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Historienbilder
 

Der rechte Weg
Landgraf Ludwig der Eiserne
Landry
Die Frau von der Weißenburg

Der rechte Weg
1505

Da schwangen sich zu Rosse
Die Herrn, und grüßten sich,
Gen' Sachsen mit dem Trosse
Ritt Herzog Friederich.
Er war nicht eben heiter —
Ihm ritt zur rechten Hand
Ein blasser schlechter Reiter
In faltigem Gewand.

"Was streiten und was fechten,
Der Friede sei mein Hort!
In dieser Sach' mag rechten
Der Bibel heilig Wort.
Sie wird sich vorwärts bringen
Und Luther ihren Mann,
Sie wird sich mehr erringen,
Als ich ihr geben kann.

Mich wird man stets bekämpfen,
Verkleinern so und so;
Ich will das Licht nicht dämpfen,
Doch stoßen nicht in's Stroh,
Windstille Tage, Ruhe
Geb' ich ihm zum Gedeih'n,
Denn was ich immer tue,
Man wird es stets verschrei'n.

Der Pabst der möcht mich bannen,
Der Luther nennt mich schwank,
Ich reite nun von dannen
Und habe keinen Dank.
Dem Einem von den Beiden,
Dem bessern nütz' ich doch:
O Thron du Sitz der Leiden!
O Krone bitt'res Joch!

So welk' ich in den Tagen
Voll Sorg und Unmut hin,
Wer wird einst Gutes sagen
Von mir, o Spalatin?!
Wie ich entgehen könne
Des üblen Rufes Fluch,
Zeig mir den Weg und gönne
O Gott! mir den Versuch!"

Herr Spalatin wird blässer,
Was soll er sagen d'rauf —
Da hielt ein klein Gewässer
Die edlen Reiter auf.
Es rann geschwind, geschwinder
Durch Blumen bunt und viel;
Am Ufer hatten Kinder
Mit glattem Kies ihr Spiel.

Als sie der Hufschlag störte,
Stand jedes aufgericht;
Ihr Anzug der gehörte
Wohl zu den besten nicht.
Den Mädchen und den Knaben
Sah durch das Kleid die Haut,
Mit großen Augen haben
Sie große Pracht geschaut.

Da rief der Herzog seinen
Begleiter: "Spalatin!
Reich diesen lieben Kleinen
Von meinem Golde hin.
Sie sprechen noch erwachsen,
O glaube mir gewiß,
Vom Herzoge von Sachsen,
Der ihnen geben ließ.

Was man den armen Kindern
Mit vollen Händen tut,
Das läßt sich nicht vermindern,
Nicht deuteln bös noch gut."
— Da schweigt er jäh' — Mit Weinen
Er demutsvoll sich neigt, —
Er merkt, wie Gott den Seinen
Die rechten Wege zeigt.

Landgraf Ludwig der Eiserne
1150

Zu Ruhla vor dem Dorfe
Steht eines Schmiedes Haus,
Das sieht recht traurig aus:
Zerbrochen ist der Zaun,
Verwüstet ist der Garten,
Die Mauern zeigen Scharten,
Die Tür ist eingehau'n.

Da kam die Nacht gesunken,
Es duftete im Tau
Die wildbelebte Au.
Das war den ganzen Tag
Ein Jägerhörner-Schallen! —
Verhallt der Klang von Allen —
Jetzt dröhnt der Hammerschlag.

Die müden Bälge rasten,
Der Schmied begehrt nach Ruh';
Da trabt's der Hütte zu:
"Hab' mich im Wald verrannt,
Ich bin — hilf mir vom Rosse —
Von Ludwig's Jägertrosse."
Hat ihn der Schmied erkannt?

"Mein Schmied, gib mir zu trinken
In dieser kühlen Nacht. —
O schöne Waldespracht!
O Mond mit deinem Schein!
Nun ruhet das Gewilde:
Mir wird das Herz so milde
Wie einem Jungfräulein!"

Was hat den Schmied befallen?
Er reißt in stummer Wut
Die Stange aus der Glut;
Dann donnert Streich auf Streich,
Die Funken sprühn und zischen —
Der Schmied ergrimmt inzwischen:
"Du bist noch viel zu weich."

