Mein Maler
Ich hab' einen Maler, der malt mir
Mit redlichem Bemüh'n,
Ich mag nicht das grelle Flimmern,
Das freche Farbenglüh'n.
Die flammende Sonne brennt mir
Die müden Augen aus,
Zwei rote, schwappelnde Wangen
Sind für mich ein wahrer Graus.
Mein Maler malt die Landschaft
In mildem, mattem Glanz',
Auch Blumenstücke, nur blendet
Keine Farbe im dunklen Kranz';
Blütenbäume leis übersilbert,
Spielplätze, Kirchhofraum,
Brautkränze, Totenkronen —
Man kennt sie auseinander kaum;
Und was das schönste, er malt mir
Meine Träume mitten hinein,
Webende, stille Gestalten —
Einen wankenden Elfenreih'n!
Mein Lieb ist unter ihnen
Gar schmerzlich lächelnd und blaß,
Die Wange, wie Sterngeflimmer,
Das Aug' vom Taue naß. —
Wenn lang schon der Abend verglühte
In Wolken und Wiesenplan,
Kommt heimlich mein Maler gezogen
Den dunklen Hügel heran.
Da schau' ich auf seine Bilder
Im stillen, träumenden Licht',
Und nebenbei lang oft dem Maler
In's liebe, blasse Gesicht.
Posthornklang
Schwellender Seufzer,
Langgedehnt — Über Tal und Hügel,
Tief bis zum Herzen hinab!
Rufst von der Heimat
Gar lockend hinaus! —
Einmal noch blüht es, und lächelt um uns,
Hegt an der Brust uns noch einmahl so warm,
Spiegelt noch einmal im leuchtenden Blick';
Ade, ihr Berge, du Tal ade!
Die Eltern steh'n zitternd neben,
Segnen den lieben Wand'rer noch,
Und Liebchen am Herzen
Die Hände ringt,
Mit Äuglein so rot,
Ade, ade!
Posthorn klingt, in die Welt hinaus!
Wie's Einem tröstend zu Herzen spricht
Mit dem vollen, dem kräftigen Klang!
Und drängt und drängt
Auf den schwebenden Tönen
Gar mächtig fort!
Die kräftige Sonne dort,
Wie sie aufsteigt;
Der blaue Himmel
In der Ferne dort —
Alles, Alles
Treibt in die Welt uns
Freundlich hinaus!
Vergessen sind die Verlassnen,
Die frische Morgenluft
Troknet die heiße, quellende Träne, —
Einen Blick noch zurük,
Und die Heimat hinter den Bergen,
Die Lieben im Herzen,
Sinken hinab!
Frischer Mut,
Wagendes Jugendblut!
Und der Posthornklang
So voll und rein
Stimmt in den Sehnsuchtsdrang
Kräftig mit ein! —
Wagen und hoffen!
Die ganze Welt
Steht der freudigen Jugend offen!
Über die Täuschung flieht!
Und die Heimat fern
Winkt uns so hell,
Wie der Morgenstern,
Und in der rauschenden,
Fremden Welt
Zittert und bebt uns
Das Herz in der Brust
Vor Schmerz und Lust,
Wenn das Posthorn
Vorüber klingt;
Herzliche Grüße,
Küsse, so warm
Schicken wir still
In die Jugendwelt heim! —
Wonne! das Posthorn klingt!
Heimwärts die Fahrt! —
Froh aus dem Herzen ringt
Sehnsucht voraus,
Und die lustige Weise dringt
Laut, bis zum Herzen hinab;
Und die lieben Berge
Tauchen herauf —
Still und groß,
Wie ihre Reihe
Einst uns're fröhliche Jugend umschloß,
Und näher und immer näher heran!
