Ausbeuten auf der Promenade
Der Promenierende.
Schön ist der Tag und heiß, es ergeht sich gar lieblich im
Schatten,
Und das frohe Gewühl drängt mich gar lustig mit sich.
Der Grieche.
Mag den Peloponnes Türk', Jud' oder Grieche beherrschen,
Sicher spaziere ich hier, rauche in Frieden Tabak.
Der Schweizer.
Wär' ich im Alpental', im Spiegeln der ewigen Jungfrau!
Denn die irdischen hier scheinen mir falsche Compote.
Der Reisende.
Eitel traf ich am Pol', am Niagara den Menschen,
Wie der Franzos' à la mode, prahlet der Neger im Fell'.
Die alte Trödlerin.
Halten können sie sich, das ist wahr, wie echte Komtessen,
Wer wohl kennt aus dem Putz' meine zwei Mädel heraus!
Die Verblühte.
Ach, wie girrten sie sonst, und schmachteten, baten und flehten,
Aber der glanzlose Herbst hält nur den Freund noch zurück.
Die Schöne aus der Provinz.
Nein! da lob' ich mir doch mein Städtchen, — das wüste Gewühl
hier!
Ach! wie sahen sie dort alle nur einzig auf mich!
Die Kokette.
Mir gefiel' das Gewühl? Ach! lieber Baron, was sie denken!
Könnt' ich am blumigen Hang' weilen im einsamen Tal'!
Die Schwester.
Drüben her schielt der Husar; ach, wie sich die Schwester doch
aufbläht,
Und sein schmachtendes Aug' weilt doch nur einzig auf mir!
Die altbürgerliche Familie.
Köstlich ist's hier im Grünen bei Wein und duftendem Schinken,
Mag die moderne Welt hungern im flittrigen Tand'.
Der Sonderling.
Daß ich hierher mich verirrt! das leidige Quieken und Quaken!
Wohl in drei Wochen kaum geht mir der Lärm aus dem Ohr'.
Die Weltdame.
Seh'n sie, mon cher! die Baronin geht dort ganz ohne Begleitung,
Sein sie galant, der Major reicht mir indessen den Arm.
Die Verlassene.
Drüben tändelt mein Karl mit der argen, buhlenden Dirne,
Mitten im frohen Gewühl' bricht mir im Stillen das Herz.
Das Stubenmädchen.
Wehe, die Herrschaft! — mein Freund, aus der Hauptallee
echappieret!
Denn die gnädige Frau kennt ihren Schleier gewiß!
Die vornehme Dame.
Bitte einmal, Chevalier! wie gepfropft der Schmuck und die
Perlen!
Aus überladenem Quark' schaut die gemeine Madam.
Der Schuldner.
Jetzt gilt's, hinein in's Gewühl! Kaum wag' ich mich heute an's
Taglicht,
Bringt mir der Teufel auch schon so einen Herrn auf den Hals.
Das stille Grab
Da drüben steh'n viele Gräber,
Gebroch'ne Herzen darin,
Es wallt und kommt gar leise
Zu den lieben Gräbern hin.
Sie bringen viel schöne Blumen,
Viel liebe Blumen heraus,
Und streuen sie all' auf die Gräber,
Und schmücken sie freundlich aus.
Möcht' auch so niederknien
Und schmücken und beten gern,
Ach! aber meine Toten
Ruh'n in der Grüne gar fern!
Kenn' keines aus all' den Gräbern,
Von den tausend Herzen zumal
Schlug keines je an meinem,
Vergehend in Lust und Qual.
Was ist denn dort in der Ecke
Für ein Grab noch frisch und neu?
Es eilen Alle vorüber,
Und kreuzen sich flüchtig dabei.
Kein Blümchen, kein junger Rasen
Umgrünt das einsame Grab,
Es weint kein liebendes Auge
In's stille Dunkel hinab.
Der einsam da innen schlummert,
Der sprang in den Mühlteich hinein,
Seine Liebste brach ihm die Treue,
Da mocht' er nicht länger sein.