"Mein lieber Schmied von Ruhla!
Hast einen schlechten Zaun."
"Wer kann da Gutes bau'n?!
Ich hörte Hussaruf —
Mein Grundherr kam geritten
Mit seinen Jägern — mitten
Im Garten schlug der Huf."

"Mein lieber Schmied von Ruhla!
Dein Mauerwerk ist schlecht."
"Ei, ihr versteht's nicht recht!
Des Grundherrn starke Hand
Schrieb, daß er mir in Ruhe
Geleeret Stub' und Truhe,
Von Außen an die Wand."

"Mein lieber Schmied von Ruhla!
Du hast ein schlechtes Tor."
"Wer Hab und Gut verlor,
Ein bess'res leicht erspart.
Doch Jäger, hilft das Klagen!?
Ich will mein Eisen schlagen —
Da Ludwig werde hart!"

"Wann bringt mir deine Hausfrau
Den kühlen Labewein?"
"Das läßt die Stolze sein!
Sie ist beim Herrn im Schloß.
Ich schmiede da und wette,
Der Herr nahm sie zu Bette,
Ob sie es auch verdroß!

Wie lebt denn unser Landgraf,
Mein trauter Jägersmann?
Wächst er schon hübsch heran?
Bekommt er schon den Bart?
Gott schenk' ihm Glück und Frieden,
Ich muß mein Eisen schmieden —
Da Ludwig werde hart!"

Da riß dem Schmied der Jäger
Den Hammer aus der Hand,
Schwang ihn ergrimmt, und stand
Am Feuer zornesrot:
"Ich Ludwig will von Eisen
Dem Adel mich beweisen
Im Leben und im Tod!"

1172

O Gott, wie lag in Trauer
Das ganze Thüringer Land!
Der Türmer auf der Mauer
Vor Tränen sein Horn nicht fand.

Noch eh' die Luft voll Schauern
Vertrug den Klageton,
Wußten es Bürger und Bauern
An allen Enden schon.

Der Küfer rief den Seinen:
"Was schlägt mir ins Gehör?!"
Der Schneider traf vor Weinen
Nicht mehr in's Nadelöhr.

Die bleichen Weber näßten
Mit Tränen ihren Lein:
Dem Wirt rann vor den Gästen
Das Wasser in den Wein.

Den Wechselherren rollten
Die Gülden über'n Tisch,
Die Kaufmannsdiener trollten
Sich auf die Gasse frisch.

Da stand der Bote düster
Und rief die Botschaft aus, —
Kopfschüttelnd mit Geflüster
Ging jeder trüb nach Haus.

Wem künd' ich das zum Ruhme?
Voll Rosen jeder Zaun,
Wie eine einz'ge Blume
Ganz Thüringen zu schau'n.

Die Häuser wohl behütet,
Die Gärten wohl beschützt,
Die Scheuern voll geschüttet
Und jedes Feld benützt.

Wem sing' ich das zum Ruhme?
Wer zierte so das Land?
Dem Landgraf wuchs die Blume
Aus seiner eisernen Hand.

Wollt ihr gen' Naumburg kommen?
Dort liegt Herr Ludwig tot,
Zu früh, zu früh verglommen
Ein schönes Morgenrot.

Man wird das Tor aufsperren!
Habt acht, was es verbarg!
Seht! — lauter edle Herren,
Sie tragen einen Sarg.

Sie möchten sich beeilen,
Denn sauer ist der Gang
Nach Reinhartsbrunn: — zehn Meilen,
Bei Gott, der Weg ist lang.

"O wehe! knechtlich Placken
Mit Rücken blau und wund!
Der Herr liegt auf dem Nacken,
Uns eisern bis zur Stund.

Er hat es treu gehalten
Was Er zu Ruhla schwor,
Bald aber steht's im Alten —
Gottlob das Klostertor!"

Und als der Sarg' vom Rande
Der Gruft hinunter fiel,
Da brachen rings im Lande
Die Blumen von dem Stiel.

Die Herren aber drängten
Zu ihren Rossen sich;
Wo sie vorüber sprengten,
Das Volk zur Seite wich.

