Zuversicht
Der König hat geschlagen
Die Freiheit aus dem Feld,
D'rum liegt im alten Schlosse
Gefangen der junge Held.
Der junge Held in Ketten
Schlief einen süßen Schlaf,
Als so mit rohem Hohne
Sein Ohr der König traf:
"Wach' auf verschlaf'ner Feldherr!
Es ist schon an der Zeit,
Schon wälzen deine Scharen
Durch's Land sich hell und breit.
Schon segeln stolze Kämpfer
Herbei mit gutem Wind,
Du denkst nicht an die Rächer,
Die dir erstanden sind."
Da spielt ein stolzes Lächeln
Um des Gefang'nen Mund:
"Was brauch' ich dran zu denken,
Sie sind ja frisch und gesund.
Sie treffen ihre Wege
So sicher und so gut,
Sie kommen mit trockenen Füßen
Wohl durch die Meeresflut.
Einst kommt ein Schiff geschwommen,
Das ganz von Lanzen gleißt,
Nicht hold ist dir sein Führer,
Es ist der heil'ge Geist.
Maria lenkt das Steuer,
Sie fährt zum Strand' heran,
Und Geist und Liebe fangen
Statt euch zu herrschen an."
Herr Ulinger
Der edle Baum der Treue dorrt,
Den Falschen will's gelingen;
Ich traue keinem frommen Wort
Und keinem süßen Singen.
Der Mai wirft seine Kränze aus,
Verlockt mit Klang und Blüten:
Wer Morgens tritt aus seinem Haus,
Der mag sein Herz behüten.
Herr Ulinger hält auf dem Ried
In seiner Jugend Schöne,
Er singt ein helles Tagelied,
Ihm glücken alle Töne.
Er hat die Jungfrau aus dem Schloß
In's freie Feld gesungen:
Schon hat sie fröhlich auf das Roß
Sich hinter ihm geschwungen.
"Ade, Ade, du Bruder mein,
Mit deinen Jägern und Hunden,
Bald bin ich tief im grünen Hain
Auf ewig dir verschwunden!
Im weichen Moos, mein Ulinger,
Wird dich mein Arm umschlingen.
Von deiner Stimme wird, o Herr.
Der ganze Wald erklingen."
Und immer dichter, Ast an Ast,
Und schwerer zu durchdringen:
Im Schatten hielt er dreimal Rast
Mit Singen und Umschlingen.
"O Schad' um deiner Stimme Schall
Bei diesen toten Föhren!
Wir sind so fern im tiefen Tal,
Es kann dich Niemand hören."
Und wieder hielt er dreimal an,
Und es geschah sein Wille:
Da stieg zu Roß der falsche Mann
Und schwieg auf einmal stille.
Sie saßen ab im Mondenschein,
Da fiel ein frischer Bronnen
In einen nackten Felsenstein,
Der war von Blut umronnen.
""Nun wähle hurtig, soll ich dich
In diesem Quell ertränken?
Wie, oder soll ich über mich
Dich in die Föhren henken?""
Sie warf sich in das blut'ge Gras,
Sie rang die weißen Hände:
"Du sollst mich lieben für und für
Bis an mein seliges Ende!
Doch willst du mich in wilder Lust
Dem schnöden Tode weihen,
So gönne mir aus voller Brust
Noch in den Wald zu schreien."
Sie schrie zu Gott, zu seinem Sohn,
Sie schrie zur Mutter Gottes,
Sie rief der Heiligen Legion;
Herr Ulinger sprach voll Spottes:
""O Schad' um deiner Stimme Schall
Bei diesen toten Föhren;
Wir sind so fern im tiefen Tal,
Es kann dich Niemand hören.""
Sie schrie: "Heran, ihr Helden frisch,
Du reisiges Gesinde!
Ihr lagt an meines Vaters Tisch!"
Der Schrei verkam im Winde.
Sie schrie: "Heran, du Bruder mein,
Verlaß die Spur des Rehes!
O wett're in den Forst hinein,
Der Rächer meines Wehes!"