Das also ist dein Verbrechen,
Drum sind sie furchtsam entfloh'n,
Weil treu du an Liebe gehalten,
Ist Scheu und Bekreuzung dein Lohn!
Da will ich niederknien,
Und beten und weinen einmal,
Will Blumen zum Grabe tragen,
Und schmücken das stille Mal!
Schlaf' ruhig, schlaf' sanft da innen,
Du treues, du herzliches Blut!
Vergiß sie, — die Arge, die Falsche,
In deiner stillen Hut!
Und Jede, die Treue will brechen,
Und geht hier am Hügel vorbei,
Die mög' es im Herzen stechen,
Und mahnen an Liebe und Treu'!
An Sie
Bei einer Vermählung
In stiller Ecke kniet sie, holdbefangen,
Schaut auf die Braut mit träumerischem Sinnen,
Der Augen Glanz, die hocherglühten Wangen
Verkünden, was sie fühlt im Herzen innen,
Wohl ahnet sie der Freundin süßes Bangen
Und das Entzücken, das sie wird gewinnen;
In süßen Bildern, holdbewegten Träumen
Soll ihr der Liebe leise Ahnung keimen.
Wohl wirst auch du gar bald zum Altar treten,
Wirst Ringe wechseln, süße Blicke tauschen,
Und stillentzückt, wie heut' die Braut, erröten,
Da werd' ich fern in stiller Ecke lauschen,
Werd' einsam weinend für dein Glück nur beten,
Und leise steh'n im jubelvollen Rauschen;
Ein schöner Segen mög' dein Leben leiten,
Und Liebe dir den Kranz aus Myrthen deuten!
Der Nachtwandler
Da drüben im einsamen Kämmerlein
Da schläft er all' Abend gar still und allein,
Sonst hielt wohl sein Liebchen ihm freundliche Wach',
Nun nimmer, seitdem er die Treue ihr brach.
Und kommt nun der Vollmond bleich schimmernd heran,
Und schaut ihn so winkend durch's Fenster an;
Da faßt's ihn im Schlummer so ängstiglich schier, —
War oft ja gesessen im Monde mit ihr.
Da treibt's ihn vom Bette, da drängt's ihn hinaus,
Da kommt er allnächtlich in's Freie heraus,
Mit glanzlosem Auge, mit bleichem Gesicht',
So wandelt er einsam im Mondenlicht'.
Allnächtig da schleicht er gar unstet und scheu
Bei jeglichem Pflänzchen der Liebe vorbei,
Schwankt stille vorüber am Bachesrand',
Wo einst ihm sein Klärchen die Liebe gestand.
Es treibt ihn wüst ohne Ruhe fort,
Durch einsame Heide zum Friedhof' dort,
Da will's ihn über die Gräber durch's Grün
Gar einsam in heimliche Ecke zieh'n.
Dort drunter da schlummert ein treues Herz,
Die Treu' ward gebrochen, da brach's auch der Schmerz,
Eine Träne sinkt still aus dem starren Blick,
Als dächt' er voll Wehmut zurück, zurück.
Da beugt er sich leise zum Hügel herab,
Pflückt stille sich tauige Blumen vom Grab',
Schleicht leise dann, wie er kam, nach Haus,
Manch mahnend Vergißmeinnicht hat er im Strauß.
Und weicht nun dem Morgen die scheidende Nacht,
Und wenn er nun müde zu Bette erwacht,
Da liegen Vergißmeinnicht rund um ihn, —
Wohl weiß er, auf welchem Herzen sie blüh'n.
Zum Abschiede
Holdes, liebliches Mädchen, lebe wohl! ach,
Ferne wirst du von mir nun sein, doch immer
Werd' ich dein noch gedenken, liebe Seele!
Feuchteren Blickes. —
Und gedenken der schönen, heil'gen Stunden,
Wenn, ergriffen vom Aufschwung deiner Lieder,
Kühn und wirbelnd mein Geist in schön'ren Träumen
Fessellos schwebte;
Dein gedenken, wenn künstlich und gemessen
Mich die Sänger der Residenz ergötzen;
Anders klangen, so fühl' ich dann, die Lieder
Meiner Luise!