Der traute Kirchturmknauf
Strahlt schon im Abendrot' grüßend herauf,
Und das liebe Tal liegt, wie einst,
Vor uns im freundlichen Abendschein',
Und die Jugend schwebt wieder
Auf Rosenwolken von drüben herein;
An der Eltern Herz sinkt der Flüchtling hin,
An der Geliebten
Stürmische, fliegende Jugendbrust,
Da ändern Jahre nichts,
Der Gereifte
Schmeichelt, wie sonst, an den Eltern hinan,
Und wie als Kind einst — unschuldig, vertraut,
Schmiegt sich an's Herz ihm
Die liebende Braut! —
Schwellender Seufzer!
Bald traurig, bald froh! —
Freundliche Blicke
Grüßen entgegen,
Weinende Blicke
Schauen uns nach!
Wie's an das Herz uns greift,
Tönst du so kräftig, so schmeichelnd zu uns,
Sinnend in's Weite schweift
Schmachtend der Blick,
Träumen gar weit, gar weit,
Ach, in so manche Zeit
Schwärmend zurük!
Beim Herandämmern der
Nacht
Willkommen, liebe, dunkle Nacht,
Im blassen Sternenkleid'!
Durch dich nur wird mir Trost gebracht,
Und Lind'rung meinem Leid'!
Am Tage ist's so heiß und schwül.
Das Leben ist so wild,
Du aber bist so still und kühl,
Dein Odem ist so mild!
Mein Herz schwillt oft so wunderlich,
Wird oft so bang beschwert, —
Ach! nach dem Frieden sehnt es sich,
Der ewig, ewig währt.
Und kommst du dann, — so denk' ich fast,
Ein Engel seiest du,
Und rufest mich zur stillen Rast,
Zur tiefen, letzten Ruh'.
Mädchenbrauch
Du schautest mich so freundlich an,
Wenn ich vorüberstrich,
Da war es um mein Herz getan,
Und, ach! ich liebte dich!
Manch Blümchen gabst du ungeseh'n
Und leis errötend mir,
Da glaubt' ich deutlich zu versteh'n:
"Mein Herz gehört nur dir!"
Doch auch nach Andern siehst du hin,
Gibst Andern Blumen auch,
Nun fühl' ich's wohl mit trübem Sinn',
Es ist nur so dein Brauch!
An die Heimatberge
Lebt wohl ihr Berge — still und groß,
Verklärt im Abendschein',
Schwer reißt von euch das Herz sich los,
Doch, ach! es muß wohl sein.
Oft stand ich dort auf eurer Höh'
Im gold'nen Abendstrahl',
Und sah hinab mit stillem Weh',
In's hirtlich stille Tal.
Und sah hinab, und sah hinan,
Und wollte fast vergeh'n,
Mich greift's so wunderbarlich an,
Der Abend war so schön!
Da dacht' ich an gar ferne Zeit,
An meiner Kindheit Glük,
Und schwamm in stiller Seligkeit
Den Strom der Zeit zurück!
Und wo ich hinsah, sah ich, ach!
Die liebe Heimat hier,
Und jeder Felsen, jeder Bach
Sprach gar so traut zu mir!
Doch schau' ich fürder einmal hin
Zum hellen Abendstern,
So bringt ihr mir nicht mehr Gewinn,
Da bin ich euch schon fern.
Drum steh' ich so bezaubert da,
In stiller Seligkeit,
Seh' euch zum leztenmale ja,
Und morgen bin ich weit!
Lebt wohl, ihr Berge, schütz' euch Gott
Nehmt diesen letzten Gruß!
Möcht' glühend, wie das Abendrot,
Euch geben einen Kuß!
Stille Rast
Wehende Birken um den stillen Rasen,
Kühlende Lüfte durch die schlanken Wipfel,
Und durch der Wiese Blumen zieht die Quelle
Leisen Geflisters!
Plätzchen des Friedens! wo der Wand'rer gerne
Unter den Birken lagert, wo die Quelle
Kühlt, wo des Abends Hauch, wie Gruß der Heimat,
Leis' ihn umsäuselt! —
Müd' in dem Grünen ruht der Wanderstab, das
Auge in Tränen schaut in's Abendleuchten,
Und in des Herzens Dunkel glüh'n die alten
Bilder der Liebe.