Ihr Bruder ritt just durch das Tor,
Fuhr auf aus seinem Grimme:
"Hallo! was schlägt mir in das Ohr?!
Das ist meiner Schwester Stimme!"
Er schwand dahin vor seinem Troß,
Er ließ seine Winden stieben,
Er hieb die Sporen seinem Roß
In's Fleisch mit blut'gen Hieben.
"Was treibst du hier, mein Ulinger?"
""Tu einen Kloben schrenken;
Ich denke dran, mein hoher Herr,
Ein edles Wild zu henken.""
"Ein Wild, das ihm zu edel ist,
Das soll der Mensch nicht jagen."
Der Landgraf hat zur selben Frist
Herrn Ulinger erschlagen.
Herrn Ulinger erschlagen und
Die Schwester aufgehoben:
Verwehrt mit Küssen ihrem Mund
Das Danken und das Loben.
Doch als sie ritten durch das Tor,
Erklangen alle Glocken;
Da sprach der Bruder ihr in's Ohr:
"Verachte süßes Locken."
Der Euch mit diesem Lied erfreut,
Wird Euch noch viele singen:
Er wünscht, daß alle falschen Leut
An hohen Bäumen hingen.
Eine Nonne
Sie saß gar still im Kahne,
Sein Arm hielt sie umfaßt;
Wann hat der Rhein getragen
Bei raschem Ruderschlagen
Wohl eine schön're Last?
"Wirf hin den kleinen Bündel,
Den Stab aus deiner Hand;
Sollst dich in Seide schmiegen,
Auf hohem Rosse fliegen
Stolz durch dein eignes Land.
Sahst du mein Schloß zu Bingen
Sich spiegeln in dem Rhein?
Von reicher feste Schallen
Die goldnen Wände hallen,
Dort sollst du Herrin sein!"
""Die seidnen Kleider schießen,
Es fällt das höchste Haus;
Euch segne Gott, Herr Ritter,
Bei jenem Gartengitter
Des Klosters steig' ich aus.""
Und als sie trat in's Kloster,
Da rief er durch das Tor:
"Mein Schifflein treib' ich weiter,
Jetzt hol ich Trompeter und Reiter,
Und bring dich wieder hervor!"
Er stand im Ahnensaale,
Die Mannen traten ein.
"Auf, wappnet Euch auf's Beste,
Ich reite aus der Veste,
Mein schönes Lieb' zu frei'n."
Da ward der edlen Steine,
Des Goldes nicht gespart;
Man sah aus grünen Reben
Die weißen Federn schweben; —
Sie ritten blank geschart.
Sie kamen vor das Kloster
Auf einen weiten Plan;
Voran die Jägerbuben,
Die braunen Rüden huben
Ein fröhlich Jagen an
Die Falkoniere ritten,
Die Vögel auf der Faust;
In ihrem Tressenkleide
Sind sie auf grüner Heide
Tollmutig hingebraust.
Sie warfen endlich jauchzend
Die Falken über sich;
Die Träger unten trugen
Die Teppiche, und schlugen
Ein Zeltdach, königlich.
Dort saß der Graf und zechte,
Bis niederging der Tag;
Die Silberhörner klangen
Und edle Sänger sangen
Zu goldnem Harfenschlag.
Gesänge und Gepränge —
Ach — sie verfingen nicht!
Nicht rief der frohe Flitter
An's schwarze Fenstergitter
Ihr schönes Angesicht.
Da sprang der Graf zu Rosse
Und schlug an's Klostertor:
"Den Bronnen meiner Wonnen
Bringt mir, die jüngste der Nonnen,
O führt sie mir hervor!"
Die Pförtnerin, die alte,
Sprach: "Die ist Christi Braut.
Die bring' ich nicht zur Stelle,
Sie kniet in ihrer Zelle
Und lobt Gott überlaut."
""Was kann Gott lauter loben,
Als meine Lieb es tut!?
Gott loben meine Hände,
Wenn sie in diese Wände
Schleudern die helle Glut!""
