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Gedichte 2
 

Schneeglöckchen
Blumen-Auferstehung
Rot und weiß
Der erste Traum
Zwei Rosen
Das Blumenmädchen
Friedhofsblumen
Enttäuschung
Armensünderstrauß
Gelbveiglein
Nachtviole und Nachtigall
Blumenneugier
Tränen und Blumen
Vom Johanniskäferchen
Im Hochgebirge
Als in blauer Frühlingsnacht
Die Wasserblume
Rosentraum
Elfenlied

 
Mönch und Rose
Blumengeplauder
Herbstfrage
Die letzte Rose
Aller Blumen
Wintergarten
Eisblumen
Letzte Treue
Blumensprüche

 

Schneeglöckchen

Noch zieh'n die Wolken düster,
Die Erde deckt der Schnee,
Da schaut des Lenzes Küster
Hervor mit Sehnsuchtsweh'.

Es ist das Blumenglöckchen,
Das guckt hervor voll Scheu,
Ob's wohl im dünnen Röckchen
Zu kalt nicht droben sei?

Es guckt nach allen Seiten
Und schüttelt trüb sein Haupt,
Nur rauhe Winde streiten,
Kein Baum noch ist belaubt.

Da faßt ein tiefes Grämen
Das kleine Blumenherz,
Da muß es Abschied nehmen,
Muß wieder grabeswärts.

"Ade, ihr lieben Blumen,
Hätt' euch so gern' geseh'n,
Wenn Bienlein euch umsummen,
Ist's längst um mich gescheh'n!

Ade, ihr duft'gen Rosen,
Ihr Veilchen zart und fein,
Wenn West und Falter kosen,
Wird's freudlos um mich sein!"

Doch sieh, auf lust'gen Schwingen
Kommt schon ein West daher,
Dem folgt, mit freud'gem Singen,
Ein Vöglein übers Meer.

Dem Vöglein folgt ein Zweites,
Was sollt' es auch allein,
Und fröhlichen Geleites
Zieht Frühling hinterdrein.

Wie da zu süßen Freuden
Ist Blümleins Herz entflammt,
Doch will es selbst im Scheiden
Verrichten noch sein Amt.

Da läutet's ohn' Ermatten
Als Küster, klein und schwach,
Aus ihren Gräberschatten
Die Blumenschläfer wach.

Doch kaum noch, mit Geflüster,
Ersteh'n sie aus dem Grab,
Sinkt auch der kleine Küster
In seines schon hinab.

Blumen-Auferstehung

Wieder erneuet
Jetzt sich die Werdelust,
Labt und erfreuet,
Wissend und unbewußt,
Knospen und Keime
Schwellen zum Flor,
Selige Träume
Tauchen empor.

Ew'ges Geheimnis
Zeugender Schöpfungskraft,
Bricht das Versäumnis
Tödlicher Wintershaft,
Gibt sich nun allen
Lebenden kund,
Und es durchschallen
Hymnen das Rund.

Stürme verstummen,
Ringsum entflieht die Nacht,
Alle die Blumen
Prangen in Jugendpracht,
Fröhlich Gewimmel,
Zaub'rischer Schein,
Sieh, und der Himmel
Lächelt darein,

Nützet die Stunde,
Die uns der Herr verleiht,
Feiert im Bunde
Rasch nun die Frühlingszeit,
Schmückt euch mit neuen
Kränzen das Haupt,
Bald ja des Maien
Seid ihr beraubt!

Rot und weiß

Jung Gretchen hatt' ein Röslein steh'n,
Ein Röslein frisch und rot,
Tät' immer fleißig darnach seh'n,
Hatt' nie an Wasser Not.

Daher ein schmucker Bursche kam,
Das Aug' voll dunkler Glut,
In Arm das junge Gretchen nahm,
War Beiden froh zu Mut.

Jung Gretchen nur des Burschen denkt,
Das Röslein ganz vergaß,
Nur selten ward's von ihr getränkt,
Wie sah es da so blaß!

Allein nicht lange Zeit, so zog
Der Bursche wieder fort,
Das arme Gretchen er betrog
Mit falschem Schwur und Wort.

