weiter

Quelle:

Blumen
Romanzen Lieder Sprüche
Johann Nepomuk Vogl

Wien 1852
Pfautsch & Voß
Druck von Keck & Pierer in Wien

Nur wem der Dichtkunst heil'ge Rosen blüh'n
Den kann ich selig wie die Engel preisen.
                                                   Malsburg

 

Gedichte 1
 

Bei Blumen
Blumen
Blumenfarben
Märzveilchen
Schneeglöckchen läutet
Blumenparade
Die verachtete Distel
Aufschluß
Hyazinthe
Waldblume
Blumenduft
Palmkätzchen
Aurikel
Die Blumen duften und blühen
Morgenlüftchen
Blumenlied
Die Sonnenblume
Liebesklage
Sängerlos
Klosternelke
Die unbeachtete Rose
Die beiden Lilien
Guter Rat
Heimlichkeiten
Der Rose Verrat
Blumenwonne
Lerche und Nachtigall
Verständnis
Königin Rose
Veilchengruß

Bei Blumen

O laßt mich nur bei Blumen sein,
Bei Rosen und bei Nelken,
Im Morgen und im Abendschein,
Bevor, bevor sie welken.

Ist mir doch nie so froh zu Sinn
Als wenn ich Blumen sehe,
Ich fühl' es, daß ich besser bin
In ihrer holden Nähe.

Blumen

Viermal ist's, daß sich in's Leben
Sinnreich uns die Blumen weben,
Einmal in der Kindheit Scherzen
Noch als Sinnbild uns'rer Herzen,
Später, wenn als Liebeszeichen
Wir sie einem Teuren reichen,
Dann noch, wenn bei Festesglänzen
Sie den Freudentrunk uns kränzen,
Und zuletzt, wenn fromme Hände
Sie uns weih'n als Grabesspende.

Blumenfarben

Bewältiget vom Schlaf, lag ich im Traum
Einmal auf grünem blumenduft'gen Raum,
Und sah um mich, von süßer Lust befangen,
Die Blumen all' in bunten Farben prangen
Da frug ich sie: "Wie mocht' es doch gescheh'n
Daß solche Farbenpracht an euch zu seh'n?"

Und sieh, ein Blümchen flüsterte mir da:
"Leicht zu begreifen ist's, wie dies geschah,
Uns spendete sein Blau das Himmelszelt,
Sein Gelb, der Strahl, der segnend niederfällt,
Die Morgenröte gab von ihrem Rot.
So wie der Abend uns das seine bot,
Die Wolke, die auf stetem Wanderzug,
Ließ uns zurück ihr Violett im Flug,
Und mit dem Weiß, so wunderbar und rein,
Beschenkte uns des Mondes keuscher Schein.
Nur eine Farbe kam von Mondenlicht,
Von Morgen, Abend, Strahl und Wolke, nicht,
Es ist das Grün, das alle Blumen schmückt,
Es ist das Grün, das jedes Aug' erquickt,
Der Hoffnung heit're Farbe ist's, die gab
Der Herr uns selbst, zu schmücken Wieg' und Grab."

Märzveilchen

Veilchen im März,
Blümchen, du kleines,
Dich nur wie keines
Grüßet mein Herz.

Veilchen im März,
Herold der Freude,
Jüngstes der Heide,
Lächeln im Schmerz.

Veilchen im März,
Schmelzest durch Düfte
Herzen und Grüfte,
Starrend wie Erz.

Veilchen im März,
Bringest ja wieder
Blüten und Lieder,
Jugend und Scherz!

Schneeglöckchen läutet

Schneeglöckchen läuten
Leise im Schnee,
Gut, daß zu deuten
Ich sie versteh'!

Nicht mit den Sinnen
Nehm' ich es wahr,
Aber tief Innen
Wird es mir klar.

Seliges Ahnen
Regt mir die Brust,
Sonniger Bahnen
Froh mir bewußt.

Sehe schon schwellen
Anger und Flor,
Rosen und Wellen
Springen hervor.

Drum in die Weiten
Winter und Weh!
Schneeglöckchen läuten
Leise im Schnee.

Blumenparade

Mit klingendem Spiel und Fahnen,
Den Stab in seiner Hand,
Der Feldherr kommt gezogen,
Der Frühling, herein in's Land.