Ach! ein Jubeln, ein Seufzen war dein Singen,
Im verklärteren Auge schwamm der Himmel,
Und der heilige Busen hob sich zitternd,
Leise erbebend.
Wann der Busen dir wieder heilig aufbebt,
Und dein Auge im Liederschwunge leuchtet,
Dann, Luise! dann mög'st du mein gedenken —
Feuchteren Blickes!
Des Wildschützen Liebe
Wenn Nachts schon längst von Haus zu Haus
Der Schlaf zu zieh'n begann,
Da rauscht es aus dem Wald' heraus,
Ein langer, dunkler Mann.
Vorbei an Gräbern schleicht er dicht, —
Bei Toten weilt sein Sinn —
Er hat nicht Ruhe, ging er nicht
Zu Röschens Fenster hin.
Der Wildschütz liebt, — am Kirchengang'
Sah er sie einmal steh'n,
Seitdem treibt's jede Nacht ihn bang,
In's Dorf hinab zu geh'n.
Ein Dornenzaun steht, wie zur Hut,
Um Liebchens Aufenthalt,
Was kümmert's ihn wohl, ob sein Blut
Weißrose überwallt.
Sie flicht just drin ihr goldnes Haar,
Beim matten Lampenschein',
Kniet fromm dann hin zum Hausaltar',
Und lächelt betend drein.
O Gott, da möcht' er knien, auch so
Fromm beten, ach, wie sie; —
Wohl jedem steht ein Blümchen wo,
Für ihn blüht Rose nie!
Die weinende Rose
Innig umschlungen standen Beide, stürmisch,
Bange klopfte des Jünglings Busen, stiller
War die fromme Seele des Mädchens, und sie
Glühten in Liebe.
Innig umschlungen standen Beide — bange,
Ach! — der nächste Moment schon rief zur Trennung,
Und das Wort erlosch, an der Lippe sanft hin-
Sterbend im Kusse.
Glühender, heißer schwelgte Aug' in Auge,
Und es neigte das Mädchen sich zum Jüngling',
Drückt die Hand ihm wärmer und reicht ihm eine
Rose des Frühlings.
Und aus dem Blick' des Jünglings fiel ein Tropfen
Heiß und glühend, und eine Träne rollte
Aus dem sanften Auge der Jungfrau mild, wie
Tauen des Himmels.
Und in die Rose sanken beide Tränen,
Mischten inniger sich im stillen Kelche,
Und als Zeichen ewiger Liebe nahm der
Jüngling die Rose.
Einst bei des Wiedersehens Wonne reicht' er
Still begeistert der Jungfrau hin die Rose,
Und die Jungfrau schlang in den Hochzeitkranz die
Weinende Rose.
Epilog zu
Wilhelm Hauffs Lichtenstein
Der Vorhang sinkt, die lieben Bilder scheiden,
Die wechselvoll dem Auge vorgeschwebt,
Mariens Lust und Bärbchens Liebeleiden,
Zum Traume wird, was kaum noch frisch gelebt;
Gerührt fühlt sich das Herz, und mag nicht meiden
Die Träne, die dem Auge leis entbebt,
Was diese einst geführt zu Lust und Schmerzen,
Es webt noch fort in jedem Menschenherzen.
Beruhigt längst sind jene schönen Auen,
An Rebenhügeln Neckars Wellen ziehn,
Von keiner Träne mehr die Spur zu schauen,
Wie sie auch heiß im Auge mochte glüh'n;
Auf Lichtenstein darf Nest der Geier bauen,
Des Pfeifers Haus ließ keine Spur im Grün,
Von ihrem Leben, wie von ihrem Lieben,
Ist nur der Sage dunkler Klang geblieben.
Wir walten jetzt, verändert ist die Sitte,
Die Gegenwart behauptet streng ihr Recht,
Die rohe Kraft gebannt aus uns'rer Mitte, —
Doch manche Tugend floh auch, fromm und echt;
Und auf die Zeit, mit ihrem Riesentritte,
Schaut zweifelhaft das feinere Geschlecht,
Mag Vieles wechseln, Rede, Kleid und Falten,
Der Sinn des Lebens kann doch nie veralten.