Wohl netzte sie nun, ach der Not!
Die Blum' mit Tränen reich,
Und wieder ward das Röslein rot,
Doch ach, jung Gretchen bleich.

Der erste Traum

Die schlanke Lilie wieget,
Des Frühlings junges Kind,
Vom tiefen Schlaf besieget,
Ihr Haupt im Abendwind.

Das steht auf luft'ger Reise
Der bleiche Mondenschein,
Und stielt sich leise, leise,
In ihren Kelch hinein.

Dort weilt er, welch' Erquicken,
Umhüllt von Blütenpracht,
Fast sterbend vor Entzücken,
Die ganze lange Nacht.

Erst als der Tag im Kommen,
Wie traurig zieht er fort,
Doch wunderbar beklommen
Erwacht die Lilie dort.

Sie fühlt ein seltsam Beben,
Und kennt sich selber kaum,
Sie hat geträumt ja eben
Den ersten Liebestraum.

Zwei Rosen

Am Fenster meiner Liebsten
In einem Scherben stand
Ein junges blühendes Röschen,
Gepflanzt von ihrer Hand.

Es war die einzige Blume
Im ganzen alten Haus,
Als zweite sah zuweilen
Nur Liebchen noch heraus.

Noch seh ich beide Rosen,
So jung, so schön, so hold,
Die Eine umgrünt von Blättern,
Die Andre umlockt von Gold.

Noch seh ich beide Rosen
Wie ich sie dort erblickt,
Als Eine dem Abendwinde,
Die Andre mir genickt.

Wohl Jahre sind vergangen,
Seit ich sie dort geseh'n,
Ich weiß nicht was mit beiden,
Mit beiden Rosen gescheh'n.

Doch denk ich an die Eine
Ist auch die And're dabei,
So seh' ich noch jetzt die holden,
Die holden lieblichen Zwei.

Die Eine mit süßem Lächeln,
Die Andre mit duft'gem Hauch,
Und möchte um Beide weinen,
Und — um mich selber auch.

Das Blumenmädchen

Saß am weißbelegten Tische
Im Salon, erhellt mit Gas,
Braunen Gerstensaft voll Frische
Im geschliffnen Böhmerglas.

Geigenschall und Waldhornklänge
Schrie'n und gellten mir in's Ohr,
Rings um mich in bunter Menge
Männervolk und Frauenflor.

Kam ein niedlich Blumenmädchen
Schüchtern da zur Tür' herein,
Und es fiel im Faust das Gretchen
Mir bei seinem Anblick ein.

Und zu jedem Tische trat es,
Zeigend seinen bunten Kram,
Und ein jedes Pärchen bat es,
Aber kein's ein Sträußchen nahm.

Und von Einem zu dem Andern,
Unbeachtet, ungehört,
Sah ich so die Kleine wandern,
Und ihr Antlitz schien verstört.

Durch die Jungen, durch die Alten,
Schlich sie d'rauf sich zum Portal,
Aber ohne Pause schallten
Horn und Geige durch den Saal.

Und mir war, als müßt' die Arme
Rufen ich zurück geschwind,
Und ihr sagen: "Deinem Harme
Häng' nicht länger nach mein Kind!

Denn nicht anders, glaub nur immer,
Ging es mir bei diesem Hauf,
Böt' ich ihm, bei Klang und Schimmer,
Meine Lieder zum Verkauf.

Darum tröste dich nur wieder,
Gönn' dem Augenblick sein Recht,
Denn für Blumen und für Lieder
Ist dies Schenkenvolk zu schlecht!"

Friedhofsblumen

Aus staubgewordnen Herzen
Erblüh'n, als Totenkerzen
Die Friedhofsblumen all,

Dem Leben halb gehörend
Und halb dem Grab, wo störend
Kein Ohr verletzt der Schall.

Mit bunter Farbenhelle
Bezeichnen sie die Stelle,
Wo müde Schläfer sind;

Die Blumenhäupter wanken,
Wie schwer von Grabgedanken,
Umtost vom Abendwind.

So steh'n und leuchten jährlich
Die Kerzen, reich und spärlich,
Auf Gräbern rings zu Hauf,

Und hemmt der Herbst die Treue,
So steckt der Frühling neue
Als Friedhofsgärtner auf.

