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Arabische Melodien
 

1. Der Gefangene
2. Der Fürstin Sehnsucht
3. Geistesgegenwart
Des Grabes Ruhe
Der Himmel

 

1. Der Gefangene


Mit Jenen, die in's schöne Jemen reisen,
Zieht meine Liebe, meine Sehnsucht fort;
Mag klirren an der Rechten hier das Eisen,
Frei weilt mein Geist bei meiner Holden dort.

Ich sah sie heut im süßen Traumgebilde,
Es schied uns beide nur des Kerkers Tor;
Wie nahte sie! Wie lächelte sie milde!
Und dann entschwand sie, wie der Wolke Flor.

Und als sie scheidend meinem Blick entschwunden,
Da rang das Leben mit dem Tode stark;
Doch glaubet nimmer, ich läg' überwunden!
Ich fühl' mein altes Blut, mein altes Mark.

Nie werde ich vor meinen Feinden zittern,
Nie beugt das Klirren schwerer Ketten mich;
Ich fühle noch die Leidenschaft durchwittern,
Wie einst, mein Herz — und es geschieht für dich.

2. Der Fürstin Sehnsucht

O könnt' ich wieder nach dem Kleide langen,
Das schmucklos einstens meinen Leib umfing;
Es ist mir teurer, als dies stolze Prangen
In Purpur, Diadem und Ring.

Ich lieb ein Zeltchen mehr, des Wände beben,
Wenn draußen treibt der Wind sein wildes Spiel,
Als stolze Bauten, die zum Himmel streben
Und ew'ge Sterne wählen sich zum Ziel.

Und lieber wollt' ich am Kamele hangen,
Das noch bedächtig folgt des Führers Tritt;
Als auf dem klugen Mäuler sitzend prangen,
Der sanft mich wiegt bei jedem Tritt und Schritt.

Im dunkeln Zelte hartes Brot zu essen
Wär' mir erwünschter, als der Tafel Pracht.
Könnt' ich der Lustgenüsse all vergessen,
Im Zelte weilen, wo die Ruhe lacht!

Ja lieber hört' ich unsrer Hunde Bellen,
Das mir verkündete den lieben Gast,
Als dieser Tambourine wildes Gellen,
Das ewig wiedertönet im Palast.

Mein Herz schlägt mehr des Oheims armem Sohne,
Der sein nur wenig Dromedare nennt,
Als diesem Fremden, dem die gold'ne Krone
Mit Edelsteinen auf dem Haupte brennt.

3. Geistesgegenwart

Hat nicht der Mann in Fahr und Not
Des Adlers scharfen Blick,
So bebt das Haus, es schwankt das Boot,
Und flüchtig wird das Glück.

Doch Bruder nennt den Heldenmut,
Der nie der Furcht sich bückt,
Der stets dem Tod mit kaltem Blut
Entgegentritt und blickt.

Der ist ein Held des Sanges wert,
Der immer Bahn sich bricht,
Der Pfad sich haut mit blankem Schwert
Und ew'gen Ruhm erficht.

Ich sprach zur Lichjamiten-Schar: —
Ihr schien mein Schlauch geleert
Vom Glückeswasser hell und klar,
Und ich stand unbewehrt. —

"Zwei Dinge laßt ihr wählen mich,
Den Tod, der Knechtschaft Bann.
Der Sklave wähl' die Knechtschaft sich!
Den Tod der freie Mann! —

Doch andres wählt und wägt mein Sinn,
Ein drittes schwebt ihm vor.
Ein kühnes Werk von Anbeginn
Ist's, das ich mir erkor."

Ich sprach's und goß den Honig aus,
Wie sich's drauf talwärts glitt!
Da ging's bergab im wilden Saus,
Wie bei dem schnellsten Ritt.

Ich kam gerutscht zum grünen Plan,
Es ritzte mich kein Dorn.
Der Tod sah mein Beginnen an,
Das schuf ihm bittern Zorn.

Dann kehrt' zur Heimat ich zurück,
In meiner Lieben Zelt.
Erprobet war, wie oft, mein Glück,
Dem Tod die Lust vergällt.

Des Grabes Ruhe
(Nach dem Englischen.)

Wie still und ruhig liegt das Grab,
Umspielt von frischem Grün,
Wo wir einst ruhen tief und süß
Nach dieses Lebens Müh'n.

Hier störet nicht der Böse mehr,
Hier flieht der Neid, der Zorn,
Hier fließet rein und ungetrübt
Des Friedens heil'ger Born.

Die Rute des Tyrannen schreckt
Nicht mehr des Sklaven Herz,
Die Kette fällt, und jubelnd dankt
Der Arme himmelwärts. —

Hier ruh'n der Herrscher und der Knecht,
Von gleicher Ruh' erquickt,
Umarmen Feinde sich, die wild
Des Hasses Dolch gezückt.

Des Todes Hand, des Todes Kraft
Hat alle gleichgemacht,
Bis donnernd einst der Engel ruft
Sie aus der Gräber Nacht.

Wie still und ruhig liegt das Grab,
Umspielt von frischem Grün,
Wo wir einst ruhen tief und süß
Nach dieses Lebens Müh'n.

Der Himmel
(Nach dem Englischen.)

Es gibt ein Land der reinsten Wonne,
Wo herrscht der Heil'gen hehre Macht,
Dort weicht die Nacht der ew'gen Sonne,
Und ungetrübte Freude lacht.

Die Fluren glüh'n im ew'gen Lenze,
Im Blütenschmucke weiß und rot,
Es scheidet uns von ihrer Grenze
Ein schmales Meer — das heißt der Tod.

Gefilde glüh'n uns dort entgegen
Geschmückt vom schönsten Frühlingsgrün,
So sah'n die Juden Kanaans Segen,
Doch rauscht der Fluß dazwischen hin.

Und jedes Herz erfaßt ein Schaudern,
Soll steuern es durch diese Flut,
Du siehst am Strand es bangend zaudern,
Und bebend sinkt der hohe Mut.

O flöh'n der Zweifel wild Gebilde,
O tobten sie im Herzen nicht! —
Daß dieses Kanaans Gefilde
Wir säh'n in unbewölktem Licht!

O könnten wir den Berg ersteigen,
Wie Moses einst auf Nebo stand,
Nicht würde unsern Mut mehr beugen
Des Todes Flut, nicht Jordans Strand.