Und eben, wie sie damals liebten, irrten,
Liebt, irrt und träumt das arme Herz noch jetzt,
Noch prangt als Lohn des Kampfs der Kranz aus Myrthen,
Wie ihn die gute, alte Zeit gesetzt;
Doch mit dem Schwert' nicht, wie sich's Ritter gürten,
Leis wirbt man nun, und hofft und schweigt zuletzt;
Sonst mochte Blut gebroch'ne Liebe rächen,
Wer zählt die Herzen nun, die heimlich brechen.
Vor einem Grabe
Ein Grab! —so ein dämm'riges, trautes Asyl,
Keine Lust mehr, kein Lebenschmerz!
Läg' gerne da innen still und kühl
Zur Ruhe gebracht das Herz.
Weiß nicht — die Leute, und drückt sie noch
So Vieles, seh'n scheu nur hin,
Mir fehlt just nichts auf Erden, und doch
Läg' am liebsten vor Allem da drin.
Einst lag ich gar still im Wiegenschrein',
Bin nun dazu schon zu groß,
Kann nunmehr in diese Wiege hinein,
In der Erde Mutterschoß.
Im Walde
Es rauschen die Wipfel, es singen
Die Vögel mit darein,
Ich lieg' im Moos und starre
In's Regen und Weben hinein.
Es läutet eine Glocke,
Mich überkommt ein Schmerz,
Als wär' ich wo weit in der Südsee
Das einzige liebende Herz!
An Laura
Keine Freude mehr, Laura! ausgetreten
Deine Sterne, verweht die Blumen, trostlos
Deine Zukunft, nur jähe Blitze leuchten, —
Weil du gesündigt!
Keine Liebe in deinem ganzen Leben,
Nie ein Säugling am Busen dir, kein Mensch, der
Je dich herzlich umfängt, der eine stille
Träne dir trocknet!
Noch glüht dein Mai, die Wange leuchtet, Sehnsucht
Flammt dir im Blick, die strengen Schwestern zischen,
Statt des liebenden Himmels sinkt die Erde
Kalt in den Arm dir!
Das Zauberschiff
Es rauscht die Flut, es steht das Meer,
Bald wild, bald spiegelklar,
Da fährt ein Schiff gar schnell daher,
Nun eben hundert Jahr'.
Nach seiner Heimat will das Schiff
Zu seinen Lieben zieh'n,
Der Fährmann ruft, es droht das Riff,
Sturmvögel schrei'n und flieh'n.
Bald ringt es schwer durch Sturmesweh'n,
Windstille hält es d'rauf,
Kein Ufer hat es noch geseh'n
Im hundertjähr'gen Lauf'.
Das Schiffvolk müht sich immerdar,
Die Segel treiben fort, —
Da steht's nun wie im ersten Jahr',
Just an demselben Ort'.
Nachtgang
Blau ist der Himmel, herrlich zieh'n die Sterne
In stillen Kreisen, Welten ohne Zahl,
"O, drüben in der hellen, blauen Ferne
Gibt es ein Wiederseh'n einmal!"
— Nein, Mädchen! weg mit deinen frommen Träumen,
Raub' für den Himmel nicht die Erde aus,
Wohl tausend Welten geh'n in jenen Räumen,
Für uns're Lieb' ist dort kein Haus!
Hier diese Erde, diese enge, kleine,
Begrenzte Welt nur ist der Liebe Raum,
Hier, Mädchen! liebe, lächle, weine,
Hier träum' und träum' ihn aus den Traum!
Hier, wo die Blume noch in Farb' und Düften,
Wo noch in Worte sich verhüllt der Gruß,
Hier, Mädchen! schwelg' in süßen Frühlinglüften,
Hier, Mädchen! glüht zum letzten Mal' der Kuß.