Enttäuschung

Es standen rings im Garten
Die Rosen lenzgeschmückt,
Und konnten's kaum erwarten,
Daß sie ihr Eigner pflückt.

"Gewiß", so spricht die Eine,
"Uns wird ein schönes Los,
Die wir, zum Schmuck dem Haine,
Entblüht im keuschen Moos.

Ein weibgewordner Engel
Wohl baldig kommt herbei,
Zu brechen mich vom Stengel,
Daß ich Genoß ihm sei."

"Ich werde", spricht die Zweite,
"Dem Strauche wohl geraubt,
Daß ich beim Brautgeleite
Umduft' ein schönes Haupt."

Die Dritte: "Eurer Reihe
Entschwind' ich wohl allhier,
Bei eines Priesters Weihe
Zu dienen ihm als Zier."

"Zum Schmuck der Festpokale,"
So stimmt die Vierte ein,
"Beim frohen Jubelmahle,
Werd' ich gepflückt wohl sein."

Und sieh, der Herr des Gartens,
Er brach sie allesamt,
Wie waren, frei des Wartens,
Die Rosen lustentflammt.

Doch ach, da warf zum Hohne,
Enttäuschend all' im Nu,
Sie einer Histrione
Der Käufer Abends zu.

Armensünderstrauß

Stets noch gebt, nach alter Weise,
Einem Armensünder ihr
Mit noch auf die letzte Reise
Duft'ger Blumen bunte Zier.

Laßt ihm noch den Schmuck der Auen,
Laßt ihm noch der Wiesen Pracht
Auf der Schreckensbrücke schauen,
Hinter der kein Lenz mehr lacht.

Wie das Heiligtum der Blumen
Mögt ihr nur so frech entweih'n,
Und die Lieblichen zu stummen
Zeugen blutiger Tat verleih'n?

Sagt, wie kommt zu Mörderhänden
Was Symbol der Reinheit ist,
Kann es Trost dem Herzen spenden
Dem kein Rückweg sich erschließt?

Was für wundgeweinte Augen
Soll der Blume Farbenglut,
Können draus sie Hoffnung saugen,
Die getrübt so herbe Flut?

Was noch soll ein Ambradüften,
D'rin des Lebens Atem weht,
Jenem, der, von Modergrüften
Schon umhaucht, zu Grabe geht?

Deckt mit dichten Hüllen lieber
Ihm das Antlitz ganz und gar,
Daß kein Duft ihm streif' vorüber,
Daß kein Blatt er werd' gewahr,

Und verbittert nicht den herben
Gang ihm noch, ins finstre Land;
Denkt, wie schwer nur muß sich's sterben
Mit den Blumen in der Hand!

Gelbveiglein

Es prangt ein Frauenbildnis
In einer Nischenwand,
Davor Gelbveiglein duftend,
Geweiht von frommer Hand.

Ein rotes Lämpchen breitet
Um Beide seinen Schein,
Indes vom Mondenschimmer
Umsilbert das Gestein.

Doch ach, Gelbveiglein welket,
Wie auch sein Duft so lind,
Und seine Blättchen flattern
Dahin, dahin im Wind.

Ob wohl zu kalt der Marbel
Auf dem das Veigel liegt,
Ob wohl zu heiß der Busen,
Dran sich's zuvor geschmiegt?

Nachtviole und Nachtigall

Es sang im Waldesdunkel
Einmal die Nachtigall,
Bei hellem Sterngefunkel,
Daß weithin klang der Schall.

Da kam ein süßes Düften,
Ein wonnevoller Hauch,
Getragen von den Lüften
Durch Baumgezweig und Strauch.

Wie duftgewordne Tränen
Durchdrang's den nächt'gen Hain,
Frug Nachtigall voll Sehnen:
"Wo magst du, Blume, sein?"

Doch auch der Nachtviole,
Von der das Grüßen kam,
Durchdrang das Herz, das volle,
Geheimer Liebesgram.

Es machten ja die Töne
Ihr allzusüße Pein,
D'rum frug so oft die Schöne:
"Wo magst du, Sänger, sein?"