Wie stehen geschart die Rosen
Ein prachtvoll duftiges Chor,
Die Lilien heben die Schwerter,
Die Tulpen die Kelche empor.

Die Feldmusik erbrauset
Durch all' die schimmernden Reih'n,
Es schlagen die Nachtigallen,
Die Lerchen wirbeln darein.

Es läuten die Blumenglocken,
Die grünen Fähnlein weh'n,
Wie strecken die kleinen Hälmchen
Die Hälschen, um ihn zu seh'n.

Das ist ein Schallen und Klingen
Ein Lärmen allerwärts,
Und freudig präsentieret
Vor'm Feldherrn ein jedes Herz.

Die verachtete Distel

Es steht die Distelblume
Gar traurig und verzagt,
Weil sie so gar verachtet,
Gleich einer armen Magd.

Die schillernd bunten Falter
Verlockt nur Pracht allein,
Die wollen nur bei Rosen
Und schöner'n Blumen sein.

Dort fliegen sie und flattern
Herum im Sonnenlicht,
Es ist die graue Distel
Den Stolzen viel zu schlicht.

Ein heimlich tiefes Grämen
Die Ärmste d'rum erfaßt,
Sie merkt nicht wie im Westen
Die Sonne schon verblaßt.

Nicht wie umher die Sträuche
Durchwühlt der nächt'ge Wind,
Sie denkt nur wie so glücklich
Die schöner'n Schwestern sind.

Sie träumt nur, wie so elend
Wer ohne Glanz und Duft,
Da rüttelt aus dem Schlafe
Sie wach die Morgenluft.

Ei sieh, da ist von Blumen
Auch nirgends eine Spur,
Nichts als verstreute Blätter
Und tote Falter nur.

Doch unverletzt sie selber,
Wer hätte das geglaubt,
Und Falter hängt an Falter
Ihr ringsherum am Haupt.

Aufschluß

Warum doch nur der Winter naht,
Alljährlich mit Eis und Schnee,
Und uns die holden Blumen raubt,
Die Blumen von Tal und Höh'?

Der Winter naht mit jedem Jahr
Und hüllet die Anger mit Schnee,
Damit von den Blumen das Scheiden uns
Auf einmal nicht tu' zu weh.

Hyazinthe

Schlank auf schlankem Blütenstengel
Ragst du in die Maienluft,
Mit den Tinten ohne Mängel,
Mit dem wonnevollen Duft.

Wie so lieblich deine Kelche
Sich zur Blumentraube reih'n,
Von den andern Blumen welche
Kann den Anblick uns verleih'n?

Wohl an Duft narkotischfeiner,
Üpp'ger auch, das geb' ich zu,
Aber zarter ist und reiner
Keine Blume als wie du!

Angehaucht von deiner Nähe,
Wird's in jedem Innern licht,
Denn es ist als ob man sähe
In ein Engelsangesicht.

Waldblume

Eine blaue Glockenblume
Im finster'n Walde blüht,
Als wie ein Stern der einsam
Über einer Wüste glüht.

Es streckt vom feuchten Boden
Des Wald's allein'ger Flor,
Das Moos, die zarten Ärmchen
Zur Lieblichen empor.

Die Vöglein im Gezweige
Beäugeln der Blume Pracht,
Und singen zu ihrem Lobe,
Und träumen von ihr zur Nacht.

Zuweilen auch schwebt ein Falter
Daher den düster'n Raum,
Der sieht die schöne Blume
Und traut den Augen kaum.

Und flattert in frohen Kreisen
Um ihrer Schönheit Glanz,
Und herzet und küßt die Blume
Berauscht von Wonne ganz.

Da stört den Waldesfrieden
Einstmal ein Mann gar frech,
Mit hast'gen Späherblicken
Und einer Büchse von Blech.

Der murmelt, wie sein Auge
Die Blum' nur wird gewahr;
"Sieh' da, eine Campanula,
Ein seltenes Exemplar!"

Zieht d'rauf hervor ein Messer
Und schneidet die Blume ab,
Und steckt sie in seine Büchse,
In's blecherne Pflanzengrab.

Dann schreitet er, froh der Beute,
Hinaus aus der Waldesnacht,
Nicht ahnend um welche Freuden
Er Vogel und Falter gebracht.