Wanderer! der nach mir hier ausruht, Einer
Lag hier in Tränen, sah der Sonne nach mit
Brechendem Herzen; — Wand'rer! froher mög' der
Abend dir dämmern!
Scheidetränen
Wer stumm trägt alle Leiden,
Fängt einmal zu weinen an, —
Wer nie weint, weint beim Scheiden
So viel er weinen kann.
Heut' scheid' ich! heut und — nimmer
Seh' ich ihr Angesicht,
Den Blick, wie Mondenschimmer,
Der mild durch Tränen bricht!
O Gott! und kann nicht weinen,
Steh' blöd und lächelnd da, —
O — morgen will mir's scheinen,
Komm' ich und seh' sie ja!
Morgen, — ach Gott! das Heute
Begräbt ja vieles Glük, —
Morgen starrt aus der Weite
Umsonst das Aug' zurük!
Wenn ich zu ihr sonst gegangen,
Steht dann der Abendschein
Just über ihr Haus gehangen, —
Ob ich dann auch nicht wein'?!
In einer Gesellschaft
Wohl taug' ich nicht in eure frohe Mitte,
Und lebe gerne so nach meiner Weise,
Im Stübchen, bei der Lust vertrautem Schritte,
In meiner Fluren tief verschwieg'nem Kreise.
Das laute Jubeln ist nicht meine Sitte,
Und bin ich froh, dann bin ich still und leise,
Drum, liebe Leute! laßt mich immer gehen,
Ich kann euch nicht, ihr könnt mich nicht verstehen!
Was hälf' es euch, blieb' ich in eurer Runde,
Die Lustigen — die habt ihr ja nur gerne,
Liebt ja die Frohen nur im frohen Bunde,
Die sich erfreu'n am süßen Lebenkerne,
Blieb' ich auch hier, und spräche mit dem Munde,
Mein Herz und mein Gedanke blieb doch ferne,
Und säß' ich mitten auch im Kreise innen,
So dächt' ich leise sinnend doch von hinnen.
Im Frühlinge
Rings such' ich dich, rings lausch' ich dir
Mit tränenfeuchtem Blick',
O holdes Liebchen komm' zu mir,
Kehr' in mein Tal zurück!
Die Wiese grünt, die Veilchen blüh'n
Und süße Düfte weh'n,
Wie könnten wir im jungen Grün
So wonnig uns ergeh'n!
Dort an der Straße will ich steh'n,
Im Früh- und Abendstrahl',
Mit Blumen dir entgegen weh'n,
Kehrst du zurück in's Tal.
Träumen
Im glücklichen Rebenlande
Herrscht ein König von Allen geliebt,
Er hegt keinen Wunsch mehr, nur hat's ihn
Oft heimlich, wie T r ä u m e n betrübt.
Der Schäfer zieht mit der Flöte
Durch grünen, blühenden Raum,
Er wär' so selig, doch leis oft
Berückt ihn ein seltsamer T r a u m.
Es gleitet ein Nachen spielend
Weit über die Flut dahin,
Der Fischer sitzt übergehangen
Einsam und t r ä u m e n d darin;
Am Eiland schimmert ein Lichtlein,
Der Kahn ist vom Fange schwer,
Die Wellen aber rauschen,
Er kann noch nicht heim vom Meer!
Der Zecher hält das Kelchglas,
Laut jubelt ein froher Toast,
Er aber vergißt zu trinken,
Unendlich T r ä u m e n hat ihn erfaßt.
Dort drüben in der Laube,
Am Wiesenwässerchen klar,
Überflattert von tausend Blüten,
Sitzt kosend ein liebendes Paar;
Er schaut ihr tief in die Augen
Voll süßer, unendlicher Lust,
Sie sind so ganz eine Seele,
Geschlungen Brust an Brust.
Der Abend glüht roter, es lassen
Sich leise die Hände aus,
Sie mögen nicht küssen, und starren
In's Abendrot t r ä u m e n d hinaus.