Doch Niemand brachte Kunde
Der Nachtigall und ihr,
D'rum brannte auch die Wunde
Stets heißer dort wie hier.

Mit jedem Sterngefunkel
Erscholl darauf der Klang,
Und nächtlich durch das Dunkel
Das süße Düften drang.

So blieben, ach, der Leiden,
Mit trauern sah's der Stern,
Voll tiefen Gram's die Beiden
Sich ewig ewig fern.

Und als mit letzten Düften
D'raus die Viole schied,
Erklang auch in den Lüften
Zum letztenmal das Lied.

Dann ward es still für immer,
Dahin so Duft wie Schall,
Es kam zum Wald ja nimmer
Zurück die Nachtigall.

Blumenneugier

Als im engen Gartenhäuschen
Ich mit ihr beisammen saß,
Und ob ihren Rosenwangen
Aller Rosen sonst vergaß;

Nur in ihre Augen schaute,
Die so seelenvoll und blau,
Daß ich d'rüber ganz vergessen
Alle Veilchen in der Au;

Nur mit ihren Locken spielte,
Die so golden, zart und fein,
Und des Morgens nicht gedachte
Mit dem goldnen Sonnenschein;

Mochte Neugier wohl erfüllen
Ringsumher den ganzen Flor,
Denn ein Wispern und ein Flüstern
Drang vernehmlich an mein Ohr.

Endlich kam es gar zum Häuschen
Wie mit zartem Mädchenschritt,
Und ich hörte, wie es Außen
Aufwärts an den Stäben glitt.

Sieh, zum Fenster oben guckte
Bohnenranke jetzt herein,
Mußte sie doch die Spionin
Von den andern Blumen sein.

Aber als sie uns erschaute
Mund an Mund im Gartenhaus,
Schlug in feuerroter Blüte
Allsogleich die Bohne aus.

Tränen und Blumen

Die Blumen und die Tränen
Sind sich verwandt gar nah,
Denn plötzlich ist die Blume
Und auch die Träne da.

Weiß Niemand sich zu sagen
Woher die Blume kam,
Noch auch woher die Träne
In Freude oder Gram.

Und wie am Strauch die Blume
Den Dorn vor dir verhüllt,
So lindert auch die Träne
Den Schmerz, der dich erfüllt.

Und wie sie ist gekommen
Versiegt die Träne auch,
Und eh du's ahn'st ist wieder
Von Blumen leer der Strauch.

Vom Johanniskäferchen

Es ist Johanniskäferlein
Ein feiner tück'scher Wicht,
Trägt nicht umsonst durch Nacht und Hain
Mit sich herum sein Licht.

Wenn träumend schwankt das Schilf der Au,
Und Nacht umhüllt den Plan,
Dann steckt's erst im Laternchen schlau
Sein kleines Lichtlein an.

D'rauf promeniert's gehäbig ganz
Wohin's ihm grad gefällt,
Vom flüchtig kargen Wandelglanz
So Halm als Laub erhellt.

Es schwärmt durch's Blumenfeld und blickt
Nach mancher Schläferin,
Und ist ein Kleidchen wo verrückt
Schaut's doppelt gern dahin.

Und weckt ein Röslein süßen Hang,
So küßt's in guter Ruh
Wohl gar die schlafesrote Wang',
Und leuchtet noch dazu.

Doch mit dem ersten Dämmerschein
Da schleicht's vom dieb'schen Schmaus
In einer Blume Kelch hinein,
Und löscht sein Lichtlein aus.

Im Hochgebirge

Wie steil der Pfad, wie tief die Kluft,
Wie weit in's Land hinein,
Kein Sang, kein Klang, kein Blumenduft,
Nur hangendes Gestein.

Doch sieh, am schroffsten Felsen schier,
Ein Röslein zart und mild,
So dicht umkränzt, bedünkt es mir
Fast ein Liebfrauenbild.

Als in blauer Frühlingsnacht

Als in blauer Frühlingsnacht
Die Rosenknospe sprang,
Erscholl durch all die Blütenpracht
Der Nachtigall Gesang.