Blumenduft

Wenn die heil'ge Sabbathfeier
Auf den Frühlingsfluren liegt,
Und der Abendwind nur leise
Rings die Blumenkronen wiegt,

Dringt aus all' den bunten Kelchen
Süßer denn als je der Duft,
Schwängern Rosen und Narzissen
Doppelt würziger die Luft.

Haucht Ambrosia nur Alles
Was da blüht auf Feld und Hain,
Scheint in lauter Wohlgerüchen
Aufgelöst das All' zu sein.

Und erfaßt von einer Wonne,
Deren Grund dir unbewußt,
Fühlst du wunderbar erweitert
Und beseligt deine Brust.

Und allmälig wird dein Denken
Dein Empfinden zum Gebet,
Denn es ist der Atem Gottes
Der zu dir aus Blumen weht.

Palmkätzchen

Wenn zu Ostern an den Zweigen
Sich die ersten Knospen zeigen
Trägt der Landmann sie nach Haus,
Denn er meint vor Ungewittern
Dürf' er nimmermehr erzittern,
Schmücken sein Gemach sie aus.

Wolle Keiner ihm den Glauben
An dies schöne Wunder rauben,
Wenn es gleich ihm auch nichts nützt,
Glücklich wer im Stand zu wähnen
Daß vor künft'gen Schmerzenstränen
Ihn ein Blütenzweig beschützt.

Möchte auch ein Zweiglein finden
Das die Stürme macht verschwinden,
Mehr als Manchem wär's mir Nutz,
Aber vor den Ungewittern
Welche mir das Herz durchzittern
Gibt kein Zweiglein einen Schutz!

Aurikel

Am Saum des Gartenbeetes
Sah ich ein Blümchen stehn,
Ein schüchtern rotes Blümchen
Von Wen'gen nur geseh'n

Es schaute aus dem Grase
Hervor in stillem Leid,
Als ob sich's heimlich schämte
In seinem schlichten Kleid

Da pflückten junge Mädchen
Was pflückenswert nur war,
Die Rosen und die Nelken,
Und flochten sie in's Haar.

Das Blümchen nur, das kleine,
Blieb ungepflückt allein,
Und starb in stiller Trauer
Dahin am Gartenrain.

Nicht wußt' es, daß schon lange
Im Geist ich's abgepflückt,
Und tief in mein Erinnern
Sein Bildchen eingedrückt.

Doch als verwelkt die Rosen,
Die Nelken düfteleer,
Da dachte Keins der Blumen,
Der schön'ren Blumen mehr.

Ich aber seh' noch immer
Vor mir das Gartenbeet,
Und denke der Aurikel
Die jede Hand verschmäht.

Die Blumen duften und blühen

Der König sitzt auf dem goldnen Thron
Zur Seite ihm stehet sein junger Sohn,
Und Ritter und Damen in reicher Zahl,
Ein Page kredenzet den Goldpokal,
   Doch die Blumen duften und blühen.

Da nahet ein Bote in bleicher Hast,
"Herr König, nur eilig das Schwert erfaßt,
Schon dringet dein Gegner herein in's Land,
Rings lodern die Dörfer im roten Brand!" —
   Doch die Blumen duften und blühen.

Da eilet der König mit seinem Sohn
Hinaus, zu schützen für ihn die Kron',
Schon klirren die Waffen, es schnaubt das Roß,
In Strömen das Blut auf die Heide floß;
   Doch die Blumen duften und blühen.

"Verloren, o König, verloren die Schlacht,
Gesieget, gesieget des Feindes Macht!"
Hinflüchtet der Alte und rauft das Haar,
Erschlagen der Sohn und die tapfre Schar!
   Doch die Blumen duften und blühen.

Was schallet und klinget im Morgenschein?
In's Königschloß reitet der Sieger ein,
Es flattern die Fähnlein im Sonnengold,
Wie grüßen vom Söller die Damen hold;
   Doch die Blumen duften und blühen.

Noch brütet die Nacht über Schloß und Land,
Da leuchtet's durch's Dunkel wie Fackelbrand,
Horch, Glockengeheule und Waffengetos'
Es raset der Aufruhr, der Mord ist los!
   Doch die Blumen duften und blühen.

Der Sieger kämpft mit Verzweiflungsgrimm,
Da stürzt er zusammen; das Reich mit ihm,
Es fliehen die Söldner, die Stadt ist frei,
Die Lüfte erzittern vom Jubelgeschrei;
   Doch die Blumen duften und blühen.