Da kam die Liebste selber
Im grauen Nonnengewand;
Sie sah so fremd und steinern
Und trug ein alt und beinern
Trinkhorn in ihrer Hand.
"Wir führen keine Waffen;
Was brächt' es uns Gewinn
Fernab vom Weltgetriebe?
Trinkt diesen Trunk der Liebe
Und zieht in Frieden hin."
Der Graf führt unter Tränen
Das Trinkhorn an den Mund:
"Dir bring' ich's, Ungetreue,
Gott schenke dir die Reue!"
Er leert's bis auf den Grund.
"Was ist's, das wie mit Dolchen
Mein Herz von Innen trifft!
Es brennen wilde Flammen
Die Lungen mir zusammen —
O weh! du gabst mir Gift!
Gift!! solche Waffen schmieden
Vom Weltgetrieb entfernt,
Zum Trutze gegen Stürme,
Zum Schutze eurer Türme,
Du hast es schnell gelernt!
Ihr tötet mich um Liebe!
Ihr Mönch und Nonne grau,
Kennt euren Feind: die Liebe —
Die Liebe ist's — die Liebe
Bricht euren Riesenbau!"
Aus alter Zeit
"Dies gute Schwert, ich trage
Es voller Würdigkeit,
Von meinem Mut die Sage
Schallt tausend Meilen weit;
In meines Armes Streichen
Lebt eines Heeres Macht,
Vor meinen Hieben weichen
Die Tapfersten der Schlacht."
Da sprach die Dame sinnig:
"Wozu der Schlachtendrang?
Es tönt so süß und innig
Der Friedensharfe Klang.
O wolle du verschönen
Mir meiner Gärten Zier!
Zu Nachtigallentönen
Schlag deine Laute mir."
Es sprengte von der Brücke
Hinein in's grüne Holz.
Zum Waffenspiel und Glücke
Der Ritter stark und stolz.
Und als er kam zur Heide,
Erdröhnte Hufgestampf,
Und blitzte Helmgeschmeide,
Und donnerte der Kampf.
In einer stillen Stunde
Der lauen Sommernacht
Hat eine trübe Kunde
Der Dame man gebracht:
"Im Tal steht eine Linde,
Trägt Blüten weiß und rot,
Im Wetter und im Winde
Liegt dort dein Ritter tot."
Und als im trüben Mute
Sie zu der Linde kam,
Fand sie in seinem Blute
Den süßen Bräutigam.
So viel der Wunden waren,
Verband sie alle gut,
Mit ihren gelben Haaren
Rieb sie ihm ab das Blut.
Drauf grub sie voll Erbarmen
Mit seinem Schwert ein Grab,
Trug ihn auf weißen Armen
Und senkt ihn still hinab.
Sie sprach für seine Seele
Gebete dumpf und lang;
Zuletzt mit heller Kehle
Sie die Vigilien sang.
Mit kühlen Herbstestagen
Verwelkte sie voll Weh,
Dann hat auf's Grab getragen
Der Sturm den frischen Schnee.
Die Frühlingswinde hoben
Ihn wieder von der Gruft,
Und tausend Lerchen stoben
Sangfreudig in die Luft.
Auf ragendem Balkone
Die bleiche Dame stand,
Des Lenzes Blumenkrone
Verherrlichte das Land;
Und kühle Bäche schäumten
Durch bunter Gärten Ruh,
Wo Herzen friedlich träumten
Dem späten Ende zu.
"Ihr, die ihn mir erschlagen,
Verzeih euch Gott den Sieg!
Wann stirbt in Friedenstagen
Einmal der letzte Krieg!?
All euer Ruhm — ein Wähnen —
All eure Kräfte vereint,
Sie trocknen nicht die Tränen,
Die dieses Aug geweint!"
Turmwächter
Im Wald bin ich gelegen,
Ein armer Jägerknecht,
Den edlen Hirsch zu hegen
In dunklem Laubgeflecht.
Ich hegt' ihn Lenz und Sommer lang,
Bis meine schöne Herrin
Zu Roß in's Dickicht sprang.