Und als in blauer Frühlingsnacht
Mein Arm sie heiß umschlang,
Auch ihre Stimme mit Zaubermacht
Die Seele mir durchdrang.

Seither in mancher blauen Nacht
Erfüllt mit wehem Drang
Die Rose und mich ganz heimlich sacht
Derselbe süße Klang.

Die Wasserblume

Die Wasserblume hebt das Haupt
Aus der kristall'nen Fläche,
Daß auch das blütenlose Reich
Von Erdenschönheit spreche.

Und neigt ihr Antlitz träumerisch
Hinab sie zu den Wellen,
Wie haschen da nach einem Kuß
Die flüchtigen Gesellen.

Doch jungfräulich und schüchtern sträubt
Die Keusche sich dagegen,
Ist an den Wässerigen ihr,
Man sieht's, nicht viel gelegen.

Allein kommt die Libelle d'rauf
Die schillernde geflogen,
Die seit dem Lenz Gespiele war
Der Blume in den Wogen,

Da läßt die breiten Blätter sie
Sogleich im Wasser rauschen,
Daß schon von fern den Liebesgruß
Der Treue mög' erlauschen.

Aus Silber webt sodann sein Netz
Der Mond wohl um die Beiden,
Ha, wie nur da die Späher all'
Die Glücklichen beneiden!

Doch hüllt die Nacht in Schleier gar
Die Einsamste der Blumen,
So hört man lange, lange noch
Die Wellen zornig brummen.

Rosentraum

Es war eine Laube von Rosen,
Darin die Zephire ihr Spiel,
In der mich auf schwellenden Moosen
Der Schlummer, der süße, befiel.

Da sah ich, o selige Triebe
Die wieder die Brust mir durchglüht,
Die erste verlorene Liebe,
Wie damals zur Rose erblüht.

Es waren die Augen, dieselben,
In denen mein Himmel geblaut,
Die Locken, die goldigen gelben,
Die oft meine Tränen betaut.

Ich hielt sie wie damals umfangen
Zu schönerem Sterne entrückt,
Sie hatte die glühenden Wangen
Wie einst an die meinen gedrückt.

O selig Umschlingen und Kosen!
O Laube voll dämmriger Nacht! —
Das haben doch wohl nur die Rosen,
Die blühenden Rosen gemacht?

Elfenlied

Wir schützen
Die Blume
Vor Raupe
Und Wurm,
Und richten
Die matten
Empor nach dem Sturm.

Wir wohnen
In Kelchen
Von Farben
Umlacht,
Und schlingen
In Ringen
Den Reigen zur Nacht.

Wir kommen
Geritten
Auf Käfer
Und Wind,
Wenn Luna
Die Blumen
Mit Silber umspinnt.

Da spielen
Die Grillen
Zu Reigen
Und Kuß,
Kaum bieget
Ein Hälmchen
Der schwebende Fuß.

Wir schaukeln
Und gaukeln
Auf Stengel
Und Blatt,
Und schwelgen
An Düften
Beim Mahle uns satt.

Und schmücken
Jedwede
Der Blumen
Darnach,
Mit Schimmern
Vom Monde,
Mit Perlen vom Bach.

Drum funkeln
Und glitzern
Sie morgens
So sehr,
In Silber,
In Perlen,
Weiß Niemand woher.

Doch nahen
Die Rosse
Des Phöbus
Sich kaum,
Verschwinden
Wir Elfen,
Ein flüchtiger Traum.

Und leise
Verhallet
In Sträuchig
Und Dorn,
Der Heimruf
Der Herrin,
Das mahnende Horn.

Mönch und Rose

Steht ein Mönch mit bleicher Wange
Vor dem blüh'nden Rosenhange,
Schaut im Morgenscheine golden
Wie so schön erglühn die Holden.

An das Jugendglück im Innern
Lebt nur mehr ein schwach Erinnern,
Und in heißverweinten Zähren
Ist erstorben sein Begehren.

Wie vom Todespfeil getroffen
Hat geendet längst sein Hoffen,
Und sein Herz zu rascher'n Schlägen
Kann nichts Ird'sches mehr bewegen.