Schon bringt im Triumphe herbei der Schwarm
Den alten König, erfüllet von Harm,
Der aber weist Krone und Zepter fort:
"Das Kloster sei künftig mein Haus und Hort!"
   Doch die Blumen duften und blühen.

Morgenlüftchen

Die kleinen Blumen weinten
Wohl durch die ganze Nacht,
Weil sie der Sturm geschlagen,
Und nicht ein Stern gelacht.

Nun da die Morgenröte
Auf's Neue bricht hervor,
Nun lächeln sie durch Tränen
Im duftig bunten Flor.

Da fliegt das Morgenlüftchen
Herbei, nach seiner Pflicht,
Und küsset jeder Blume
Das Tränchen vom Gesicht.

Blumenlied

Gern mag ich den Blumen lauschen,
Wie so stille sie erblühn,
Wie sie duften und berauschen
Bis allmälig sie verglüh'n.

Ach, ich weiß ja eine Blume
Deren Blüh'n ich oft gelauscht,
Als ihr Haupt, das sinnig stumme,
Lenzeslüfte noch umrauscht.

Doch der Zauber, der umwoben
Damals sie so reich und hell,
Ist für immer nun zerstoben;
Blumen, welkt doch gar zu schnell!

Die Sonnenblume

Schau doch, wie die Sonnenblume
Gar so hehr und prangend steht,
Wie nur nach dem Strahl des Lichtes
Immerdar ihr Sehnen geht.

Alle Blumen schaun zur Sonne,
Zaghaft und in frommer Scheu,
Sie nur folgt' von Ost nach Westen
Freudig ihr, in alter Treu'.

Schlürft den Wein aus goldner Schale,
Bis der süße Quell versiegt,
Und berauscht vom Göttermahle
Sich ihr Haupt in Träumen wiegt.

Und so folgt dem Born des Lebens
Immerdar ihr Angesicht,
Und so strahlt aus allen Blumen
Sie — als: Ode auf das Licht.

Liebesklage

Du schöne Menschenrose,
In Reiz und Scham erblüht,
Gleich sanftem Westgekose
Begrüße dich dies Lied.

Auch deine Schwestern lauschen
Dem stillen Bächlein gern,
Das mit geheimem Rauschen
Sein Lied vertraut dem Stern.

Sie lauschen gern den Klagen
Der Nachtigall im Hain,
Den frischen Waldessagen
Von ihrer Lust und Pein.

Sie lauschen gern den Beiden
Und steh'n als wie im Traum,
Bis Klang und Klage scheiden
Noch erst vernommen kaum.

Das ist ein süßes Mahnen
Das schauernd sie durchbebt,
Nur du, du willst nicht ahnen
Was mir die Brust belebt!

O neig' in süßen Träumen
Auch du dich meinem Lied,
Das bald zu fernen Räumen
Wie Klang und Sage zieht.

Den Schwestern gleich im Moose
Vernimm von fremdem Schmerz,
Du schöne Menschenrose,
Es klagt ein krankes Herz.

Sängerlos

Die Blumen schlafen alle,
Die Blumen rings umher,
Ei, wie sie duftig atmen,
Das Haupt vom Schlaf so schwer.

Sie träumen wohl nun stille
Vom Strahl der sie erwärmt,
Vom buntbeaugten Falter,
Der zärtlich sie umschwärmt.

Vom Abendgold am Berge,
Vom nahen hellen Bach,
Vom jungen Hirtenmädchen,
Das eine Schwester brach.

Da flötet in ihr Träumen
Mit schmelzend süßem Schall,
Als wär's im Traume selber,
Ihr Lied die Nachtigall.

Es klingt in Silbertönen
So weich und wehmutsbang,
Es klingt mit Jubelschmettern,
Mit sterbenswehem Klang.

So klingt es jeder Blume
Die schlafend steht im Hain,
Mit namenloser Wonne
Ins Blumenherz hinein.

Und weckt der West sie wieder,
Wenn Nacht und Dunkel schied,
Ist ihnen gleich als hörten
Sie immer noch das Lied.

Und jedes fühlt im Innern
Beseligt sich noch lang,
Doch keines fragt von Allen:
Wer war's wohl nur der sang?

