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Frühe Kränze
 

Im alten Parke
Ein Spätsommertraum
 

Sehnsucht
Ahnung
Erfüllung
Erste Schatten
Ausklang
Erinnerung

Sehnsucht

Niemals hab ich Liebeslust empfunden
In den raschen, mauerschwülen Stunden! —
Hier im alten Parke, wo nur noch verspätet

Sonnenblitze schimmern und die Stimmen
Müde in die Dunkelheit verschwimmen,
Möcht' ich lieben, wenn der Abend leise betet. —

Treten möcht' ich durch die offne Pforte
Und im Dämmer einer Liebsten Worte
Flüstern, bis Gewährung ihre Wange rötet,

Dort, wo hinter goldumglänzten Gittern
Rote Rosen in Erwartung zittern
Vor dem Herbst, der sie in seinem Arme tötet . . .

Ahnung

Die Sonne endet ihre Reise, —
Wir wandeln unsern Park entlang.
Von ferne summt noch eine Weise . . .
Wir horchen hin . . . Und leise, leise
Zieht es uns mit in Wort und Klang,

Als wollte alles sich erfüllen,
Was in uns noch in Blüten steht. —
Wir ahnen den geheimen Willen,
Und unsre Liebe neigt die stillen
Versehnten Augen zum Gebet . . .

Erfüllung

Uns will der lange Sommertag nicht enden,
Wir schreiten immer tiefer in den Park hinein,
Und frohen Herzens, mit verschlungnen Händen
Begrüßen wir den Tagestod und senden
Die haßerfüllten Blicke in den Abendschein.

Wir hassen seine grellen Sonnenstrahlen,
Wir lieben nur die liebesdunkle Nacht,
Da rauscht der Springbrunn in den Porphyrschalen
Und raunt ein Lied von unsern Sehnsuchtsqualen,
Und wie die späte Liebe dann erwacht.

Und ringsum in den abendwinddurchwehten
Tannwipfeln rauscht der duftgeschwellte Klang,
Und zittert wieder aus den mondlichtübersäten
In warmen Duft gebetteten Geranienbeeten
Und weckt in uns den wundersamen Drang . . .

Auf allen Wegen träumt das große Schweigen,
Das Mondlicht sickert silbern durch's Geäst,
Die Sehnsucht spielt auf zaubersüßen Geigen . . .
Da, unter schattenschweren, dunklen Zweigen
Erblüht nun unsrer Jugend heil'ges Fest.

Und sorgsam webt der Abend dichte Schleier . . .
Im fernen Äther ist ein Sternenreich erblüht,
Und glitzernd ruht sein Bild im friedesstillen Weiher.
Der Park ist aufgeblüht . . . Zu unsrer Liebesfeier
Singt er der Klänge und der Düfte schönstes Lied.

Erste Schatten

Die Liebesworte sind verzittert,
Und heimlich wird die Frage laut:
"Wird all' das Glück uns eigen werden,
Das uns heiße Sehnsucht baut?"

Wir wagen's beide nicht zu sagen,
Wir beten nur und atmen kaum. —
Das Schweigen irrt mit Silberschwingen
Durch den resedenschwülen Raum . . .

Ausklang

Wir beide blicken, Hand in Hand geschmiegt,
Gemeinsam in das gleiche Buch hinein.
Es ist so still. — So still. — Verzitternd liegt
Am Himmel dunkelroter Sonnenschein.

Ganz still . . . Nur ab und zu ein Blick
Die Augensterne grüßen sich entgegen
Und schimmern feucht von übergroßem Glück . . .

Und leise naht der Herbst auf laubbedeckten Wegen,
Greift in die Blätter, die im Sommertode starben
Und treibt sie hin in kindisch-frohem Spiel.
Er nimmt den Wipfeln ihre fröhlichbunten Farben
Und schneidend ist sein Atemzug und kühl.
Der Wind knirscht zornig in den schwachen Ästen,
Die biegsam seinem rohen Ansturm weichen
Und seine Wut verschäumt nun an den wetterfesten
Jahrhundertalten, sturmgewohnten Eichen.

Auch hoch zu unsern Häuptern murren da und flüstern
Die Gipfelkronen wehmutsvolle Herbstesmelodien,
Und kranke, müde, dunkelbunte Blätter knistern
Herab zu unserm Buche hin . . . .
. . . Wie breite schwere Blutestropfen!

Wir fahren auf. — Die wilden Herzen klopfen,
Und unsre Blicke treffen sich in banger Frage
Und meiden sich und suchen stets sich neu:
"Der Herbst schon da? Dahin der Sonnenschein
All unsrer jugendfrohen Sommertage?
Der goldne Liebestraum vorbei? . . .

Kein Wort, kein Blick. — Denn in uns brennt ein Sehnen
Nach unserm Sommerglück, der Liebesnächte engem Kreis.
Und mühsam zwingen wir die aufgequollnen Tränen
Da jeder doch den Herbst — das Ende — nahe weiß.

Es ist so still, so furchtbar still. — Kein Ruf, kein Laut! . . .
Die Nacht durchschreitet riesenhaft das Heidekraut,
Sieht uns mit dunklem Auge an und winkt uns zu:
Kommt in mein Reich, dort habt ihr Traumesruh. —

Doch wir, wir wandeln schmerzversehnt und zag.

Da plötzlich klingt ein wehmutsvoller Nachtigallenschlag,
So schmerzdurchtönt und trauervoll und lind
Aus dunkelübersponnenem Geäst . . .

Da wird zur tiefer Qual das stumme Sehnen,
Und bald hat sich der unnennbare Schmerz gelöst,
Der nun in wilden, glühendheißen Tränen
In diese erste dunkle Herbstesnacht verrinnt.

Erinnerung

Nun baut der Winter seine weißen Mauern,
Und alles strahlt in hellem heitren Licht,
Nur unser Park liegt stets in stillem Trauern.
Das nie ein Laut mit fremder Stimme bricht.

Es ist, als dächt er jener Sommertage,
Die wir verbracht in froher Festlichkeit
Und rührend ist mir seine stumme Klage,
Allein in dieser weiten, schweren Einsamkeit . . .