Im Mairegen
Es war so heiß, es war so schwül,
Manch Blümchen starb dabei,
Nun aber regnet's lind' und kühl,
Und alles hebt sich neu.
Da trag' ich meine Blumen auch,
An meinem Fenster dort,
Hin in den freien, linden Hauch,
In's kühle Regnen dort.
's tut ihnen wunderbarlich wohl,
Kühl ist es und doch lau,
Halb träumend bebt die Rose, voll
Vom lieben Segentau.
Ach! könntest du mich kühlen auch,
Du liebe Maienflut,
Und könntest stillen, linder Hauch,
Des Herzens heiße Glut!
Möcht' träumend, wie die Rose steh'n,
Im Freien frisch und lau,
Möcht' warten auf ein kühles Weh'n,
Auf einen Tropfen Tau!
Einmal noch
Laß noch einmal alle Lust und Freude
Still vorbei an meinem Herzen geh'n,
Laß noch einmal, eh ich von dir scheide,
Mich in meinen ganzen Himmel seh'n!
Preß' noch einmal die entfloßnen Stunden
Wuchernd all' in einen Augenblick,
Einmal noch, bevor es ganz entschwunden,
Zeige mir mein ganzes Glück!
Einmal noch das Lächeln voller Wonne,
Gottes schönsten Lohn für seine Welt,
Das in gleicher Klarheit auf die Sonne,
Und in stilles Blütendunkel fällt.
Einmal noch die warme Hand in meiner,
Und der Vollmond über dir und mir;
Einmal meine Brust noch eng an deiner,
Eine stille Stunde noch mit dir!
Einmal noch den Blick bis tief zu Herzen,
Sehnsuchtvoll, in Tränen mild verklärt,
Der mir selbst der Trennung Schmerzen
Still in Wonneschauer kehrt.
Einen Kuß noch für das lange Scheiden,
Mit dem Kuß dein ganzes Herz,
Als Erinn'rung an vergangne Freuden
Stärk' er mich in meinem Schmerz'!
Einmal noch dein ganzes Bild,— o säume!
Und geblendet mög' der Blick vergeh'n,
Daß ich dann von dir nur träume
Immer bis zum Wiedersehen!
Liedchen
Die Erle weht, die Quelle rauscht
So wehmutvoll vor mir,
Wenn Erl' und Quelle wieder rauscht,
Bin ich nicht mehr bei dir!
Drum, süßes Liebchen, lebe wohl!
Und denke fürder mein!
Und rauscht die Erle dumpf und hohl,
Mög' ich im Sinn' dir sein!
Einst rauscht die Erl' im jungen Grün,
Die Quell' in voller Lust,
Dann sink' ich wieder selig hin
An deine treue Brust!
Vom Maler
Wer einmal ein Maler gewesen,
Den man viel malend geschaut,
Die Träume seiner Jugend
Er still den Farben vertraut.
Der hing wohl seine Bilder
Im Stübchen rund herum,
Und saß oft unter ihnen
So sinnend und so stumm.
Und ward es im Zimmer recht dunkel,
Da wurden die Bilder erst klar,
Und sahen ihn an mit Augen
Gar leuchtend und wunderbar.
Und fingen sich an zu regen,
Und leise zu schweben um ihn,
Da träumte er still zurücke
In selige Tage hin.
Manch Freund, der lang schon im Grabe,
Der bot ihm nun wieder die Hand,
Es kehrte manche Stunde wieder,
Die längst auf immer entschwand.
Und mitten unter ihnen
Da schwebt gar licht und mild,
Viel heller als alle die andern,
Ein liebes, liebes Bild.
Es kommt gar leise grüßend
Zum stillen Maler heran,
Und schaut ihn an so gütig,
Wie's nimmer, nimmer getan.
Da springt er auf vom Stuhle,
Streckt sehnend die Arme nach ihr,
"Ach! kömmst nun einmal, Berthe!
Kömmst einmal, einmal zu mir!"