Das frischte mein Gemüte
Wohl für das ganze Jahr,
Wenn sie in ihrer Blüte
Bei uns zu jagen war.
Der Vogel sang sein letztes Lied,
Wenn sie zu Herbstes Ende
Vom Waldesrande schied.
Der Herbst kam wieder balde,
Die Herrin nimmermehr;
Da trieb's mich aus dem Walde
Zu ihrem Schlosse her.
Sie gab dies Horn in meine Hand —
Da sitz' ich nun und spähe
Von ihres Turmes Rand.
Da sitz' ich nun erhaben
Und habe still erspäht
Den blonden Edelknaben,
Der nächtens zu ihr geht.
Sie gab dies Horn in meine Hand —
Ich mochte nicht drein stoßen,
Es wär' ihr nur zur Schand'.
Sie mag sich still erfreuen
Der Arme voll und jung,
Doch Osten hellt vom neuen
Die junge Dämmerung;
Nun töne Horn recht frisch und klar,
Die Sichern mag es schrecken,
Der Tag droht mit Gefahr.
Liegt Jemand wo verborgen,
Der hebe sich bei Zeit,
Daß er am lichten Morgen
Sein Säumen nicht bereut!
Schon regt sich's über Berg und Tal,
— O weh mein Herz im Busen —
Schon singt Frau Nachtigall.
Hielt ich die Schlüssel in Händen,
Wohl von des Tages Tor,
Ich wollt' es lieblich wenden,
Ich ließ ihn nicht hervor.
Ich würfe sie in den tiefen Rhein
— O weh mein Herz im Busen —
Zu lieb der Herrin mein.
Vom guten Fräulein
"Was wimmert aus dem dunklen Raum
Dort unter jenem Turme,
Als beuge sich ein Eichenbaum
Und seufze laut im Sturme?"
""O Tochter rede nicht so laut!
Es ist ein junger Ritter,
Der sich das freie Feld beschaut
Aus seinem Kerkergitter.""
"O Vater, hub das Fräulein an,
O weh das junge Leben!
Sollst mir den schönen Rittersmann
Zum Eh'gemahle geben."
""Dem wird kein Ehebett gemacht,
Laß' ab nach ihn zu trachten;
Der liegt in Acht und Aberacht,
Und muß im Turm verschmachten!""
Doch eh' sie ihn verschmachten ließ,
Nahm sie zwei scharfe Feilen,
Und warf sie in das Burgverlies:
"Herr Ritter, wollt enteilen!"
Und als er war der Fesseln los,
Gab sie ihm goldne Sporen,
Sie gab ihm ihres Vaters Roß,
Und führt ihn aus den Toren.
Er winkte fröhlich mit der Hand
Und sah noch oft zurücke —
Das gute Fräulein aber stand
Und weinte auf der Brücke.
Er war dahin — sie aber blieb
Und liebt ihn fort im Stillen —
Er hatte alle Fräulein lieb,
Um dieses einen willen.
Fürstensorge
Und als der Herzog Albrecht kam
Zu Straubing auf die Brücke,
Ist aufgewacht sein alter Gram,
Er riß sein Pferd zurücke.
D'rauf gab er ihm die Sporen
Und rannte wieder hin:
"Hätt' ich dich nie verloren,
Du schöne Bernauerin!
Da ragt sie noch die alte Au,
So maigrün wie vor Jahren,
Du liegst im Grabe, schöne Frau,
Wo Schiffe drüber fahren,
Wo drüber kommt gezogen
Der Wellen blonde Schar —
So floß in sanften Wogen
Dein goldnes Lockenhaar.
Mein Land regier' ich ohne Müh',
Da gibt's nicht viel zu schaffen,
Die Kanzler schreiben spät und früh,
Der Ritter braucht die Waffen;
Die Bürger sitzen friedlich
In ihrem reichen Haus,
In Stuben traut und niedlich —
Dort rissen sie dich heraus!