Klosternelke

Ich schiffte auf dem Strome
Dem Nonnenstift vorbei,
Es sang im alten Dome
Die fromme Clerisei.

Wie waren grau, verwittert,
So Wand als Turm umher,
Die Fenster all vergittert
Mit Eisenstäben schwer.

An einem nur alleine
Ein Nelkenstöckchen stand,
Bestrahlt vom Abendscheine
Im hellen Farbenbrand.

Und wie ich erst so munter,
So weh' nun schlug mein Herz,
Mir war, als säh' herunter
Ein blutigroter Schmerz.

Die unbeachtete Rose

Vom West umspielt, mit frischen Wangen,
Ein Röslein stand im Morgenlicht,
Von süßem Hang die Brust befangen,
Du aber sahst die Rose nicht.

Du aber gingst am grünen Gartenzaune
Mit kaltem Blick an ihr vorbei,
Und dachtest nicht, in heitrer Laune,
Wie gramerfüllt die Rose sei.

Nun sind erbleicht der Rose Wangen,
Wie hold auch West und Morgenlicht,
Dahin ist bald ihr Blüh'n und Prangen,
Denn ach, du sahst die Rose nicht.

Vielleicht, wenn Blumen dich erquicken,
Wo sie in stillen Schmerzen stand,
Wirst du als Welke dann erblicken
Die blühend nicht dein Auge fand.

Die beiden Lilien

Eine Lilie, keusch erblüht,
Steht auf sand'gem Felsenschrunde,
Wo sie einst des Zufalls Hand
Hingepflanzt in böser Stunde.

Unter ihr, im grünen Teich,
Rings von kühler Flut umflossen,
Eine andre Lilie steht,
Jung wie sie emporgeschossen.

Und die Lilie auf dem Fels
Blickt zur andern sehnend nieder,
Und die Lilie in der Flut
Blickt zu ihr voll Sehnsucht wieder.

Und jedwede senkt das Haupt
Tief hinab, mit leisem Weinen,
Denn sie fühlen's, nimmer wird
Sie ein günst'ger Stern vereinen.

Und so stehen Beide dort,
Ihrem herben Los ergeben,
Ihre Blicke nur, voll Harm,
Wechselnd hin und wieder schweben.

Doch da kommt ein grimmer Sturm
Hergebraust mit wildem Toben,
Der entreißt der Wurzeln Haft
Jene eine Lilie droben.

Wirft sie nieder in die Flut,
Wo die andre schwankt und nicket,
Aber freud'gen Sinnes ruft
Noch die Lilie, die geknicket:

"Habe Dank, o Sturm, daß du
Uns vereinigst noch hienieden,
Besser, bei den Lieben tot,
Als am Leben und geschieden."

Guter Rat

Die schönen Blumen steh'n
Nicht lang am Wege,
Denn sie zu pflücken geh'n
Viel durch's Gehege,
Willst Eine du erseh'n,
So sei drum rege:
Die schönen Blumen steh'n
Nicht lang' am Wege.

Heimlichkeiten

Was herrscht doch nur für Heimlichkeit
Wohin die Augen blicken,
Wenn Blumenpracht und Frühlingszeit
Mit Wonne uns umstricken.

Ganz heimlich nur der Kuckuck ruft,
Weiß Niemand ihn zu finden:
Die Blumen streuen süßen Duft
Versteckt nach allen Winden.

Die Lerche hoch in Lüften schwirrt,
Von Allen ungesehen,
Zikade unter'm Laube flirrt,
Wer mag sie nur erspähen?

Die Grille ganz verborgen singt,
Im Schattenraum der Blätter,
Und aus des Baumes Wipfel dringt
Der Nachtigall Geschmetter.

Darum wohl küss ich, blütumflockt,
Wo sich nur Zweige breiten,
Ganz heimlich auch mein Lieb, verlockt
Von all' den Heimlichkeiten.

Der Rose Verrat

Anvertraut der Rose hab' ich
Meiner Liebe stilles Glück,
Dachte, einem Treuen gab ich
Von mir hin das beste Stück.

Doch verschweigen das Geheimnis
Konnte nicht ihr süßer Mund,
Gab es Jedem ohne Säumnis
Durch die würz'gen Düfte kund.

Haucht noch jetzt die stillen Triebe
Schwatzhaft aus, die sie erlauscht.
Und so wird von meiner Liebe
Alles nun durch sie berauscht.