Da zuckt ins dunkle Zimmer
Ein leuchtender Mondenblick
Das Bild, das huscht im Fluge
In den engen Rahmen zurück.
Und alle Bilder im Kreise
Seh'n wieder gar stumm ihn an,
Er wischt sich eine Träne vom Auge,
Und starrt zum Mond' hinan.
Das Ländchen der Liebe
Voll Kämpfe und Falschheit, gar arg ist die Welt,
Gar übel zumal ist's auf Erden bestellt,
Doch kenn' ich ein friedliches, freundliches Land,
Es wird nur das Ländchen der Liebe genannt.
Ist anderswo Nordsturm und drückende Glut,
Erstirbt jedes Blümchen in Tränen und Blut,
Glut, Nordsturm wehen hier schonend vorbei,
Im Ländchen der Liebe ist ewiger Mai.
Nicht mißt's man nach Meilen, es ist gar klein,
Oft schließt es ein blühendes Laubendach ein,
Es ist groß genug eben dem liebenden Sinn',
Stets finden zwei Herzen ein Plätzchen darin.
Und Mancher, den außen das Leben erfaßt,
Der danklos sich mühet in redlicher Hast,
Dem winket der Friede, die Ruhe nur hier,
Ihn lohnen zwei himmlische Stunden dafür.
Manch Einer, dem Kummer das Herz schier zerdrückt,
Dem Blume und Knospe das Leben zerpflückt:
Ins Ländchen so heimlich da baut er sein Glück,
Da glänzt nur in Tränen der Wonne sein Blick.
Der Weg in's Ländchen der Liebe ist schmal,
Führt heimlich, in Rosen verborgen, durch's Tal,
Ihn findet allein nur ein offener Sinn,
Es führet nicht Geld und nicht Macht dahin.
Im Ländchen der Liebe sind alle sich gleich,
Da kennt man nicht Fürsten, nicht arm und nicht reich.
Da freut sich der König im blühenden Gras,
Wo jüngst noch so selig der Bettler saß. —
In's Ländchen der Liebe, da flücht' ich gar oft.
Wenn Manches zerflittert, woran ich gehofft,
Stets kehr' ich so kräftig in's Leben zurük,
Mit Glauben im Herzen, verklärtem Blick'.
Erwiderung eines
Gedenkblattes
Wohl denk' ich noch nach manchen, manchen Jahren,
Wenn längst der Lenz mit seinen Blumen schwand,
Noch an die Zeit, wo wir so glücklich waren,
Noch in das schöne, heit're Jugendland.
Treu werd' ich stets dein liebes Bild bewahren,
Wie ich dich einst in holder Anmut fand,
Durch's weite Leben wird es mich begleiten,
Ein Rosentraum aus fernen, schönen Zeiten.
Ernst über's Leben zieht der Lauf der Stunden,
Bald steht uns all das Liebe, Alte weit,
Die traute Jugend ist gar schnell entschwunden,
Streng ist das Leben, und die Welt im Streit'. —
Da halt' dich stets, wie ich dich einst gefunden,
Das Weib noch zier' der Jungfrau Lieblichkeit!
Und siegend mög' der schöne Glaube stehen:
Noch ist sie so, wie ich sie einst gesehen! —
Am Grabe des Wanderers
Da drinnen liegt ein Wand'rer,
Der schläft gar ruhig im Grün,
Er hat den Stab hingeworfen,
Wo stille Gräser blühn.
Viel Wand'rern ist er begegnet,
Viel Wand'rern, so unstätt wie er,
Er ist mit keinem gegangen,
Zog immer gar einsam daher.
Viel Blumen sah er blühen,
Viel Blumen duftig und licht.
Er hat sich nur eine gebrochen,
Die war ein Vergißmeinnicht!
Viel Quellen sah er springen,
Gar lieblich im blumigen Mai,
Er ist bei keiner geblieben,
Rastlos zog er vorbei.
Er hat geglaubt und gehoffet,
Sein Glaube trug ihn so weit,
Hat nebenbei einmal geliebet
In ferner, entschwundener Zeit.