Trittst du hinaus aus diesen stillen Schranken,
Strahlt ohne Blütengold der ew'ge Mai,
Es wählt der Geist im Reiche der Gedanken,
Doch mit dem Hass', der Liebe ist's vorbei!
Wohl wirst du wach in einer jener Welten,
Dich triffst du wieder über deinem Grab', —
Doch wo bleib' ich?! — die Richt'rin wird vergelten,
Das schöne Erdenleben sank hinab!
Nur die Bestimmung steht! im tollen Winde
Braus't fort der Zeitstrom — fürchterlich; —
Und doch — küss', küss mich, Mädchen! diese Sünde
Trägt ihre Seligkeit in sich!
Vor'm Scheiden
Ich saß vor ihr, man weiß es,
Das Scheiden kommt Manchem schwer,
Und schlug in einem Buche,
Gedankenlos vor Gedanken, umher.
Ich trug sie längst schon im Herzen,
Zwar schwieg ich immerfort,
Bei ihr auch, schien mir's zu scheinen,
Bedurfte es nur ein Wort.
Ich suchte das wahre Vokabel,
Mein Kopf war just diesmal so dumpf,
Sie saß zur Seite schweigend,
Und strickte an einem Strumpf'.
"Mein Fräulein!" nun hatt' ich's gefunden,
"Mir ist die Brust so schwer,
Ich muß — " o, der leidige Husten,
Kein Wörtlein vermocht' ich mehr!
"Ich verstehe, mein Guter!" so sprach sie,
Und lächelte englisch dabei,
Und schob ein Stücklein Zucker
In den Mund mir, groß wie ein Ei.
Die Ruine
Willkommen, du alte Ruine!
Da mach' ich einmal Rast,
Und lade mir die Erinnerung
In deinem Schatten zu Gast'.
Öd' liegt das verfall'ne Gemäuer
Im wüsten Schutt' umher,
Nur Echo tönt scheu durch die Hallen,
Kein Laut des Lebens mehr.
Der Himmel steht frei darüber,
Durch die Fenster zieht der Sturm,
Aus all' den Prunkgemächern
Ragt nur noch der Geisterturm.
Was wucherst du, Epheu, hier oben,
Mit deinem gleißenden Grün,
Was lügst du üppiges Leben,
Wo so Alles — Alles dahin!
Laut pocht es mir im Busen,
Es faßt mich an, wie Schmerz, —
Ach, bist du nicht, alte Ruine,
Fast wie ein gebrochenes Herz!
Ein Blick
Ein Blick war's, der den Lenz gebracht,
Und wieder war's ein Blick,
Der mich so arm wie vor gemacht,
Geraubt mein kurzes Glück.
Es war ein Blick so mild und hell,
O, nie vergess' ich ihn,
Und alle Knospen mußten schnell
In Maienpracht erblüh'n.
Ein Blick war's, gar so fremd und kalt,
Ein Reif im schönen Mai,
Da starben all' die Blumen bald,
Der Maitraum war vorbei!
Ein Blick nur war's, und um mein Glück
War's allzumal getan; —
Ihr glaubt es nicht, wie so ein Blick
Ein Herz zerreißen kann!
Vergiß
Vergiß! das ist mein letztes Wort im Scheiden,
Reich' lächelnd mir die Hand hin und vergiß!
Vergiß das Weh und deine kleinen Freuden,
Vergiß den Flitterkranz, weil er zerriß!
Vergiß! dies eine Wort kann ich dir geben,
Für's Dasein weih' ich mit dem Wort' dich ein; —
Vergessen heißt die eine Hälfte Leben,
Die and're Hälfte die heißt — fröhlich sein.
Vergiß, daß du gejubelt und geweinet,
Fang' neu zu lächeln und zu weinen an,
Vergiß die Stunde, die uns einst vereinet,
Vergiß dich selbst und mich — und was verrann!
— Wie, Tränen! weg damit von frischen Wangen,
Raub an dem Leben ist Erinn'rungschmerz, —
Sieh' mich noch einmal an, bin ich gegangen,
Wirf dich vergessend an ein and'res Herz!