Landry*
584
Ballade

Die Brunnen sprangen hell,
Die Nachtigallen schwangen
Sich leichten Flugs und sangen
Um's Königsschloß zu Chelles.

Da wacht der König auf
Aus qualerfüllten Träumen:
"Das Roß soll man mir zäumen,
Dem Hirsche nach sein Lauf.

Es kann nicht möglich sein!
Ich hab mein Weib verstoßen,
Der Söhne Blut vergossen —
Für s i e. — Nun diese Pein!

Landry den nied'ren Knecht,
Er trug mir Spieß und Bogen,
Hätt' sie mir vorgezogen —
Der dient mir nicht so schlecht."

Wirft um das Bärenfell,
Nach seiner Gerte greift er,
Gar unruhvoll durchschweift er
Die duftenden Gärten von Chelles.

Da war im Tannenrund
Ein Grottentor zu sehen,
Dort traf er badend stehen
Die Königin Fredegund.

Die nackte Wohlgestalt
Bog sich zum Wasserspiegel,
Des Königs Schwert und Siegel
Lenkt dieser Reize Gewalt.

Vom König abgewandt
Wusch sie das Haar im Bücken,
Den marmorweißen Rücken
Traf leicht des Königs Hand.

"Landry, was schlägst du mich?"
Den Körper nicht erhebend,
Sah sie zurück, und bebend
Den König Chilperich.

Doch der verlor kein Wort:
Er stürzt aus kühler Grotte
Aufs Roß — der Jäger Rotte
Ihm tobend nach — und fort —

Fort in des Zornes Drang,
Bis er in wilden Schlünden
Allein. — Auf fernen Gründen
Das Jägerhorn verklang.

"Du Sturm, der es vermag
Den Eichenstamm zu brechen,
Du lehr' mich stürmisch rächen
Die Untreu', der sie pflag.

Du nicht — wie Blitzes Brand
Will ich das Mark ihr sengen!
Oh! Ärg'res noch verhängen
Soll meine Königshand.

Da ist der Wölfe Spur,
Die Blut zu trinken heischen!
Ein Tier möcht ich zerfleischen
Ihr Herz voll Unnatur!

Die Hufe meines Heers
Sollen den Leib zerschlagen,
Ihr schönes Haupt soll tragen
Die Spitze meines Speers."

Er ritt die halbe Nacht
Durch Teich und Moor, und stöhnte
Vor Wut. Sein Mund verhöhnte
Der Sterne heil'ge Pracht.

Da wirft er's Roß herum —
Das ist ein Ritt zur Rache;
Klar ist der Augen Sprache,
Die Lippe bleich und stumm.

Am Strome sieht er hell
Entfernte Fenster glänzen:
"Ich steure deinen Tänzen
Mein falsches Schloß zu Chelles."

Vorbei am faulen Sumpf —
Im Schwall, im rasselnden Schilfe
Die Arme streckt nach Hilfe
Prinz Merwig's blut'ger Rumpf.

Am Gitter zu Saint Pres
Kniet Audaveres Leiche;
Es blutet noch vom Streiche
Ihr Nacken weiß wie Schnee.

Und von der Brücke gar
Sieht Chlodowig er tauchen
Aus Wellenschaum, und rauchen
Von Blut sein langes Haar.

"Zur Ruh' hinunter geht!
Auf Hufen donnertönig
Naht hier ein rächender König,
Dem keiner widersteht.

Gott! gib' der Rache Bahn,
Wenn sie an Weib und Kindern
Die Blutschuld mir vermindern,
Der Seel' gedeihen kann."

An der Treppe hielt sein Roß —
Landry trat ihm entgegen
Und stieß ihm jäh den Degen
Durch's Herz mit einem Stoß.
 
*zum besseren Verständnis diese Ballade in geraffter Form erklärt.
(Vom Verfasser dieser Ballade!)

Chilperich I. König zu Frankreich in Soissons, lebte in Buhlschaft mit Fredegund,
Kammerfräulein seiner ersten Gemahlin Audavere, von welcher er sich eines
nichtigen Grundes willen scheiden ließ.