Und ob er es nun gefunden,
Worauf sein Glaube gebaut,
Und ob er nun errungen,
Woran er gehofft und vertraut,
Wohl kann ich es euch nicht sagen,
Ich sah nur sein Aug', als es brach,
Es blickte noch einmal nach drüben,
Gar selig dem Abendrot' nach. —
Vom treuen Reiter
1.
Hinaus in die Schlacht zog der Reiter, treu,
Noch einmal ritt er bei Liebchen vorbei,
Wohl weint's ihm entgegen mit Augen voll Schmerz,
Wohl möcht ihr zerbrechen, zerspringen das Herz.
Da schwingt er vom Ross sich, da eilt er hinauf,
Zu Liebchen an's Fenster in sehnendem Lauf',
Und küßt sie, und schließt sie in seliger Lust
Zum letztenmal' fest an die liebende Brust.
"Komm', gib mir die Locke, in der ich gewühlt.
Mit der ich oft stundenlang selig gespielt!"
Und sie gibt ihm die Locke, und davon er sprengt,
Bald ist er vor'm weinenden Auge verdrängt.
2.
Wie Gold ist der Himmel rings anzuseh'n,
Hellfunkelnd die Reiter im Morgenlicht' steh'n,
Und drüben da blitzt's auch so schaurig herab; —
Wohl Manchen der Kühnen deckt Abends ein Grab.
Und Alle sind fröhlich, und Alle voll Mut,
Es drängt sie zum Kampfe das feurige Blut,
Nur Einer steht stumm bei Seite und still,
Und stimmen nicht mit in den Jubel will.
Ein Löckchen so goldig das zieht er heraus,
Blickt's an und schaut still in den Morgen hinaus,
Drückt's fest und in Tränen an Busen und Mund, —
Und ist dann zum Kampfe bereitet zur Stund'.
3.
Der Tag ist entschwunden, heiß und schwül,
Schon säuselt's hernieder so still und kühl,
Und wo erst gewütet der Kampf im Tal',
Da schwimmt's nun so ruhig im Abendstrahl'.
Manch Einer, der Morgens zu Rosse noch saß,
Der liegt nun so bleich und so blutig im Gras,
Die Vögelein singen ein Schlummerlied,
Da schließt sich manch Auge schlafensmüd'.
Und mitten innen liegt Einer auch,
Der hielt wohl die Treu' bis zum lezten Hauch', —
Die blutige Locke, am blutigen Herz',
Die ließ er nicht fahren in Tod und Schmerz'.
Am letzten Heimathügel
Halt an, halt an, mein Wanderstab!
Muß nochmals schau'n zurück,
Gönn' mir noch einen Blick hinab,
Noch einen Scheideblick!
Laß saugen mich zum lezten Mal'
Die liebe Heimatluft,
Mich seh'n zum lezten Mal' mein Tal,
Voll stillem Abendduft'!
Hoch über'm lichten Kirchturmknauf'
Erscheint der Abendstern,
Die Abendgloke tönt herauf,
Säng' mich in Ruhe gern!
Wie's um mich rauscht, wie's zu mir weht,
So laut und doch so still',
Kein and'rer wohl als ich versteht,
Was es mir sagen will!
Ein Wand'rer zieht den Weg heran,
Lenkt talwärts seinen Schritt,
Weil', weil', du trauter Wandermann,
Nimm meine Grüße mit!
Gib jedem, den du unten sieh'st,
Treuschüttelnd deine Hand,
"Es grüßt euch," sag', "der ferne ist,
Und euch gar wohl bekannt!"
Mußt auch zu meinem Liebchen geh'n,
Und sagen, was ich sprach,
Daß du am Hügel mich geseh'n,
Als ich ein Blümchen brach!
Dort wo ein goldnes Wölkchen schwebt,
Weit hinter'm Waldesgrün,
Da ist die Flur, auf der sie lebt,
Dahin mußt du auch zieh'n!