Geht manches schöne Bürgerskind
Zu München auf der Straßen,
Doch ist mein Aug' für Reize blind,
Seit Agnes mich verlassen!
Mein Baierland mag lenken
Des Himmels kluge Macht,
Ich hab' an Sie zu denken,
An Sie bei Tag und Nacht."
Der Herzog ritt auf grünem Rain,
Und nebenan im Acker
Fuhr mit dem Pflug ein Bäuerlein,
Das rackerte sich wacker.
Als dieses sah wie kläglich
Sein Herr zu Rosse saß,
Ward es gerührt unsäglich,
Bekam die Augen naß.
"O Fürst, mein Aug' in Tränen schwimmt,
Du schaffst uns Heil und Frieden,
Um unser Glück der Kummer nimmt,
Das Deine dir hienieden.
Was du uns still bereitest,
Des hast du dich beraubt:
Der du in Sorgen reitest,
Gesegnet sei dein Haupt!"
Paderborn
Tief unterm Paderborner Dom
Aus einem finstern Spalt,
Drängt schäumend sich ein Wasserstrom
Mit donnernder Gewalt.
Und wer zur Stund' hinunter dringt
Zum Becken dieses Borns,
In dessen Herzen widerklingt
Ein Wogenlied voll Zorns:
"O daß ich nun verschlossen bin
Einsam in tiefer Nacht!
Wie floß ich licht am Saume hin,
Der kaiserlichen Pracht.
Da funkelte der Mauren Putz,
Der Sachsen Stahlgewand,
Um Gnade flehten sie, um Schutz
Nach langem Widerstand.
Gebückt stand hier die Clerisei
Mit demutsvollem Sinn,
Nur Carols Auge rollte frei
Und ich schoß frei dahin.
Wenn Morgenrot beschien den Wald,
Da schwangen sich auf's Roß
Des Kaisers schöne Töchter bald
Mit Speer und Wurfgeschoß.
Vor ihrem Lauf nach Hirsch und Reh
Zerstoben Halm und Ast;
Nie hielten schön're Schenkel je
Ein Jägerroß umfaßt.
So floh der Tag, ein bunt Gewirr,
Dahin voll Pracht und Lust,
Und Abends sanken glühend mir
Die Jungfrau'n an die Brust.
Ich hab' mit kühlem Wellenkuß
Die schönsten Glieder gelabt,
Ich küßte selig Herz und Fuß —
Ich hab' sie so lieb gehabt!
Doch nun ist's aus, ist Alles aus —
Vorbei Genuß und Pracht!
Da oben steht ein Gotteshaus
Und drückt mich in die Nacht.
O könnt' ich schleudern dieses Haus
Von mir mit meinem Gram!
Ich blickte, gleich dem Falken aus,
Dem man die Kappe nahm.
Dann könnt' ich wiederum den Kranz
Der alten Wälder schau'n,
Des Kaiserthrones alten Glanz
Samt all' den schönen Frau'n!"
Die alte Zeit ist nimmer wach,
Gib dich — ergrimmter Born:
Wir haben längst den Kaiser — ach
Und mehr als ihn verlor'n!
Die Königskinder
Zwei blonde Königskinder
Die liebten sich so sehr,
Doch zwischen beiden wogte
Das weite blaue Meer.
Mein Herz, kannst du nicht schwimmen?
Mein Herz, so schwimm zu mir,
Ein Licht an meinem Fenster
Soll weithin leuchten dir."
Die Fackel stand am Fenster,
Der Wind vorüber lief
Und blies sie aus; der Jüngling
Ertrank im Meere tief.
Da kam der Sonntagmorgen
Und Alles war so froh —
Der König sprach: "O Tochter
Was trauerst du denn so?"
""Ach Vater, lieber Vater
Der Kopf tut mir so weh;
Könnt ich spazieren gehen,
Dort unten an der See?""
"Willst du vom Felsenufer
Die wüste Brandung seh'n,
So wecke deine Schwester
Und heiß sie mit dir geh'n" —
""O Vater, was mir fehlet,
Das heilt nicht Woge noch Wind —
Laß meine Schwester schlafen,
Sie ist ja noch ein Kind.""