Während Audavere in der Verbannung zu St. Germain de Pres lebte, heiratete
Chilperich Galsonde, die Tochter des westgotischen Königs Athanagild,
die er bald darauf auf Anstiften der Fredegund erwürgen ließ.

Nun heiratete er diese Fredegund, auf deren Antrieb er seine beiden Söhne
Merwig und Chlodowig zu töten, endlich auch die Königin Audavere zu St. Pres
zu enthaupten befahl.

Landry, oder Leandrus de la Tour, stach diesen Wüterich endlich auf Geheiß der
Fredegunde tot, als sie ihr Liebesverhältnis mit diesem Vasallen durch jenen
Zufall entdeckt sah, der im Eingange der erläuterten Ballade vorgetragen wird.

 
Die Frau von der Weißenburg*
Romanze
1087


Es ritt ein Herr zur Weißenburg
Wohl über Klee und Korn,
Und als er auf der Brücke stand,
So stieß er in sein Horn.
Die Frau fuhr auf vom Schlafe
Und zu dem Fenster sprang:
"Sei, lieber Landgraf, mir gegrüßt
Mit deinem holden Klang.

Du rittest aus zur guten Stund,
Noch hat es kaum getagt;
Mein Herr ist frühe schon zu Wald
Gen' Grünigen und jagt."
""Und ist dein Herr gen' Grünigen,
Mein Roß holt seines ein;
Du bist nur heute noch sein Weib,
Sollst morgen meines sein.""

Herr Ludwig ritt durch Moos und Teich
Bis in die Waldung tief,
Da lag am alten Lindenbaum
Der junge Graf und schlief.
Zu seinen Füßen ruhte
Der Rüden blanke Schar,
Und über seine Wangen floß
Sein langes gold'nes Haar.

Herr Ludwig winkte seinem Knecht:
""Spann deine Armbrust jach
Und schieß den Grafen durch das Herz!""
Der Bube aber sprach:
"Warum soll ich zerschießen
Das Herz dem guten Mann?
Er hat im ganzen Sachsenland
Niemanden Leids getan."

Da fuhr der junge Pfalzgraf auf,
Er sah den Feind voll Grimm's:
""O, Landgraf, magst du all mein Geld,
Geh' in mein Schloß und nimm's!""
"Was tu' ich mit dem Gelde?!
Ich sag' nicht, was ich mag;
Du aber lebst nicht länger mehr
Als diesen halben Tag."

""Und lischt mein junges Leben aus
Mit diesem halben Tag,
So leg' ich es in Christi Hand,
Die alles wenden mag.""
"Wer soll an deinen Kindern
Nun üben Treu und Pflicht?"
""Das möge Gott im Himmel tun,
Eine Mutter haben sie nicht!""

"Wem gibst du all dein rotes Gold,
Wem Roß, wem Stier und Pflug?"
""Den Armen — denn die Reichen — ach!
Die nehmen sich selbst genug.""
"Wohin mit deinen Waffen?"
""Zu mir in's Grab. Ein Schwert
Verrostet besser unten, als
Es oben blitzt entehrt.""

"Wem soll befohlen sein dein Schloß?"
""Der wilden Flammenzung'!
Sie leck' es von dem Boden weg —
Es sah der Schand genug!""
"Wem deine Frau, die schöne,
Die schönste Frau im Land?"
""Ihr Leib den Vögeln auf der Heid,
Ihr Angedenken der Schand!""

Leb' wohl o Wald, so froh durchschallt,
Du grünes Lustgebiet!
Beklag' den Tod des treu'sten Mann's,
Den seine Frau verriet!""
Voll Tränen stand den Rüden
Das Aug bei solcher Not,
Herr Ludwig aber stach den Herrn
Samt seinen Hunden tot.

 
*Die handelnden Personen dieser Romanze sind:

a) Ludwig der Salier, auch Saltator (der Springer),
   Graf von Thüringen, starb 1123.
b) Friderich III. von Gosek, Sohn des Pfalzgrafen
   Friderich von Sachsen.
c) Adelheid, Udo von Nordmark's Tochter, Friderich III.
   von Gosek Gemahlin, starb als Ludwig des Salier's
   Gattin anno 1110.

Vom Verfasser dieser Romanze erklärt.