Nun zieh' hinab, und richt' es aus,
Und Gott belohn' es dir!
Und komm' ich in dein Vaterhaus,
Grüß' ich dein Lieb dafür!
Leb' wohl, mein Tal! — nun Wanderstab,
Nun fort auf gutes Glück!
Ich schau' nicht mehr in's Tal hinab, —
Das war mein letzter Blick!
Vom Wiedersehen
Bin oft gar trüb' gesessen,
Mein einz'ger Trost im Leid'
Ist Wiederseh'n gewesen,
In ferner, schön'rer Zeit;
Hab' still mir ausgesonnen
Die Bilder all' der Lust,
Wenn sie in tausend Wonnen
Mir sinkt an treue Brust.
Bin stundenlang gelegen,
Hab' sie im Geist' geseh'n,
Wie sie mir flog entgegen,
Beim frohen Wiederseh'n;
Wie sie mich lieb geherzet,
In stiller Seligkeit,
Hab' drüber oft verschmerzet
Die einsam trübe Zeit.
Die Stunden sind verflogen,
Sich gleich blieb stets mein Sinn,
Da bin ich froh gezogen
Zur Heimat wieder hin.
Und ging vor allen Wegen
Zu ihrem lieben Haus, —
Sie flog mir nicht entgegen,
Der Atem blieb mir aus.
Da schlich ich still und bange,
Klopft' an ihr Kämmerlein,
Wohl scholl's mir erst nach lange,
Gar zögernd: "Nur herein!"
Ich trat in's Zimmer leise,
Sie sah gar fremd mich an,
Es saß auf traute Weise
Bei ihr ein schöner Mann.
Das hat mich schwer getroffen,
Wie unverdienter Hohn;
Das also war mein Hoffen,
Das meiner Treue Lohn? —
Muß wieder weiter gehen,
Hab' keinen Trost im Leid,
Am Ziel kein Wiedersehen
In ferner, schön'rer Zeit.
Der Alpengang
Im Tale tief unten, beim Bache so klar,
Da lieben zwei Herzen sich innig und wahr,
Und tat's auch kein einziges Wörtchen noch kund,
Schon lange verband sie ein inniger Bund.
Oft wollt' er ihr laut schon gestehen den Schmerz,
Oft sie ihm schon sinken an's glühende Herz,
Doch immer da faßt sie's im Busen so scheu,
Da geh'n sie so fremd an einander vorbei.
Auf duftiger Alpe, in blumiger Au,
Hoch über der Erde, im himmlischen Blau,
Da traf sich einst morgens das liebende Paar,
Die Wiese ist blütig, der Himmel klar.
Da drängt sich's nicht länger in Busen zurück,
Sie sinken an's Herz sich mit leuchtendem Blick.
Und hoch in der Alpenwelt kräftig und frei,
Da schwören zwei Herzen sich ewige Treu'.
Als sie schieden
So zieht denn auch ihr nun
Ihr Lieben mir fort,
Und sitzen nun nimmer
Zusammen mehr dort.
Wohl weil' ich nun einsam
In Blumen am Bach'
Und schaue in Tränen
Dem Wellenzug' nach.
Möcht' packen, möcht' schnüren
Mein Bündel, wie ihr,
Möcht' über die Berge
Fortziehen von hier.
Ach, ist doch die Heimat
So freundlich, so schön,
Und möcht' sie so recht nun
Einmal wieder seh'n.
Möcht' grüßen, möcht' küssen
Manch Einen in Lust,
Möcht' schließen lieb Liebchen
An liebende Brust.
Mich faßt's wie die Vögel,
Wenn's einsamer ist,
Es kommt mir zum Wandern
Das alte Gelüst.
Möcht' packen, möcht' schnüren
Mein Bündel im Mai,
Möcht' ziehen die Blumen,
Die Quellen vorbei.
Möcht' über die Berge
Fortwandern von hier,
Möcht' gehen, möcht' fliegen
Zur Heimat, zu ihr.
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