Ermunterung zur Freude
Sei fröhlich, Mädchen! laß die karge Freude,
So oft sie naht, einzieh'n in's arme Herz,
Schnell wisch' die Träne ab, zur Trauerweide
Wind' eilend dir die kurze Blume Scherz!
Genieß' den schönen Augenblick, was geht uns Beide
Die Zukunft an, der ungewisse Schmerz,
Am Herzen halt' ich dich, am warmen Munde,
Lach', Mädchen! war' nun auch die letzte Wonnestunde:
Es blüht der Frühling, sieh'! ob tausend Herzen
Auch in der Nachtigallenzeit vergeh'n,
Und bricht das nächste, laß uns töricht scherzen,
Und lächelnd auf den jungen Hügel seh'n:
Fahr' wohl, du Herz, auch über uns're Schmerzen
Wird üppig eine Freudenhore weh'n,
Dann sind wir quitt, dann mögt ihr froh euch rächen,
Und lächelnd steh'n, wenn uns're Herzen brechen!
Am Waldplatze
Ich war einmal mit Liebchen hier,
Da lagen nur Blumen herum,
Heut' stehen Schüsseln rings vor mir,
Die Tische werden fast krumm.
Es perlt der Wein, es ist eine Lust,
Zu schau'n auf der Speisen Last,
Und doch verglüht mir vor Durst die Brust,
Das Herz verhungert mir fast.
In's Blaue
In's Blaue da schau' ich oft lange hinein,
So oft mir die blühende Erde zu klein,
Da schau' ich hinauf in die blauen Höh'n,
Bis still mir die Augen in Tränen vergeh'n.
Wohl sinken die Blätter, es starrt die Au,
Doch leuchtet unendlich das himmlische Blau,
Drum seh' ich viel lieber als irdische Pracht,
In's Blaue, das ewig über mir lacht.
Und wird es oft dunkel rund um mich her,
Das eigene Herz in der Brust mir so schwer,
Da blick' ich hinauf in den Vollmondschein,
Da dicht' ich und träum' ich in's Blaue hinein.
Und ist nun gar einmal ihr Auge umhüllt,
Im irdischen Dunkel der Himmel so mild,
Da faßt mich vor Allen hienieden ein Graus,
Da wein' ich, und liebe in's Blaue hinaus. —
In der lieben Gasse
Da bin ich wieder nach manchem
So hingeschwundenen Jahr',
Die Häuser sind noch so finster,
Das Pflaster schlecht, wie es war.
Am Blaurock' zählt' ich die Jahre,
Am Herzen verschossen, wie er,
Man kennt schon jeden Faden,
Lang' halten beide nicht mehr.
Dort drüben an der Ecke,
Da gibt es ja guten Schmaus,
Sonst bin wohl ich dort gestanden,
Nun duften Würste heraus.
Einmal kannt' ich da viele Gesichter,
Sie lächelten, wenn sie mich sah'n,
Nun glotzen mich Kinder und Alte
Schier wie ein Gespenste an.
Ja, manche Zeit ist vergangen,
Seit ich drüben das letztemal stand,
Dem Mondscheinhaus' gegenüber,
Gelehnt an die dunkle Wand.
War damals ein lockeres Bürschchen,
Und machte mir eben nicht viel
Aus Scheiden und Ander'm, noch schien mir
Das Leben ein lustig Spiel.
Ich kam just von weinenden Augen,
Tat eben manch tröstlichen Schwur,
O, derlei sei leicht zu halten,
Glaubt man, ich — vergaß ihn nur.
Im Fenster wuchern nun Blumen,
Eine ganze Frühlingau,
Sonst stand dort nur eine Rose,
Und Tränen trug sie statt Tau.
Weit zog ich herum im Leben,
Nur kam ich nie mehr hierher,
Hab' viel nach Blumen gerochen,
Eine Rose fand ich nie mehr!
Du weiche, dornlose Rose!
Warum hattest kein stärker Gemüt?
Nun wär' es ja wieder Frühling,
Was bist du im Winter verblüht!
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