"So geh' zum Strand dort singen
Die Vöglein weit und breit;
Doch wecke deinen Bruder,
Er gibt dir das Geleit."
""O laß die Vöglein singen,
Sie singen's in den Wind;
Laß meinen Bruder schlafen,
Er ist ja noch ein Kind.""
Nun schwang sie um den Mantel
Und ging hinab zum Strand,
Und suchte auf und nieder,
Bis sie den Fischer fand.
"Mein Fischer willst du fischen
Um einen reichen Lohn,
So fisch' mir aus den Wellen
Den blonden Königssohn."
Der Fischer warf die Netze,
Und fuhr am Strande hin.
Und als er zog, so ruhte
Der Königssohn darin.
Die teure Leiche preßte
Sie an ihr Herz voll Glut;
"O Liebster wenn du lebtest,
Wär' alles wieder gut."
D'rauf schenkte sie dem Fischer
Die Krone und den Ring:
"Was ist so eine Krone
Doch für ein armes Ding!"
Sie ließ den Mantel fallen
Und stürzte sich in's Meer,
Die Wellen tanzten lustig
Am Strande hin und her.
Das war ein Glockenläuten,
Ein Jammer, eine Not —
"Am Strande unten liegen
Zwei Königskinder tot!"
Mannszucht
In einer schönen Lage
Am Rheine irgendwo,
War langer Friedenstage
Ein hübsches Städtchen froh;
Doch blieb's nicht immer so:
Es kam des Krieges Plage.
Was klirrt im hohen Korne
Und aus dem Korn hervor?
Ein grauer Degen vorne,
Die Fahne ragt empor:
Sie reiten durch das Tor —
Der Säbel klirrt am Sporne.
Wo wird der Obrist wohnen?
Er hat ein streng' Gesicht —
Im Rathaus wird er wohnen,
Wo früher das Gericht.
Der reiche Bürger spricht:
O meines Honigs Drohnen!
Es hält ein junger Streiter
Der Feindesfahne Schaft,
Und lenkt, ein schöner Reiter
Des schönen Pferdes Kraft!
Sein Blick ist siegerhaft,
Die Stirne drüber heiter.
Wo wird der Fähnrich finden,
Der Fähnrich sein Quartier?
Wird's in der Schenke finden
Bei Wein und gutem Bier:
Dort stehen vor der Tür
Zwei große grüne Linden.
Und als die Linden küßte
Der rote Abendschein,
Da saß der Fähnrich wüste
Bei Bier und gutem Wein;
Ein Anblick nährte sein
Verbotenes Gelüste.
"O blonde Schenkentochter,
Bist dieses Sommers Zier!
Aus deinen Haaren flocht er,
Ein Netz gar listig mir,
Dein Anblick führt mich irr —
Die Treue unterjocht er."
Wenn sie mit blanken Krügen
Durcheilte das Gemach,
Trank er in langen Zügen,
Sein Auge folgt' ihr nach;
Denn Alles was er sprach
Vernahm sie mit Vergnügen,
Erwog es mit Entzücken —
Da ward die Stube leer.
"Du solltest näher rücken
Mein schönes Kind, komm' her!"
""Euch widersteht man schwer.""
Er denkt: es dürfte glücken. —
Wer läuft bei Tagesgrauen
Zum alten Obrist hin?!
Der runzelt seine Brauen:
"Wer bist du Lärmerin?"
""Ach meine Ehr' ist hin!
Dürft nicht mein Antlitz schauen.""
"Wer hat sie dir genommen?"
""Ein junger Offizier!
Er trug als ihr gekommen
Das flatternde Panier"" —
"Was er getan an dir,
Das soll ihm nimmer frommen!"
Der Obrist führt im Schimmer
Des Morgens seinen Zug
In's Wiesentaugeflimmer,
Die Lerche drüber schlug:
Der junge Fähnrich trug
Die Fahne stolz wie immer.
