Liebesknecht,
Die Wirtschaft ginge wohl nimmer recht!
So mach' es, wie dein Vater getan:
Und such' dir ein schmuckes Ehgespann;
Doch willst du nicht suchen,- such' ich für dich —
Die Liese mag dich ganz sicherlich!
Die mir beschieden der Himmel hat,
Die wird mir werden früh oder spat. —
Dann schafft' ich im Hause so gut es ging,
Weil Mutter wieder zu siechen anfing.
Die Nachbarsleute all' lobten mich d'rum,
Nur Eine allein, die Liese blieb stumm.
Die Töchter vom Örtlein kamen in's Haus,
Nur Eine, ach Eine — die Liese blieb aus!
Sie brachten der Mutter im Schürzentuch
Feinbrötlein und Säfte voll Wohlgeruch.
Sie brachten es selber ganz unverzagt,
Nur Liese, die schickte die Küchemnagd —
Mit kräftigem Süpplein und holdem Gruß.
Die Mutter aß's Süpplein; ich sog den Gruß.
Das kräftige Süpplein, der holde Gruß
Gewährte uns Beiden starken Genuß.
Alt Mütterlein wurde wieder gesund,
Mir labt' es mein Herze so sehnsuchtswund.
Sie trippelte wieder zum Kirchlein hinab,
Dem Himmel zu danken, der Heilung gab;
Ich sollte sie holen auf Heimgeleit,
Doch, wie es oft fällt! versah die Zeit.
Lieb Mütterlein schaute so bänglich umher,
Ob Peter, ihr Sohn, nicht zu sehen wär'.
Da trat ihr Liese lieblich zur Seit'
Und bot ihr freundlich das Heimgeleit. —
Ach, Mutter verzeih und zürne mir nicht,
Weil ich im Geschäfte versäumet die Pflicht,
Die süßeste Pflicht! — Sprach Mutter dazu:
Gib nur dein gutes Herze zur Ruh —
Ich bin schon da! und — die Liese wird dein,
Ist gar ein sittsamlich Jüngferlein!
Ach, liebe Mutter, das tue mir nicht,
Ich bitte dich sehr beim ewigen Licht!
Ich hab' es getan, 's war meine Pflicht;
Doch meint sie, Peter, du liebest sie nicht.
Ist's wahr, mein Peter, ist's wirklich so?
Sag', hast du ein Bräutlein schon anderswo?
So führe es heim um's Morgenrot,
Denn wahrlich uns tut ein Bräutlein not!
Doch hast du keines bei Seel' und Leib,
Die Liese wird gerne Tochter und Weib! —
Und wie sie gesagt, auch bald geschah,
Der Peter vor Freude verging beinah.
Für die, so schmachtende Liebe zerquält,
Hab' ich das herzige Märlein erzählt.
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