Dennoch steht mit bleicher Wange
Oft der Mönch am Rosenhange,
Still betrachtend wie die Holden
Blüh'n im Morgenscheine golden.

Und ihn dünkt, mit klaren Lettern
Stünde auf den Rosenblättern
All und überall geschrieben:
"Bleicher Mönch, uns darfst du lieben!"

Blumengeplauder

Die Dämmerung sinkt auf's Gehege,
Kaum blinkt noch am Berge der Saum,
Da werden lebendig und rege
Die Blumen im schweigenden Raum.

Wie können im traulichen Düstern
Sie einmal nun frönen der Lust,
Und schwatzen und plaudern und flüstern
So recht aus der innersten Brust.

Und schon auch erzählet die Rose
Den anderen Schwestern herum,
Wie Morgens ein Käferchen lose
Umschwärmt sie mit lautem Gesumm.

Und, wie schon frohlockender Miene,
Sich Sieger der Eitle gedeucht,
Als plötzlich die Nachbarin Spinne
Den kecken Gesellen verscheucht.

Erzählet darauf Georgine
Wie sie sich tagüber gehärmt,
Weil Fingerhut und Balsamine
Allein nur die Biene umschwärmt.

Die Tulpe mit herrischem Prunken
Ruft prahlend dem Kartenkraut zu,
Daß sie mit Kleinglöckchen getrunken
Ein Smolis ans du und du.

Da flüstert zur Lilie drüben
Die schöne Hortensia:
Es hab' ihr Nachtfalter geschrieben
Er stürbe vor Sehnsucht beinah.

Die Sonnenblume mit Schmähen
Berichtet nun ebenfalls
Wie sie bei dem Sonnenwärtsdrehen
Verrenkt sich beinahe den Hals.

D'rauf klaget ein Knospenschätzchen,
Das kaum noch sein Kelchlein gelupft,
Es hab' ihm ein lüsternes Spätzchen
Ein Blättchen heruntergerupft.

Gestehet Stiefmütterchen leise
Der Raute, wie gestern im Hag
Sie habe gehäbiger Weise
Verschlafen den herrlichsten Tag.

Feldnelke, ergänzend den Babel,
Mit Schluchzen erzählt, daß im Korn
Des Nachts ihr den Storchenschnabel
Erschlagen der Rittersporn.

Schafgarbe darauf der Kamille
Vertraut als Geheimnis ganz sacht,
Daß sie eine neue Idylle
Auf alle das Treiben gemacht.

So plaudert vom Dunkel umflossen
Noch lange der duftige Flor,
Da streckt aus den Wolken verdrossen
Der Mond die Laterne hervor,

Und schmählet: "Na, werdet ihr schweigen,
Ihr plaudernden Mäuler umher?!" —
Und, husch, alle Blumen sich neigen,
Spricht Keines ein Wörtchen mehr.

Herbstfrage

Was faßt am Blumenbeete
Mich gar so trüber Sinn?
Nur gelbe Blätter gaukeln
Vor mir am Boden hin.

Du Rose meiner Liebe,
Du Jugendkönigin,
Wohin, mit Duft und Blüte,
O Rose, sprich, wohin?

O Tulpe, Bild des Ruhmes,
Die mir unwelkbar schien,
Mit deinen bunten Flammen,
O Tulpe, sprich, wohin?

Du schlanke Kaiserkrone,
Du stolze Prahlerin,
Die mir das Glück bedeutet,
O Krone, sprich, wohin?

Verödet steht der Garten,
Kein Blümchen ist darin,
Nur gelbe Blätter gaukeln
Vor mir am Boden hin!

Die letzte Rose

Einsam vor der Rosenhecke
Steht ein junges schönes Kind,
Als mit feuchten Herbstesschauern
Durch die Bäume rauscht der Wind.

Nicht dem fernen Kranichzuge
Folgt sein sinnend Auge nach,
Hängt nicht an dem Spiel der Blätter
Die der Wind vom Baume brach.

Nur auf eine schlichte Rose
Ist sein ernster Blick gesenkt,
Auf die letzte Blumenschwester,
Die am Strauche sterbend hängt.