Blumenwonne

Wie muß doch den Blumen so wonnig sein,
Im wärmenden funkelnden Sonnenschein,
Gewiegt und umkoset vom Morgenwind,
Gleichwie von der Mutter ihr liebes Kind.

Wie muß doch den Blumen so wonnig sein,
Im duftigen blühenden Frühlingshain,
Umgeben von Schwestern, so weit als breit,
Voll bunter und strahlender Herrlichkeit.

Wie muß doch den Blumen so wonnig sein,
Zu schauen dem Ew'gen ins Aug hinein,
Bis dieser voll liebender Huld zuletzt
Mit himmlischen Tränen ihr Haupt benetzt.

Lerche und Nachtigall

Wie nur jauchzen rings die Lerchen
Ungeseh'n in heit'rer Luft,
Wenn aufs Neu das Frühlingsmärchen
Sie umgibt mit Klang und Duft.

Keine Trauer, keine Sorgen
Nehmen ihre Herzchen ein,
Und ein ungetrübter Morgen
Scheint ihr Lebenslauf zu sein.

Was im Herbste sie verließen
Gibt der Frühling ja zurück,
Brauchen nichts sonst als genießen
So wie vor das alte Glück.

Jede Blume, jede Dolde,
Die sie früher schon entzückt,
Sehn in jedem Morgengolde
Sie mit alten Reiz geschmückt.

In so seligem Gewimmel
Schwingen dr'um vom bunten Flor
Sie zum offnen Freudenhimmel
Sich mit jedem Lenz empor.

Nur die Nachtigall, die kluge,
Wird so schnelle nicht betört,
Denn sie traut ihm nicht, dem Truge,
Der dem Leben nur gehört.

Und in unermess'nen Klagen
Gibt sie's laut und schmetternd kund,
Wie ihr selbst in Wonnetagen
Sei das Herz zum Tode wund.

Denn sie fühlt's ja im Gemüte,
Daß die Rose jung und rot,
Die im ersten Lenz ihr blühte,
Ach, schon lange, lange tot.

Verständnis

Willst die Blumen du verstehen
Mußt du reines Herzens sein,
Denn die Blumengeister sehen
Tief in jede Brust hinein.

Kannst du nicht zum Kinde werden,
Und wie dies die Blume schau'n,
Wird wohl nie sie dir auf Erden
Ihr Geheimnis anvertrau'n.

Willst du dann dafür dich rächen,
Weil zu dir sie niemals spricht,
Kannst du wohl die Blume brechen,
Doch versteh'n wirst du sie nicht.

Königin Rose

Die Rose ist die Königin
Im duft'gen Reich der Blumen,
Und herrscht mit unbeschränktem Sinn,
Wie Mück' und Käfer summen.

Der Zeremonienmeister ist
Die Sonnenblum', die gelbe,
Schaut nur nach der Sonne zu jeder Frist,
Und bleibet immer derselbe.

Als Damen behaupten den ersten Rang
Hyazinthe und Narzißchen,
Erzogen nach altherkömmlichem Zwang,
Und nebenbei stolz ein bißchen.

Der Sturmhut und der Rittersporn
Sind ihre treu'sten Ritter,
Behangen mit Schwert und Schild und Horn,
Und blau und rotem Flitter.

Was übrig noch im Strahl des Lichts
Ist Volk und sonst'ges Gesindel,
Ihr treu ergeben, und weiß noch nichts
Vom heut'gen Freiheitsschwindel.

So herrscht die Rose, fragt Niemand wie,
Und was sie tut ist heilig,
Doch findet das Einzelnherrschen sie
Zuweilen doch auch langweilig.

Und oft wenn Zöfchen Fingerhut
Ihr Morgens streicht die Wangen,
Sieht schadenfroh die falsche Brut
Daran ein Tränchen hangen.

Veilchengruß

Auf mein Lied, geschwind, geschwind,
Mach' dich auf die Reise,
Hausen gleich noch Frost und Wind
Nach des Winters Weise.

Flieg vorbei an jedem Haus,
Meide Tor und Türen,
Sende dich ja nicht hinaus
Holz und Stein zu rühren.

Flügle, ohne Rast und Ruh,
Gleich als ob du müssest,
Daß das erste Veilchen du
Ja zuerst mir grüßest.