Doch als zurück sie ritten,
Trug sie ein andrer Mann.
Da stürzt mit schnellen Schritten
Des Fähnrichs Frau heran:
"""Herr Obrist haltet an,
Mein Gatte fehlt inmitten!
Was ist ihm zugestoßen?
O sagt es — was es sei!""" —
"Es kommt der Rhein geflossen
An einem Kreuz vorbei,
Dort draußen haben drei
Dragoner ihn erschossen."
Fischer
Im Haus des jungen Fischers
War nichts als Frost und Not,
Da ging er über die Düne
Und sprang in's kleine Boot.
Er nahm die alten Netze
Fuhr auf die hohe See —
Was begegnet ihm auf dem Wasser?
Der Reif und der kalte Schnee.
Er wirft und zieht — doch bleiben
Die Netze immer leer,
Sein Boot ist ohne Ladung,
Sein Herz nur wird ihm schwer.
Sein Schifflein läßt er treiben
Lehnt sich auf's Ruder matt,
Da läuten durch die Nebel
Die Glocken der nahen Stadt.
"O Glocken schweigt doch stille,
Ihr klingt mir wie zum Hohn,
Denk ich meiner ehernen Armut
Bei eurem silbernen Ton."
Die Sonne teilt die Nebel,
Es prangt die Stadt am Strand,
Die grünen Wellen bespülen
Der Marmortreppen Rand.
Viel edle Herren gehen
Zum Dom im schwarzen Staat,
Mit ihnen stolze Frauen
In rauschendem Brokat.
Und aus den fremden Blumen
Am Fenster, am Altan,
Blicken den schönen Fischer
Neugierige Augen an.
Da war eine junge Fraue,
Die saß allein zu Haus,
Und hielt das blühende Antlitz
Zum hohen Fenster hinaus.
Sie sah den Fischer unten
In seinen stummen Schmerz,
""O sag' mir schöner Knabe,
Wonach dein Herz begehrt?""
"Mich trieben Frost und Hunger
Vom Strand auf die hohe See —
Was ist mir dort begegnet?
Der Reif und der kalte Schnee!
So frist ich mir das Leben,
So kummervoll, so schwer;
O könnt ich aus reichem Hause
Wie du, beschauen das Meer!"
Da griff die Frau in den Busen
Und warf den Schlüssel hinab,
""So komm, ich will deinen Kummer
Dir stillen, du blühender Knab'.'"
Er trat in's prächtige Zimmer,
Da war sein Staunen groß,
Doch größer, als ihn die Schöne
Mit weißen Armen umschloß.
Sie küßt' ihm Mund und Augen,
Ihm war's als träumt er schwer:
""Nun weilst du im reichsten Hause,
Beschaue dir sorglos das Meer.
Nun spült des Weines Welle
Vom Herzen dir das Weh,
Nun schmelzen meine Küsse
Den Reif und den kalten Schnee.""
"Du bist wohl die Frau vom Hause —
Doch sprich, wo ist dein Mann?"
""Der kniet im Dome droben
Und betet die Heiligen an.""
"Und kniet dein Mann im Dome
Und betet die Heiligen an,
So haben wir schwer gesündigt!"
Sie hub zu lachen an.
""Wer je mit vollen Segeln
Hinsteuern will geschwind,
Der darf den Sturm nicht fürchten —
Du bist noch ein töricht Kind!""
Da trat der Hausherr unten
Mit schwerem Schall in's Haus:
""Nun hurtig, lieber Fischer,
Du mußt zum Fenster hinaus.
Was soll ich dir noch geben
Für diese süße Stund'?
Eine Locke von meinen Haaren,
Oder Münzen schwer und rund?
O wähle, schöner Knabe,
Wonach steht jetzt dein Sinn?""
"Mein Sinn steht nach dem Wasser
Wo ich immer gewesen bin.
Es steht mein Sinn, mein heißer,
Nach Reif und kaltem Schnee,
Nach ehrlicher Not und Arbeit
Mitten auf wogender See!"
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