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Quelle:

Fruchtkörner
Ein Volksbüchlein

Johann N. Vogl

Wien 1830
Druck und Verlag von M. Chr. Udolph

Inhalt erstes Hundert

 

Begriff
 
Sprüche
 
Alter
Andacht
Anfang
Arbeitsamkeit
Aufschub
Argwohn
Armut
Barmherzigkeit
Beschwerde
Bewußtsein
Beispiel
Besserung
Betrug
Billigkeit
Borgen
Bürgschaft
Dankbarkeit
Demut
Diebstahl
Dienstfertigkeit
Dummheit
Ehestand
Ehre
Eigenliebe
Eigenlob
Eigennutz
Eigensinn
Einsamkeit
Einigkeit
Erfahrung
Erziehung
Eitelkeit
Feigheit
Feindschaft
Freundschaft



 
1. 2. 3. 4. 5.
6. 7.
8. 9. 10. 11.
12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
19. 20.
21.
22. 23. 24.
25. 26. 27. 28. 29.
30.
31.
32. 33. 34.
35.
36.
37.
38. 39.
40.
41. 42. 43.
44.
45. 46.
47. 48. 49.
50. 51.
52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61.
62. 63. 64. 65. 66. 67.
68. 69. 70.
71. 72. 73. 74. 75.
76. 77.
78. 79.
80. 81.
82.
83. 84.
85. 86. 87. 88. 89. 90. 91.
92.
93.
94. 95. 96. 97.
98. 99. 100.



 

1.
Alt möchte jeder gern' werden,
Aber alt sein, mag kein Mensch auf Erden.

2.
Alte Freunde, alter Wein
Sind am besten und schmecken fein.

3.
In dem Alter kein Mohr wird weiß,
Sein Leib ist schwarz, wenn er ein Greis.

4.
So du begehrest alt zu werden
So ehr' deine Eltern hier auf Erden,
Denn was du tust, dem Vater dein,
Des', darfst vom Sohn gewärtig sein.

5.
Ein jeder seinen Schalk verblümt
Und sich der werten Jugend rühmt.

6.
In deinem Haus den Herren preis'
Mit Weib und Kind, auf alle Weis',
Denn wer Gott dient und lobt im Haus,
Der macht ein Kirchlein sich daraus.

7.
Es tu'n nicht alle Leute beten
Die oftmals in die Kirche treten.

8.
Der Anfang und die Mitte gut,
Ohne gutem End' nichts nützen tut.

9.
Hast du recht ernstlich was begonnen,
So ist es mehr als halb gewonnen.

10.
Die Vögel die früh anfangen zu singen
Werden es auch bald zu Ende bringen.

11.
Fang' an mit Gott, mit Gott hör' auf,
Dies ist der beste Lebenslauf.

12.
Du sollst mit Arbeit nach Gutem streben
Gleich, als wollt'st du ewig leben,
Und doch steh'n in steten Sorgen,
Als sollt'st du sterben heut' oder morgen.

13.
S' ist besser zweimal gemessen
Als einmal, und das Best' vergessen.

14.
Auf jeden Raum
Setz' einen Baum,
Und pflege sein
Er bringt dir's ein.

15.
Wer will gutes Feuer halten,
Muß erst das grobe Holz zerspalten.

16.
Wer viel Ding' tu'n will auf einmal
Kann sie nicht wohl verrichten all'.

17.
Sollst niemals ohne Arbeit sein,
Arbeit gewinnt Feuer aus dem Stein.

18.
Treib' es, so geht es,
Jag' es, so fangst du es,
Es gelingt
Nachdem man ringt.

19.
Was du kannst am Abend tu'n,
Laß' nicht bis auf Morgen ruh'n.

20.
Je länger man ein Ding verspart,
Je weniger es verrichtet ward.

21.
Argwohn wie auch Unbedacht
Hat manchen in großes Leid gebracht.

22.
Armut ist eine Last,
Alter ein unwerter Gast.

23.
Ein blinder Mann, ein armer Mann,
Hätt' er auch Seid' und Sammet an.

24.
Zu große Milde sollst du meiden
Willst du nicht selber Armut leiden.

25.
Ein blinder Mann, ein armer Mann,
Aber ein viel ärm'rer Mann
Der sein Weib nicht zwingen kann.

26.
Welcher Mensch nicht will verarmen
Tu' sich der Leidenden erbarmen,
Denn Gottes Segen bringt in's Haus
Was du den Armen gibst hinaus.