Wohl mag Wehmut dich beschleichen
Da solch Bildnis vor dir steht,
Bist du selbst doch eine Rose
Die nur allzuschnell vergeht.

Präg' es d'rum, mein schönes Mädchen,
Tief in dein Gedächtnis ein,
Denn zu bald nur wird die letzte
Rose auch verblüht dir sein.

Sorge dann, wenn von der Wange
Sie für immerdar verglüht,
Daß die Rose des Gemütes
Dir noch frisch im Innern blüht.

Aller Blumen

Aller-Seelentag ist heute,
Festlich kündet's das Geläute,
Und den Schritt zum Friedhof lenkt
Wer ein Teures hat versenkt.

Lichter schimmern, Lieder klagen
Wo nur Grabeskreuze ragen,
Näher dünkt bei Grab und Lied
Was von dieser Erde schied.

Aller Seelen, aller Seelen,
Die zu den Geschiednen zählen,
Denket heute Alt wie Jung,
Seliger Erinnerung.

Laßt d'rum auch ein Angedenken
Mich nunmehr den Teuren schenken,
Jenen Teuren, deren Sein
Wie kein Staubgebornes rein.

Rose, in dem Gartenhage,
Denke dein in stummer Klage,
Die von Scham und Liebe rot
Ihre Ambradüfte bot.

Laß mich dein, o Nelke, denken,
Seh das schöne Haupt dich senken,
Als, ein wegverirrtes Kind,
Dich umrauscht der Abendwind.

Veilchen, auf den Bergeskuppen,
Enggeschart, wie Mädchengruppen,
Die der Nord zum Spiel ersah,
Denke Euch mir wieder nah'.

Und auch euch, Vergißmeinnichte,
Sternchen, mit dem blauen Lichte,
Still entkeimt am Murmelbach,
Schick' ich einen Seufzer nach.

Aller Blumen, aller Blumen,
Die ein Käfer mocht' umsummen,
Die ein sanfter West umspielt,
Die des Abends Tau gekühlt.

Die im Morgenstrahl erglühten,
Die an meinen Pfaden blühten,
Die mir Herz und Aug' ergötzt,
Aller Blumen denk ich jetzt.

Gilt ja doch das Fest der Seelen
Aller, die dem Leben fehlen,
Aller Geister nah und fern,
Und auch Eure sind des Herrn.

Wintergarten

Du hast die Blumen fortgenommen,
Und schmucklos Feld und Garten steh'n,
Nun Frost und Flocke wieder kommen,
So neig', o Herr, dich meinem Fleh'n.

Laß zum Ersatz für das Verlorne
Erblüh'n die Blumen uns im Haus,
Daß sich der arme Staubgeborne
Erlabe in der Stürme Braus.

Laß uns das Veilchen: Eintracht blühen,
Das auch im harten Frost gedeiht,
Und gönne uns nach Tagesmühen
Den Asterstrauch: Geselligkeit.

Gib, daß durch keinen Frost erblasse
Der Tulpe: Frohsinn, heitre Pracht,
Und Sonnenblume: Freundschaft lasse
Uns leuchten auch in Wintersnacht.

Vor allen Blumen aber fehle
Das holde Röslein: Liebe nie,
Und mild erquicke jede Seele
Die Kaiserkrone: Poesie.

Eisblumen

Der Winter träumt von einem Lenze,
Nach dem er sehnend zieht durch's Land,
Der aber nie noch seine Kränze,
Die duft'gen, um das Haupt ihm wand.

D'rum malt an jede Fensterscheibe
Er Blumen hin, ganz heimlich sacht,
Damit von ihm ein Zeichen bleibe
Daß er in Schmerzen sein gedacht.

Letzte Treue

Wem, ein Teures uns gestorben
Schmückt man gern sein enges Haus
Noch mit Rosmarin und Rosen
Und mit andern Blumen aus.

D'rum wenn euch von mir, ihr Lieben,
Einstens nur die Hülle blieb,
Schmückt auch mir mein Haus mit Blumen,
Hab' die Blumen ja so lieb.

Doch wenn just der Winter hätte
Allen Schmuck geraubt dem Hain,
Legt statt ihrer meine Lieder
Mir noch in den Sarg hinein.