27.
Tu' Bettlers Murren überseh'n
Gib, was du kannst, und laß ihn geh'n.

28.
Eine unwillige Gab' ist eben
So viel, als hätt'st du gar Nichts geben.

29.
Bist du reich und lebst in Ruh'
Der Armen nicht vergessen tu';
Denn gar leicht ein armer Mann
Aus dem Reichsten werden kann.

30.
Jedes Ding ist der Beschwerden voll
's ist schwer oft, was man wählen soll.

31.
Sagt einer heimlich was, so laß es gehen hin,
Wer sich nichts Gut's bewußt, meint nur es geh' auf ihn.

32.
Wie die Alten gesungen,
So zwitschern die Jungen.

33.
Hat Peter einen Schaden am Fuß,
Paul darum nicht hinken muß.

34.
Tust' irgendwo was Gutes seh'n
In deinem Haus' laß's auch gescheh'n

35.
Wer irre geht, und wieder wendet
Unbillig darum wird geschändet.

36.
Außen rot,
Innen tot.

37.
Billigkeit ist oftmals mehr
Denn Recht und aller Gesetze Lehr.

38.
Der ausleiht sein Weib, sein Kleid oder Pferd
Dem bleibt kein's von allen unversehr't.

39.
Borgen
Macht Sorgen.

40.
Dein Schaden blüht, wächst groß und ist,
Sobald du ein Bürge worden bist.

41.
Die Dankbarkeit ist ein Samen
Aus welchem neue Gaben stammen.

42.
Man betet oft eifrig und lang'
Daß man von Gott eine Gnad' erlang',
Doch hat man sie, so wird der Dank
Geschoben auf die lange Bank.

43.
Eine Gab' die man dir verehrt
Schätze mehr noch, als sie wert.

44.
Das Kreuz erfaßt,
I'st halbe Last.

45.
Ist auch ein Dieb über hundert Berg'
So holt ihn noch ein, ein hinkender Scherg'.

46.
Einen Fund verhehlen
Ist so viel als stehlen.

47.
Ein wack'rer Mann
Hilft wo er kann.

48.
Wäscht eine Hand die and're fein,
So werden alle Beide rein.

49.
Tut man den Leuten was ihnen gefällt
So kommt man am Besten durch die Welt.

50.
Der Dumme braucht sein Leben allein,
Läßt and're bleiben wie sie sein.

51.
Eine Gans über das Meer,
Eine Gans wieder her,
Eine Gans über den Rain,
Eine Gans wieder herein.

52.
Es steht dem Eh'stand übel an,
Wenn die Henne krähet vor dem Hahn.

53.
In der Ehe kann kein Frieden sein,
In der regiert das Mein und Dein.

54.
Wo ein Weib führet das Regiment
Da nimmt es nimmer ein gutes End!

55.
Wenn in der Eh' ist Fried' und Ruh',
Ein Krümchen Brot schlägt besser zu,
Als Speisen gut und vielerlei
Wo ist keine Freud' und Ruh' dabei.

56.
Lebt der Mann vom Weib allein,
Muß er auch ihr Spielmann sein.

57.
Willst du heiraten, besinn dich fein
Sonst kriegst du Essig für den Wein.

58.
Wird die Magd die Frau im Haus
Jagt sie den Herrn zum Tor hinaus.

59.
Wo ein Mann ist und kein Weib,
Da ist ein Haupt, doch ohne Leib,
Und wo ein Weib ist — ohne Mann,
Da ist ein Leib — aber kein Haupt daran.