Sind auch minder reich als Blumen
Sie an Duft und Farbenglut,
Denkt, bei seinen Kindern schlummert
Wohl ein Vater doppelt gut.

Blumensprüche

Wie manche Blum' entlockt den Ruf
Verblühte sie doch nie!
Indes sie Achtlos mit dem Huf
Zertritt das liebe Vieh.
☼☼☼
Wer Dornen fürchtet an dem Strauch zu finden,
Wird nie wohl einen Kranz aus Rosen winden.
☼☼☼
Wie sind die Blumen doch zu neiden,
Die mit dem Frühling aufersteh'n,
Das Feld mit Schönheit zu bekleiden,
Und dann in Düften zu vergeh'n!
☼☼☼
Das haben uns die Rosen nur gelehrt,
Daß man den Dorn auch hält beachtenswert.
☼☼☼
Um einer Raupe schlimmes Trachten
Soll man die Blume nie verachten.
☼☼☼
Je zarter eine Blume ist
Die unser Aug' entzückt,
Je reiner sei zu jeder Frist
Die Hand auch die sie pflückt.
☼☼☼
Wer Rosen nicht zur Zeit der Rosen bricht,
Der tut es auch im Schnee des Winters nicht
☼☼☼
Sei sie auch noch so reich an Farbenglanz,
So wird doch eine Blume nie zum Kranz.
☼☼☼
Die Täuschung gab uns Gott zum Eigentume,
Die schönste Täuschung aber ist die Blume.
☼☼☼
Nicht achten auf ein Ungemach
Die Wandervöglein viel,
Sie ziehen ja den Blumen nach,
O neidenswertes Ziel!
☼☼☼
Von einer Distel wird dir's niemals glücken
Rosen zu pflücken.
☼☼☼
Poesie ist eine Blume
Die erwachsen kann zum Ruhme,
Eins nur mögst du nicht vergessen,
Daß die Blumen nicht zum essen.
☼☼☼
Das "Maßlieb" ist ein schönes Kraut,
Nur wird's zu kärglich angebaut.
Je weniger sie hervorstrebt aus dem Moose,
Um desto schöner dünket mir die Rose.
☼☼☼
Bedenk' welch' kurze Frist im Hag
Die Rosen prangen,
Ein Rosenblatt nimmt jeder Tag
Auch deinen Wangen.
☼☼☼
Und magst du seiner noch so sorgsam warten,
Es wächst ein Unkraut doch empor im Garten.
☼☼☼
Wo immer Rosen ihre Düfte streun,
Gleichmäßig sind verteilt an sie die Lose,
Die Rose ist der Königsgärten Schmuck,
Kein Königsgarten aber schmückt die Rose.
☼☼☼
Die Blumen blüh'n so herrlich nur,
Weil sie nie selbst sich fragen:
Was wird doch wohl nur die Natur
Zu unsrer Blüte sagen?
☼☼☼
Jede Blume die da sprießt
Öffnet ihren Kelch dem Licht,
Nur das Menschenherz erschließt
Oftmals seinem Strahl sich nicht
☼☼☼
Die Rosen dauern fort,
Es welkt allein die Rose,
Erkenn' der Menschheit Los,
So wie der Menschen Lose.
☼☼☼
Wohl ragt zu ihrem eignen Ruhme
Die Tanne stolz empor zum Licht,
Doch furchtlos schaukelt sich die Blume
Wenn ein Orkan die Tanne bricht.
☼☼☼
Setzt auch in einen Topf von Gold
Die Blume deine Hand,
So blüht sie lieber doch daheim
In Moor und dürrem Sand.
☼☼☼
Es stehen bei Blumen ganz arm und schlicht,
Auch and're mit Kronen und Sternen,
Und neidet doch eine die andre nicht,
Da könnten die Menschen lernen!
☼☼☼
Eins überlebt sogar schon hier die Zeit,
Das ist die Himmelsblume: Weiblichkeit.
☼☼☼
So schließ' ich nun dies viertelhundert
Von Sprüchen, und gesteh' es ein:
Was ich vor Allem stets bewundert
Sind Frau'n und Blumen nur allein.