60.
Wo nicht im Haus sind Kinderlein
Ist's gleich, als wär' kein Sonnenschein.

61.
Willst du haben Frieden viel,
Tu' wie dein Weib es haben will.

62.
Das heißt recht adelich gelebt,
Wo man nach Ehr und Tugend strebt.

63.
Nach Ehren streben ist rühmlich und ehrlich,
Aber der Fall ist oft gefährlich.

64.
Ehren
Beschweren.

65.
Wenn ja verloren ist Gut und Geld
So behalt deine Ehr' auf dieser Welt,
Denn wenn dir die verloren ist,
Bist du nichts wert, sei, wer du bist,
Geld ist nur Geld, und Welt bleibt Welt
Wohl dem, der seine Ehr' behält.

66.
Der Jeden ehr't,
Ist Ehren wert.

67.
Gut verloren, unverdorben,
Mut verloren, halb verdorben,
Ehr' verloren, gar verdorben.

68.
Einem Jeden gefällt seine Weise wohl,
D'rum ist die Welt der Narren voll.

69.
Es meint jede Frau
Ihr Kind sei ein Pfau.

70.
Wer sich selbst liebt allzusehr,
Den hassen die andern um so mehr.

71.
Wer sein eigen Lob ruft aus,
Hat böse Nachbarn um sein Haus.

72.
Sich selber Niemand loben soll,
Der wohl tut, lobt sich selber wohl.

73.
Der ist gar keines Lobens wert,
Der sich zu loben selbst begehrt.

74.
Kein Schild noch Zeichen, der stecken soll,
Der seine Sach' macht recht und wohl.

75.
Du sollst dich selber still betragen,
Laß and're Gutes von dir sagen.

76.
Eigner Nutz,
Ist ein schlechter Putz.

77.
Es war kein Winter noch so kalt
Und kein Küster noch so alt,
Daß er Kohlen hätte begehrt
Dieweil das Opfer hat gewährt.

78.
Ein ungeschickter Mann
Hält nichts für recht getan,
Als wo er selbst die Hand legt an.

79.
Wer ein Ding nicht sehen will,
Dem hilft weder Licht noch Brill'.

80.
Es ist besser alleine
Als mit böser Gemeine.

81.
Ob du schon im Verborg'nen bist,
Tu' doch was recht und billig ist.

82.
Einigkeit ist ein starkes Band
Es hält zusammen Leut' und Land.

83.
Von aller Kunst, zu jeder Frist,
Erfahrung die größte Meisterin ist.

84.
Wen der Besen verkehrt ist,
Sieht man erst, was er wert ist.

85.
Ein schlechter Ast,
Ist des Baumes Last.

86.
Wie bös' eine Mutter auch immerhin,
Sie möchte ein frommes Kind erzieh'n.

87.
Wie die Zucht,
So die Frucht.

88.
Oft ist's nur am Baum gelegen,
Oft an des Gärtners schlechten Pflegen.

89.
Wer viel seinen Kindern pflegt nachzugeben,
Wird wenig Freuden an ihnen erleben.

90.
Dem Vater und der Mutter gebührt keine Ehr'
Die ihren Kindern geben keine Zucht und Lehr'.

91.
Das Wetter erkennt man an den Wind,
Den Vater erkennt man bei seinem Kind,
Den Herrn bei seinem Hausgesind.

92.
Ein Mägdlein so sich kleidet zum Schein,
Bei dem ist auch die Zucht gar klein.

93.
Wer die Gefahr will stets erwiegen,
Bleibt ewig hinter dem Ofen liegen.

94.
Der selber ist sein größter Feind,
Der nicht will haben Gott zum Freund.

95.
Zwei Hähne in einem Hof,
Zwei Frauen in einem Haus
Die jagen einander zumeist hinaus.

96.
Für Feinde beten gilt vielmehr,
Als wenn's für Freund' geschehen wär',
Ein Vaterunser für einen Feind,
Ist mehr, als zehn für einen Freund.

97.
Besser ist ein offner Feind,
Als ein ungetreuer Freund.

98.
Ein solcher Freund verdienet Lob,
Der in dem Unglück hält die Prob'.

99.
Das sind schlechte Freund',
Wo der eine lacht und der and're weint.

100.
Freund' hier, Freund' dort, Freund' aller Ort,
Wenn ich nichts hab', wer hilft mir fort?



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